Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607918
Poster
Psychosomatik und soziale Themenschwerpunkte
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wie vernetzt sind Hebammen, wenn sie sozial benachteiligte Familien in der Schweiz nach der Geburt betreuen?

J Pehlke-Milde
1   ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Hebammen, Winterthur, Switzerland
,
R Erdin
1   ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Hebammen, Winterthur, Switzerland
,
I Radu
1   ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Hebammen, Winterthur, Switzerland
,
S Grylka-Bäschlin
1   ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Hebammen, Winterthur, Switzerland
,
A Krahl
1   ZHAW – Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Institut für Hebammen, Winterthur, Switzerland
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Sind Eltern aufgrund einer besonderen psychosozialen oder finanziellen Situation in ihrer Fähigkeit auf frühkindliche Bedürfnisse angemessen zu reagieren eingeschränkt, bietet das niedrigschwellige Versorgungsangebot der Hebammen Potentiale, die Familien im Zugang zu weiteren Angeboten der Frühen Förderung zu unterstützen. Bislang liegen in der Schweiz keine Erkenntnisse zur Situation der interdisziplinären Vernetzung der Hebammen vor. Dieses Projekt zielte darauf ab, die bestehende Netzwerkarbeit in ihrer Struktur, ihren Merkmalen sowie bezüglich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten zu analysieren.

Methodik:

Es wurde ein aufeinander aufbauendes qualitatives und quantitatives Studiendesign in zwei Phasen gewählt. In diesem Beitrag werden Ergebnisse der quantitativen Befragung präsentiert. Für die quantitative Erhebung wurden alle im Jahr 2016 nachsorgenden Hebammen in der Schweiz (n = 1379) anhand einer Online-Befragung eingeladen an der Studie teilzunehmen. Die Daten wurden mittels deskriptiver statistischer Verfahren ausgewertet.

Ergebnisse:

Insgesamt haben an der Online-Befragung 401 Hebammen teilgenommen, was einer Rücklaufquote von 29,1 Prozent entspricht.

Die Hebammen betreuten 1 bis 23 Familien pro Monat (Ø 5,5). Fast die Hälfte war im ländlichen Raum tätig, 37,4% im klein- und mittelstädtischen Raum, 26, 2% in einer großen Stadt und 23,9% in Agglomerationen (Mehrfachnennungen). 221 Hebammen (62,8%) gaben an in einem Netzwerk organisiert zu sein. Organisierte Hebammen in städtischen Regionen betreuten einen deutlich höheren Anteil von sozial benachteiligten Familien. Dies zeigte sich auch bei vernetzten Hebammen in ländlichen Regionen, die vergleichbar häufig sozial benachteiligte Familien betreuten, wie nicht vernetzte Hebammen in städtischen Regionen.

Rund 60% der Hebammen betreuten mindestens manchmal (10%) oder regelmässig (ca. 20%) Familien mit psychosozialen Belastungen. In ihrer Vermittlungsarbeit nutzten Hebammen interdisziplinäre Netzwerke, den kollegialen Rat und weitere Unterstützungsangebote aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich. Dennoch beschrieben ein Drittel der Hebammen Probleme in der Vermittlungsarbeit zu weiteren Unterstützungsangeboten, da diese von den Familien als nicht hilfreich empfunden wurden, eine Vermittlung abgelehnt wurde oder die Angebote zu teuer waren. 25,3% hatten sich schon einmal Sorgen darüber gemacht, dass sie die Familie womöglich unnötig in ein System staatlicher Kontrolle überführen.

Schlussfolgerung:

Hebammen in der Schweiz leisten einen großen Beitrag in der Betreuung psychosozial benachteiligter Familien, insbesondere wenn sie interdisziplinär vernetzt sind. Bestehende Herausforderungen und Hürden für die Betreuungs- und Vermittlungsarbeit sollten aufgegriffen werden, um die Potentiale der Netzwerkarbeit besser für die Familien zu nutzen.