Z Gastroenterol 2016; 54 - KV476
DOI: 10.1055/s-0036-1587252

Risikostratifizierung des transmuralen endoskopischen Debridements nach akuter nekrotisierender Pankreatitis anhand des Interventionszeitpunktes

C Meinhardt 1, B Dahl 1, 2, P Troschel 1, D Scholz 1, M Reuther 3, H Seifert 1
  • 1Klinikum Oldenburg, Universitätsklinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Oldenburg, Deutschland
  • 2Gastropraxis, Wilhelmshaven, Deutschland
  • 3Klinik Lilienthal, Klinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Lilienthal, Deutschland

Einleitung: Unter dem Leitspruch „ubi pus, ibi evacua“ gilt das transmurale endoskopische Debridement als das Verfahren der Wahl bei der Therapie postpankreatitischer Nekrosen. Hinsichtlich des optimalen Interventionszeitpunktes besteht jedoch nach wie vor kein Konsens.

Ziel: Risikostratifizierung der endoskopischen Nekrosektomie nach akuter Pankreatitis anhand des Interventionszeitpunktes.

Methodik: In die retrospektive unizentrische Analyse wurden alle Patienten (n = 223) eingeschlossen, bei denen zwischen 1999 und 2015 in der Universitätsklinik Oldenburg ein transmurales endoskopisches Debridement postpankreatitischer Nekrosen erfolgte. Das Kollektiv wurde abhängig vom Interventionszeitpunkt nach Beginn der akuten Episode in vier Gruppen eingeteilt (≤4 Wochen, 5 – 8 Wochen, 9 – 12 Wochen, > 12 Wochen).

Ergebnisse: Ein endoskopisches Debridement innerhalb von 4 Wochen war mit einer deutlich höheren Letalität assoziiert als nach diesem Zeitraum (17% vs. 8%, p = 0,0648). Demgegenüber bestand bei einer Intervention nach 4 Wochen eine signifikant höhere Erfolgsrate (76% vs. 89%, p < 0,05).

Tab. 1: Verlauf in Abhängigkeit vom Interventionszeitpunkt

Interventions- zeitpunkt

Patienten- zahl

endoskop. Erfolg

Letalität

Kompli-
kationen

Indikation SIRS/Sepsis

CRP [mg/dl] Intervention

initial ICU

Woche 0 – 4

53

39 (76%)

9 (17%)

24 (45%)

38 (72%)

21,7 ± 13,3

21 (40%)

Woche 5 – 8

80

69 (87%)

8 (10%)

36 (45%)

39 (49%)

15,2 ± 10,6

24 (30%)

Woche 9 – 12

36

32 (89%)

3 (8%)

8 (22%)

18 (50%)

13,7 ± 9,5

7 (19%)

Woche > 12

52

48 (92%)

2 (4%)

19 (37%)

7 (13%)

9,2 ± 9,2

2 (4%)

≤4 Wo. vs. > 4 Wo.

p < 0,05

p = 0,0648

p = 0,3360

p < 0,0001

p < 0,0001

p < 0,01

Eine Subgruppenanalyse bei einer Intervention ≤2 Wochen (n = 14) offenbarte sehr hohe Letalitäts- und Komplikationsraten (29% bzw. 57%) bei dennoch akzeptablem Erfolg (71%). Bei Patienten, bei denen eine Intervention innerhalb von 4 Wochen durchgeführt wurde, lag die Indikation meist in einer Sepsis begründet; sie hatten signifikant höhere systemische Entzündungsparameter und waren meist intensivtherapiepflichtig.

Schlussfolgerung: Ein transmurales endoskopisches Debridement sollte im Allgemeinen mindestens vier Wochen bis zur Organisation einer „Walled-off“-Nekrose herausgezögert werden. Hier besteht bei hohen Erfolgsraten eine niedrigere Letalität. Insbesondere septische Krankheitsverläufe können jedoch eine frühzeitige Intervention erforderlich machen. Diese stellen bei deutlich höherer Letalität oft eine „ultima ratio“ mit dennoch akzeptablen Erfolgsraten dar.