Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2008; 5 - A99
DOI: 10.1055/s-0028-1096059

Nutzung von komplementären und alternativen Therapien (KAM) und Unterschiede im geforderten Benefit zwischen Patientinnen mit einem Mammakarzinom und onkologisch tätigen Ärztinnen und Ärzten – Ergebnisse der „Gut Informieren-Gemeinsam Entscheiden!-Studie“

MP Lux 1, D Radosavac 1, TD Tänzer 1, M Bani 1, M Schrauder 1, DC Schmitt 2, R Haidinger 3, B Overbeck-Schulte 4, H Schulte 4, MW Beckmann 1, PA Fasching 1
  • 1Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF), Frauenklinik, Erlangen, Deutschland
  • 2mamazone e.V., Augsburg, Deutschland
  • 3Brustkrebs Deutschland e.V., München, Deutschland
  • 4Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V., Bonn, Deutschland

Zielsetzung: 50–80% aller Patientinnen mit einem Mammakarzinom nutzen KAM. In der vorliegenden Studie wurde die Nutzung und Einschätzung des notwendigen Therapievorteils durch KAM von Patientinnen und ihren ÄrztInnen untersucht.

Materialien und Methoden: 6.938 Fragebögen wurden an onkologische Ärzt(inn)en und 8.485 Fragebögen an Patientinnen mit Mammakarzinom mit Unterstützung der Frauenselbsthilfe nach Krebs e.V., mamazone e.V., Brustkrebs Deutschland e.V., weiteren Selbsthilfegruppen und zahlreichen Brustzentren verteilt. Neben anamnesischen Daten wurde die Nutzung von KAM als auch der geforderten Benefit anhand von Fallbeispielen erfragt.

Ergebnisse: 2.155 Patientinnen und 525 Ärzt(inn)en beantworteten den Fragebogen. 60,1% der Patientinnen nutzten KAM und 31,7% verneinten [8,1% ohne Angabe].

33,5% der Patientinnen verlangten bei einer Heilungsrate von 60% ohne Therapie eine Steigerung um ≥15% durch KAM. Bei den Ärzt(inn)en waren es nur 9,9% (p=5,19×10–37). In der palliativen Situation erwarteten 19,2% der Patientinnen für den Einsatz von KAM eine objektiv messbare Verbesserung des Wohlbefindens und 31,9% eine nachweisbare Verbesserung der Lebenserwartung [Ärztinnen 8,1% bzw. 4,8% (p=1,38×10–52)]. Während 84,3% der Ärztinnen eine subjektive Verbesserung des Wohlbefindens durch KAM reichte, waren es nur 40,8% der Patientinnen. Bei einer Lebenserwartung von 1 Jahr forderten 52,2% der Patientinnen eine Überlebensverlängerung >6 Monate durch KAM [Ärztinnen 9,6% (p=1,10×10–60)].

Zusammenfassung: Zahlreiche Patientinnen nutzen KAM. Für die Indikation zur KAM reichte der Mehrheit der Ärzt(inn)en eine subjektive Steigerung des Wohlbefindens oder eine minimale klinische Wirksamkeit, wohingegen Patientinnen in der Mehrheit von einer deutlich höheren Wirksamkeit ausgingen. Eine Aufklärung über den tatsächlich zu erwartenden Benefit sollte Grundlage der Entscheidungsfindung sein.