Fortschr Neurol Psychiatr 1988; 56(4): 111-118
DOI: 10.1055/s-2007-1001776
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur Häufigkeit und Therapierelevanz unerwünschter Wirkungen von Antidepressiva im Rahmen der ambulanten nervenärztlichen Behandlung*

Incidence and Relevance of Adverse Reactions of Antidepressant Drugs During Treatments of Depressed OutpatientsL. G. Schmidt , G.  Schüssler , M.  Linden , B.  Müller-Oerlinghausen
  • Psychiatrische Klinik und Poliklinik der Freien Universität Berlin
* mit Unterstützung des Bundesgesundheitsamtes, Berlin (West)
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Publication Date:
10 January 2008 (online)

Abstract

Within a postmarketing drug surveillance study the incidence and relevance of ADRs leading to drug discontinuation in therapy of depressed outpatients were examined. In addition, corresponding drug prescribing patterns of patients under routine treatment conditions were recorded. It was found that most psychiatric outpatients were able to identify common ADRs and to differentiate them from the underlying illnesses and co-medication. Low-dose therapy was confirmed as routine treatment in the majority of psychiatric outpatients. No differences regarding age, sex, and dosage could be found between patients with further drug intake and those who stopped their antidepressant medication because of ADRs. Such events had been recorded in 11.5% of patients with first prescriptions made by the treating physicians in a monitoring of three months. However, only 0.3% of patients on long-term therapy (that had been initiated at treatment terms preceding the monitoring period) experienced an ADR indicating a decreased risk for drug discontinuation (because of ADR) the longer the patient was on treatment.

Knowing ADR (-profiles) of prescribed drugs by treating psychiatrists may aid the treatment of compliance or prevention of ADRs.

Zusammenfassung

Die häufigen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) von Antidepressiva sind nach Abschluß der Phasen der klinischen Prüfung in der Regel bekannt. In 16 Nervenarztpraxen wurde untersucht, welche Häufigkeit und Bedeutung UAW, insbesondere wenn sie zum Absetzen der als verantwortlich angesehenen Medikation führen, für die ambulante Behandlung depressiver Patienten haben. Dabei zeigte sich, daß ambulante Patienten zumeist in der Lage sind, gängige UAW von Antidepressiva wahrzunehmen und diese von Symptomen der Grunderkrankung wie der Zusatzmedikation zu unterscheiden. Bei der Analyse der Verordnungsbedingungen bestätigte sich die schon früher beschriebene Niedrigdosierung bei der Mehrzahl depressiver Patienten. Hinsichtlich Alter, Geschlecht und Dosishöhe unterschieden sich die Patienten, die das Antidepressivum einnahmen, nicht von denen, die es wegen einer UAW absetzten. Es fanden sich aber Hinweise, daß mit der Länge der Einnahmedauer auch das Risiko des Absetzens der Antidepressiva aufgrund angegebener UAW abnimmt. Während bei 10.5% der Patienten mit Erstverordnungen (in einem Überwachungsquartal) eine UAW mit Absetzfolge erfaßt wurde, war dies nur bei 0.3% der Patienten mit Weiterverordnungen (aus vorhergehenden Quartalen) der Fall. Insgesamt wurde bei 4.7% aller antidepressiv behandelten Patienten das Antidepressivum wegen UAW, die mit ärztlicher Sicht zumeist zumutbaren Befindlichkeitsstörungen einhergingen, abgesetzt. Die ärztliche Kenntnis von UAW-Profilen verordneter Medikamente ist Vorzussetzung ihrer Prävention, ggf. einer Therapie der Compliance.

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