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Die Unzeitgemäßen

Strategien im Umgang mit Modetendenzen bei Hugo von Hofmannsthal und Thomas Mann – am Beispiel der Neoromantik

The Outdated Ones

Strategies Against a Modern Pluralism of Styles by Hugo von Hofmannsthal and Thomas Mann—Using Neo-Romanticism as an Example

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Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Ein verbindendes Moment zwischen Hofmannsthal und Thomas Mann liegt in ihrem ambivalenten Verhältnis zu den literarischen Moden ihrer Zeit. Am Beispiel der Neoromantik, die als Strömung zwischen 1890 und 1910 behandelt wird, verfolgt der Beitrag diejenigen Strategien, mit denen beide Autoren auf das diskursive Phänomen reagieren. An Das Bergwerk zu Falun (um 1900) und Königliche Hoheit (1909) lässt sich ein vergleichbares Gegenwartsverhältnis beschreiben: Beide Autoren nehmen Neoromantik in einem produktiven Widerspruch in ihre Texte auf, um von ihren Effekten zu profitieren und gleichzeitig Distanz zu wahren. Eine wesentliche Gemeinsamkeit zwischen Hofmannsthal und Mann liegt damit in einer unzeitgemäßen Zeitgenossenschaft, die Modetendenzen poetisch nutzt statt sie affirmativ zu übernehmen.

Abstract

A connecting moment between Hugo von Hofmannsthal and Thomas Mann can be found in their ambivalent relationship to the literary fashions of their time. Using the example of neo-romanticism, which is treated as a modern trend between 1890 and 1910, the article pursues the strategies with which the authors react to a current phenomenon. The Bergwerk zu Falun (around 1900) and Königliche Hoheit (1909) reveal a comparable relationship to their present: both authors include neo-romanticism in their texts in a productive contradiction in order to profit from its effects – and at the same time maintain distance. The essential common feature between Hofmannsthal and Mann thus lies in their outmoded contemporaneity.

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Notes

  1. Hofmannsthal, Hugo von: »Der Dichter und diese Zeit« (1906). In: Reden und Aufsätze 2. Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. von Konrad Heimann/Ellen Ritter. Frankfurt a.M. 2009, Bd. 33, S. 127–148, hier S. 137.

  2. Ebd., S. 137 f.

  3. Hofmannsthal, Hugo von: »Poesie und Leben« (1896). In: Reden und Aufsätze 1. Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. von Hans-Georg Dewitz/Olivia Varwig/Mathias Mayer/Ursula Renner/Johannes Barth. Frankfurt a. M. 2015, Bd. 32, S. 183–188, hier S. 183.

  4. Mann, Thomas: Betrachtungen eines Unpolitischen (1918). Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Werke – Briefe – Tagebücher. Hg. v. Hermann Kurzke. Frankfurt a. M. 2013, Bd. 13.1, S. 13.

  5. Mann, Thomas: »Meine Zeit« (1950). In: Meine Zeit 1945–1955. Essays. Hg. v. Hermann Kurzke/Stephan Stachorski. Frankfurt a. M. 1997, Bd. 6, S. 160–182, hier S. 169.

  6. Das Profil einer literarhistorischen Neoromantik, wie es weiter unten genauer skizziert wird, entspricht den Ergebnissen meiner noch unveröffentlichten Dissertation mit dem Titel: Neoromantik der Jahrhundertwende. Transformation eines romantischen Erzählmodells in der deutschsprachigen Literatur zwischen 1890 und 1910. Statt den zeitgenössischen Diskussionen zu folgen, spreche ich hier wie dort nicht von einer »Neuromantik« im objektsprachlichen Sinne, sondern schlage den Terminus Neoromantik zur Beschreibung des historischen Phänomens vor, um analytischen Abstand und Wertneutralität zu wahren.

  7. So beschreibt er sich als spätgeborenen Vertreter des 19. Jahrhunderts z. B. in Mann: »Meine Zeit« (s. Anm. 5), S. 163.

  8. Bahr, Hermann: »Die Überwindung des Naturalismus« (1891). In: Die Überwindung des Naturalismus. Kritische Schriften in Einzelausgaben. Hg. von Claus Pias. Weimar 2013, Bd. 2, S. 128–133, hier S. 130.

  9. Zuletzt Löwe, Matthias: »›Romantik‹ bei Thomas Mann. Leitbegriff, Rezeptionsobjekt, Strukturphänomen«. In: Jens Ewen/Tim Lörke/Regine Zeller (Hg.): Im Schatten des Lindenbaums. Thomas Mann und die Romantik. Würzburg 2016, S. 21–70; Bamberg, Claudia: »Verwandte Verwandlungen? Hugo von Hofmannsthals Poetik – als neuromantische gelesen«. In: Athenäum 27 (2017), S. 21–36.

  10. Vgl. bislang, neben Anm. 6, Klausnitzer, Ralf: »Zentrum oder Peripherie. Faszinations- und Wirkungsgeschichte der Heidelberger Romantik in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts«. In: Karin Tebben/Friedrich Strack (Hg.): 200 Jahre Heidelberger Romantik. Berlin/Heidelberg 2008, S. 551–582.

  11. Vgl. hierzu den wegweisenden Band von Baßler, Moritz/Brecht, Christoph/Niefanger, Dirk/Wunberg, Gotthart/Dethlefs, Friedrich: Historismus und literarische Moderne. Tübingen 1996, bes. S. 33–35.

  12. Bahr, Hermann: »Henrik Ibsen« (1887). In: Zur Kritik der Moderne. Kritische Schriften in Einzelausgaben. Hg. v. Claus Pias. Weimar 2013, Bd. 1, S. 61–82, hier S. 72.

  13. Bahr: »Überwindung des Naturalismus« (s. Anm. 8), S. 130.

  14. Die enorme Reichweite dieses Diskurses ist mittlerweile in Vergessenheit geraten: Gerhart Hauptmann verfasst einige erfolgreiche Märchendramen in diesem Kontext (Hanneles Himmelfahrt, 1893; Die versunkene Glocke, 1896), Hermann Hesse betritt als ›Neuromantiker‹ das literarische Feld (Romantische Lieder, 1899; Essays wie »Romantik und Neuromantik«, 1900), und selbst der junge Heinrich Mann verfasst in seinem Frühwerk Erzählungen und Essays im Sinne einer »Neuen Romantik« (Essay, 1892; Erzählsammlung Das Wunderbare, 1896). Vgl. Stübe, Raphael: »Mondnachtphantasien mit Folgen. Neoromantisches Erzählen und seine Funktion in den frühen Novellen Heinrich Manns«. In: Heinrich Mann-Jahrbuch 35 (2017), S. 27–48.

  15. Mann, Thomas: Briefe an Otto Grautoff 1894–1901 und Ida Boy-Ed 1903–1928. Hg. von Peter de Mendelssohn, Frankfurt a. M. 1975, S. 50.

  16. Ähnlich summieren Ulrich Breuer u. Nikolaus Wegmann: »Wie romantisch ist die Neuromantik? Zur Einführung«. In: Athenäum 27 (2017), S. 11–20, hier S. 17, den Forschungsstand, um die ›Neuromantik‹ anschließend als einen »im Kern unliterarischen Begriff« vorzustellen, da er »weder von den bis heute ihr zugerechneten Autoren [...], noch von den damals führenden literarischen Zeitschriften [...] und auch nicht von den literaturwissenschaftlichen Fachorganen« aufgebracht worden sei. Dieser These, die an eine vielrezipierte Studie von Kimmich, Anne: Kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff »Neuromantik« in der Literaturgeschichtsschreibung. Tübingen 1936 anschließt, gilt es mit Blick auf einen vergleichsweise regen Diskurs zu widersprechen. Vor allem die Variationen einer nervösen Romantik, neuen Romantik etc. werden im Pan, in der Neuen Deutschen Rundschau, im Literarischen Echo etc. diskutiert. Der ›Neuromantik‹-Begriff im engen Sinne, der im Diederichs-Verlag aufgenommen wird, stammt von Albert, Henri: »Französische Neuromantik«. In: Neue Deutsche Rundschau 7 (1896), S. 481–485.

  17. Der spätere Nobelpreisträger Maeterlinck leitet die literarische Moderne um 1890 wesentlich mit ein, indem er romantische Stoffe (wie das Märchen Jungfrau Maleen, KMH 198 in La Princesse Maleine, 1889) mit einer psychologischen Note für die Bühne interpretiert. Seine immense Bedeutung akzentuiert auch Lublinski, Samuel: Die Bilanz der Moderne (1904). Hg. von Gotthart Wunberg. Tübingen 1974, S. 171, demzufolge »Maurice Maeterlinck […] einen so tiefgehenden Einfluß auf die deutsche Neu-Romantik genommen hat, daß er unbedingt in eine moderne deutsche Literaturgeschichte gehört«. Vgl. die materialreiche, wenn auch in diesem Aspekt noch zu ergänzende Studie von Strohmann, Dirk: Die Rezeption Maurice Maeterlincks in den deutschsprachigen Ländern (1891–1914). Bern 2006, hier S. 54–62.

  18. Dem älteren, wenn auch beachtenswerten Beitrag von Hilzheimer, Klaus: Das Drama der deutschen Neuromantik. Halle a.d. Saale 1938, S. 19 ist zuzustimmen, wenn er behauptet: »Das wichtigste Jahr der Neuromantik wurde 1899, als Ricarda Huch ihr Werk Blütezeit der Romantik erschienen ließ«. Vor allem der erste Band wurde rege rezipiert, u. a. von Hofmannsthal, siehe weiter unten, Anm. 36.

  19. Walter-Goldschmidt, Kurt: »Romantik-Epigonen« (1907). In: Das literarische Echo 10 (1907/08), H. 23, S. 1615–1622, hier S. 1620 f. Besonders scharfe Worte findet der Soziologe Franz Mehring, der bereits das Ende einer kurzen neoromantischen Phase diagnostiziert: »Historisch ist die Neuromantik nichts anderes als ein ohnmächtiges Abzappeln von Kunst und Literatur in den erstickenden Armen des Kapitalismus«. Mehring, Franz: »Naturalismus und Neuromantik« (1908). In: Aufsätze zur deutschen Literatur von Hebbel bis Schweichel. Hg. von Hans Koch. Berlin 1961, S. 227–229, hier S. 227.

  20. Das prototypische und besonders erfolgreiche Drama der Neoromantik wird in diesem späten Zeitraum Tantris, der Narr (1907) von Ernst Hardt, an dem sich die Kritik an der durchschaubaren Marktstrategie besonders entlädt. Vgl. zuletzt Seeber, Stefan: »Der ›ethische Zauberstab‹. Bemerkungen zu Ernst Hardts Tantris der Narr, mit einer Edition des Vortrags von 1910«. In: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 62 (2018), S. 3–32.

  21. Drei Beispiele seien hier nur angerissen: Heinrich Mann grenzt sich schon mit seinem Göttinnen-Roman (1902) von seinem neoromantischen Frühwerk ab; Hermann Hesse wendet sich im Peter Camenzind (1904) nach der Neoromantik dem poetischen Realismus zu; und auch Hofmannsthal distanziert sich, wie zu zeigen sein wird, nach seinem Bergwerk zu Falun (1900) von neuer und alter Romantik.

  22. Diederichs, Eugen: Zur Jahrhundertwende. Verlagsprospekt. Leipzig 1900; als Fotokopie abgedruckt in Neumann, Thomas: »1900: Renaissance der Romantik? Friedrich Gundelfinger, der Eugen Diederichs Verlag und die Neuromantik«. In: Librarium 48 (2005), S. 171–178, hier S. 173. Vgl. zu Diederichs und seiner neuromantischen Verlagsausrichtung vor allem die Pionierarbeit von Heidler, Irmgard: Der Verleger Eugen Diederichs und seine Welt (1896–1930). Wiesbaden 1998, bes. S. 451–456.

  23. Oppeln-Bronikoswki, Friedrich von: »Nachbericht des Übersetzers«. In: Maurice Maeterlinck: Drei Alltagsdramen. Deutsch von Friedrich von Oppeln-Bronikowski. Leipzig 1901, S. 89.

  24. Diederichs, Eugen: »<Verlagsnotiz>«. Beilage in Maurice Maeterlinck: Pelleas und Melisande. Deutsch von Friedrich von Oppeln-Bronikowski. Leipzig 1902, hier um weitere Nebensätze verkürzt.

  25. Romantische Literatur aus Deutschland zerfließe in »hysterische Andacht und blauen Dunst« ohne »sichere Form«, so Brandes, Georg: Die romantische Schule in Deutschland (1870). Hg. von Adolf Strodtmann. Charlottenburg 81900, S. 6 u. S. 8. Auch bei Huch, Ricarda: »Die Romantik« (1899–1902). In: Literaturgeschichte und Literaturkritik. Gesammelte Werke. Hg. von Wilhelm Emrich. Köln/Berlin 1969, Bd. 6, S. 17–646, hier S. 254 scheitern viele Romantiker an der »Sehnsucht, die Schwere des Stoffs zu überwinden«, was sie als Ironie definiert.

  26. So notiert es Hofmannsthal, Hugo von: Aufzeichnungen. Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. von Rudolf Hirsch/Ellen Ritter. Frankfurt a. M. 2013, Bd. 38, S. 499, wenn auch mit Blick auf eine andere Problemdiagnose (»sie wollen vieles mit wenigem machen«, ebd.).

  27. Coellen, Ludwig: Neuromantik. Jena: Diederichs 1906. S. 62.

  28. Vgl. zu diesen Annahmen über die historische Romantik Matuschek, Stefan/Kerschbaumer, Sandra: »Romantik als Modell«. In: Daniel Fulda/Stefan Matuschek/Sandra Kerschbaumer (Hg.): Aufklärung und Romantik. Epochenschnittstellen. Paderborn 2015. S. 141–156, bes. S. 146.

  29. Hofmannsthal wurde vor allem in den Literaturgeschichten des frühen 20. Jahrhunderts in die Nähe der Neoromantik gerückt und galt zeitweise sogar als ihr prototypischer Vertreter, was u. a. Kimmich: Neuromantik (s. Anm. 16) und Hilzheimer: Neuromantik (s. Anm. 18) zu ihren Studien anregte. Diese Kategorisierung hält sich bis in die frühe Nachkriegszeit, siehe exemplarisch Schmidt, Adalbert: Wege und Wandlungen moderner Dichtung. Salzburg/Stuttgart 1957. S. 61. Thomas Mann hingegen hatte rezeptionsgeschichtlich nicht damit zu kämpfen, als ›Neuromantiker‹ eingeordnet zu werden – obwohl die impliziten wie expliziten Bezüge zur romantischen Literatur schon in den frühen Forschungen hervorgehoben wurden. Siehe zuerst Hamburger, Käte: Thomas Mann und die Romantik. Eine problemgeschichtliche Studie. Berlin 1932 und zusammenfassend Matthias Löwe: »Romantik«. In: Andreas Blödorn/Friedhelm Marx (Hg.): Thomas Mann Handbuch. Leben, Werk, Wirkung. Stuttgart 2015, S. 271–273.

  30. Eintrag vom 13. Juli 1982 in Hofmannsthal: Aufzeichnungen (s. Anm. 26), S. 171.

  31. Vgl. exemplarisch Berg, Leo: »Die Romantik der Moderne« (1891). In: Gotthart Wunberg (Hg.): Die literarische Moderne. Dokumente zum Selbstverständnis der Literatur um die Jahrhundertwende. Freiburg i. Br. 1998, S. 139–149.

  32. Hofmannsthal sammelt in den folgenden Aufzeichnungen (s. Anm. 26) u. a. Notizen zu Maeterlinck (S. 190–193), Jacobsen (S. 188), Tieck (S. 197), Heine (S. 172), Novalis (S. 226) gesammelt. Vgl. auch Vanhelleputte, Michel: »Hofmannsthal und Maeterlinck«. In: Hofmannsthal-Forschungen. Hg. von Martin Stern u. a. Basel 1971, Bd. 1, S. 85–98.

  33. So bezeichnet er seine junge Schriftstellergeneration in Hofmannsthal, Hugo von: »Gabriele d’Annunzio« (1893). In: Reden und Aufsätze 1 (s. Anm. 3), S. 99–107, hier S. 105.

  34. Hofmannsthal, Hugo von: »Das Buch von Peter Altenberg« (1896). In: Reden und Aufsätze 1 (s. Anm. 3), S. 189–194, hier S. 193. Auch zur historischen Romantik verbleibt er in analytischer Distanz, wie Bamberg: »Verwandte Verwandlungen?« (s. Anm. 9) gezeigt hat. Allerdings lässt sich ergänzend konstatieren, dass er in den 1890er Jahren eine gewisse Neugier am Kranken, Unbestimmten und Dilettantischen der Romantik durchscheinen lässt.

  35. Hofmannsthal: Aufzeichnungen (s. Anm. 26), S. 531 f.

  36. Hofmannsthal bekommt das Buch gegen Ende des Jahres 1899 von Ria Schmujlow-Claassen zugeschickt, genau in der Phase, in der die Arbeit an seinem Bergwerk zu Falun ins Stocken geriet. »Das Buch fiel mir im geisterhaft richtigen Augenblick in die Hände«, schreibt Hofmannsthal zurück, »wie ein Zauberschlüssel. Ich sperre damit mehr unterirdische Säle auf, als ich zählen kann.« Hugo von Hofmannsthal an Ria Schmujlow-Claassen vom 21.04.1900. In: Ria Schmujlow-Claassen/Hugo von Hofmannsthal: Briefe, Aufsätze, Dokumente. Hg. v. Claudia Abrecht. Marbach am Neckar 1982, S. 61.

  37. Vgl. ausführlich den Kommentar zur Entstehungsgeschichte in Hofmannsthal, Hugo von: Das Bergwerk zu Falun. Dramen 4. Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. von Hans-Georg Dewitz. Frankfurt a. M. 1995, hier S. 159–168. Im Folgenden wird das Bergwerk zu Falun aus dieser Ausgabe im Fließtext unter Sigle BW zitiert.

  38. Die bisherigen Forschungen zum Drama hat Günther, Timo: »Das Bergwerk zu Falun (1900/1932)«. In: Mathias Mayer/Julian Werlitz (Hg.): Hofmannsthal-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart 2016, S. 198–199 zusammengefasst, wobei in diesem Kontext vor allem der Beitrag von Eicher, Thomas: »Anderswo zwischen den Texten. Intertextualität als Illustration in Hugo von Hofmannsthals Das Bergwerk zu Falun«. In: Germanica 40 (2007), S. 157–174 wichtige Vorarbeit leistet (genauer unten, Anm. 42). Ergänzend ist der Transformation des romantischen Stoffs zuletzt Saße, Günter nachgegangen: »Der konservierte Bergmann. Repetition und Variation eines literarischen Motivs bei Schubert, Hebel, Hoffmann und Hofmannsthal«. In: Achim Aurnhammer/Hanna Kiessinger (Hg.): Johann Peter Hebel und die Moderne. Freiburg i. Br. 2011, S. 13–30.

  39. Lublinksi: Bilanz der Moderne (s. Anm. 17), S. 16.

  40. Philipp Otto Runge/Jacob u. Wilhelm Grimm: »Von dem Machandelboom. Von dem Fischer un syner Frau«. Zwei Märchen textkritisch hg. von Heinz Rölleke, Trier 2008, S. 59.

  41. Die Szene greift direkt auf eine kurze Begegnung in Hoffmann, E.T.A.: »Die Bergwerke zu Falun«. In: Die Serapionsbrüder. Sämtliche Werke in sieben Bänden. Hg. von Wulf Segebrecht. Frankfurt a. M. 2001, Bd. 4, S. 208–239, hier S. 210 f. zurück, wo eine namenlose »Dirne« ebenfalls das Geld Fröboms zurückweist.

  42. Von »eine[r] Reihe blinder Motive« spricht auch Eicher: »Anderswo zwischen den Texten« (s. Anm. 38), S. 172, um die Spur zu Hoffmann und den Brüdern Grimm genau zu verfolgen. Sein Urteil, es handele sich beim Bergwerk zu Falun um ein »besonders dichte[s] semantische[s] Geflecht, dessen Entschlüsselung Lesern und Zuschauern einschlägige Vorkenntnisse abverlangt«, zielt jedoch an dem Effekt vorbei, den das Drama evoziert: Gerade in der erdrückenden Überkomplexität der Referenzen liegt der ästhetische Reiz dieses Dramas, sodass eine akribische Entschlüsselung des »rhizomatische[n]« Verweisgewebes weder möglich noch adäquat dem Drama gegenüber erscheint.

  43. Vgl. Schnyder, Peter: »Die Wiederkehr des Anderen. Ein Gang durch die Zeichenbergwerke zu Falun.« In: Daniel Müller et al. (Hg.): Figur – Figura – Figuration. E.T.A. Hoffmann. Würzburg 2011, S. 31–43.

  44. Eichendorff, Joseph von: »Wünschelrute« (1835). In: Gedichte. Sämtliche Werke des Freiherrn Joseph von Eichendorff. Historisch-kritische Ausgabe. Hg. von Harry Fröhlich/Ursula Regener. Stuttgart 1993, Bd. 1.1, S. 121.

  45. Vgl. Matuschek/Kerschbaumer: »Romantik als Modell« (s. Anm. 28).

  46. Eichendorff, Joseph von: »Mondnacht« (1837). In: Gedichte (s. Anm. 44), S. 327 f. Solche romantischen Wahrnehmungskonflikte bestimmen natürlich auch Hoffmanns Bergwerke zu Falun (s. Anm. 41), S. 221: »es war ihm als zögen unsichtbare Hände ihn hinab in den Schlund«.

  47. Vgl. die Regieanweisung in Hauptmann, Gerhart: Hanneles Himmelfahrt. Eine Traumdichtung. Sämtliche Werke. Hg. von Hans-Egon Hass. Frankfurt a. M./Berlin 1966, Bd. 1, S. 570: »Man gewahrt einen Engel mit schwarzen Kleidern und Flügeln. […] Schweigsam und ernst sitzt er in der Nähe des Ofens und blickt Hannele an, unverwandt und ruhig. Ein weißes, traumhaftes Licht erfüllt den Raum.«.

  48. Vgl. die Bühnenanweisung, laut der Torbern »von niemandem beachtet« wird (BW 23), was wiederum schon bei Hoffmann: Bergwerke zu Falun (s. Anm. 41), S. 214 anklingt.

  49. Damit stellt das Bergwerk zu Falun einen der späten Texte dar, in denen sich Hofmannsthal noch explizit mit den Fallstricken, Problemen und Effekten des Ästhetizismus beschäftigt, vgl. Stamm, Ulrike: »Ästhetik«. In: Hofmannsthal Handbuch (s. Anm. 38), S. 26–30, bes. 29 f.

  50. Wieder ist es die Bergkönigin, die auf dieses transmediale Problem Fröboms anspielt: »Ahnst du denn nicht, wie mächtig Geister sind, / Und doch bist du einer! Wirst du immer bleicher?« (BM 32), spricht sie, um darauf hinzuweisen, dass Elis selbst eine überlieferte Figur aus der literarischen Romantik darstellt. Dass Fröbom sich nicht aus seinem literarhistorisch determinierten Schicksal lösen kann, wird immer wieder zum Grundproblem der einzelnen Akte. Exemplarisch weiß er im vierten Akt schon über den Ausgang seiner Geschichte Bescheid: »Merkt auf: die Hochzeit, die Ihr da ausrichtet für Euer Kind und mich, den Elis Fröbom, die wird ein Märlein, das nach hundert Jahren die Mägde sich erzählen, wenn es dunkelt. Die Braut tritt hin, der Bräutigam ist nicht da« (BM 77).

  51. Lublinski, Samuel: Der Ausgang der Moderne. Ein Buch der Opposition (1909). Hg. von Gotthart Wunberg/Johannes Braakenburg. Berlin 1976. Während die vorgelagerte Bilanz der Moderne (1904) noch abwägende Werturteile anbietet, schlägt der Ausgang der Moderne über weite Strecken in scharfe Polemik um. Eine Kritik an der zeitgenössischen ›Neuromantik‹ ist dennoch das zentrale Thema beider Bücher.

  52. Mann, Thomas: »[Über Königliche Hoheit]«. In: Essays 1. 1893–1914. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Werke – Briefe – Tagebücher. Hg. von Heinrich Detering unter Mitarbeit von Stephan Stachorski. Frankfurt a. M. 2002, Bd. 14.1, S. 180.

  53. So vor allem von Georg Brandes, siehe oben, Anm. 25.

  54. Heinrich Detering zeigt in Mann, Thomas: Königliche Hoheit. Kommentar. Hg. von Heinrich Detering unter Mitarbeit von Stephan Stachorski, Frankfurt a. M. 2004, Bd. 4.2, S. 290 u. S. 491 anhand von Notizen, dass Martini an den befreundeten Schriftsteller Kurt Martens angelehnt ist. Gleichzeitig betont Detering aber auch die Möglichkeit eines karikierten Selbstportraits des jungen Thomas Mann. Helmut Koopmann hingegen erkennt in Axel Martini vorrangig Heinrich Mann, vgl. Koopmann, Helmut: Thomas Mann – Heinrich Mann. Die ungleichen Brüder. München 2005, S. 227.

  55. Mann, Thomas: Königliche Hoheit. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Hg. von Heinrich Detering unter Mitarbeit von Stephan Stachorski, Frankfurt a. M. 2004, Bd. 4.1, S. 190. Im Folgenden wird aus dieser Ausgabe unter Sigle KH im Fließtext zitiert.

  56. Vgl. Hart, Julius: Triumph des Lebens. Florenz u. Leipzig 1898. Zu dessen Erzählband Stimmen in der Nacht erklärt Diederichs: »Der Name Julius Hart […] hat als Einleiter der modernen Litteraturbewegung einen guten Klang. Unsere Literaturentwicklung strebt jetzt nach Überwindung des Naturalismus zu neuer Romantik, und speziell die Novellen geben eine neue Dichtungsform.« Diederichs, Eugen: »Weihnachtsneuigkeiten« (09.11.1897), zit. nach Heidler: Diederichs (s. Anm. 21), S. 441.

  57. Schlaf, Johannes: »Paul Scheerbart« (1904). In: Michael M. Schardt/Hiltrud Steffen (Hg.): Über Paul Scheerbart. Paderborn 1996, Bd. 2., S. 73–80, hier S. 74.

  58. Der Roman knüpft hier an den verbreiteten Vorwurf der Passivität an, welcher der Neoromantik unterstellt wurde. Lublinski: Bilanz der Moderne (s. Anm. 17), S. 105 spricht z. B. von den »Helden der Willenlosigkeit«.

  59. Diederichs: »<Verlagsnotiz>« (s. Anm. 24).

  60. Zu Manns Ironie vgl. Ewen, Jens: »Moderne ohne Tempo. Zur literaturgeschichtlichen Kategorisierung Thomas Manns – am Beispiel von Der Zauberberg und Unordnung und frühes Leid«. In: Katrin Max (Hg.): Wortkunst ohne Zweifel? Aspekte der Sprache bei Thomas Mann. Würzburg 2013, S. 77–99.

  61. Siehe den Beitrag von Cornelius Mitterer in diesem Band sowie einschlägig Lämmert, Eberhard: »Doppelte Optik. Über die Erzählkunst des frühen Thomas Mann«. In: Karl Rüdinger (Hg.): Literatur, Sprache, Gesellschaft. München 1970, S. 50–72.

  62. Entgegen bisheriger Urteile zeichnet Heinrich Detering nach, dass der Roman als »einer der großen Erfolge in Thomas Manns literarischer Laufbahn« gelten muss. Obwohl von der Kritik zerrissen, war »die Resonanz bei den Lesern […], sofern sie sich in Verkaufszahlen messen lässt, überwältigend«. Mann: Königliche Hoheit. Kommentar (s. Anm. 54), S. 156.

  63. Der kritische Kommentar auf Heinrich Mann wird an dieser Stelle noch deutlicher, wenn man sein neoromantisches Frühwerk einbezieht. Auch dort bleibt die neue Romantik stets im intellektuellen und aristokratischen Milieu stecken: »Ich weiß, was du bist. Du bist ein Aristokrat, das ist die Sache« (KH 161).

  64. Zwar kannte Mann die deutschsprachige Romantik gut und schätzte vor allem ihre Märchen; eine herausragende Stellung in seiner Lektüre aber erhält sie nicht gegenüber anderen Traditionen, zum Beispiel der skandinavischen. Vgl. Löwe: »›Romantik‹ bei Thomas Mann« (s. Anm. 9). Ironie und Romantik bringt Mann ab den Betrachtungen eines Unpolitischen (1918) stärker zusammen; seine eigene Ironie entwickelt Mann vornehmlich in der Lektüre Nietzsches, vgl. Ewen: »Moderne ohne Tempo« (s. Anm. 60).

  65. Thomas Mann an Ludwig Ewers vom 13.01.1909. In: Briefe 1. 1889–1913. Große kommentierte Frankfurter Ausgabe. Werke – Briefe – Tagebücher. Hg. von Cornelia Bernini/Thomas Sprecher/Hans Rudolf Vaget, Frankfurt a. M. 2002, Bd. 21, S. 404.

  66. Vgl. Agamben, Giorgio: »Was ist Zeitgenossenschaft?« In: Nacktheiten. Übersetzt von Andreas Hipeko. Frankfurt a. M. 2010, S. 21–36 sowie die weiteren Beiträge in diesem Band.

  67. Hofmannsthal, Hugo von: »Englischer Stil« (1896). In: Reden und Aufsätze 1 (s. Anm. 3), S. 176–182, S. 176.

  68. Ebd.

  69. Zum Verhältnis von Naturalismus und Buddenbrooks vgl. Blödorn, Andreas: »Buddenbrooks«. In: Thomas Mann Handbuch (s. Anm. 29), S. 13–24, S. 20 f.

  70. Brief von Thomas Mann an Hofmannsthal vom 05.02.1911. In: Briefwechsel mit Autoren. Hg. von Hans Wysling. Frankfurt a. M. 1988, S. 202.

  71. Mann: Betrachtungen eines Unpolitischen (s. Anm. 4), S. 586.

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Stübe, R. Die Unzeitgemäßen. Z Literaturwiss Linguistik 49, 601–619 (2019). https://doi.org/10.1007/s41244-019-00151-1

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