1 Politische Erwachsenenbildung und der „Corona-Schock“ – zum Erkenntnisinteresse

Politische Erwachsenenbildung leistet dem inneren und äußeren Anspruch nach einen Beitrag zum Erhalt und zur Stärkung der Demokratie, zur politischen Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger sowie zu gesellschaftlicher Integration und Kohäsion (Reichling 1999). Sie liegt im öffentlichen Interesse und zählt z. B. zum – in manchen Bundesländern auch gesetzlich verankerten – Grundauftrag der Volkshochschulen, die einen relevanten Anteil des Gesamtangebots an politischer Erwachsenenbildung in Deutschland verantworten (Hufer 2016b; Witt 2013). Als Teilbereich der Erwachsenen- und Weiterbildung zeichnet sich politische Erwachsenenbildung durch einen in sich geschlossenen Diskurs aus (Hufer 2016a; Hufer und Lange 2016; Hufer et al. 2021). Das wissenschaftliche Interesse gilt u. a. dem professionellen Handeln des Personals (z. B. Hufer et al. 2013; Scheidig 2016) und der Wirkung politischer Erwachsenenbildung (z. B. Ahlheim und Heger 2006; Martin und Reichart 2020; Straßer und Petter 2015). Insgesamt wird jedoch die Forschungslage seit längerem als unbefriedigend eingestuft, da wenige empirisch abgestützte Befunde zur politischen Erwachsenenbildung vorliegen (Becker 2011; Scheidig 2014). Desiderata sind sowohl aktuelle Analysen zu Teilnehmenden als auch zu den Angeboten selbst. In Berichtssystemen wird politische Erwachsenenbildung nicht separat ausgewiesen, da sie nicht kongruent zu den Bereichszuschnitten ist und zudem eine trennscharfe Erfassung aufgrund des Querschnittscharakters des Politischen eine Herausforderung darstellt (Scheidig 2017). Programmanalysen zur politischen Erwachsenenbildung, die das Angebot einrichtungsübergreifend ausleuchten, datieren mitunter weit zurück (Reith et al. 1989; Tietgens 1972) und sind oft themenspezifisch angelegt, etwa mit Blick auf die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte (Behrens et al. 2006), dem Nationalsozialismus (Ciupke und Reichling 1996) oder mit Europa (Oppermann 1993) im Rahmen von Erwachsenenbildungsangeboten.

Im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen im Angebot politischer Erwachsenenbildung rückt die Corona-Pandemie in den Fokus, die für die organisierte Erwachsenenbildung einen exogenen „Schock“ (Christ et al. 2021, S. 222; Rohs 2020, S. 7) bedeutete. Mindestens ebenso relevant wie der Umstand, dass der politische Umgang mit der Pandemie und gesellschaftliche Reaktionen hierauf umfassend Lernanlässe auch in politisch-bildender Hinsicht stifteten (Denninger und Käpplinger 2021, S. 172 f.; Luksik 2022, Oppermann 2021), sind die mit den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie einhergehenden deutlichen Einschränkungen bei der Durchführung von Veranstaltungen in Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Zu Pandemiebeginn 2020 mussten viele Präsenzveranstaltungen abgesagt, verschoben oder entgegen der ursprünglichen Planung online durchgeführt werden. Inzwischen liegen Analysen auf Basis von Anbieterstatistiken und -befragungen vor, die bereichsübergreifend darlegen, dass die erste Phase der Corona-Pandemie in der Erwachsenenbildung zu einem erheblichen Rückgang des Angebots und der Teilnahme und mithin zu finanziellen Einbußen geführt hat (Christ et al. 2021). Damit assoziiert ist die Frage, ob der Angebotsrückgang langfristig anhalten könnte, weil Ausfallquoten von bis zu 100 % manche Einrichtungen in existentielle Not brachte und ein Teil der vor allem frei- und nebenberuflich Dozierenden dauerhaft ihre erwachsenenpädagogische Tätigkeit niederlegen könnte (Christ et al. 2021, S. 37–39; Käpplinger und Lichte 2020, S. 783; Gnahs 2021, S. 15; für die politische Erwachsenenbildung: AJEB GPJE 2021; Oppermann 2021).

Zugleich wird diskutiert, inwiefern die Pandemie mit einem Digitalisierungsschub einherging (Scheidig 2021; Schmidt-Hertha 2021), da Angebote phasenweise nur auf Distanz durchgeführt werden konnten und Online-Veranstaltungen vor allem im Lockdown 2020 oft die einzige Alternative zum Veranstaltungsausfall darstellten. Kam Formen des digitalen Lehrens und Lernens vor der Pandemie vor allem in der öffentlich finanzierten Erwachsenenbildung, etwa an Volkshochschulen, nur eine geringe Bedeutung zu (BMBF 2020; Christ et al. 2020; Schmid et al. 2017), so schuf die Corona-Pandemie unvermittelt einen unfreiwilligen Anlass zur Erprobung von Online-Veranstaltungen und zur Auseinandersetzung mit diesbezüglichen didaktischen, organisatorischen und technischen Aspekten. In diesem Zusammenhang werden nicht nur Herausforderungen und Limitationen bei der Gestaltung von Online-Angeboten diskutiert – etwa der Stellenwert physischer Co-Präsenz für das Lernen (z. B. jüngst Dinkelaker 2021; Feigl 2022; Luksik 2022; Strutzmann 2022) –, sondern es werden in stärker potentialorientierter Perspektive auch neue Möglichkeiten in den Blick genommen: So erlaubt etwa die räumliche Flexibilität von (reinen) Online-Veranstaltungen eine Teilnahme von selbstgewählten Orten aus (remote) und die Akquise von Dozierenden ohne Rücksicht auf geografische Distanz. Durch die Ortsungebundenheit von Online-Veranstaltungen können auch überregional Teilnehmende gewonnen, Veranstaltungsreichweiten erhöht und gemeinsame Veranstaltungen mit weiter entfernten Einrichtungen arrangiert werden (Gnahs 2021, S. 12 f.; Klemm und Repka 2021).

Die bislang vorliegenden Studien zu Angebotsveränderungen in der Erwachsenenbildung zentrieren sich auf das erste Pandemiejahr 2020 und dabei u. a. auf die Ad-hoc-Umstellung auf Online-Angebote (Denninger und Käpplinger 2021). In den Fokus der – oftmals als Befragung von Erwachsenenbildungspersonal angelegten – Erhebungen zur Corona-Pandemie rückten vor allem Fragen organisationaler und teilweise auch mikrodidaktischer Veränderungen, wohingegen Forschung zu mesodidaktischen Veränderungen mit Blick auf Programme und Programmplanungshandeln aktuell noch ausstehen (ebd.). So konnte etwa die Frage, inwiefern die Pandemie das Angebot an Online-Veranstaltungen auf Basis der Kooperation mehrerer Einrichtungen befördert hat, bis dato kein erkennbares Forschungsinteresse auf sich vereinen. Auch bezüglich differenter Formen von Online-Angeboten (hybrid, blended, asynchron usw.) und deren Entwicklung besteht Forschungsbedarf. Zudem sind viele Analysen zu pandemiebedingten Veränderungen bereichsübergreifend konzipiert und tragen den Spezifika einzelner Inhaltsbereiche – etwa bezüglich bereichstypischer Veranstaltungsformate und deren „Digitalisierungspotential“ (z. B. Abendvortrag vs. Tanzkurs) – nicht hinreichend Rechnung. Für die politische Erwachsenenbildung wird angesichts fehlender Daten zum Angebot während der Corona-Pandemie Forschungsbedarf angemeldet (AJEB GPJE 2021, S. 3). Dies betrifft u. a. die Frage, in welchem Maße Online-Veranstaltungen Einzug erhielten und inwieweit damit etwaige Rückgänge von Präsenzveranstaltungen kompensiert werden konnten. Damit verbindet sich des Weiteren die Frage, welcher Art Online-Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung sind, insbesondere mit Blick auf das didaktische Format (Vortrag, Workshop, Seminarreihe usw.) und die Konfiguration der Online-Interaktion (synchron, asynchron, Verbindung mit Präsenzphasen oder -gruppen).

Der vorliegende Beitrag schließt hier an und wendet sich den Veränderungen im Angebot politischer Erwachsenenbildung im Kontext der Corona-Pandemie zu, wobei der Fokus auf den der „Schock“-Phase nachgelagerten Zeitraum ab 2021 gerichtet wird, in der Präsenzveranstaltungen wieder weitgehend möglich und Online-Veranstaltungen nicht alternativlos waren. Folgende Forschungsfragen werden dabei zugrunde gelegt:

F1

Inwiefern hat sich das Angebot an politischer Erwachsenenbildung an Volkshochschulen und darin das Verhältnis von Präsenz- und Online-Veranstaltungen im Vergleich zum Zeitpunkt unmittelbar vor der Corona-Pandemie quantitativ verändert?

F2

Welches didaktische Format haben Online-Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung?

2 Methode

Zur Beantwortung der Forschungsfragen fiel die Wahl auf das in der Erwachsenenbildungsforschung etablierte Instrument der Programmanalyse. Aufgrund des zentralen Stellenwerts von Programmen im quartären Bereich ist die Programmanalyse ein originär erwachsenenbildungswissenschaftlicher Forschungszugang (Gieseke et al. 2018, S. 459). Programme erfüllen verschiedene Funktionen, sie informieren primär über Bildungsangebote, besitzen werbenden Charakter, sie (re-)präsentieren die Einrichtung und ihr Selbstverständnis nach außen und sind legitimatorischer Arbeitsnachweis. Ergänzend zu dieser einrichtungsbezogenen Zwecksetzung sind Programme aus wissenschaftlicher Perspektive „wichtige Datenquellen zur Erforschung von Realitätsausschnitten der Erwachsenenbildung“ (Käpplinger 2017, S. 99). Die in Programmen angekündigten Veranstaltungsangebote dürfen als „Leistungsversprechen“ (Nolda 2018, S. 434) jedoch nicht mit dem tatsächlich realisierten Bildungsangebot gleichgesetzt werden. Auch wenn hier der Fokus auf der Angebotsperspektive und nicht auf konkreten Lehr‑/Lernprozessen liegt, verdient diese Differenz in doppelter Hinsicht Erwähnung, da einerseits für die politische Erwachsenenbildung bereits vor der Pandemie eine hohe Ausfallquote angenommen wurde (Hufer 2016a, S. 67) und andererseits mit Blick auf die Corona-Pandemie von einer Zunahme der Veranstaltungsabsagen infolge von Maßnahmen zum Infektionsschutz auszugehen ist.

Ein Vorzug der unmittelbaren, nicht auf Befragungen beruhenden Programmanalyse ist ihr Charakter als non-reaktiver Forschungszugang, bei dem Artefakte mit einem nicht-wissenschaftlichen Primärzweck (in der Regel Programmhefte) ex post im Forschungsprozess als Datenquelle funktionalisiert, aufgrund der Distanz zu ihrer Erstellung aber nicht forschungsseitig beeinflusst werden (Nolda 2018, S. 435). Die nachfolgend näher beschriebene Programmanalyse lässt sich in der Typologie der Programmforschung (vgl. Fleige et al. 2019, S. 78–86, Nolda 2018; Robak 2012) als überregionale, bereichsspezifische Programmanalyse mit diachroner Ausrichtung rubrizieren. Dem hier zugrundeliegenden (angebots-)strukturellen Erkenntnisinteresse folgend wurden die in den analysierten Programmen erfassten Veranstaltungen quantitativ ausgewertet. Im Zentrum steht eine deskriptiv-statistische Analyse der Häufigkeiten bzw. Häufigkeitsverteilung im Interesse einer quantitativen Veränderungsbestimmung. Die vorliegende Programmanalyse ist insofern inhaltsanalytisch, als sowohl die Beurteilung, ob es sich im zugrunde gelegten Feldverständnis um ein der politischen Erwachsenenbildung zuzurechnendes Veranstaltungsangebot handelt, als auch die Kodierung einzelner Kategorien einer Textanalyse bedurfte (siehe nachfolgend). Das zunächst aus dem Erkenntnisinteresse abgeleitete Kategoriensystem wurde nach der Analyse eines Teils der Programme aus der Stichprobe hinsichtlich der explorativen Kategorien zur Erfassung von Veranstaltungscharakteristika induktiv angepasst (didaktisches Format, z. B. Seminar, Vortrag, Exkursion; Online-Format, z. B. hybrid, blended, asynchron; Kooperationscharakter, z. B. gemeinsames Angebot mit weiterer Volkshochschule oder anderen Akteuren).

Der Fokus der Programmanalyse richtet sich auf das Angebot an Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung an Volkshochschulen. Wenngleich keine verlässlichen Zahlen dazu vorliegen, welchen Anteil Volkshochschulen bundesweit innerhalb der pluralen Einrichtungslandschaft am Gesamtangebot politischer Erwachsenenbildung einnehmen (Scheidig 2016, S. 32 f.) und auch dessen Gesamtvolumen innerhalb der Erwachsenenbildung nur bedingt aufgeklärt werden kann (Scheidig 2017), darf als gesichert gelten, dass Volkshochschulen nicht nur etablierte und flächendeckend vertretene, sondern auch quantitativ relevante Anbieter politischer Erwachsenenbildung in Deutschland sind (Hufer 2016b). Für das Erfassen von Angebotsveränderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie wurden zwei Programmzeiträume bestimmt. Im Sinne der Aktualität, des direkten Kontrasts und der Reduktion von anderen zeitbedingten Einflüssen fiel dabei die Wahl auf die eng beieinander liegenden, aber durch den Ausbruch der Corona-Pandemie getrennten Programmzeiträume ab Herbst 2019 sowie ab Herbst 2021 – also zum einen dem letzten Programmzeitraum vor Ausbruch der Corona-Pandemie und zum zweiten dem zum Zeitpunkt der Programmanalyse aktuellen Programmzeitraum, der eine Pandemiephase abdeckt, in der Präsenzveranstaltungen bereits wieder weitgehend – von Einschränkungen (Maskenpflicht, Nachweis von Impf‑, Test- oder Genesenenstatus) und Ausnahmen (kurzfristiger Unterbruch des Präsenzbetriebs in der vierten und fünften Infektionswelle) abgesehen – durchgeführt werden konnten. Da Programmzeiträume je nach Semesterstart der einzelnen Volkshochschulen teilweise ins Folgejahr hineinreichen und zudem einige Volkshochschulen nur Jahresprogramme veröffentlichen, ist im Folgenden von den Programmzeiträumen 2019/20 bzw. 2021/22 die Rede, auch wenn die Programmplanung jeweils im erstgenannten Jahr (also 2019 bzw. 2021) ihren Abschluss fand.

Die Stichprobe der analysierten Volkshochschulprogramme basiert auf der Zusammenstellung ausgewählter Volkshochschulprogramme im digitalen Programmarchiv des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE).Footnote 1 Dieses umfasst die Programme von (ursprünglich)Footnote 2 50 ausgewählten Einrichtungen, die „ein breites Spektrum an Volkshochschularbeit in der Bundesrepublik abbildet: kleine und große, Gemeinde‑/Kreis-VHS und Zweckverbände, aber auch eingetragene Vereine und GmbHs, lokal und regional arbeitende VHS sowie VHS aus jedem Bundesland.“ (Heuer et al. 2008, S. 46) Als die Auswahl seinerzeit vorgenommen wurde, bildete sie – gemessen an den in der Volkshochschulstatistik erfassten Volumina der Unterrichtsstunden in den einzelnen Fachbereichen – hinreichend die Grundgesamtheit aller Volkshochschulen ab (ebd., S. 48). Für den ersten betrachteten Programmzeitraum 2019/20 enthält das VHS-Programmarchiv am DIE Programmhefte von 36 Volkshochschulen. Da städtische Volkshochschulen in der DIE-Stichprobe überrepräsentiert sind (ebd., S. 47) und volumenstarke Volkshochschulen in Metropolen wie Hamburg oder München aufgrund ihrer Angebotsbreite und der mit ihrer Einrichtungsgröße korrespondierenden Strukturen die Programmanalyse zu verzerren drohen (ähnlich bereits Oppermann 1993, S. 54; vgl. auch Käpplinger 2017, S. 107, Tietgens 1998, S. 103–106), wurden insgesamt sechs Volkshochschulen aus Großstädten mit mehr als 250.000 Einwohnerinnen und Einwohnern aus der Stichprobe ausgeklammert, sodass 30 VolkshochschulenFootnote 3 verblieben.

Neben den im VHS-Programmarchiv am DIE verfügbaren Programmen für den Zeitraum 2019/20 der 30 Volkshochschulen aus der Stichprobe wurden die Programme für den Zeitraum 2021/22 über die Webpräsenz der Volkshochschulen oder auf dem Wege der direkten Kontaktaufnahme beschafft. Bei Volkshochschulen, für die zum Zeitpunkt der Programmanalyse bereits ein Programmheft ab Frühjahr 2022 vorlag (Redaktionsschluss in der Regel Ende 2021), wurde dieses verwendet. Da einige Volkshochschulen in der Stichprobe – begünstigt durch die pandemiebedingte Planungsunsicherheit – dazu übergegangen sind, (vorerst?) kein Programmheft oder nur Programmauszüge zu veröffentlichen, sondern für eine aktuelle bzw. vollständige Programmübersicht auf die Veranstaltungsdatenbank auf der Einrichtungswebsite zu verweisen (grundlegend hierzu Käpplinger 2021), wurde in diesen Fällen die Veranstaltungsdatenbank anstatt eines Programmhefts als Analysegrundlage herangezogen. Um näherungsweise eine Vergleichbarkeit mit dem Programmzeitraum 2019/20 herzustellen, wurde für die Verwendung von Veranstaltungsdatenbanken für den Programmzeitraum 2021/22 ein Analysezeitraum definiert und es wurden nur Veranstaltungen innerhalb dieses Zeitraums in die Analyse einbezogen (Studienfahrten und Exkursionen ausgenommen, da diese auch in Programmheften mitunter semesterübergreifend angekündigt werden). Ausgehend vom Durchführungszeitpunkt der hier vorliegenden Programmanalyse (erste Januarhälfte 2022) wurde als Analysezeitraum für Veranstaltungsdatenbanken Januar bis Juni 2022 gewählt, um ein möglichst aktuelles, prospektives Programm als Quelle zu verwenden. Dieser Analysezeitraum stimmt zwar ungefähr mit der Länge, nicht aber mit den Monaten des Programmzeitraums 2019/20 der betreffenden Volkshochschulen überein. Es wurde davon Abstand genommen, im Sinne vermeintlicher Vergleichbarkeit die jeweiligen Semesterdaten der einzelnen Einrichtungen als Analysezeitraum für Veranstaltungsdatenbanken zu verwenden (z. B. August 2021 bis Januar 2022), da nicht ausgeschlossen werden kann, dass zum Analysezeitraum in der Vergangenheit liegende Veranstaltungen in der Veranstaltungsdatenbank bereits nicht mehr sichtbar waren. Mit dem gewählten Vorgehen wird das Grundproblem, dass Veranstaltungsdatenbanken im Vergleich zu jeweils ab Drucklegung geltenden Programmheften mit immer wieder auffindbaren Angeboten jederzeit einer Anpassung unterliegen und einzelne Veranstaltungen entfernt, hinzugefügt oder verändert werden können, minimiert, aber keineswegs eliminiert. Da jedoch nur bei 8 von 30 Volkshochschulen für den Programmzeitraum 2021/22 ausschließlich oder ergänzend zu einem Programmauszug auf die Veranstaltungsdatenbank auf der Webpräsenz der Volkshochschule zurückgegriffen werden musste, besteht kein Anlass, substanzielle Verzerrungen anzunehmen.

Da die Programmarchitektur von Volkshochschulen keinen eigenen Fachbereich politische Erwachsenenbildung kennt, der Fachbereich „Gesellschaft, Politik, Umwelt“ hinsichtlich Zuschnitt und Bezeichnung je nach Volkshochschule variiert und auch u. a. Veranstaltungen zu Rechtsfragen, Verbraucherschutz, Geschichte, Philosophie, Psychologie und Erziehung umfasst und zudem politische Erwachsenenbildung vereinzelt auch in anderen Fachbereichen anzutreffen ist (z. B. im Fachbereich KulturFootnote 4; vgl. auch Ciupke und Reichling 1996, S. 12 f.; Oppermann 1993, S. 54), wurde der Programmanalyse zur Identifikation von Veranstaltungen der politischen Erwachsenenbildung folgendes Feldverständnis zugrunde gelegt: Angebote der politischen Erwachsenenbildung (1) fokussieren explizit politische Akteure, Prozesse und Programmatiken, (2) ermöglichen eine Auseinandersetzung mit öffentlichen Angelegenheiten, die als gesamtgesellschaftlich relevante Fragen des Zusammenlebens über den Privatbereich hinausweisen und der Meinungsbildung und Entscheidung bedürfen, und/oder (3) befähigen oder motivieren zur politischen Partizipation. Diese Definition ist keineswegs trennscharf, etwa mit Blick auf interdisziplinäre Bezüge zur Soziologie, Ökonomie, Philosophie oder Geschichtswissenschaft (Hufer 2016a, S. 47–58), daher wurden Veranstaltungen nur dann einbezogen, wenn die Veranstaltungsbeschreibung erkennen ließ, dass die Dimension des Politischen (vgl. dazu Meints-Stender und Lange 2016) bei der Themenentfaltung überwiegt, also beispielsweise eine Urteilsbildung in überindividuellen Fragen, die einen (potenziellen) politischen Gegenstand darstellen, angeregt oder angestrebt wird. So wurden u. a. Veranstaltungen zum Klimawandel mit primär ökologischem Fokus ausgeklammert (z. B. biologische Veränderungsprozesse in der lokalen Fauna und Flora), hingegen Länderporträts aufgenommen, wenn nicht eine touristische oder kulturelle Perspektive im Vordergrund steht, sondern ein (geo-)politischer Sachverhalt (z. B. Nahostkonflikt, Demokratiebewegung in autoritären Staaten). Nicht berücksichtigt wurden zudem Veranstaltungen, bei denen nicht die gesellschaftliche Dimension des Themas (z. B. Rentensystem, Energiewende), sondern nur die individuelle Handlungsperspektive angesprochen wird (z. B. private Altersvorsorge, Kaufberatung für Elektroautos). Ist Politik bzw. politische Bildung nur ein Aspekt eines themenübergreifenden Angebots (z. B. Kurse zum Einbürgerungstest, Erwerb von Schulabschlüssen, interdisziplinäre Veranstaltungsreihen), wurden diese Angebote ebenfalls nicht in die Programmanalyse einbezogen.

Für die Programmanalyse wurden die insgesamt 60 Volkshochschulprogramme vollständig gesichtet und Veranstaltungen, die gemäß dem zuvor erläuterten Feldverständnis der politischen Erwachsenenbildung zugeordnet werden konnten, mit folgenden Kategorien für beide Programmzeiträume 2019/20 und 2021/22 erfasst: Einrichtung, Veranstaltungstitel, didaktisches Format, Online-Format, Kooperationscharakter, Anzahl der Veranstaltungstermine, Startzeit, Dauer, Teilnahmegebühr. Als Online-Angebot werden alle Veranstaltungen eingestuft, bei denen die (oder Teile der) Teilnehmenden und/oder Referentinnen und Referenten zumindest während einer Veranstaltungsphase nicht physisch an einem Ort zeitgleich präsent sind, sondern via Internetverbindung partizipieren. Präsenzveranstaltungen, die digitale Elemente (z. B. Audience-Response-Systeme) integrieren oder ergänzend vorsehen (z. B. Lernplattformen), werden hierbei aus zwei Gründen nicht als Online-Angebot berücksichtigt: Zum einen dürfte das Digitale in diesen Fällen für den Veranstaltungscharakter nicht wesensprägend sein – im Gegensatz zu einem Vortrag per Livestream, einem Webinar oder einem asynchronen Massive Open Online Course (MOOC). Zum zweiten lassen Veranstaltungsbeschreibungen in den Volkshochschulprogrammen in der Regel keine Rückschlüsse darauf zu, inwiefern Präsenzveranstaltungen durch den Einsatz digitaler Medien angereichert werden. Demgegenüber werden Präsenzveranstaltungen, an denen zeitgleich auch eine Teilnahme von zuhause oder unterwegs aus möglich ist (hybrid) oder die sich mit synchronen Online-Phasen abwechseln (blended), als Online-Veranstaltung kategorisiert.

Die Klassifizierung von Kooperationsangeboten versteht sich hier als Subkategorie von Online-Veranstaltungen, also ob dieselbe Online-Veranstaltung an mehreren Einrichtungen belegt werden kann (Mehrfachnutzung). Nicht gemeint hingegen sind die zahlreichen Kooperationen bei Präsenzveranstaltungen, z. B. die gemeinsame Ausstellung mit einem Museum, die Führung in Kooperation mit einer Gedenkstätte oder der gemeinsam mit einer Stiftung organisierte Abendvortrag. Um Online-Kooperationsangebote als solche zu identifizieren, wurden nicht nur entsprechende Hinweise in den Veranstaltungsbeschreibungen verarbeitet, sondern es wurde ebenfalls im Datensatz unter allen erfassten Online-Veranstaltungen nach Doppelungen gesucht. Um auch Online-Kooperationsveranstaltungen zu identifizieren, bei denen nur ein Kooperationspartner in der Stichprobe vertreten ist, wurden darüber hinaus alle Online-Veranstaltungen, die im Datensatz nur einmal vorkamen, per allgemeiner Suchmaschinenrecherche daraufhin überprüft, ob sie auch an anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung angeboten werden oder wurden. Dabei konnten zurückliegende Kooperationsangebote nicht nur über Programmhefte und -datenbanken anderer Volkshochschulen (die teilweise nur für einen begrenzten Zeitraum abrufbar sind) ermittelt werden, sondern z. B. auch über Veranstaltungsankündigungen auf den Webseiten von Lokalzeitungen.

3 Ergebnisse

In den 30 untersuchten Volkshochschulprogrammen aus dem Zeitraum 2019/20 konnten in 28 Programmen kumuliert 331 Veranstaltungen der politischen Erwachsenenbildung zugeordnet werden (Tab. 1); zwei Volkshochschulen hatten keine entsprechenden Veranstaltungen. Es dominieren reine Präsenzveranstaltungen (insgesamt 263), das restliche Angebot umfasst nahezu ausschließlich kooperative Online-Veranstaltungen mit bzw. von anderen Volkshochschulen. Der Anteil an eigenen Online-Veranstaltungen, die von der jeweiligen Volkshochschule exklusiv angeboten wurden, beträgt lediglich ca. 1 %. Die 64 in der Stichprobe für den Zeitraum 2019/20 erfassten Online-Veranstaltungen auf Kooperationsbasis gehen auf 24 verschiedene Online-Veranstaltungen zurück – vor allem per Livestream übertragene Vorträge –, von denen das Gros in mehreren der untersuchten Programme aufgeführt wird, es handelt sich folglich um Mehrfacherfassungen derselben Online-Veranstaltungen. Bereinigt man das kumulierte Angebot von 331 Veranstaltungen um die mehrfach erfassten kooperativen Online-Veranstaltungen und zählt diese 24 Online-Veranstaltungen jeweils nur einmal, so beträgt die einrichtungsübergreifende Nettogesamtzahl der Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung im Zeitraum 2019/20 in den einbezogenen Volkshochschulprogrammen 291.

Tab. 1 Gesamtzahl der Veranstaltungen sowie Anzahl eigener und kooperativer Online-Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung 2019/20 und 2021/22 in den einbezogenen Volkshochschulprogrammen (n = 30)

Im Vergleich dazu wurden für 2021/22 in 27 Volkshochschulprogrammen kumuliert 403 Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung erfasst, in drei Volkshochschulprogrammen fanden sich keine Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung. Unter Bereinigung um mehrfach erfasste kooperative Online-Veranstaltungen mit bzw. von anderen Volkshochschulen verbleiben 285 verschiedene Veranstaltungen (Tab. 1). Die Nettogesamtzahl der Veranstaltungen ist folglich auf vergleichbarem Niveau wie im Zeitraum 2019/20. Dem liegen jedoch substanzielle Verschiebungen der Angebotsstruktur zugrunde, denn es lässt sich eine deutliche Abnahme von Präsenzveranstaltungen erkennen (2019/20: 263 vs. 2021/22: 193) bei gleichzeitiger massiver Zunahme von Online-Veranstaltungen. Das Angebot an kooperativen Online-Veranstaltungen mit bzw. von anderen Volkshochschulen hat sich im Vergleich beider Zeiträume nahezu verdreifacht, 2021/22 wurden 64 verschiedene Online-Veranstaltungen auf Kooperationsbasis in den Volkshochschulprogrammen insgesamt 182 Mal aufgeführt. Das hauseigene Angebot an Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung bewegt sich demgegenüber mit 28 Veranstaltungen absolut auf geringerem quantitativem Niveau, hat sich aber im Vergleich zu 2019/20 versiebenfacht und verzeichnet somit eine noch größere relative Zunahme.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die einrichtungsübergreifende Angebotsbreite in den untersuchten Volkshochschulprogrammen zu den beiden betrachteten Zeitpunkten vor und während der Corona-Pandemie nahezu unverändert ist, unter Ausklammerung von mehrfach erfassten Veranstaltungen weicht die Gesamtzahl der Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung nur marginal voneinander ab (2019/20: 295 vs. 2021/22: 285). Aus lokaler Perspektive zeigen sich zwei gegensätzliche Entwicklungen: Einerseits handelt es sich in der Tendenz – zunächst ohne Berücksichtigung einzelner Volkshochschulen (siehe nachfolgend) – um eine Angebotszunahme, da in den Programmen für 2021/22 durchschnittlich mehr Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung enthalten sind aufgrund der deutlichen Zunahme von kooperativen Online-Veranstaltungen, die einer Mehrfachnutzung zugeführt werden. Dies lässt sich daran ablesen, dass die in den Programmen von 2021/22 enthaltenen Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung kumuliert eine höhere Gesamtzahl gegenüber 2019/20 ergeben (331 vs. 403). Mithin hat zwar nicht die Breite des Angebots zugenommen, aber dessen Verfügbarkeit aufgrund der Kooperation bei Online-Veranstaltungen. Aus lokaler Sicht bleibt ebenfalls zu konstatieren, dass 2021/22 im Vergleich zu 2019/20 deutlich weniger Präsenzveranstaltungen vor Ort angeboten (und verantwortet) wurden, das hauseigene Angebot im Bereich politischer Erwachsenenbildung in der Tendenz also – selbst bei Einrechnung des Zuwachses an eigenen Online-Veranstaltungen – abgenommen hat.

Auf Einrichtungsebene können sich Abweichungen zur zuvor beschriebenen Tendenz ergeben – und zwar insbesondere in Abhängigkeit von der Angebotsbreite im Bereich politischer Erwachsenenbildung der einzelnen Volkshochschulen, die wiederum oftmals mit der Einrichtungsgröße in Verbindung steht. Unter Ausklammerung der zwei (2019/20) bzw. drei (2021/22) Volkshochschulen ohne Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung in den untersuchten Programmen reicht unter den übrigen 28 bzw. 27 Volkshochschulen die Spannweite der Anzahl der Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung von 1–41 Veranstaltungen (2019/20) bzw. von 1–42 (2021/22). Aufgrund dieser quantitativen Unterschiede, die das Gesamtangebot beeinflussen, wurde ergänzend zur einrichtungsübergreifenden Analyse jeweils auf Ebene der einzelnen Volkhochschulen eine vergleichende Analyse der Angebote zur politischen Erwachsenenbildung 2019/20 und 2021/22 vorgenommen:

  • Die Anzahl an Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung (inkl. eigenen und kooperativen Online-Angeboten) hat bei 16 der 30 Volkshochschulen im Vergleich der Programme 2019/20 und 2021/22 zugenommen, bei 11 abgenommen und bei 3 blieb sie unverändert.

  • Betrachtet man nur die Präsenzveranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung, so zeigt sich im Vergleich der Programme 2019/20 und 2021/22 bei 10 von 30 Volkshochschulen eine Zunahme, bei 18 eine Abnahme und 2 Volkshochschulen führen in beiden erfassten Programmen jeweils keine Präsenzveranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung.

  • Eigene Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung hatten 2019/20 nur 4 der 30 Volkshochschulen, 2021/22 waren es demgegenüber 12 Volkshochschulen.

  • Kooperative Online-Veranstaltungen mit bzw. von anderen Volkshochschulen fanden sich in 12 der 30 Volkshochschulprogramme von 2019/20, im Zeitraum 2021/22 hatten bereits 17 Volkshochschulen mit anderen geteilte Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung im Programm. Bei einem Drittel der betrachteten Volkshochschulen (10 von 30) überwiegt in den Programmen 2021/22 die Anzahl kooperativer Online-Veranstaltungen gegenüber hauseigenen Präsenz- und Online-Veranstaltungen (2019/20 war dies bei 3 von 30 Volkshochschulen der Fall), darunter auch 2 Volkshochschulen, die 2021/22 im Angebotsbereich der politischen Erwachsenenbildung ausschließlich kooperative Online-Veranstaltungen ausgewiesen und keine eigenen Präsenz- oder Online-Veranstaltungen offeriert haben.

  • Bei 5 der 30 Volkshochschulen finden sich sowohl 2019/20 als auch 2021/22 keine Online-Veranstaltungen (weder eigene noch kooperative) zur politischen Erwachsenenbildung im Programm, bei weiteren 6 Volkshochschulen ist der Anteil von Online-Veranstaltungen gegenüber 2019/20 gesunken (davon bei 2 Volkshochschulen bis hin zum Verzicht).

Der letztgenannte Befund illustriert, dass sich bei Analyse der zeitlichen Veränderungen auf Ebene der einzelnen Volkshochschulen zwar grosso modo die bereits einrichtungsübergreifend beschriebene Tendenz bestätigt – die Mehrzahl der 30 Volkshochschulen hat Präsenzveranstaltungen abgebaut, mehrere Volkshochschulen haben eigene und/oder kooperative Online-Veranstaltungen eingeführt –, diese Entwicklung aber nicht auf alle Einrichtungen zutrifft und partiell konträre Entwicklungen hervortreten (Ausbau von Präsenz-, weiterhin Verzicht auf oder Reduktion von Online-Veranstaltungen). Relationale Analysen dieser Art geben jedoch keine Auskunft über die absolute Differenz und das Niveau der Veränderung (z. B. Abnahme von 30 auf 29 Veranstaltungen vs. Zunahme von 2 auf 3 Veranstaltungen) und sind daher in ihrer Aussagekraft limitiert.

In Bezug auf die Unterscheidung eigener und kooperativer Online-Veranstaltungen zeigt sich für die Programme 2021/22 nicht nur einrichtungsübergreifend, sondern auch auf Ebene der einzelnen Volkshochschulen eine Präferenz zugunsten von Online-Veranstaltungen auf Kooperationsbasis: 10 der 30 Volkshochschulen beschränken ihr Online-Angebot zur politischen Erwachsenenbildung allein auf Kooperationsveranstaltungen mit bzw. von anderen Volkshochschulen, 5 Volkshochschulen bieten ausschließlich eigene Online-Veranstaltungen an, 7 Volkshochschulen führen sowohl geteilte als auch eigene Online-Veranstaltungen im Angebot und bei den übrigen 8 Volkshochschulen finden sich 2021/22 keine Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung im Programm.

Eine Auswertung nach Veranstaltungsformaten zeigt, dass unter den Präsenz- sowie vor allem unter den eigenen und kooperativen Online-Veranstaltungen Einmalveranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung und hier wiederum Kurzzeitveranstaltungen bis 3 Unterrichtsstunden (dies entspricht 135 min) dominieren (Tab. 2). Während längere Einzelveranstaltungen (z. B. Tagesworkshops) und mehrtägige Veranstaltungen (z. B. Seminare, Vortragsreihen) unter Präsenzangeboten eine untergeordnete Rolle spielen, ist ihr Anteil unter den Online-Veranstaltungen verschwindend gering. Auswärtige Angebote (z. B. Exkursionen, Führungen) sind hiervon abzugrenzen, da sie dem Wesen nach als Präsenzangebot konfiguriert sind, obschon sich in der Stichprobe auch eine Online-Stadtführung findet (2021/22). Der in Tab. 2 dargestellte Vergleich der Programmzeiträume 2019/20 und 2021/22 legt offen, dass Einzelveranstaltungen in Präsenz deutlich abnehmen (203 vs. 147), ebenso auswärtige Veranstaltungen (27 vs. 18) – was mit pandemiebedingten Schließungen im Zusammenhang stehen könnte –, Mehrtagesveranstaltungen jedoch nicht (21 vs. 24). Die Zunahme von Online-Veranstaltungen lässt sich nahezu vollständig auf eine Zunahme online durchgeführter Kurzzeitveranstaltungen bis 135 min zurückführen.

Tab. 2 Formate der Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung 2019/20 und 2021/22 in den einbezogenen Volkshochschulprogrammen (n = 30)

Auf eine präzise quantifizierende Auswertung der konkreten didaktischen Form der Präsenz- und Online-Veranstaltungen politischer Erwachsenenbildung muss hier verzichtet werden, da einerseits die publizierten Programme häufig keine hinreichend spezifizierenden Angaben zur geplanten Wissensdarbietung und -aneignung, zu Arbeits- und Interaktionsformen vornehmen (vgl. auch Behrens et al. 2006, S. 73) und andererseits mitunter ein und dieselbe kooperative Online-Veranstaltung je nach Volkshochschulprogramm unterschiedlich beworben wird (z. B. „Online-Vortrag“, „Webinar“, „Webtalk“). Gleichwohl lassen sich anhand der Programme Tendenzen ablesen:

  • Bei den Online-Veranstaltungen in den Programmen 2019/20 und 2021/22 handelt es sich weit überwiegend um Online-Vorträge und verwandte didaktische Formen des Kurzzeitinputs, wobei die Online-Vorträge 2019/20 teilweise als Livestream in eine Räumlichkeit vor Ort geplant wurden und 2021/22 nahezu alle Online-Vorträge eine Remote-Teilnahme vorsehen. Die meisten Online-Vorträge auf Kooperationsbasis entstammen dem Angebot „vhs.wissen live“, an dem aktuell 279 deutsche Volkshochschulen aus 15 Bundesländern partizipieren (Stand: 31.01.2022). Diese Online-Vorträge können auch direkt und kostenfrei über die entsprechende Website (www.vhs-wissen-live.de) live verfolgt oder im Archiv als Video betrachtet werden.Footnote 5

  • Von den Online-Veranstaltungen im Programmzeitraum 2021/22 haben 13 Einzelveranstaltungen Hybrid-Charakter, eine Teilnahme ist also sowohl online (synchron) als auch in Präsenz möglich („Here or There (HOT) Instruction“, Zydney et al. 2019). Demgegenüber führte keines der 30 untersuchten Volkshochschulprogramme aus dem Zeitraum 2019/20 ein hybrides Angebot politischer Erwachsenenbildung.

  • Unter den Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung stellen zeitintensive synchrone Veranstaltungen, die phasenweise (Blended Learning) oder vollständig online durchgeführt werden (Webinar), sowie rein asynchrone Online-Lernangebote (z. B. MOOCs) Ausnahmen dar.

  • Auch unter Präsenzveranstaltungen politischer Erwachsenenbildung ist der Vortrag die am häufigsten angebotene Veranstaltungsform. Jedoch ist die Spannbreite anderer didaktischer Formen deutlich breiter als unter Online-Veranstaltungen; in den Programmen 2019/20 und 2021/22 finden sich als Präsenzangebote politischer Erwachsenenbildung z. B. Fortbildungen für pädagogische Fach- und Lehrkräfte, Barcamps, Literaturrevuen, Theateraufführungen, Filmvorführungen und -gespräche, Vernetzungstreffen engagierter Bürgerinnen und Bürger, Befragungen von Politikerinnen und Politikern sowie Bürgerdialoge, Projektseminare, Schreibwerkstätten, Aktionen, Quizze. Da sich diese pluralen Veranstaltungsformen quantitativ betrachtet auf wenige Veranstaltungen beschränken und auch Mischformen zu finden sind, kann anhand des Vergleichs der Programme 2019/20 und 2021/22 nicht zuverlässig ermittelt werden, ob mit der Abnahme der Präsenzangebote auch eine Abnahme der didaktischen Angebotsvielfalt einhergeht – wohl aber, dass die in ihrer Anzahl gestiegenen Online-Veranstaltungen 2021/22 keine vergleichbare didaktische Pluralität hervorbringen.

4 Diskussion

Die Ergebnisse der Programmanalyse zeigen, dass die Angebotsbreite – gemessen an der Anzahl der Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung – in beiden Programmzeiträumen 2019/20 und 2021/22 ungefähr vergleichbar ist. Zumindest für die hier betrachtete Pandemiephase lässt sich also keine nennenswerte Angebotsreduktion in den Volkshochschulen im Vergleich zum letzten Programmjahr vor der Corona-Pandemie konstatieren. Die Angebotsstruktur hat sich jedoch deutlich verschoben: Dominierten unmittelbar vor der Corona-Pandemie noch Präsenzveranstaltungen das Angebot der politischen Erwachsenenbildung, so nahm ihr Anteil am Gesamtangebot deutlich ab, wenngleich sie immer noch das Gros der Veranstaltungen umfassen. Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung existierten bereits vereinzelt vor der Corona-Pandemie, ihre Anzahl und ihr Anteil am Gesamtangebot nahmen jedoch binnen zwei Jahren deutlich zu.

Die Analyse stellt allerdings heraus, dass diese unter der Frage des Digitalisierungsschubs hervorzuhebende Entwicklung nicht auf alle Einrichtungen zutrifft: Die Zahl der Volkshochschulen mit Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung im Programm hat zwar zugenommen, aber ein nicht unerheblicher Teil der Volkshochschulen in der Stichprobe hat weiterhin keine Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung oder diese gegenüber 2019/20 (mitunter bis hin zum Verzicht) verringert. Die Zunahme von Online-Veranstaltungen ist vorrangig auf ein Anwachsen von Online-Veranstaltungen auf Kooperationsbasis zurückzuführen, bei denen dieselben Veranstaltungen von mehreren Volkshochschulen ins Programm aufgenommen werden. Bei gleichbleibender Veranstaltungszahl führt dies zu einer Ausweitung der Reichweite des Angebots durch Mehrfachnutzung; für das in der Stichprobe dominierende Kooperationsangebot „vhs.wissen live“ werden laut dem Initiator ca. 300 bis 2000 Teilnehmende pro Online-Vortrag gezählt. Die hier erfassten Volkshochschulen nehmen bei Kooperationsangeboten, die sich fast ausschließlich auf gestreamte Online-Vorträge aus anderen Volkshochschulen erstrecken, weit überwiegend eine passive Rolle ein und agieren mehrheitlich nicht federführend als Organisatoren. Ergänzend zu kooperativen Online-Veranstaltungen oder teilweise stattdessen haben einige Volkshochschulen im Vergleich zu 2019/20 ein eigenes Angebot an Online-Veranstaltungen auf- oder ausgebaut, wenn auch auf quantitativ geringerem Niveau. Insgesamt variiert das Verhältnis von Präsenz- und Online-Veranstaltungen sowie innerhalb des Online-Angebots zwischen eigenen und kooperativen Online-Veranstaltungen beträchtlich zwischen den Volkshochschulen. Das Zustandekommen der dabei jeweils zugrundeliegenden Programmplanungsentscheidungen in einzelnen Volkshochschulen durch das Zusammenspiel verschiedener Faktoren in komplexen, antinomischen Programmplanungsprozessen (Gieseke 2003; von Hippel 2011) und die Rolle des programmplanenden Personals im Digitalisierungskontext (Alke und Rauber 2020) lässt sich ebenso als weiterführende Fragestellung für die Programmplanungsforschung formulieren wie die Frage, ob die Einrichtungen kurzfristig auf die Umstände der Corona-Pandemie reagierten oder aktiv eine langfristige Strategie mit Blick auf Online-Angebote (und etwaige Online-Kooperationen) verfolgen. Gleichwohl darf angenommen werden, dass mit der zunehmenden Verbreitung von Online-Veranstaltungen und Kooperationsangeboten das Programmplanungshandeln als professionelle Tätigkeit eine anforderungsbezogene Expansion erfährt (Scheidig 2021).

Es scheint naheliegend, den massiven Zuwachs an Online-Angeboten in einen ursächlichen Zusammenhang mit der Pandemie zu stellen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die deutliche Mehrzahl der hier für die politische Erwachsenenbildung erfassten Online-Angebote Online-Vorträge von „vhs.wissen live“ darstellt und dieses Angebot bereits 2019, also unmittelbar vor der Corona-Pandemie, initiiert und von mehreren Dutzend Volkshochschulen ins Programm integriert wurde. Es kann nur spekuliert werden, welche Verbreitung diese oder andere Online-Veranstaltungen ohne die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie erlangt hätten – sicherlich aber hat die Pandemie den Ausbau und die Akzeptanz von Online-Angeboten begünstigt. Das im Vergleich der Programmzeiträume 2019/20 und 2021/22 verschobene Verhältnis von Präsenz- und Online-Veranstaltungen wirft die Frage auf, ob Online-Veranstaltungen und hier insbesondere Kooperationsveranstaltungen das bislang fast ausschließlich auf körperlicher Co-Präsenz basierende Angebot politischer Erwachsenenbildung (zumindest in der betrachteten Pandemiephase) ergänzen, kompensieren oder gar verdrängen – und inwieweit dies als Hinweis auf eine generelle Angebotsveränderung interpretiert werden kann oder allein der Sondersituation der Pandemie geschuldet ist. Zumindest mit Blick auf die Einschränkungen für Präsenzangebote während der Corona-Pandemie darf angenommen werden, dass kooperative Online-Angebote eine stabilisierende Wirkung im Angebot politischer Erwachsenenbildung entfalten, da ihre Durchführung weder von jeweils aktuellen Pandemiemaßnahmen noch von einer Mindestteilnehmendenzahl abhängig ist. Ob aber der Zuwachs an Online-Veranstaltungen lediglich eine Folge oder womöglich auch mitursächlich für die Reduktion von Präsenzveranstaltungen ist – z. B. aufgrund finanzieller Erwägungen oder der Planungs(un)sicherheit –, kann im Wege der Programmanalyse keiner Beantwortung zugeführt werden und bedürfte anderer Forschungszugänge, insbesondere solcher, die das Programmplanungshandeln mit Sensibilität für situations- und lokalspezifische Bedingungen ausleuchten. Sollte sich die hier nachgezeichnete Entwicklung der Abnahme von Präsenzangeboten bei gleichzeitiger Zunahme von primär kooperationsbasierten Online-Angeboten fortsetzen, so könnte der Fall eintreten, dass sich die Anzahl bzw. Vielfalt der Angebote verringert, die Zahl der teilnehmenden Personen aber aufgrund einer Reichweiteerhöhung steigt.

Die Verhältnisbestimmung von Präsenz- und Online-Angebot verlangt darüber hinaus eine Zuwendung zu konkreten Durchführungsmerkmalen der darunter subsumierten Veranstaltungen, denn die Frage, ob Online-Veranstaltungen das Präsenzangebot zu kompensieren oder substituieren vermögen oder komplementär das Angebotsspektrum (u. a. mit Blick auf das Ansprechen anderer Adressatinnen und Adressaten) erweitern, ist vor allem auch eine didaktische. Die Programmanalyse zeigt, dass zwar die Anzahl eigener und kooperativer Online-Veranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung deutlich zugenommen hat, nicht aber die Pluriformität: Unter Online-Veranstaltungen dominieren (weiterhin) Kurzzeitveranstaltungen und hier insbesondere Online-Vorträge und vergleichbare referentenzentrierte Formate. Mit der Formatvielfalt der Präsenzveranstaltungen zur politischen Erwachsenenbildung ist dies nicht vergleichbar, wenngleich auch unter Präsenzveranstaltungen der Vortrag traditionell eine Vorrangstellung einnimmt (siehe auch Ciupke 2016; Hufer 2016a, S. 92–97; Oppermann 1993, S. 55; Witt 2013, S. 163). Es bleibt zu beobachten, ob perspektivisch die Vielfalt (und Dauer) der Formate politischer Erwachsenenbildung im Falle einer weiteren Reduktion der Präsenzveranstaltungen abnimmt oder ob lediglich Vorträge und andere tendenziell rezeptive Formate häufiger als früher online statt in Präsenz realisiert werden – und stärker interaktionsorientierte Formate politischer Erwachsenenbildung wie Workshops, Mehrtagesseminare und Diskussionen weiterhin bevorzugt in Präsenz stattfinden. Dahinter scheint die Frage auf, welche Ziele und didaktischen Arbeitsformen politischer Erwachsenenbildung auch (oder gerade) online realisiert werden können und welche einer leiblichen Präsenz bedürfen.

Dabei ist die dichotome Gegenüberstellung von Online- und Präsenzangeboten nicht nur mit Blick auf die (potenzielle) digitale Durchdringung von Präsenzveranstaltungen durchaus zu hinterfragen; anhand der Programmanalyse wird beispielsweise ersichtlich, dass ein kleiner Teil der erfassten Veranstaltungen Präsenz- und Online-Elemente in verschiedener Weise kombiniert: Das Spektrum reicht von Online-Vorträgen, die vor Ort in der Volkshochschule auf einer Leinwand übertragen und moderiert werden (diese finden sich vor allem in den Programmen vor der Corona-Pandemie), über hybride Veranstaltungen, bei denen eine Teilnahme vor Ort mit Face-to-face-Interaktion mit Referentin, Referenten und Teilnehmenden ebenso möglich ist wie am eigenen internetfähigen Endgerät von zuhause oder unterwegs aus (diese finden sich in den während der Corona-Pandemie erstellten Programmen), bis hin zu Blended-Learning-Seminaren, bei denen sich Präsenz- und Online-Termine abwechseln (diese wurden sowohl vor als auch während der Pandemie angeboten). Zu fragen ist, wie die Adressatinnen und Adressaten dieses Spektrum auf- und wahrnehmen; die didaktisch-terminologischen Erläuterungen zu verschiedenen Kategorien von Online-Veranstaltungen in den analysierten Volkshochschulprogrammen können diesbezüglich als Hinweis auf Orientierungsbedarf gedeutet werden.

Die Verschiebung hin zu Online-Veranstaltungen, die eine Teilnahme mit dem eigenen Endgerät vorsehen, bedeutet für potenzielle Teilnehmende einen Gewinn an räumlicher Flexibilität. Die Möglichkeit, sich z. B. am Abend (mitunter kostenlos) von zuhause aus direkt zu Veranstaltungen zuschalten und diese bei Bedarf auch vergleichsweise unauffällig vorzeitig verlassen zu können, steigert eventuell für spezifische Adressatengruppen die Angebotsattraktivität, etwa für Personen, die beruflich und familiär stark eingespannt sind. Dass bei Online-Angeboten An- und Abreisezeiten entfallen, ist insbesondere mit Blick auf die in der politischen Erwachsenenbildung verbreiteten Kurzzeitformate von 60–90 min interessant, bei denen je nach Wohnort die Veranstaltungsdauer in einem Missverhältnis zum Aufwand für An- und Abreise stehen kann (z. B. im ländlichen Raum). Indes steigen mit Online-Angeboten auch die Anforderungen für die Teilnahme, da Grundvoraussetzungen bezüglich Hardware, Internetverbindung und Anwenderkompetenzen (z. B. Videokonferenzsoftware) erfüllt werden müssen, was eine exkludierende Wirkung entfalten kann (dies unterstreichen auch Befunde zur Erwachsenenbildung in der Pandemie, vgl. etwa Gugitscher et al. 2020, S. 23 f.; Käpplinger und Lichte 2020, S. 783, 787; für die politische Erwachsenenbildung vgl. Krämer 2021). Gepaart mit technikbezogenen Hürden kann auch ein gewandelter Angebotscharakter (passive Rezeption am Monitor statt Diskussion vor Ort) dazu führen, dass bisherige Teilnehmende mit Online-Angeboten seltener erreicht werden. Hybrid-Veranstaltungen verbinden bestenfalls die Vorteile von Online- und Präsenzveranstaltungen, erlangten aber bislang nur geringe Verbreitung, wahrscheinlich auch deshalb, weil eine qualitätsvolle Umsetzung insbesondere mit Blick auf die Interaktion mit und unter Teilnehmenden technisch und didaktisch anspruchsvoll ist.

Dass unter den Online-Veranstaltungen Kooperationsangebote mehrerer Volkshochschulen dominieren, zeigt, dass vermehrt (obschon bei weitem nicht an allen Einrichtungen) die Potenziale genutzt werden, die sich mit dem Wegfall der Ortsgebundenheit von Online-Veranstaltungen ergeben (siehe auch Klemm und Repka 2021). Je nach Perspektive und konkreter Kooperationsform können Online-Veranstaltungen wahlweise (a) zwischen Einrichtungen mit anteiliger Übernahme von Kosten und Aufwand organisiert, (b) anderen Einrichtungen gegen Zahlung zur Verfügung gestellt oder (c) von Einrichtungen ohne eigene Online-Angebote übernommen werden. Damit verbinden sich verschiedene Potenziale: Durch die überregionale Reichweite geteilter Angebote sind die Veranstaltungen nicht nur mehr Adressatinnen und Adressaten zugänglich, sondern in ökonomischer Hinsicht stellt sich idealiter durch eine höhere Nachfrage ein finanziell lukrativer Skaleneffekt ein, der insbesondere für unterfinanzierte Erwachsenenbildungsbereiche wie die politische Erwachsenenbildung einen Kostenvorteil bringen kann, der ggf. auch den Teilnehmenden wieder zugutekommt. Kooperative Online-Veranstaltungen besitzen gewissermaßen eine Durchführungsgarantie, während lokale Angebote politischer Erwachsenenbildung nicht selten die nötige Mindestteilnehmendenzahl unterschreiten und abgesagt werden (Hufer 2016a, S. 67). Durch die hohe Reichweite können auch prominente Referentinnen und Referenten gewonnen (und vergütet) werden, die andernfalls wohl nur selten für einen Abendvortrag an einer Volkshochschule zur Verfügung stünden – unter den Mitwirkenden an den hier erfassten Veranstaltungen finden sich etwa Jutta Allmendinger, Karl Lauterbach, Julian Nida-Rümelin und Herfried Münkler. Auch sinken die Hürden für internationale Veranstaltungen und die Akquise von Referentinnen und Referenten aus dem Ausland. Des Weiteren können Einrichtungen ohne adäquate Technik oder Kompetenzen zur Gestaltung von Online-Angeboten von anderen Einrichtungen mit entsprechender Ausstattung und Expertise profitieren. Einrichtungsübergreifender Austausch und Wissenstransfer dürften sich auch für die weitere Professionalisierung digitalisierungsbezogener erwachsenenpädagogischer Tätigkeiten als zuträglich erweisen.

Zugleich besitzen Online-Veranstaltungen – nicht nur auf Kooperationsbasis angebotene Abendvorträge mit renommierten Vortragenden und mehreren hundert per Videokonferenz zugeschalteten Teilnehmenden – einen anderen Angebotscharakter als Präsenzangebote politischer Erwachsenenbildung, etwa hinsichtlich der Interaktion mit und unter Teilnehmenden (AJEB GPJE 2021; Hufer 2017; Luksik 2022; Strutzmann 2022). Die Partizipation von Teilnehmenden an Online-Angeboten verdient eine verstärkte Zuwendung erwachsenenpädagogischer Forschung, u. a. wie sich Interaktionsformen zu Präsenzveranstaltungen unterscheiden und wie sie sich im Wege der sukzessiven Aneignung neuer Möglichkeiten im virtuellen Raum (auch aufseiten der didaktisch Verantwortlichen) mit der Zeit entwickeln. Mit Online-Kooperationsveranstaltungen findet zudem eine Entlokalisierung der Bildungsarbeit und eine Infragestellung der – auch bedarfsbezogenen – „Vor-Ort-Orientierung“ (Klemm und Repka 2021, S. 58) statt,Footnote 6 die einzelne Volkshochschule tritt gegenüber „ihren“ Teilnehmenden kaum oder gar nicht als lokal verankerter Bildungsdienstleister und Begegnungsort in Erscheinung und ihr Einfluss auf die Themen- und Referentenwahl schwindet mit steigender Zahl der Kooperationspartner (sofern sie nicht selbst maßgeblich organisatorisch verantwortlich zeichnet). Dies ist reich an Implikationen, u. a. mit Blick auf mögliche Abhängigkeitsverhältnisse, wenn zeitgleich das eigene (Präsenz‑)Angebot auf quantitativ niedrigem Niveau verharrt. Ebenso ist aber möglich, dass Volkshochschulen, die in Kooperationen zunächst passiv agieren, zur Gestaltung eigener Online-Angebote ermutigt werden, schrittweise Erfahrung aufbauen und zu einem späteren Zeitpunkt selbst Kooperationsveranstaltungen initiieren und federführend organisieren. Dabei hängt die weitere Entwicklung von (Online‑)Angeboten in der politischen Erwachsenenbildung von verschiedenen Faktoren ab, nicht zuletzt von der Resonanz und künftigen Nachfrage der Teilnehmenden, von denen einige während der Corona-Pandemie Erfahrung mit Online-Angeboten sammeln und eine Beurteilung der individuellen Passung vornehmen konnten.

Die hier dargestellten Befunde zu Präsenz- und Online-Angeboten politischer Erwachsenenbildung an Volkshochschulen vor und während der Corona-Pandemie sind nicht ohne Weiteres auf andere Inhaltsbereiche übertragbar, da je nach Fachbereich und -gegenstand die jeweils als typisch geltenden Veranstaltungsformate variieren (z. B. Veranstaltungen im Wochenturnus bei Fremdsprachen) und manche Inhaltsbereiche nicht oder nur bedingt geeignet sind für Online-Veranstaltungen (z. B. Koch‑, Töpfer- und Tanzkurse). Zudem werden die hier vorgestellten Ergebnisse maßgeblich durch das kooperative Online-Angebot von „vhs.wissen live“ beeinflusst, das vorrangig Online-Vorträge zu gesellschaftlichen Themen beinhaltet; Kooperationsangebote vergleichbarer Dimension in anderen Inhaltsbereichen sind nicht bekannt.

Die Befunde sind zudem mit Limitationen behaftet: Die Ergebnisse können keine Gültigkeit für die politische Erwachsenenbildung in toto beanspruchen, da neben Volkshochschulen zahlreiche weitere Anbieter existierten, etwa in gewerkschaftlicher oder konfessioneller Trägerschaft, parteinahe Stiftungen und Bildungshäuser – bei denen sich u. a. die Möglichkeiten für Kooperationen bei Online-Veranstaltungen anders darstellen und von denen einige häufiger als Volkshochschulen Wochenendseminare und andere Mehrtagesformate anbieten (Ciupke 2016). Die Programmanalyse gewährt einen Einblick in Angebotsveränderungen im Volkshochschulbereich. Inwiefern die hier gewählte Stichprobe von 30 Volkshochschulen aber für die aktuell nahezu ca. 900 Volkshochschulen inklusive der hier ausgeklammerten Volkshochschulen in Städten mit über 250.000 Einwohnerinnen und Einwohnern repräsentativ ist, muss offenbleiben.

Die Ergebnisse der Programmanalyse stehen in Abhängigkeit zum hier zugrunde gelegten und im Methodenteil explizierten Feldverständnis, eine andere Bestimmung politischer Erwachsenenbildung (enger vs. weiter Politikbegriff) dürfte – zumindest was die Gesamtzahl der Veranstaltungen betrifft – zu abweichenden Befunden führen. Ferner sind die Ergebnisse durch die gewählten Programmzeiträume beeinflusst: Mit 2019/20 wurde der letzte Programmzeitraum vor der Corona-Pandemie als Vergleichszeitpunkt gewählt, allerdings war das Jahr 2019 ein für die (politische) Erwachsenenbildung bedeutsames Jubiläumsjahr (100 Jahre Volkshochschulen, 100 Jahre Weimarer Reichsverfassung, 80 Jahre Beginn des Zweiten Weltkriegs, 70 Jahre Grundgesetz, 30 Jahre Mauerfall) und ein relevantes Wahljahr (Europawahl, Landtagswahlen in vier Bundesländern), was sich thematisch und vermutlich auch quantitativ in den hier erfassten Veranstaltungen widerspiegelt. Des Weiteren bot „vhs.wissen live“ erstmals im Herbst 2019 Online-Veranstaltungen an mehreren der hier berücksichtigten Volkshochschulen an. Dementsprechend dürfte die Analyse eines anderen Programmzeitraums (z. B. 2018/2019) wahrscheinlich abweichende Befunde hervorbringen. Gleiches gilt für den Programmzeitraum 2021/22, der nur eine Phase in einer von Unwägbarkeit geprägten Pandemie abbildet und nicht mit dem Programmzeitraum 2020/2021 vergleichbar ist, der in das erste, wiederum in sich phasierte Jahr der Corona-Pandemie fällt (Rohs 2020). Die Bedingungen für die Durchführung von Präsenzveranstaltungen variierten abhängig vom Pandemieverlauf sowie je nach Bundesland. Aufgrund unterschiedlicher Semesterdaten der einzelnen Volkshochschulen fallen die hier erfassten Programme und deren Veröffentlichungstermine im Zeitraum 2021/22 in verschiedene Monate des Pandemieverlaufs, sodass ungleiche Voraussetzungen für die Programmplanung anzunehmen sind, die Unschärfen der Programmanalyse bedingen können. Dass die Programmzeiträume 2019/20 und 2021/22 jeweils Momentaufnahmen darstellen, ist beim Angebotsvergleich zu berücksichtigen. Bei der Ableitung von vermeintlichen Trends scheint demgemäß Zurückhaltung geboten, denn es mutet „kurzsichtig und riskant an, die mit dem Thema Digitalisierung im Bildungssystem verbundenen Fragen nur noch vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Pandemiebedingungen zu diskutieren“ (Schmidt-Hertha 2021, S. 21). Inwiefern also der hier betrachtete Programmzeitraum 2021/22, in dem neben Präsenzveranstaltungen ein deutlich gestiegenes Online-Angebot offeriert wurde, vorwiegend oder allein im Lichte der Einschränkungen und Unsicherheiten der Pandemie zu interpretieren ist oder bereits Ausblick auf eine postpandemische Zukunft gibt, wird sich – ebenso wie die Frage, wie nachhaltig die Digitalisierungserfahrungen während der Pandemie waren – erst retrospektiv beantworten lassen.

Zwei mit der vorliegenden Programmanalyse verbundene Herausforderungen, die über das im Beitrag verfolgte Erkenntnisinteresse hinausweisen, sollen abschließend im Sinne der mit diesem Themenheft angeregten methodologischen Verständigung über Programmforschung in der Erwachsenenbildung aufgegriffen werden.

Erstens unterliegt die Form der Angebotspräsentation aktuell einem Wandel: Einige Einrichtungen haben das Programmheft abgeschafft oder im Umfang deutlich reduziert (unter Verzicht auf die vollständige Auflistung aller Veranstaltungen oder Veranstaltungsdetails) – jeweils mit Verweis auf aktuelle und vollständige Veranstaltungsinformationen auf der Webpräsenz (vgl. auch Käpplinger 2021). Dies stellt sowohl die Programmforschung als auch Programmarchive vor Herausforderungen, weil das Sichern und Verarbeiten von Inhalten aus Veranstaltungsdatenbanken deutlich erschwert ist (Gieseke et al. 2018, S. 468 f.; Stimm 2017). Ferner gewinnt der Zeitpunkt des Zugriffs auf die Veranstaltungsdatenbank an Bedeutung: Im Vergleich zu Programmheften, die das Veranstaltungsangebot ab Redaktionsschluss für einen definierten Zeitraum verbindlich fixieren, sind Veranstaltungsdatenbanken dynamisch, da Veranstaltungen jederzeit aktualisiert, hinzugefügt oder – z. B. bei Ausfall oder in der Vergangenheit liegenden Veranstaltungen – schon vor Ende des Programmzeitraums entfernt werden können (Käpplinger 2017, S. 100, 108 f.). Eine Rekonstruktion von gelöschten oder zumindest nicht mehr sichtbaren Veranstaltungen ist nur bedingt möglich, was wiederum in Wechselwirkung mit der erschwerten Speichermöglichkeit steht. Da auch Programmzeiträume erodieren, wenn in Veranstaltungsdatenbanken über das aktuelle Semester oder Programmjahr hinaus Veranstaltungen beworben werden können („Ent-Rhythmisierung“, Käpplinger 2021, S. 40), werden sowohl längs- als auch querschnittliche Vergleiche mit zeitraumfixierten Programmheften erschwert – vor allem wenn die Programmanalyse quantitativ angelegt ist. Es bleibt abzuwarten, welche Zukunft das klassische Programmheft – bisher die zentrale Forschungsgrundlage der Programmanalyse – besitzt. Erste Volkshochschulen kehren offenbar wieder auf Wunsch der Teilnehmenden zur Erstellung eines Programmhefts zurück, nachdem zwischenzeitlich darauf verzichtet wurde (vgl. z. B. Volkshochschule Detmold-Lemgo 2021, S. 2), für andere Einrichtungen steht das Programmheft trotz der immensen Druckkosten, des Verteilungsaufwands, des Papierverbrauchs und der mangelnden Aktualisierbarkeit nicht zur Disposition. Ungeachtet hiervon sollte die Programmforschung sich den (methodischen) Spezifika von Veranstaltungsdatenbanken als Programmquellen zuwenden, da diese Form der Angebotspräsentation unabhängig von der Existenz eines Programmhefts auch künftig Bestand haben und wohl an Bedeutung gewinnen dürfte (Schöll 2017).

Zweitens verbinden sich mit kooperativen Angeboten verschiedene Herausforderungen. So stellt sich die Frage, ab wann ein im Programm aufgeführtes kooperatives Angebot (nicht mehr) der untersuchten Einrichtung zugerechnet werden kann. Auf einem Kontinuum zwischen hauseigenen und externen, fremdorganisierten Veranstaltungen können Kooperationsangebote verschiedene Positionen einnehmen: Teilweise werden eigene Veranstaltungen für Teilnehmende anderer Einrichtungen geöffnet, teilweise werden Kooperationsveranstaltungen federführend oder ranggleich mit externen Partnern organisiert, teilweise werden aber auch Veranstaltungen anderer Anbieter ohne eigenen Anteil mitgenutzt, eingekauft oder lediglich beworben. Die aufgeworfene Frage ist keineswegs neu (Inwieweit dürfen die im Volkshochschulprogrammheft aufgeführten Stadtführungen der Tourismusbehörde, Anlässe von Kultureinrichtungen oder Seminare zivilgesellschaftlicher Organisationen noch bzw. schon als Angebot der Volkshochschule zählen?), sie wird aber mit der Zunahme von kooperativen Online-Angeboten, zu deren Konzeption, Organisation und Durchführung einzelne Volkshochschulen keinen oder nur einen sehr marginalen Beitrag leisten, besonders virulent. Dabei sind Kooperationsangebote nicht immer direkt identifizierbar, in den hier analysierten Volkshochschulprogrammen wurden Kooperationsangebote teilweise nicht als solche ausgewiesen und erst aufgrund von Doppelungen im Datensatz oder via Suchmaschinenrecherche entdeckt. Bleiben Kooperationsangebote unerkannt, kann dies bei einer einrichtungsübergreifenden Erhebung zur unintendierten Mehrfacherfassung derselben Veranstaltungen führen, bei einrichtungsbezogener Analyse dazu, dass eine womöglich völlig fremdorganisierte Veranstaltung der betrachteten Einrichtung zugeschrieben wird. Dies illustriert exemplarisch, dass der Erkenntnishorizont von Programmanalysen durch das bereits vorliegende Quellenmaterial limitiert wird und fehlende (ebenso wie widersprüchliche) Informationen weiterer Recherchen oder Forschungszugänge bedürfen.