Einleitung

Die Anzahl der Personen, die in Deutschland vollstationäre Pflege benötigen, steigt seit Jahren (Statistisches Bundesamt [Destatis], 2022). Damit verbunden ist eine zunehmende Belastung des Gesundheitswesens im Allgemeinen, und des Pflegepersonals im Speziellen. Es werden dringend Maßnahmen benötigt, die die Pflege nachhaltig verbessern und das Pflegepersonal unterstützen bzw. entlasten. Eine häufig diskutierte Maßnahme ist der verstärkte Einsatz digitaler Technologien (Boll-Westermann, Hein, Heuten, & Krahn, 2019; Curtis & Brooks, 2020; Sanz, Acha, & García, 2021). Ob und wie stark die digitale Transformation in Pflegeeinrichtungen zur Altenpflege aktuell schon ausgeprägt ist, wurde in verschiedenen Studien untersucht. So haben Seibert et al. (2021) in ihrem Rapid Review die Anwendungsszenarien für Künstliche Intelligenz (KI) in der Krankenpflege in den Fokus gestellt. Sie identifizierten vor allem Bild- und Signalverarbeitungen mit Verfolgung, Überwachung bzw. Klassifizierung von Gesundheit und Aktivität, sowie Pflegekoordination und -kommunikation und Sturzerkennung als wichtigste Einsatzorte von KI. Ihre Übersicht über die verschiedenen Ergebnisse aktueller Forschung verdeutlichen das Potenzial des Einsatzes von KI-Systemen in verschiedenen Pflegekontexten, z. B. der Altenpflege. Des Weiteren haben sich mobile Anwendungen (z. B. Apps) im Pflegealltag als hilfreich erwiesen (Miguel Cruz et al., 2022), und werden bereits effektiv in Pflegeeinrichtungen genutzt (Su et al., 2021).

Seifert und Thilo (2020) führten eine Studie durch, die den Status Quo der genutzten Technologien in Pflegeeinrichtungen in der Schweiz darstellte, sowie die Einstellungen der Einrichtungsleitungen und die Faktoren des Digitalisierungsgrads aufzeigte. Sie identifizierten die Größe der Einrichtung, Personenmerkmale von Einrichtungsleitungen sowie die Technikaffinität und -bewertung als Faktoren, die den Digitalisierungsgrad der Pflegeeinrichtung mit beeinflussen. Dies bedeutet, dass nicht nur strukturelle Faktoren einen Einfluss auf die Anschaffung von neuen Technologien haben, sondern auch die Persönlichkeiten und Technikaffinität der entscheidungstragenden Personen. Unter Technikaffinität ist das Kontinuum zwischen Vermeidung und aktivem Aufsuchen von Technologie zu verstehen (Franke, Attig, & Wessel, 2019). Es wird angenommen, dass ein Zusammenhang zwischen Technikaffinität und der generellen Einstellung zu Technik besteht, indem eine höhere Technikaffinität einen positiven Einfluss auf Wissen über und Erfahrung mit Technik hat (Karrer-Gauß, Clemens, & Bruder, 2009). Eine hohe Technikaffinität soll zudem einen positiven Effekt auf die Nutzungsabsicht von Technologie haben (Wong, Tan, Lee, Ooi, & Sohal, 2020). Die Nutzungsabsicht von (digitalen) Technologien wurde in einer umfassenden Studie zu deutschen Pflegekräften aus verschiedenen Pflegekontexten (Krankenhaus, Altenpflege, Rehabilitation, etc.) untersucht (Kuhlmey, Blüher, Nordheim, & Zöllick, 2019a). Dabei wurde die Kenntnis, der Zugang und die tatsächliche Nutzung von Technologie und digitalen Lösungen durch Pflegekräfte erfasst. Die Kenntnis über technische Hilfsmittel ist deutlich höher als der Zugang zu diesen, die tatsächliche Nutzung bei einer Verfügbarkeit ist eher gegeben. Werden digitale Lösungen im Arbeitskontext zur Verfügung gestellt, werden diese vom Großteil der Pflegekräfte gerne genutzt (ebd.).

Neben den Charakteristika der Einrichtungsleitungen ist auch eine hohe Bereitschaft des Pflegepersonals eine Voraussetzung zur erfolgreichen Implementierung neuer Technologien (Bail et al., 2022; Kuhlmey, Blüher, Nordheim, & Zöllick, 2019b; Offermann-van Heek & Ziefle, 2018; Zöllick et al., 2020). Studien haben gezeigt, dass eine grundsätzliche Nutzungsbereitschaft digitaler Technologien vorhanden ist und der Technikeinsatz von Pflegepersonal als eher positiv bewertet wird, die Bereitstellung technischer Hilfen jedoch nicht gewährleistet ist (Kuhlmey et al., 2019b; Zöllick et al., 2020). Auch die Technikaffinität (u. a. erfasst über Fragebogen zur Technikaffinität, TA-EG) von Pflegepersonal kann zwar als positiv eingeschätzt werden (Karrer-Gauß et al., 2009; Zöllick et al., 2020), wird jedoch als noch nicht ausreichend für einen flächendeckenden Einsatz digitaler Lösungen im Setting Pflegeeinrichtung angesehen (Offermann-van Heek & Ziefle, 2018). Dabei gibt es schon zahlreiche Anwendungsfelder für digitale Lösungen im Setting Pflege. Diese werden in Pflegeeinrichtungen zur Ermittlung von Dienstleistungs- und Qualitätsergebnissen (Bail et al., 2022) oder auch zur Bewegungsförderung und Sturzprävention genutzt (Diener et al., 2022). Hier erwiesen sich besonders Programme, die kognitive und motorische Aufgaben kombinieren, als effektiv im Hinblick auf den Erhalt kognitiver Fähigkeiten bei älteren Menschen (Wollesen, Wildbredt, van Schooten, Lim, & Delbaere, 2020).

Im Rahmen der Forschung im Setting Pflege existieren unterschiedliche Empfehlungen bezüglich der zu berücksichtigenden Zielgruppen und der Partizipation derselbigen. Wright (2012) stellte in seiner Systematisierung von Partizipation in der Praxis neun verschiedene Stufen der Partizipation vor, die von Nichtpartizipation, z. B. Instrumentalisierung bis hin zur Selbstorganisation, die über Partizipation hinaus geht, reichen. Im Rahmen der hier vorgestellten Forschung wurde von Stufe 5 „Einbeziehung“ der Zielgruppen ausgegangen. Welche Zielgruppen für Studien zur Ermittlung von Gesundheitsrisiken und -potenzialen, sowie bei der Entwicklung von Lösungen und bei der Evaluation von Relevanz sind, gibt der „Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen nach § 5 SGB XI“ (GKV Spitzenverband, 2022) vor. Diese für Studienzwecke empfohlenen Zielgruppen umfassen die Einrichtungsleitungen, Pflege- und Betreuungskräfte, sowie Pflegebedürftige und ihre Angehörigen und/oder gesetzlichen Betreuungspersonen. Falls in der Pflegeeinrichtung existent, ist der Einbezug von Heimbeiräten zu empfehlen. Ein Heimbeirat ist ein Gremium, welches die Interessen der Bewohnenden vertritt (ebd.). Ein Großteil bisheriger Studien im Setting Pflege fokussierte Effekte und Wirksamkeit digitaler Technologien und Interventionen bei Pflegebedürftigen. Weniger wurde die Technikaffinität auf Seiten des Pflegepersonals (Bezold, Krell-Roesch, Eckert, Jekauc, & Woll, 2021; Diener et al., 2022) untersucht, insbesondere nicht vor dem Hintergrund der Bewegungsförderung und/oder Sturzprävention für Bewohnende (Bail et al., 2022; Kuhlmey et al., 2019b; Zöllick et al., 2020). Darüber hinaus wurden verschiedene digitale Lösungen wissenschaftlich evaluiert, die jedoch größtenteils nicht speziell für das Setting Pflegeeinrichtung entwickelt wurden, u. a. kommerzielle Exergames (Diener et al., 2022). Generell und auch im Bewegungskontext zeigt sich, dass im Pflegekontext bereits digitale Lösungen von Einrichtungsleitungen implementiert und durch Pflegepersonal genutzt werden, von einer umfassenden Implementierung digitaler Lösungen in deutschen Pflegeeinrichtungen aber nicht ausgegangen werden kann. Hierfür müssen auch verschiedene Aspekte wie Barrieren, die im Pflegekontext bestehen, Erwartungen an zukünftige digitale Lösungen, sowie notwendige technische Funktionen berücksichtigt werden.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein Forschungsdefizit im Hinblick auf die Technikaffinität und Bereitschaft zur Nutzung digitaler Lösungen für die Bewegungsförderung und Sturzprävention von Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen besteht. Des Weiteren fehlen Untersuchungen zur Erwartungshaltung des Pflegepersonals, sowie struktureller Bedingungen, um eine optimale Anpassung an den Pflegekontext zu ermöglichen. Mit Blick auf die Entwicklungen neuer digitaler Lösungen benötigt die Forschung zudem eine Erhebung bisheriger Erfahrungen des Pflegepersonals, sowie erwartete Risiken bei der Umsetzung derselbigen, um eine Anpassung an den Pflegekontext zu ermöglichen. Um diese Forschungsdefizite zu adressieren, sowie eine zukünftige Implementierung nachhaltig zu ermöglichen, verfolgt diese Studie fünf Ziele.

Das erste Ziel der vorliegenden Studie ist, die vorhandenen Strukturen hinsichtlich der Umsetzung und Implementierung (digitaler) Bewegungsförderungen und Sturzpräventionslösungen zu identifizieren. Zudem sollten die Technikaffinität des Pflegepersonals sowie mögliche Unterschiede in den verschiedenen Subgruppen (Alter, Geschlecht, Funktion) erfasst werden. Darüber hinaus untersuchte diese Studie bisherige Erfahrungen des Pflegepersonals mit, sowie eine grundsätzliche Bereitschaft zur Nutzung von digitalen Lösungen im Kontext der Bewegungsförderung und Sturzprävention. Zusätzlich wurden mögliche Risiken in Bezug auf digitale Lösungen für Bewegungsförderung und Sturzprävention identifiziert. Schlussendlich wurden die konkreten Erwartungen des Pflegepersonals an eine digitale Lösung zur Bewegungsförderung und Sturzprävention erhoben.

Methodik

Studiendesign und Stichprobe

Im Rahmen dieser Studie wurde, nach Erhalt des positiven Votums der Ethikkommission, eine Querschnittserhebung via Online-Fragebogen (soscisurvey.de) zwischen Mai und Juli 2022 durchgeführt. Der Fragebogen wurde per Link in einer E‑Mail an Einrichtungsleitungen und Angestellte in Pflegeeinrichtungen in ganz Deutschland versendet. Die angeschriebenen 8144 Pflegeeinrichtungen wurden anhand einer Internetrecherche über allgemeine Suchdatenbanken und Webseiten von Pflegeeinrichtungsträgern identifiziert, und decken alle deutschen Bundesländer ab. Die E‑Mail beinhaltete neben der Bitte um Teilnahme auch eine Bitte, den Link an interne Kolleg*innen sowie andere bekannte Pflegeeinrichtungen weiterzuleiten. Da dieses Vorgehen weder Pflegeheimleitungen noch Angestellte direkt erreicht, ist eine Errechnung der tatsächlichen Rücklaufquote nicht möglich.

Messinstrument

Der Online-Fragebogen enthielt insgesamt 40 bzw. 36 Items (je nach Position in der Einrichtung, d. h. Einrichtungsleitung vs. Angestellte). Neben soziodemographischen Daten wurden Informationen über bereits existierende Bewegungsangebote (z. B. bezüglich Qualität, Häufigkeit, Ort und Betreuung, etc.) erhoben. Darüber hinaus wurden bisherige Erfahrungen, die Bereitschaft zur Nutzung und mögliche Risiken digitaler Lösungen, ebenso wie Einstellungen sowie Erwartungen mit geschlossenen oder offenen Fragen erhoben. Die geschlossenen Fragestellungen beinhalteten entweder vorgegebene inhaltliche Antwortmöglichkeiten oder die Möglichkeit von „Trifft nicht zu“ bis „Trifft voll und ganz zu“ bzw. „Sehr schlecht“ bis „Sehr gut“ auszuwählen. Alle geschlossenen Fragestellungen beinhalteten zudem die Option Sonstiges mit Kommentarmöglichkeit. Die offenen Fragestellungen gaben keine Antwort- oder Auswahlmöglichkeiten vor, sondern wurden schriftlich, zumeist in Stichworten beantwortet. Die qualitativen Daten wurden sprachlich nicht bereinigt, sondern wortgetreu übernommen, wodurch im folgenden Text unterschiedliche Formen gegendeter Sprache auftreten. Für die Erfassung der Technikaffinität wurden zwei validierte Fragebögen in den Online-Fragebogen integriert: Der Fragebogen zur Erfassung der Technikaffinität als Umgang mit und Einstellungen zu elektronischen Geräten (TA-EG, Karrer-Gauß et al., 2009) und der Fragebogen zur interaktionsbezogenen Technikaffinität (ATI, Franke et al., 2019). Der TA-EG weist eine 5‑stufige Likert Skala („Trifft gar nicht zu“ – „Trifft voll zu“) auf und beinhaltet insgesamt 19 Items, welche als Gesamtscore (95) und in 4 Subskalen (Begeisterung, Kompetenz, negative Einstellung und positive Einstellung) ausgewertet wurden. Der ATI beinhaltet 9 Items, welche auf einer 6‑stufigen Likert Skala (von „Stimmt gar nicht“ – „Stimmt völlig“) bewertet werden. Der ATI wird anhand des Mittelwerts des Gesamtscores (54) interpretiert. Sowohl beim TA-EG als auch beim ATI steht ein höherer Wert für eine höhere Technikaffinität. Der TA-EG fokussiert sich vor allem auf Einstellungen zu Technik, während der ATI den Interaktionsprozess in den Fokus stellt (Franke et al., 2019). Die Einrichtungsleitungen wurden zusätzlich zu organisatorischen Aspekten der Pflegeeinrichtung (z. B. Existenz WLAN, Anzahl der Bewohnenden, Dienstverhältnisse) befragt.

Auswertungsmethoden

Die Analyse der geschlossenen Fragen erfolgte quantitativ mittels SPSS (IBM Statistics, Version 27). Soziodemographische Daten, Rahmenbedingungen in den Pflegeeinrichtungen sowie Daten zu bestehenden Bewegungsangeboten wurden deskriptiv ausgewertet. Unterschiede in den ATI und TA-EG Scores zwischen Frauen und Männern sowie Altersunterschiede zwischen ≤ 40 Jahre und > 40 Jahren wurden mittels t‑Test für unabhängige Stichproben untersucht. Diese Unterteilung wurde in Anlehnung an das Konstrukt von „digital natives“ (Personen, die nach 1980 geboren) und „digital immigrants“ (Personen, die vor 1980 geboren sind) (Prensky, 2001; Palfrey & Gasser, 2016) vorgenommen.

Die Analyse der offenen Fragen erfolgte qualitativ mittels einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse (Kuckartz & Rädiker, 2022) unter Nutzung der Software MAXQDA 2022. In einem ersten Schritt wurden hierfür die offenen Fragen zur Definierung eines deduktiven (a priori) Kategoriensystems genutzt. Auf Basis dieses Kategoriensystems codierten zwei Autorinnen (SR, JK) das vorhandene Textmaterial unabhängig voneinander. Die Hauptkategorien des Kategoriensystems waren (1) Digitale Erfahrungen – Allgemein, (2) Risiken und Problematiken, (3) Digitale Erfahrungen – Bewegungsbezogen und (4) Erwartungen. Im Anschluss wurden die Ergebnisse diskutiert und nach Bedarf weitere Unterkategorien induktiv gebildet, um das Textmaterial bestmöglich einordnen zu können. Dieses Vorgehen wurde mehrfach wiederholt, bis alle Textsegmente den Kategorien zugeordnet waren und eine weitere Ausdifferenzierung der Subkategorien als nicht weiter sinnvoll erachtet wurde. Bei Nichtübereinkommen der zwei Autorinnen wurde eine dritte Person (JD) hinzugezogen, um eine Entscheidung herbeizuführen. Bei der Darstellung der qualitativen Ergebnisse wird im Folgenden mit Abkürzungen gearbeitet, um darauf kenntlich zu machen, ob es sich um die Aussage einer Einrichtungsleitung (= EL) oder einer/s Angestellten im Pflege- oder Therapie oder Sonstigem Bereich (= ANG) handelt, z. B. „Zitat“ (F. 56, EL). Aus diesem Grund wird bei der Nennung von Häufigkeiten im qualitativen Part die Prozentzahl in Abhängigkeit zu der Anzahl der Teilnehmenden, die die Frage beantwortet haben, aufgeführt.

Ergebnisse

Stichprobenbeschreibung

Der Fragebogen wurde von 200 Teilnehmenden vollständig ausgefüllt (81 Einrichtungsleitungen, 119 Angestellte im Pflege- und Therapiebereich & Sonstiges; 152 Frauen, 46 Männer, 2 Personen keine Geschlechtsangabe). Die Beantwortung der offenen Fragestellungen wurde nicht von allen 200 Teilnehmenden durchgeführt und die Häufigkeit der Beantwortungsanzahl variiert je nach Fragestellung. Die häufigste Altersgruppe war mit 36,5 % (n = 73) die der 51–60-Jährigen, gefolgt von 25,5 % (n = 51) 41–50-Jährigen. 95,0 % (n = 190) der Teilnehmenden gaben Deutsch als Muttersprache, 5,0 % (n = 10) eine andere Sprache an. Insgesamt sind 15 Bundesländer in der Stichprobe vertreten. Weitere Angaben zur Stichprobe befinden sich in Tab. 1.

Tab. 1 Stichprobenmerkmale

Vorhandene Strukturen

50,6 % (n = 41) der Einrichtungsleitungen berichten von einer Anzahl zwischen 51–100 Pflegebedürftigen in ihrer Einrichtung, bei 26,1 % (n = 21) leben mehr als 100, und bei 23,5 % (n = 19) der Pflegeeinrichtungen weniger als 50 Pflegebedürftige. 65,4 % (n = 53) der Pflegeeinrichtungen haben WLAN, wobei davon 29,6 % (n = 24) und 27,2 % (n = 22) das WLAN auch Bewohnenden, bzw. Angestellten zur Verfügung stellen. Besuchende haben in 11,1 % (n = 9) Pflegeeinrichtungen WLAN-Zugriff (Fragen nur durch Einrichtungsleitung beantwortet).

80,5 % (n = 161) aller Teilnehmenden gaben an, mindestens ein technisches Hilfsmittel in ihrem Arbeitsalltag zur Verfügung gestellt zu bekommen. 65,5 % (n = 131) hatten Zugriff auf einen Desktop-PC, 54,5 % (n = 109) auf einen Laptop und 47,5 % (n = 95) auf ein mobiles Telefon. Digitale Angebote wie Spielekonsolen (z. B. Nintendo Wii) oder Apps existieren in 18,6 % (n = 36) der befragten Pflegeeinrichtungen (Mehrfachnennungen möglich).

97,0 % (n = 194) der Teilnehmenden gaben an, dass verschiedene Bewegungsprogramme für Bewohnende in ihren Einrichtungen existieren. 44,8 % (n = 86) der Teilnehmenden haben Gymnastikangebote, 35,4 % (n = 68) bieten Angebote mit einem Gehfokus (z. B. Gangtraining, Spaziergänge) an, 27,1 % (n = 52) Outdoorangebote, und 25,5 % (n = 49) Sturzprävention. Ob diese Angebote den Teilnehmenden zufolge den Bedürfnissen der Bewohnenden und den Anforderungen, die an körperliche Aktivitäten gestellt werden, entsprechen, kann Tab. 2 entnommen werden.

Tab. 2 Erfüllung von Bedürfnissen und Anforderungen bereits bestehender Bewegungsangebote in Pflegeeinrichtungen

Wie diese Angebote in den Pflegeeinrichtungen organisiert werden und wie die Teilnehmenden die Qualität der Angebote einschätzen, ist den Tab. 3 und 4 zu entnehmen.

Tab. 3 Organisation bereits bestehender Bewegungsangebote in Pflegeeinrichtungen
Tab. 4 Qualität bereits bestehender Bewegungsangebote

Technikaffinität

Die mittels ATI erfasste Technikaffinität ist als hoch einzuordnen (M = 4,08, SD = 1,00). Es konnten signifikante Unterschiede in Abhängigkeit des Alters gezeigt werden (t (198) = 3,705, p = 0,000), d. h. Teilnehmende ≤ 40 Jahren hatten eine höhere Technikaffinität (M = 4,46, SD = 0,96, n = 61) als Teilnehmende > 40 Jahren (M= 3,91, SD = 0,98, n = 139). Zwischen Frauen und Männern gab es keinen signifikanten Unterschied.

Der Mittelwert beim TA-EG Gesamtscore lag in dieser Stichprobe im mittleren bis hohen Bereich bei 3,17 (SD = 0,56). Männer (M= 3,33, SD = 0,57, n = 46) wiesen einen signifikant höheren Gesamtscore auf als Frauen (M = 3,12, SD= 0,55, n= 152; t (196) = −2,225, p = 0,027). Auch bei den zwei Subskalen Begeisterung (t (196) = −2,952, p = 0,004) und Kompetenz (t (196) = −2,353, p = 0,020) hatten Männer (M = 3,08, SD = 0,95; M = 3,65, SD = 0,73) einen signifikant höheren Mittelwert als Frauen (M = 2,62, SD = 0,91; M = 3,34, SD = 0,78). Ein signifikanter Unterschied zwischen den „digital natives“ und „digital immigrants“ wurde mit dem TA-EG nicht gefunden.

Einrichtungsleitungen weisen sowohl beim ATI (M = 3,88, SD = 1,02, n = 81) als auch beim TA-EG (M = 3,07, SD = 0,49, n = 81) signifikant niedrigere Werte (ATI: t (198) = 2,286, p = 0,023; TA-EG: t (198) = 2,126, p = 0,035) im Vergleich zu den Angestellten (ATI: M = 4,21, SD = 0,98, n = 119; TA-EG: M = 3,24, SD = 0,59, n = 119) auf. Auch bei der TA-EG Subskala Begeisterung zeigt sich eine signifikant höhere Technikaffinität (t (198) = 2,642, p = 0,009) bei Angestellten (M = 2,87, SD = 0,95, n = 119) verglichen mit Einrichtungsleitungen (M = 2,52, SD = 0,88, n = 81).

Erfahrungen mit und Bereitschaft zur Nutzung digitaler Bewegungsangebote

Den Teilnehmenden sind unterschiedliche digitale Lösungen zur Bewegungsförderung bekannt. 58,5 % (n = 117) kannten interaktive Videospiele, 36,5 % (n = 73) 3D-Brillen, 31,5 % (n = 63) Apps zur Verbesserung der eigenen körperlichen Aktivität, 22,5 % (n = 45) 3D-Hometrainer – ein Ergometer verbunden mit einer Virtual Reality Brille – und 21,0 % (n = 42) Apps zur Anleitung von körperlicher Aktivität bei anderen. Die Frage nach Erfahrungen mit allgemeinen digitalen Lösungen in der Pflege beantworteten 92,5 % (n = 185). 69,2 % (n = 128) der Teilnehmenden gaben an, bereits Erfahrungen mit digitalen Lösungen in der Pflege gesammelt zu haben. 43,03 % (n = 71 von 165) haben Erfahrungen im Bereich der digitalen Bewegungsangebote.

24,9 % (n = 41 von 165) der Teilnehmenden haben positive Erfahrungen mit digitalen Lösungen im Bereich Bewegungsförderung gemacht. Darüber hinaus berichteten die Teilnehmenden von spezifischen Vorteilen digitaler Lösungen: „Meist positiv, die Bewohner werden motiviert, aktiv mitzumachen“ (F. 103, EL); „positiv, wenn sie vor Ort durch eine weitere Person (Betreuung) begleitet wurden, dann gab es erweiterte Möglichkeiten und mehr Abwechslung“ (F. 76, ANG); „ich kann individueller auf meine Bewohner eingehen, vor allem in der Einzelbetreuung“ (F. 166, ANG). In diesen Kontexten wurde auch betont, dass die Bewohnenden selbst häufig Neugierde und Interesse für die Angebote aufweisen.

18,2 % (n = 30 von 165) der Teilnehmenden haben negative Erfahrungen mit digitalen Lösungen zur Bewegungsförderung gesammelt, sowohl bei sich selbst als auch in ihrer Wahrnehmung bei den Bewohnenden. Es wurde u. a. angemerkt, dass „die Angebote nicht niederschwellig genug“ (F. 31, EL) waren und digitale Angebote vor allem für Personen mit Demenz eine Herausforderung darstellen („einmal Wii ausprobiert aber dies funktioniert bei dementen Bewohnern nicht“ (F. 191, ANG)). Des Weiteren wurden verschiedene Kritikpunkte genannt, die sich vor allem auf die nicht ausreichende Qualität der Angebote, fehlende Benutzerfreundlichkeit und die Technikakzeptanz der Beteiligten beziehen („Und es Bedarf zum alltäglichen Gebrauch Know-how, welches das Personal in der Pflege eher nicht hat“ (F. 68, ANG); „wenig genutzt wegen technischer Vorbehalte der Bewohner“ (F. 8, ANG)). Zudem wurde die Motivation bzw. das Interesse seitens der Bewohnenden als weiteres Problem identifiziert („Der Motivationsverlust war hoch, da die Patienten eher ungeduldig sind und keine lange Konzentration mehr haben für die Umsetzung“ (F. 137, EL)). Auch die Umsetzungsbedingungen wurden an verschiedensten Stellen kritisiert („Das elektronische Gerät muss sehr genau geführt werden, so dass es wirklich passend auf die Bedürfnisse angepasst ist. Die Tagesform kann jedoch nicht unbedingt direkt berücksichtigt werden.“ (F. 199, ANG)).

Eine grundsätzliche Bereitschaft zur Einführung bzw. Umsetzung von digitalen Bewegungsangeboten bestand bei 65,4 % (n = 53) der Einrichtungsleitungen, und 54,6 % (n = 65) der Angestellten. 60,0 % (n = 120) der Teilnehmenden präferieren analoge Programme, 40,0 % (n = 80) eher digitale Lösungen (34,57 % EL, 43,7 % ANG). 49,5 % (n = 99) der Teilnehmenden gaben an, dass die Einführung einer digitalen Lösung für Bewegungsförderung und Sturzprävention ihren Arbeitsalltag nicht verändern würde. 6,5 % (n = 13) bzw. 2,5 % (n = 5) der Teilnehmenden sahen das Risiko, dass es ihren Arbeitsalltag erschweren bzw. sogar sehr erschweren würde, während für 37,5 % (n = 75) Teilnehmende eine solche Einführung ihren Arbeitsalltag erleichtern bzw. für 4,0 % (n = 8) sehr erleichtern würde. Von einer grundsätzlichen Wirksamkeit bei Bewegungs- und Sturzpräventionsangeboten gehen 93,6 % (n = 176) Teilnehmende bei analogen Angeboten und 76,5 % (n = 137) bei digitalen Angeboten aus. 73,5 % (n = 147) der Teilnehmenden sprachen analogen Programmen mehr Wirksamkeit zu.

Risiken digitaler Bewegungsangebote

Die allgemeinen Risiken, die die Teilnehmenden im Zusammenhang mit Bewegungsangeboten erwarteten, umfassten bei 58,0 % (n = 116) Überanstrengung und bei 40,5 % (n = 81) Überbelastung. Von Stürzen als Risiko während oder nach der Durchführung berichteten 38,0 % (n = 76) bzw. 26,0 % (n = 52). In der qualitativen Auswertung zeigte sich, dass 7,5 % (n = 7 von 94) der Teilnehmenden keine zusätzlichen Risiken digitaler Bewegungsangebote sehen. Allerdings wiesen 19,2 % (n = 18 von 94) darauf hin, dass die persönlichen Erfahrungen zu gering seien, um eine genaue Einschätzung vornehmen zu können (z. B. „Ich kenne mich zu wenig aus“ (F. 136, EL)). Für 7,5 % (n = 7 von 94) ist fraglich, ob eine notwendige Individualisierung von Bewegung bei digitalen Lösungen umgesetzt werden kann (z. B. „Bei analogen Angeboten kann besser auf die einzelnen Bewohner eingegangen werden.“ (F. 160, ANG)). Zudem wurden strukturelle Risiken für einen problemlosen Ablauf gesehen, die z. B. die technische Ausstattung in den Pflegeheimen oder den Datenschutz betreffen. Die „Reduzierung der sozialen Kontakte“ (F. 104, EL) und der fehlende direkte „Kontakt zwischen Therapeut und Bewohner“ (F. 29, EL) wurden als weitere Risiken identifiziert. Der fehlende Kontakt könnte laut Aussagen der Teilnehmenden zu einer falschen Ausführung der Übungen, zu „Verletzungen durch unsachgemäßen Umgang“ (F. 137, EL), und zu „gesundheitlichen Folgen durch unsachgemäße Nutzung“ (F. 46, EL) führen, wodurch, „mehr Schaden als Nutzen“ (F. 100, EL) erwartet wird. Die Teilnehmenden identifizierten zum einen „Umsetzungsprobleme durch die Anwender*innen“ (F. 21, ANG), da nicht alle Personen „mit digitalen Medien umgehen“ (F. 152, ANG) können und somit eine „Überforderung durch die Technik“ (F. 103, EL) entstehen kann. Zum anderen könnte es zu Unbehagen (F. 81, EL) und „Angst bei der Nutzung“ (F. 15, EL) kommen. Des Weiteren sahen die Teilnehmenden „Gefahren (für Bewohnende) durch fehlende Begleitung“ (F. 46, EL), sowie „Überschätzung der eigenen Fähigkeiten“ (F. 8, ANG) als Risiko für Bewohnende. Weitere Risiken für Bewohnende konnten in die Kategorien körperliche, kognitive, motivationale und emotionale Risiken eingeteilt werden. Hierzu zählen die Gefahr der Entstehung von Schwindel (F. 15, EL) durch schnelle Bildfolge (F. 98, EL), eine mögliche „Überlastung der Augen“ (F. 170, ANG) oder Überforderung durch die digitale Lösung, Überreizung, Verwirrung und Konzentrationsprobleme, sowie ein fehlendes Verständnis. Die Umsetzung digitaler Lösungen bei Bewegungsangeboten könnte die Bewohnenden in Stress versetzen, da diese häufig auch „Angst vor technischen Geräten“ (F. 81, EL) haben, was zu einer Reduzierung der Motivation zur Teilnahme führen kann („Motivationsverlust, wegen mangelnder Kenntnis bezüglich dem Umgang“ (F. 137, EL), „Motivation ist digital schwer zu erreichen“ (F. 155, ANG)). Auf Seiten der Mitarbeitenden wurde als größte Besorgnis eine „Personalüberlastung“ (F. 60, EL) durch die Einführung digitaler Lösungen genannt.

Erwartungen des Personals in Pflegeeinrichtungen an eine digitale Lösung zur Förderung von Bewegung und Sturzprävention

Neben 4,0 % (n = 6 von 152), die ablehnende Einschätzungen zu digitalen Lösungen („für diese Generation, nichts“ (F. 65, ANG)) geäußert haben und der Unsicherheit bei 11,8 % (n = 18) der Teilnehmenden, was von einer digitalen Lösung zu erwarten sei („kann mir nicht wirklich vorstellen, was das sein soll“ (F. 141, EL)), können die Erwartungen an eine digitale Lösung zur Förderung von Bewegung und Sturzprävention, entsprechend des in MAXQDA erarbeiteten Kategoriensystems, in die Bereiche Anwendung, Ziele und Auswirkungen sowie übungsspezifische Erwartungen eingeteilt werden.

Anwendung

45,4 % (n = 69 von 152) der Teilnehmenden äußerten explizite Wünsche für eine digitale Anwendung zur Bewegungsförderung und Sturzprävention und Voraussetzungen für deren Umsetzung. Als besonders wichtig wurden von 24,3 %, (n = 37) dabei die Bedienungsfreundlichkeit und „leichte Handhabung für Mitarbeiter“ (F. 68, ANG) angesehen. Dabei muss die Lösung so gestaltet sein, dass sie „seniorengerecht“ (F. 96, EL) ist und „auch ein eingeschränkter Mensch diese selbstständig nutzen kann“ (F. 104, EL). Um dies zu gewährleisten, sollte die digitale Lösung „in einfachen Schritten erklärt sein“ (F. 159, ANG) und „gut verständlich und erkennbar“ (F. 13, EL) aufgebaut sein. Zudem sollte die digitale Lösung verschiedene Funktionen beinhalten. Zum einen soll eine „Trainingsplan-Funktion“ (F. 8, ANG) existieren, mit deren Hilfe Übungen für die Bewohnenden durchgeführt werden können. Des Weiteren sollte bei den Übungen ein „Hinweis auf Risiken“ (F. 30, ANG) als auch „Anzeigen zur Korrekturmaßnahmen“ (F. 150, ANG) sowie Fallbeispiele angezeigt werden. Diese könnten durch den Einbau von einem Video, das „zum Nachmachen“ (F. 152, ANG) geeignet ist, dargestellt werden. Dabei soll eine „möglichst authentische Wiedergabe“ (F. 44, EL) und ein „einfacher Zugang in verständlichem Ton und Bild“ (F. 108, ANG) gewährleistet sein. Der Ton muss dabei „altersbezogen ausreichend laut und langsam“ (F. 44, EL) und „Laut genug für Schwerhörige Bew.“ (F. 48, ANG) sein. Des Weiteren wurde eine „Musik(funktion)“ (F. 15, EL), eine Erinnerungsfunktion und Auswertungsmöglichkeiten, eine „Sichtbarkeit von Verlauf und Zielerfüllung“ (F. 46, EL) sowie ein „Verlaufsprotokoll auch zur Reflektion und Dokumentation“ (F. 199, ANG) als notwendig erachtet. Die digitale Lösung muss gesetzliche Vorgaben zum Datenschutz erfüllen und sollte eine Aktualität mit Bezug auf Expertenstandards und Techniken sowie Kompatibilität mit den „gegebenen Pflegedokumentation(en)“ (F. 54, EL) aufweisen.

Ziele und Auswirkungen

47,4 % (n = 72 von 152) der Teilnehmenden formulierten verschiedene Zielvorstellungen bezüglich einer digitalen Lösung zur Bewegungsförderung und Sturzprävention. Diese bezogen sich bei 34,2 % (n = 52 von 152) überwiegend auf spezifische Ziele für die Bewohnenden, besonders im Hinblick auf Individualität und emotionale Aspekte als Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung. Hierzu zählen für 13,2 % (n = 20) Spaß und Freude am digitalen Bewegungsprogramm, Erfolgserlebnisse (F. 40, EL), „einfach umzusetzende Bewegungen mit Spaß für die Bewohner“ (F. 45, EL) und Wirksamkeit („die Schulungsinhalte sollen beim Bewohner ankommen“ (F 10, EL), erwähnt von 7,2 % (n = 11 von 152) der Teilnehmenden). Zudem sind ein „hoher Anleitungs- und Nutzungseffekt“ (F. 30, EL), eine „Auswertungsmöglichkeit“ (F. 180, ANG) und die „Verbesserung der Bewegung“ (F. 116, ANG) aufgeführt worden. Des Weiteren wurden Ziele für die Mitarbeitenden selbst identifiziert. Hierzu zählen „Ressourcengewinn“ (F. 17, EL), „Entlastung des PP“ (PP = Pflegepersonal; F. 80, ANG) und „Arbeitserleichterung“ (F. 173, ANG) durch die Einführung von digitalen Lösungen. Außerdem stand der Aspekt der „Sicherheit für die Bewohner an erster Stelle“ (F. 35, ANG). Sowohl für die Mitarbeitenden selbst, als auch für die Bewohnenden ist das „Soziale Miteinander“ (F. 78, EL), die „Kommunikation“ (F. 147, ANG) und der Wunsch nach Erhaltung des menschlichen Kontakts („Menschliche Kontakt sollte erhalten bleiben“ (F. 117, ANG)) eine Notwendigkeit, weshalb vorgeschlagen wurde „Trotzdem (eine) Kombination mit Mitarbeitenden“ (F. 155, ANG), also eine hybride Lösung, einzusetzen. Durch diese Maßnahmen und auch die digitale Lösung soll die „Motivation zur Bewegung“ (F. 151, ANG) erzeugt und aufrechterhalten werden.

25,0 % (n = 38 von 152) der Teilnehmenden formulierten Auswirkungen in den Bereichen „Psyche/Emotion“, „Körper“ und „Soziales/Interaktion“, die durch den Einsatz einer digitalen Lösung erreicht werden sollten. Erstere sind dabei am häufigsten genannt worden und umfassen die Bildung und Aufrechterhaltung von Motivation und die „Freude an Bewegung“ (F. 99, EL), die „Mut machen (soll) zu mehr“ (F. 107, EL). Dabei soll die „Verbesserung der Bewegung“ (F. 116, ANG) mit einer didaktisch auf Pflegeheimbewohnende angepassten Steigerungsform („langsam beginnend mit Fortschrittskurve“ (F. 23, EL)) im Fokus stehen. Diese Maßnahmen sollen zu einer „Kräftigung von Muskeln“ (F. 81, EL) zu einer „Förderung der Balance“ (F. 81, EL) führen und damit „Stürze(n) vorbeugen“ (F. 144, EL). Dabei wird eine „Interaktion zwischen Pflegekräften und Bewohnern“ (F. 79, ANG) gewünscht.

Übungsspezifische Erwartungen

50,0 % (n = 76 von 152) der Teilnehmenden haben übungsspezifische Erwartungen formuliert. Neben Wünschen, welche Übungsformen beinhaltet sein sollen (z. B. Gymnastik, Ausdauer, Gleichgewichtsförderung, Muskelaufbau) wurde vermehrt darauf hingewiesen, dass sowohl die „Einbindung ganzer Gruppen“ (F. 21, ANG) als auch ein „individuelles Bewegungslevel“ (F. 19, EL) sowie eine „Anpassung d(es) Schwierigkeitsgrad“ (F. 63, ANG) und „Trainingseinheiten in verschiedenen Schwierigkeiten und für verschiedene Krankheitsbilder“ (F. 76, ANG) ermöglicht werden sollten. Zudem wurde an mehreren Stellen das Anliegen verdeutlicht, dass ein solches Angebot „spielerisch, aber nicht zu kompliziert sein“ (F. 6, ANG) sollte mit „leicht, verständliche(n) Übungen ohne akrobatische Ausmaße“ (F. 125, EL). Eine präzise Anleitung der Übungen mit wichtigen Hinweisen auf Risiken und eine „Möglichkeit zur Korrektur bei falscher Durchführung der Übung“ (F. 186, EL) wurden ebenfalls als notwendig erachtet.

Diskussion

Die vorliegende Studie ermöglicht einen Überblick des Status Quo in deutschen Pflegeeinrichtungen bezüglich der Themen Struktur und digitaler Ausbau, Technikaffinität, sowie Erfahrungen mit, Risiken bei und Erwartungen an digitale Lösungen zur Bewegungsförderung und Sturzprävention. Die digitale Infrastruktur vieler Einrichtungen scheint noch nicht so weit vorangeschritten, dass digitale Bewegungsangebote problemlos in den Pflegeeinrichtungsalltag integriert werden können. In der Technikaffinität der Teilnehmenden konnte ein signifikanter Altersunterschied festgestellt werden, d. h. Personen ≤ 40 Jahre haben eine signifikant höhere Technikaffinität als Personen > 40 Jahre. Zudem zeigen die Ergebnisse einen Geschlechterunterschied, d. h. Männer haben eine signifikant höhere Technikaffinität als Frauen. Des Weiteren wurde ein signifikanter Unterschied zwischen Einrichtungsleitungen und Angestellten festgestellt, bei denen Letztere höhere Werte in der Technikaffinität aufwiesen. Unsere Ergebnisse zeigen zudem, dass bestehende Erfahrungen mit digitalen Lösungen zur Bewegungsförderung und Sturzprävention sehr heterogen sind. Trotz der geringen und unterschiedlichen Erfahrungen weist ein Großteil der Teilnehmenden eine Bereitschaft zur Umsetzung von digitalen Lösungen auf und würden diese sogar gegenüber analogen Angeboten bevorzugen. Allerdings werden auch mehr Risiken bei digitalen Angeboten befürchtet, vor allem wenn die Betreuungs- bzw. Pflegefachkräfte nicht als Mediator in die digitale Lösung miteingebunden sind. Das empfundene Risiko einer falschen Übungsumsetzung scheint eng mit einem erwarteten Wegfall der Unterstützung und Betreuung durch Mitarbeitende bei digitalen Lösungen zusammenzuhängen. Die wichtigsten Erwartungen bzw. Wünsche der Studienteilnehmenden an eine digitale Lösung sind ein hohe Praxisaffinität, gute Integration in den Alltag, Unterstützung bei der täglichen Arbeit, Wirksamkeit der digitalen Lösung, sowie Förderung von Spaß und Freude an Bewegung für Bewohnende.

Die aktuelle Diskussion des Einsatzes digitaler Technologien als mögliche Maßnahme zur nachhaltigen Verbesserung der Pflege und Unterstützung bzw. Entlastung des Pflegepersonals (Boll-Westermann et al., 2019; Curtis & Brooks, 2020; Sanz et al., 2021) wird durch diese Studie im Bereich der Voraussetzungen der Umsetzbarkeit weiter vertieft. Ein grundlegender Überblick über die Strukturen in deutschen Pflegeeinrichtungen wird dargeboten und kann als Ausgangslage für die notwendigen Schritte zu einer umfassenden und flächendeckenden Digitalisierung betrachtet werden. Die Ergebnisse zur Technikaffinität in dieser Studie unterstreichen die Erkenntnisse bereits bestehender Literatur, die ebenfalls eine mittlere bis hohe Technikbereitschaft und -affinität bzw. Technikakzeptanz bei Mitarbeitenden im Setting Pflege nachweisen konnte (Strutz, Kuntz, Lahmann, & Steinert, 2020; Neyer, Felber, & Gebhardt, 2012; Classen et al., 2010; Seifert & Thilo, 2020). Bezüglich eines möglichen Geschlechtereffekts stellten sowohl die Originalstudie des ATI (Franke et al., 2019) als auch die Originalstudie des TA-EG (Karrer-Gauß et al., 2009) signifikante Unterschiede fest. Ein Zusammenhang zwischen steigendem Alter und sinkender Technikaffinität konnte bereits in der Validierungsstudie des ATI festgestellt werden (Franke et al., 2019) als auch in der Validierungsstudie des TA-EG (Karrer-Gauß et al., 2009). Diese Ergebnisse passen auch zu den Erkenntnissen anderer Studien, welche die Unterschiede in der Technikaffinität von „digital natives“ und „digital immigrants“ untersucht haben (Grüssel-Griethe, Grab, & Vogt, 2022; Segert, 2012). Zwar existieren Unterschiede zwischen den beiden Gruppen, aber seit einigen Jahren gibt es Empfehlungen, nicht mehr von einer harten Grenze zwischen „digital natives“ und „digital immigrants“ auszugehen, sondern von einem Kontinuum der Technikaffinität bzw. -akzeptanz, der „digital fluency“ (Wang, Myers, & Sundaram, 2013). Hier wird angenommen, dass die Technikkompetenz sowie die Technikaffinität und -akzeptanz sich weiterentwickeln und verbessern können, auch in höherem Alter (Wang et al., 2013). Deshalb können spezielle Schulungen oder Trainings bei der Implementierung digitaler Lösungen für diese Zielgruppen sinnvoll sein. Ein Unterschied in der Technikaffinität zwischen Angestellten in Pflegeeinrichtungen und Einrichtungsleitungen wurde nach unserem besten Wissen bislang noch nicht untersucht. Jedoch kann eine niedrigere Technikaffinität der Einrichtungsleitungen, wie sie in der vorliegenden Studie nachgewiesen wurde, weitreichende Folgen haben. Diese Personengruppe trifft in der Regel Entscheidungen über Anschaffungen und Implementierung digitaler Lösungen in der Einrichtung (Göttelmann, Meier, Maurer, Staudacher, & Spirig, 2018). Dass persönliche Charakteristika der Einrichtungsleitungen ein wichtiger Faktor für den Grad an Digitalisierung in Pflegeeinrichtungen sind, konnte bereits nachgewiesen werden (Seifert & Thilo, 2020). Um Digitalisierung in Pflegeeinrichtungen weiter voranzutreiben sollte daher die Einstellungen zu Technik der Einrichtungsleitungen vermehrt in den Fokus genommen werden.

Die Notwendigkeit der Alltagsintegrierbarkeit, die in der vorliegenden Studie identifiziert werden konnte, bestätigt sich auch in anderen Studien im Setting Pflege. So kamen Studien im Krankenhaus zu dem Ergebnis, dass eine Anpassung digitaler Lösungen auf vorhandene Rahmenbedingungen dringend notwendig ist (Göttelmann et al., 2018) und eine erfolgreiche Digitalisierung den Pflegeberuf in diesem Setting durchaus attraktiver macht (Fachinger & Mähs, 2019; Lenke, 2019). Ob dies auch im Setting Pflegeeinrichtungen der Fall ist, ist bislang nicht erforscht. Über die Alltagsintegrierbarkeit hinaus geben bisherige Studien Hinweise auf weitere Rahmenbedingungen, die bei Berücksichtigung eine Erhöhung der Akzeptanz digitaler Lösungen zur Folge haben können. So wird u. a. empfohlen, dass mit den Pflegenden selbst Rücksprache bezüglich der Integration von digitalen Lösungen gehalten wird (Offermann-van Heek & Ziefle, 2018) und dass Pflegende durch die Einführung der digitalen Lösung einen spürbaren Nutzen, z. B. auf Ebene der Zeiteinsparung, erleben sollten (Mickan, Tilson, Atherton, Roberts, & Heneghan, 2013). Die große Bedeutung von Spaß und Freude bei Bewohnenden als Maß für Akzeptanz von digitalen Lösungen wurde u. a. bei Diener et al. (2022) herausgearbeitet und in dieser Studie erneut identifiziert. Diese Aspekte sollten daher in zukünftige Studien zum Einsatz digitaler Lösungen zur Bewegungsförderung im Setting Pflegeeinrichtungen berücksichtigt werden.

Für die Praxis lässt sich aus den Studienergebnissen ableiten, dass Digitalisierung – trotz Herausforderungen und Barrieren – durchaus ein gewünschter Prozess in Pflegeeinrichtungen von Seiten der Mitarbeitenden ist. Besonders wichtig sind Praxistauglichkeit, Alltagsintegration und die grundsätzliche Qualität der Angebote. Die meisten Einrichtungen bieten den Ergebnissen dieser Studie zufolge ihre Bewegungsangebote hausintern, organisiert durch Mitarbeitende, ein bis zweimal wöchentlich an. Diese Strukturen sollten, um eine Praxistauglichkeit zu ermöglichen, nicht durch digitale Lösungen ersetzt, sondern sinnvoll ergänzt werden. Es sollte kein zusätzlicher Arbeitsaufwand, z. B. durch zusätzliche Termine, entstehen, sondern im Optimalfall eine Arbeitsalltagsentlastung erzielt werden. Die Mitarbeitenden wünschen sich explizit, dass sie nicht durch digitale Lösungen ersetzt werden, sondern durch die Integration dieser in ihrer alltäglichen Arbeit unterstützt werden. Die Ergebnisse führen zu der Annahme, dass hybride Anwendungen zur Bewegungsförderung und Sturzprävention, bei denen die Mitarbeitenden als Moderator*Innen dienen, eher akzeptiert und eingeführt werden könnten, als digitale Anwendungen, die ausschließlich von den Bewohnenden selbst genutzt werden. Dies sollte in zukünftigen Studien durch einen Vergleich von rein digitalen gegenüber hybriden Konzepten untersucht werden. Die Teilnehmenden schätzten die Nutzung evaluierter Programme bei bereits existierenden Bewegungsangeboten durchschnittlich als Mittelmäßig ein. An dieser Stelle können zukünftige digitale Lösungen ansetzen und wissenschaftlich evaluierte Programme zur Bewegungsförderung und Sturzprävention integrieren. Dies deckt sich auch mit dem Wunsch nach Effektivität, den die Teilnehmenden geäußert haben. Darüber hinaus ist der spielerische Aspekt sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Umsetzung digitaler Lösungen nicht zu vernachlässigen, da positive Emotionen und Spaß auf Seiten der Bewohnenden und Mitarbeitenden notwendige Faktoren zu sein scheinen, um die Motivation zur Nutzung digitaler Lösungen zu erhöhen (Schröder, 2022; Hsu et al., 2011; Chao, Scherer, & Montgomery, 2015).

Stärken und Limitationen der Studie

Eine der Stärken dieser Studie ist die hohe Anzahl an Teilnehmenden (n = 200), sowie der Einbezug von Pflegeeinrichtungen aus allen deutschen Bundesländern (mit Ausnahme von Hamburg). Die Altersverteilung entspricht annähernd der Verteilung, die das Statistische Bundesamt 2021 veröffentlicht hat, mit dem Unterschied, dass die Gruppe der 31–40-Jährigen in dieser Studie nicht als Zweitstärkstes vertreten ist, sondern die 41–59-Jährigen (Statistisches Bundesamt [Destais], 2023). Zudem konnte durch die Nutzung offener und geschlossener Fragestellungen sowie quantitativer und qualitativer Analysen eine umfassende und detaillierte Auswertung der erhobenen Daten erfolgen, womit die vorliegende Studie einzigartige Erkenntnisse generieren konnte. Des Weiteren lassen sich aus den Ergebnissen wichtige Erkenntnisse für die Praxis ableiten, die für die Implementierung digitaler Lösungen zur Bewegungsförderung und Sturzprävention in Pflegeeinrichtungen essenziell sind.

Eine Limitation der vorliegenden Studie ist, dass 95 % der Teilnehmenden Deutsch als ihre Muttersprache angegeben haben. Laut Angaben der Bundesregierung sind jedoch 15 % der Altenpflegekräfte ausländische Staatsangehörige (Bundesagentur für Arbeit Statistik & Arbeitsmarktberichterstattung, 2023). Die Erhebung bezog sich zudem nur auf Pflegepersonal und bezog keine Bewohnenden, Heimbeiräte oder Angehörige mit ein, die ebenfalls von der Thematik betroffen sind. Zukünftige Studien sollten diese Zielgruppen berücksichtigen.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass digitale Lösungen und dafür nötige Strukturen zur Bewegungsförderung und Sturzprävention in Pflegeeinrichtungen noch nicht stark verbreitet sind, wobei der Wunsch nach diesen bei Mitarbeitenden in Pflegeeinrichtungen durchaus vorhanden ist. Erwartungsgemäß zeigten sich Unterschiede in der Technikaffinität in Abhängigkeit von Geschlecht und Alter, welche in entsprechenden Schulungsmaßnahmen berücksichtigt werden sollten. Als Risiken digitaler Lösungen wurden u. a. Stürze, falsche Übungsausführungen und Verringerung sozialer Kontakte identifiziert. Erwartungen an digitale Lösungen beinhalteten eine gute Wirksamkeit, Individualisierungsmöglichkeiten, einfache Handhabung, sowie eine gute Alltagsintegration. Eine erfolgreiche Implementierung und langfristige Nutzung digitaler Lösungen muss daher diese Aspekte bei der Entwicklung digitaler Lösungen berücksichtigen. Zudem sollten spezielle Schulungen und Trainings für die Zielgruppen der digitalen Lösungen bei deren Implementierung umgesetzt werden. Diese könnten helfen, die Einarbeitungsphase zu verbessern und von Beginn an positive Erfahrungen ermöglichen. Des Weiteren entsteht dadurch ein System von Ansprechpartner*innen, die bei möglichen Problemen die bei der Nutzung der App auftreten, kontaktiert werden können.

Basierend auf den in dieser Studie erhobenen Ergebnissen eröffnen sich weitere Fragestellungen, die in zukünftiger Forschung untersucht werden sollten. Eine Identifikation von Faktoren, welche die Technikaffinität beeinflussen, ist eine mögliche weiterführende Forschungsoption. Wenn identifiziert werden kann, was die Technikaffinität positiv oder negativ beeinflusst, können zukünftige digitale Lösungen genau diese Faktoren adressieren. Darüber hinaus könnten Unterschiede zwischen verschiedenen weiteren Berufsgruppen im Pflegesetting untersucht werden, wie zum Beispiel der Vergleich zwischen ambulanter Pflege, betreutem Wohnen und stationären Pflegeeinrichtungen. Zudem sollte eruiert werden, welche Formen von Schulungen die Technikaffinität und -akzeptanz positiv beeinflussen, damit eine spätere Implementierung erleichtert wird. Die Technikakzeptanz bestimmt die Einstellung zu einer bestimmten Technologie, sie ist folglich situations- und objektbezogen. Eine Untersuchung des Konstrukts der Technikakzeptanz in zukünftigen Projekten ist folglich sinnvoll, wenn eine bestimmte digitale Lösung, sowie die Intention der potenziellen Nutzenden diese anzuwenden, untersucht werden sollte. Des Weiteren könnten qualitative Studien basierend auf den vorliegenden Ergebnissen die Barrieren, Herausforderungen, sowie Wünsche und Erwartungen an digitale Lösungen nochmals tiefergehend untersuchen. Dadurch kann bei der Entwicklung zukünftiger digitaler Lösungen die qualitativ erhobenen Erkenntnisse berücksichtigt werden und Barrieren, Herausforderungen, sowie mögliche Risiken bei der Umsetzung der digitalen Lösung können von Beginn an möglichst klein gehalten werden, wodurch eine spezifischere Anpassung an das Setting Pflege ermöglicht wird. In einem letzten Schritt sollten Interventionen mit digitalen Lösungen umgesetzt werden, welche die in dieser Studie erhobenen Erwartungen und Erfahrungen der Teilnehmenden berücksichtigen.