Viele Lehrkräfte fühlen sich den Herausforderungen eines inklusiven Sportunterrichts nicht gewachsen (Block & Obrusnikova, 2007; Reuker et al., 2016). Sie haben den Eindruck, oftmals nicht ausreichend ausgebildet zu sein, um auf der Ebene des Unterrichts mit der Diversität der Lernenden umzugehen (Tiemann, 2016). Diese Befunde sind alarmierend und verweisen auf die Notwendigkeit, (angehende) Sportlehrkräfte besser auf die Anforderungen eines inklusiven Sportunterrichts vorzubereiten. In den letzten Jahren hat sich ein beachtlicher Fachdiskurs entwickelt, der sich mit einem inklusiven Sportunterricht beschäftigt und der durch einen Anschluss an international fortgeschrittene Diskurse und eigene Weiterentwicklungen zunehmend konzeptionell und empirisch an Substanz gewinnt. Erste Studien deuten darauf hin, dass die Einstellungen von Studierenden zu einem inklusiven Sportunterricht durch universitäre Lehrveranstaltungen positiv beeinflusst werden können (Block, Healy, Kwon, Ruin & Volkmann, 2017; Friedrich, Gräfe, Pögl & Scheid, 2017; Hutzler, Meier & Reuker, 2017; Ruin & Meier, 2019; Tripp & Rizzo, 2006). Auch wenn die Entwicklung und Evaluation von Lehrformaten für die Vorbereitung von Lehramtsstudierenden auf einen inklusiven Sportunterricht noch am Anfang steht, liegen mittlerweile bereits erste hochschuldidaktische Ansätze vor (Friedrich et al., 2017, S. 9; Reuker et al., 2016, S. 96). Diese werden im vorliegenden Beitrag im Hinblick auf ihre Grundannahmen, Designs und Evaluationsergebnisse systematisch analysiert, reflektiert und kritisch gewürdigt. Ausgehend von diesen Ergebnissen werden anschließend Vorschläge formuliert, wie zukünftige Lehrformate entwickelt und evaluiert werden können.

Recherche hochschuldidaktischer Lehrformate

Zwar finden sich derzeit zahlreiche Verweise auf innovative Lehrformate zur Vorbereitung auf einen inklusiven Sportunterricht, differenziert dokumentiert und zugänglich veröffentlicht wurden bisher jedoch nur wenige (Block et al., 2017; Reuker et al., 2016). Auch Überblicksartikel, in denen die unterschiedlichen Konzepte im Hinblick auf ihre zentralen Inhalte, Formate und methodischen Ansätze verglichen werden, stellen ein Desiderat dar. In einem ersten Schritt wurden daher für den vorliegenden Beitrag hochschuldidaktische Lehrformate recherchiert, welche die folgenden Kriterien erfüllen:

  • Die Lehrformate sind explizit für die Vorbereitung auf einen inklusiven Sportunterricht entwickelt worden: Es werden Formate ausgeschlossen, die keinen Fokus auf das Setting Schule haben und sich nicht auf das Unterrichtsfach Sport beziehen, da angenommen wird, dass sich diese Formate nicht an den spezifischen Anforderungen eines inklusiven Sportunterrichts orientieren.

  • Die Lehrformate sind für die universitäre Phase der Sportlehrkräftebildung konzipiert: Es werden Formate ausgeschlossen, die für die Weiterbildung von bereits im Schuldienst tätigen Sportlehrkräften oder für das Studienseminar entwickelt worden sind, da angenommen wird, dass die fehlenden bzw. sehr geringen Erfahrungen mit eigener unterrichtlicher Performanz spezifische Zugänge erfordern.

  • Im Rahmen von Publikationen werden differenzierte Angaben zu Zielen, Inhalten und Methoden der Lehrformate gemacht: Formate, für die keine hinreichenden Informationen zum Aufbau vorliegen, können keiner fruchtbaren Analyse unterzogen werden und werden daher ausgeschlossen.

  • Die Veröffentlichung erfolgte in deutscher oder englischer Sprache: Die Verfasser*innen des Beitrags sind aufgrund ihrer sprachlichen Kompetenzen lediglich in der Lage, Publikationen in deutscher und englischer Sprache in einer Weise zu verstehen, die eine fruchtbare Analyse möglich macht. In anderen Sprachen publizierte Beiträge werden daher ausgeschlossen.

Für die Recherche wurden die Literaturdatenbank des Fachportals Pädagogik, die virtuelle Fachbibliothek Sportwissenschaft (ViFA:Sport) sowie die Literaturdatenbank des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (SPOLIT) genutzt. Als Ergebnis der Recherche konnten fünf Publikationen und sechs Lehrformate identifiziert werden, welche den oben genannten Kriterien entsprechen (Tab. 1) und in die Analyse eingeflossen sind.Footnote 1

Tab. 1 Übersicht der analysierten Lehrformate

Analyse der hochschuldidaktischen Lehrformate

Bei der nachfolgenden Analyse der recherchierten hochschuldidaktischen Lehrformate stehen die Aspekte Gegenstandsverständnis eines inklusiven Sportunterrichts, Kompetenzorientierung und Genese des Kompetenzmodells, Ziele und methodisch-didaktischer Zugang (Methoden, Medien, Organisations- und Interaktionsformen) und Evaluation im Zentrum der Betrachtung.

Gegenstandsverständnis eines inklusiven Sportunterrichts

In der erziehungswissenschaftlichen Fachdiskussion wird Inklusion oft als ein diffuser Begriff bezeichnet (Werning, 2010; Wocken, 2014), lässt sich Inklusion doch auf organisationaler, rechtlicher oder sozialer Ebene bestimmen (Grosche, 2015). In der Sportpädagogik und in der Sportdidaktik herrscht eine rege Diskussion darüber, was unter einem inklusiven Sportunterricht verstanden werden soll (Giese & Weigelt, 2015; Meier & Ruin, 2015; Tiemann, 2015a, 2018). Dabei kann grob zwischen einem engen Verständnis, welches Förderbedarfe im Sinne von Förderschwerpunkten als zentrale heterogenitätsbestimmende Differenzkategorie fokussiert (u. a. Fediuk, 2008; Giese, 2016a, 2016b; Giese & Weigelt, 2017; Neumann, 2019), und einem weiteren Verständnis, welches vielfältigere heterogenitätsbestimmende Differenzkategorien berücksichtigt wissen möchte oder sogar eine Dekategorisierung fordert (Tiemann, 2015a, 2015b, 2019), unterschieden werden. Die Lehrformate können zwischen den Polen eines engen und eines weiten Inklusionsverständnisses eingeordnet werden.

Das Theorieseminar von Friedrich et al. (2017) kann einem engen Verständnis eines inklusiven Sportunterrichts zugeordnet werden. So beziehen sich Friedrich et al. (2017) explizit auf eine Definition des hessischen Kultusministeriums (2015, S. 48): „Inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit Anspruch auf sonderpädagogische Förderung und ohne diesen Förderanspruch findet als Regelform in der allgemeinen Schule in enger Zusammenarbeit mit dem zuständigen sonderpädagogischen Beratungs- und Förderzentrum und gegebenenfalls unter Beteiligung der Förderschule statt.“ Das Lehrformat von Friedrich et al. (2017) zielt demnach auf eine Vorbereitung der Studierenden auf einen gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne diagnostizierte sonderpädagogische Förderbedarfe an Regelschulen ab.

Die Autor*innen des EIPET (CARA Centre for Adapted Physical Activity, 2009; Kudláček et al., 2010) positionieren sich zwar nicht explizit, bei der Betrachtung der thematischen Blöcke der EIPET-Vorlesung wird jedoch deutlich, dass dieses Lehrformat auf einem eher engen Inklusionsverständnis beruht. So werden gleich zu Beginn der Vorlesung mit drei Unterrichtseinheiten zum Bewusstsein für Behinderung sowie in einer sich anschließenden Unterrichtseinheit zu spezifischen Beteiligungshindernissen behinderungsbezogene Einstellungen und Überzeugungen thematisiert. Der Themenblock Pathophysiologie von Behinderungen nimmt mit sieben Unterrichtseinheiten den größten zeitlichen Anteil an der Vorlesung ein. Dabei werden spezifische Förderschwerpunkte und Behinderungen mit ihren Auswirkungen auf die Teilnahme an Sportunterricht beleuchtet. Inklusiver Sportunterricht erscheint im Kern als Inklusion von Schüler*innen mit Behinderungen in den Regelsportunterricht. Dieser Eindruck wird auch durch die Einheiten zu Behindertensportprogrammen (eine UE) und zu den Psychomotorische Bewertungen (zwei UE) verstärkt. Noch deutlicher tritt diese Orientierung im Kontext der praktischen Erprobung des EIPET zu Tage. In den von Kudláček, Válková, Sherrill, und Myers (2002) konzipierten praktischen Erprobungen sollen die Studierenden explizit positive Erfahrungen mit körperlichen Aktivitäten für Menschen mit Behinderungen machen, indem sie mit Unterstützung der Tutorin/des Tutors ein achtwöchiges Aktivitätsprogramm für eine Behindertensportgruppe planen und in Kleingruppen durchführen (CARA, 2009, S. 137–142). Es wird ein eindeutiger Fokus auf die Differenzkategorie Behinderung gelegt.

Das Studienmodul von Weber (2018) basiert auf einem weiten Inklusionsverständnis im Sinne einer „Pädagogik der Vielfalt“ (Prengel, 2006) und fokussiert nicht nur die Differenzdimension Behinderung. Auf den Einbezug sportbezogener konzeptioneller Grundlagen wird bei Weber allerdings verzichtet. Außerdem fokussiert das Studienmodul in den angebotenen praxisorientierten Modulbausteinen ausschließlich die drei Differenzdimensionen (sonderpädagogischer Förderbedarf, Interkulturalität, Gender), was ihnen ein auffällig hohes Gewicht verleiht.

Das Seminarkonzept und die vermittlungsbezogene Praxisvertiefung zum Umgang mit Heterogenität von Duensing-Knop et al. (2018) thematisiert zwar auch die Differenzkategorie Behinderung, öffnet diese jedoch und rückt anschließend das Phänomen der Heterogenität ins Zentrum der Betrachtung. Dabei orientieren sich die thematisierten Inhalte am Konzept einer „(Sport‑)Pädagogik der Anerkennung“ (Neuber & Gebken, 2009). Zentraler Grundgedanke dieser ist, „eine Subjektbildung in Anerkennungsverhältnissen zu ermöglichen“ (Neuber & Gebken, 2009, S. 9). Voraussetzung hierfür ist das Auseinandersetzen mit und das Anerkennen von Vielfalt. Dies zeigt sich in der Akzeptanz von anderen Subjekten in ihrem individuellen Sein bzw. Lebenskontext in den Feldern sozialer sowie ethnischer Herkunft, Geschlecht und Bewegungsstatus – wobei die Akzeptanz nicht nur als Ziel, sondern auch als eine handlungsleitende Orientierung pädagogischer Bemühungen verstanden wird (Neuber & Gebken, 2009; Scherr, 2002). Mit dem Ringen um Anerkennung des Fremd- oder Anders-Seins gehe auch immer eine Auseinandersetzung mit dem Eigenen einher, was zur (Weiter‑)Entwicklung gemeinsamer Werte beitragen könne (Duensing-Knop et al., 2018, S. 110; Neuber & Gebken, 2009, S. 10).

Kompetenzorientierung und Genese des Kompetenzmodells

Die analysierten Lehrformate weisen in unterschiedlicher Weise eine Kompetenzorientierung auf. Zudem unterscheiden sich die Formate z. T. erheblich im Hinblick auf die konkret angestrebten Kompetenzen, deren Schwerpunktsetzungen, den Grad der Explikation von Kompetenzzielen und deren theoretische und empirische Fundierung.

Theoretische Vorbetrachtungen

Im deutschsprachigen Diskurs wird Kompetenz zumeist im Sinne der Definition von Weinert verstanden, der Kompetenz bestimmt als „(…) die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert, 2001, S. 27). Im kompetenztheoretischen Diskurs haben sich in den letzten Jahren Modelle etabliert, welche die dispositionsorientierten (u. a. Baumert & Kunter, 2006; 2011) und performanzorientierten (Oser, 2013) Ansätze miteinander verknüpfen und sie in eine systematische Beziehung zueinander setzen. Disposition und Performanz werden dabei als durch die situationsspezifischen Fähigkeiten vermittelt angesehen (Blömeke, Gustafsson, & Shavelson, 2015a; Santagata & Yeh, 2016), (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Kompetenz als Kontinuum (mod. nach Blömeke et al. 2015a)

Im Sinne dieses integrativen Kompetenzverständnisses werden auf analytischer Ebene der Dispositionen die latenten Merkmale von professioneller Kompetenz erfasst und anhand wesentlicher kognitiver und affektiv-motivationaler Facetten operationalisiert. In Anlehnung an die begriffliche Konzeption von professionellem Wissen nach Shulman (1986) werden kognitive Komponenten meist in Domänen des pädagogischen Wissens, fachdidaktischen Wissens und Fachwissens differenziert (Blömeke, Suhl & Döhrmann, 2012; Kaiser, 2015; Kramer, König, Kaiser, Ligtvoet & Blömeke, 2017). Neben den Wissensbeständen werden sowohl in der o. g. Definition professioneller Kompetenz nach Weinert (2001) als auch im vorliegenden Kompetenzmodell nach Blömeke et al. (2015a) affektiv-motivationalen Merkmalen eine Bedeutung für erfolgreiches Lehrkräftehandeln zugeschrieben. Affektiv-motivationale Facetten setzen sich u. a. aus (berufs-)motivationalen Orientierungen, metakognitiven und selbstregulativen Fähigkeiten sowie Überzeugungen und Werthaltungen zusammen (Blömeke et al., 2012, S. 423; Döhrmann, Kaiser & Blömeke, 2012, S. 327). Dispositionen allein werden allerdings als nicht hinreichend für eine professionelle Kompetenz betrachtet, denn diese bedürfen einer situationsadäquaten Überführung in unterrichtliches Handeln auf der Ebene der Performanz. Der Situationsbezug wird von Blömeke et al. (2015a) auf der Ebene der situationsspezifischen Fähigkeiten aufgegriffen. Diese situations- und verhaltensnahen kognitiven Fähigkeiten umfassen die fokussierte Wahrnehmung von relevanten unterrichtlichen Situationen, die wissensbasierte Interpretation dieser und das anschließende Entscheiden über Handlungsoptionen (Blömeke et al., 2014).Footnote 2 Auf Ebene der Performanz, d. h. in berufsbezogenen Anforderungssituationen, zeigen sich professionelle Kompetenzen so als von der direkten Situation beeinflusstes, variables Verhalten bzw. Handeln (Blömeke et al., 2015a; Kaiser, 2015).

Mit der Beschreibung professioneller Kompetenzen als die Fähigkeiten, spezifische berufliche Anforderungen unter variablen Bedingungen zu bewältigen (Kaiser, 2015; Kunter, Baumert, Blum, & Neubrand, 2011; Oser, 2013), wird im Sinne der oben zitierten Definition von Weinert (2001) darauf hingewiesen, dass ein systematischer Zusammenhang zwischen Kompetenzen und den Anforderungen bzw. Anforderungssituationen besteht (Blömeke et al., 2015a; Blömeke, König, Suhl, Hoth, & Döhrmann, 2015b; Bromme, 2008; Kaiser, 2015; Oser, 2013). In Anlehnung an diese Position sollte eine Modellierung von Kompetenzen daher auf Grundlage einer Bestimmung von gegenstandsbezogenen Anforderungen und Anforderungssituationen erfolgen (Baumgartner, 2013; Erhorn, Setzer, & Wohlers, 2019; Oser, Bauder, Salzmann, & Heinzer, 2013; Setzer, 2020). Oser und Bauder (2013) weisen darauf hin, dass diese Bestimmung top-down durch eine Ableitung aus allgemeinen Merkmalen von Unterrichtsqualität bzw. domänenspezifischen Konzepten, bottom-up durch eine Befragung von Expert*innen oder durch eine „ethnographische“ Untersuchung der Praxis erfolgen kann. Oser (2013) verweist dabei auf eine Art „Hierarchie“ zwischen Kompetenzen, Kompetenzprofilen und letztlich Standards, die sich aus dem Bezug auf eine Norm bzw. Normstichprobe ergeben. Für den erziehungswissenschaftlichen Diskurs (Oser & Bauder, 2013) und für den sportdidaktischen Diskurs (Erhorn et al., 2019) liegen bereits Vorschläge für eine Kombination dieser Zugänge vor.

Vorlesung und praktische Erprobung des EIPET

Die Vorlesung und die praktische Erprobung des EIPET basieren auf einem differenzierten Kompetenzmodell (CARA, 2009, S. 20–25). Auf der Grundlage einer Analyse der Kernbereiche Planen, Unterrichten, Evaluieren und Unterstützen im inklusiven Sportunterricht und der dabei durch die Sportlehrkraft eingenommenen Kernrollen und Kernfunktionen einer Sportlehrkraft werden elf Kompetenzen bestimmt (CARA, 2009, S. 20–25):

  1. 1.

    Anpassung des Lehrplans der Schulen an die aktuellen Bedingungen und die Bedürfnisse aller Schüler*innen (einschließlich der mit besonderen Bedürfnissen).

  2. 2.

    Beurteilung des aktuellen Leistungsniveaus von Schüler*innen mit besonderen Bedürfnissen im Sportunterricht.

  3. 3.

    Planung entwicklungsgerechter Lernerfahrungen im inklusiven Sportunterricht.

  4. 4.

    Vorbereitung der Schulklasse und der Lernräume für die Aufnahme von Schüler*innen mit besonderen Bedürfnissen.

  5. 5.

    Anpassung des Unterrichts, um den Bedürfnissen aller Schüler*innen in Bezug auf inklusiven Sportunterricht gerecht zu werden.

  6. 6.

    Zielführendes Verhaltensmanagement, um das bestmögliche und sichere Lernen für alle Schüler*innen zu gewährleisten.

  7. 7.

    Kommunikation mit Schüler*innen mit besonderen Bedürfnissen und anderen, die direkt und indirekt am Unterricht (einschließlich dem Sportunterricht) beteiligt sind.

  8. 8.

    Bewertung der Fortschritte der Schüler*innen mit speziellen Bedürfnissen im inklusiven Sportunterricht in Bezug auf die individuellen Unterrichtsziele.

  9. 9.

    Bewertung der Wirksamkeit des inklusiven Sportunterrichts.

  10. 10.

    Stetige Weiterentwicklung der eigenen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie der Kenntnisse weiterer beteiligter Personen.

  11. 11.

    Sich für die Bedürfnisse und Rechte von Schüler*innen mit besonderen Bedürfnissen einsetzen.

Den elf Kompetenzen werden jeweils Könnens- und Wissensbestände zugeordnet (CARA, 2009, S. 24–25). So werden beispielsweise der Kompetenz „Anpassung des Unterrichts, um den Bedürfnissen aller Schüler*innen in Bezug auf inklusiven Sportunterricht gerecht zu werden“ (CARA, 2009, S. 25) folgende vier Könnensbestände und Wissensbestände zugeordnet (Tab. 2):

Tab. 2 Beispielhafte Zuordnung von Könnens- und Wissensbeständen zu einer Kompetenz im EIPET

Die Könnensbestände können auf der Ebene der Performanz verortet werden, wobei sie eine Teilanforderung darstellen, welche wiederum als Teil eines übergeordneten Kompetenzprofils angesehen werden kann (Blömeke et al., 2015a; Oser, 2013). Die Wissensbestände befinden sich hingegen auf der Ebene der Disposition. Damit legen die Autor*innen des EIPET ein komplexes Kompetenzmodell vor, welches in umfangreicher Art und Weise die Anforderungen des Feldes systematisiert und die Kompetenzen auf den Ebenen der Performanz und der Disposition ausdifferenziert (CARA, 2009; Kudláček et al., 2010). Zwischen den Ebenen der Performanz und der Disposition werden systematische Beziehungen hergestellt, indem für jede Kompetenz für die praktische Umsetzung benötigte Wissens- und Könnensbestände herausgearbeitet werden. Allerdings werden im Rahmen des Kompetenzmodells für die Ebene der Disposition keine Haltungen oder Einstellungen expliziert und die Ebene der situationsspezifischen Fähigkeiten wird nicht systematisch betrachtet. Eine Ausdifferenzierung in Kompetenzprofile oder die Ermittlung von Standards erfolgt nicht. Die EIPET-Vorlesung fokussiert die Wissensbestände und verbleibt damit auf der Ebene der Disposition. Die praktische Erprobung zielt darauf ab, die erworbenen Wissensbestände systematisch um Könnensbestände zu erweitern und auf die Ebene der Performanz zu überführen, indem das erworbene Wissen auf Fallbeispiele und Lehrversuche angewandt wird (CARA, 2009; Kudláček et al., 2010).

Über die theoretische und empirische Fundierung des EIPET-Kompetenzmodells geben die Autor*innen wenig preis (CARA, 2009; Kudláček et al., 2010). Es wird lediglich auf umfangreiche eigene Erfahrungen sowie einen Expert*innendiskurs innerhalb der Arbeitsgruppe verwiesen (CARA, 2009, S. 5). Obwohl im Rahmen des Expert*innendiskurses sicherlich Wissensbestände aus aktuellen theoretischen und empirischen Diskursen eingeflossen sind, basiert das EIPET-Kompetenzmodell offenbar nicht auf einer systematischen Analyse des theoretischen und empirischen Forschungsstandes oder eigenen empirischen (Vor‑)Untersuchungen.

Seminar von Friedrich et al. (2017)

Friedrich et al. (2017) orientieren sich bei der Bestimmung der zu vermittelnden Kompetenzen an dem Modell professioneller Handlungskompetenz von Baumert und Kunter (2006), wobei sie herausstellen, mit dem entwickelten Lehrformat insbesondere die Kompetenzfacetten des Professionswissens und der Überzeugungen/Werthaltungen zu fokussieren. Somit bewegen sie sich auf der Ebene der Disposition. Die Ebenen der situationsspezifischen Fähigkeiten und der Performanz werden hier nicht gezielt angesprochen. Auch eine Ausdifferenzierung in Kompetenzprofile und eine Bestimmung von Standards erfolgt nicht. Das inklusionsbezogene Professionswissen differenzieren Friedrich et al. (2017, S. 17) in die Wissensbereiche Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und pädagogisches Wissen.Footnote 3 Eine weitere Ausdifferenzierung der zu vermittelnden Wissensbestände erfolgt im Kontext der Vorstellung der zugehörigen Inhalte. So sollen die Studierenden im Bereich des Fachwissens ein „grundlegendes Wissen zum Thema Inklusion mit dem Fokus auf Beeinträchtigung“ erwerben. Dies soll durch eine Auseinandersetzung mit Inhalten wie relevanten Begriffsdefinitionen, Vorstellungen über Diversität und Formen der Beeinträchtigung geschehen, sodass offenbar ein Wissenserwerb in diesen Bereichen erfolgen soll. Analog werden auch das Fachwissen und das pädagogische Wissen präzisiert. Als Fachwissen sollen die Studierenden „Wissen über didaktisches Potential von Aufgaben, Schülervorstellungen und zu Gestaltungsmöglichkeiten von inklusivem Unterricht“ (Friedrich et al., 2017, S. 17) aneignen, wobei unter anderem Wissen durch eine Auseinandersetzung mit den Konzepten der Individualisierung sowie dem kooperativen und sozialen Lernen erworben werden soll. Als pädagogisches Wissen stehen „bildungswissenschaftliche Grundlagen, Planungswissen, Unterrichtsführung und Diagnostizieren in inklusiven Gruppen“ (Friedrich et al., 2017, S. 17) im Zentrum, wobei insbesondere auch Wissen über eine inklusive Schule, über multiprofessionelle Teams und Möglichkeiten der Beurteilung erworben werden soll. Die angesteuerten Überzeugungen/Werthaltungen werden hingegen nicht explizit ausgeführt. Allerdings lassen die weiteren Ausführungen von Friedrich et al. (2017, S. 17) vermuten, dass insbesondere eine positive Einstellung gegenüber Beeinträchtigung und Behinderung angestrebt wird.

Über die genaue Genese des Kompetenzmodells bzw. der Systematik der vom Seminar angesteuerten Kompetenzen geben Friedrich et al. (2017) wenig preis. Eine Betrachtung der angesteuerten Kompetenzen bzw. Wissensbereiche verrät aber einen theoretischen Bezug zum Fachdiskurs und einen empirischen Bezug zu einer von Friedrich et al. (2017, S. 10–15) durchgeführten Studie. So unternehmen Friedrich et al. (2017) den Versuch, mithilfe eines explorativ empirischen Zugangs Erfahrungen und Erwartungen von Sportlehrkräften im Hinblick auf einen inklusiven Sportunterricht zu erheben und zu systematisieren. Dafür führten sie Leitfadeninterviews mit 30 Sportlehrkräften durch, die in inklusiven Settings unterrichten. Die Auswertung erfolgte mit den Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2016). Insbesondere die Teilergebnisse zu den Bereichen „Unterrichten“ und „Lerngruppe“ werden von den Autoren als „eine empirisch fundierte Basis für konzeptionelle Entscheidungen auch im Hinblick auf die Qualifizierung und Kompetenzvermittlung im Rahmen der Sportlehrerbildung der ersten Ausbildungsphase“ (Friedrich et al., 2017, S. 9) erachtet. Zwar gelingt es Friedrich et al. (2017), exemplarisch die Perspektive ausgewählter Lehrkräfte auf den inklusiven Sportunterricht zu erschließen, dabei wird jedoch deutlich, dass die Aussagen der Lehrkräfte zwar erfahrungsbasiert sind, ihre Erfahrungen jedoch auf einer spezifischen Wahrnehmung basieren, die z. T. von problematischen Überzeugungen, Einstellungen und/oder Wissensbeständen geleitet ist. So wird beispielsweise stark auf Förderschwerpunkte abgehoben und die Frage der individuellen Förderung offenbar weitgehend ausgeklammert. Vertiefte episodische Einblicke werden im Rahmen der Studie offenbar nicht gewonnen bzw. durch differenziertere qualitative Auswertungsmethoden für die Klärung spezifischer Anforderungen fruchtbar gemacht. Insgesamt werden nur wenige und zudem recht undifferenzierte Hinweise für die Bestimmung zu vermittelnder Kompetenzen gewonnen (Friedrich et al., 2017, S. 15–16).

Seminar und vermittlungsbezogene Praxisvertiefung von Duensing-Knop et al. (2018)

Die Lehrformate von Duensing-Knop et al. (2018) basieren auf einem in Anlehnung an Terhart (2007) entwickelten Modell zur Kompetenzentwicklung in der Sportdidaktik, welches die Lehrkompetenz durch die drei Dimensionen Kenntnisse/Wissen, Selbstverständnis/pädagogische Haltung und Handlungsfähigkeit/Didaktisieren begründet sieht (Duensing-Knop et al., 2018, S. 115). Das Seminar und die vermittlungsbezogene Praxisvertiefung von Duensing-Knop et al. (2018, 116 ff.) fokussieren die Dimension Selbstverständnis/pädagogische Haltung. Auf eine weitergehende Präzisierung der angestrebten Kompetenzen oder von Kompetenzfacetten verzichten die Autor*innen. Hinweise auf möglicherweise angestrebte Kompetenzen bzw. Kompetenzfacetten liefern lediglich die genannten Zielsetzungen der Veranstaltungsformate. Als Ziele werden die Reflexion der allgemeinen Haltung zur Inklusion, die Reflexion des Leistungs- und Sportverständnisses und die Stärkung der bereichsspezifischen Selbstwirksamkeitserwartung in Bezug auf den Umgang mit heterogenen Gruppen herausgestellt. Dabei bleibt unklar, ob die Reflexion lediglich der Bewusstmachung einer Haltung zur Inklusion sowie des Sport- und Leistungsverständnisses dienen soll oder ob durch die Reflexion auch benennbare Haltungen zur Inklusion sowie ein benennbares Sport- und Leistungsverständnis angestrebt werden. In der Terminologie von Blömeke et al., (2015a) zielen die Veranstaltungen von Duensing-Knop et al. (2018) auf die Ebene der Disposition ab. Situationsspezifische Fähigkeiten und Performanz werden nicht gezielt angesteuert.Footnote 4 Eine Ausdifferenzierung in Kompetenzprofile oder eine Bestimmung von Standards erfolgt nicht.

Die den Veranstaltungen zugrundeliegende Systematik von Kompetenzen resultiert offenbar aus einer Analyse des Fachdiskurses zur Ermittlung von Anforderungen im Umgang mit Heterogenität und für deren Bewältigung hilfreicher Konzepte.

Praxisorientiertes Studienmodul „Inklusion im Schulsport“ von Weber (2018)

Das Studienmodul von Weber (2018) zur Förderung einer professionellen Handlungskompetenz im Umgang mit Heterogenität zielt auf die Ebene der Dispositionen. Neben der Vermittlung von Fachwissen liegt der Fokus somit vor allem auf der Förderung positiver inklusiver Einstellungen und Haltungen sowie einer Stärkung der Selbstwirksamkeit(serwartungen) von Sportlehramtsstudierenden hinsichtlich der konkreten Umsetzung eines inklusiven Bildungsangebots (Weber, 2018, S. 141). Zur Begründung des Einstellungskonzepts wird auf das Modell der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften von Baumert und Kunter (2006) rekurriert und Einstellungen als wesentliches handlungsregulierendes Merkmal von Lehrer*innenpersönlichkeit im Bereich der Werthaltungen und Überzeugungen eingeordnet (Weber, 2018, S. 139). Die Betrachtung von inklusionsbezogener Selbstwirksamkeit(serwartung) wird miteinbezogen, da diese in essenzieller Weise Einstellungen, Haltungen und Handeln von Lehrkräften moderiere (Weber, 2018, S. 140). Eine weitere Präzisierung der angestrebten Einstellungen und Wissensbestände erfolgt nicht. Die Ebenen der situationsspezifischen Fähigkeiten und der Performanz werden nicht angesprochen. Eine Ausdifferenzierung von Kompetenzprofilen oder eine Bestimmung von Standards erfolgen nicht. Auch zur Genese des Kompetenzmodells liefert Weber (2018) keine Informationen.

Ziele und methodisch-didaktischer Zugang

Auf der Ebene der Ziele, Inhalte und Methoden zeigen sich zwischen den Lehrformaten ebenfalls deutliche Differenzen. So werden unterschiedliche Zielsetzungen ausgewiesen, verschiedene Lehrinhalte ins Zentrum gerückt sowie unterschiedliche Organisations- und Interaktionsformen, Aufgabenformate und Medien gewählt. Die Lehrformate werden im Folgenden in der Reihenfolge Vorlesung, Seminare, Veranstaltungen mit Praxisanteilen und Praktika analysiert.

EIPET-Vorlesung

Die EIPET-Vorlesung zielt auf die Vermittlung der im Kompetenzmodell genannten Wissensbestände ab. Sie ist interaktiv und damit seminarähnlich konzipiert. Dies soll im Rahmen von 24 Unterrichtseinheiten (UE) geschehen, die elf inhaltlich-thematischen Blöcken zugeordnet werden können (CARA, 2009, S. 29–30). Inhaltliche Schwerpunkte werden auf die Bewusstseinssensibilisierung für Behinderung, die Beteiligungshindernisse und die Behindertensportprogramme, die Planung und Durchführung eines inklusiven Sportunterrichts sowie auf Verhaltensmanagement und -modifikation gelegt (CARA, 2009; Kudláček et al., 2010), (siehe Tab. 3).

Tab. 3 Aufbau, Ziele und Inhalte der EIPET-Vorlesung im Überblick

Theorieseminar von Duensing-Knop et al. (2018)

Das Theorieseminar zielt im Kern auf die Irritation unreflektierter oder problematischer Einstellungen und Überzeugungen. Als Ziele werden in diesem Sinne die „Reflexion der allgemeinen Haltung zu Inklusion“, die „Reflexion des Leistungs- und des Sportverständnisses“ sowie die „Stärkung der bereichsspezifischen Selbstwirksamkeitserwartung in Bezug auf den Umgang mit heterogenen Gruppen“ herausgestellt und anhand spezifischer Inhalte verfolgt (Duensing-Knop et al., 2018, S. 118). Es besteht aus fünf voneinander abgrenzbaren inhaltlichen Blöcken, bei denen jeweils spezifische methodische Zugänge gewählt werden (Tab. 4). Methodisch hervorzuheben ist insbesondere der konsequente Ausgang von den zumeist auf eigenen Erfahrungen basierenden Einstellungen, Überzeugungen und Wissensbeständen der Studierenden, von denen aus ein weites Inklusionsverständnis entwickelt werden soll. Das hohe Maß an Aktivierung von Studierenden durch Partner- und Gruppenarbeiten und Seminardiskussionen sowie der durchgängige Bezug von theoretischen Konzepten auf konkrete Beispiele sind ebenfalls markant: „Insgesamt zeichnet sich das Theorieseminar durch einen permanenten Wechselbezug zwischen Theorie und praktischen Anwendungsüberlegungen aus. Zentral sind die Reflexion der eigenen Erfahrungen und das Ringen um eine Position zu den einzelnen Themen“ (Duensing-Knop et al., 2018, S. 120).

Tab. 4 Aufbau, Ziele und Inhalte des Theorieseminars von Duensing-Knop et al. (2018) im Überblick

Seminar von Friedrich et al. (2017)

Das Seminar von Friedrich et al. (2017) zielt auf die Vermittlung inklusionsbezogenen Professionswissens sowie inklusionsbezogener Überzeugungen/Werthaltungen ab. Ein inhaltlicher Schwerpunkt wird auf die theoretische Vermittlung eher allgemeiner und z. T. sportunspezifischer Grundlagenkonzepte wie Diversität, Inklusion und Beeinträchtigung gelegt, bevor weitere Schwerpunkte auf fachdidaktische Konzepte und Methoden eines inklusiven Sportunterrichts sowie auf Planungskonzepte für einen inklusiven Sportunterricht gelegt werden (Friedrich et al., 2017, S. 16–17). Methodisch wird dabei zum einen auf die klassische Arbeitsform der Aufarbeitung und Präsentation theoretischer Inhalte durch Studierende, zum anderen auf moderne Arbeitsformen wie die aufgaben- bzw. leitfadengeleitete E‑Portfolioarbeit zur Reflexion und Dokumentation des Lernprozesses und praktische Erprobungseinheiten zur Verknüpfung von theoretischem Wissen, konkreten Handlungsproblemen und persönlichen/praktischen Erfahrungen gesetzt (Friedrich et al., 2017, S. 16–17).

Studienmodul Inklusion im Schulsport von Weber (2018)

Das Studienmodul InSpo besteht aus einem theoriebasierten Haupt- bzw. Grundlagenseminar Vielfalt im Sportunterricht sowie drei Modulbausteinen, in denen das Thema Inklusion und Heterogenität in Bezug auf die drei bestimmten Differenzdimensionen (sonderpädagogischer Förderbedarf, Interkulturalität, Gender) spezifisch behandelt und im konkreten Praxisbezug angewendet wird (Weber, 2018, S. 142–143). Weber liefert nur wenige Informationen über die methodisch-didaktische Gestaltung des Seminars. Nach einer Inputphase mit Selbsterfahrungsanteilen und Diskussionen über Good Practice anhand von Video-Praxis-Beispielen aus dem EU-Projekt Teaching diverse learners in (school) subjects liegt der Fokus in den Bausteinseminaren auf dem eigenständigen Planen, Durchführen und Analysieren von inklusivem Unterricht unter Anleitung (Weber, 2018, S. 143).

EIPET – praktische Erprobung

In den von Kudláček et al. (2010) konzipierten praktischen Erprobungen sollen die (angehenden) Sportlehrkräfte insbesondere positive Erfahrungen mit körperlichen Aktivitäten für Menschen mit Behinderungen machen. Sie sollen bei der Anleitung von inklusivem Sportunterricht mitwirken und lernen, die Fähigkeiten der Schüler*innen einzuschätzen (CARA, 2009, S. 141). Die praktische Erprobung des EIPET kann in die vier inhaltlichen Blöcke Fallstudien, gemeinsame Planung einer achtwöchigen Praxiseinheit, Erprobungen mit den Kommiliton*innen und die Erprobung in der Behindertensportgruppe differenziert werden (CARA, 2009, S. 140–142). Methodisch wird dabei zurückgegriffen auf die Arbeit an Fallbeispielen, die Eigenrealisation und die praktische Erprobung im Seminar, die weitgehend selbstständige Planung und Durchführung eines Lehrversuchs, eine Art Team-Teaching sowie die Reflexion des Lehrversuchs mit dem Tutor/der Tutorin. Zu den praktischen Erprobungen in CARA (2009) ist anzumerken, dass diese in Behindertensportgruppen erfolgen und nicht in einem inklusiven Sportunterricht. Die tatsächliche Komplexität eines inklusiven Sportunterrichts wird somit nicht abgebildet. Es ist daher fraglich, ob ein Transfer in den inklusiven Sportunterricht gelingen kann. Positiv hervorzuheben ist jedoch die Verzahnung von Wissen, praktischer Eigenrealisation und Performanz in der Gestaltung von Einheiten sowie deren Reflexion. Eine Übersicht über zentrale Inhalte und gewählte methodische Zugänge liefert Tab. 5.

Tab. 5 Aufbau, Ziele und Inhalte von EIPET – praktische Erprobung im Überblick

Vermittlungsbezogene Praxisvertiefung von Duensing-Knop et al. (2018)

Auch Duensing-Knop et al. (2018) haben mit der vermittlungsbezogenen Praxisvertiefung zum Umgang mit Heterogenität ein Format mit Praxisanteilen entwickelt, welches in die inhaltlichen Schwerpunkte Einführung in zentrale Theorien und Konzepte und die Planung, Durchführung und Auswertung inklusiver Einheiten gegliedert werden kann (Duensing-Knop et al., 2018, S. 121). Kennzeichnend für die methodische Umsetzung ist die konsequente Übersetzung von Konzepten in Formen der Eigenrealisation. Bei der Planung und Durchführung inklusiver Einheiten im Rahmen der Veranstaltung (Eigenrealisation durch die Studierenden) wird die schon vorhandene Heterogenität der Gruppe durch spezifische Handicaps verschärft. Um vielfältige Erfahrungen und Reflexionsanlässe zu bieten, werden möglichst viele Bewegungsfelder thematisiert. Dabei sollen die Studierenden Unterrichtsideen aus praxisorientierter Fachliteratur rezipieren, sie kritisch beurteilen und lerngruppenbezogen adaptieren. Ebenfalls hervorzuheben ist die Reflexion der Lehrversuche nach dem Deutungsmusteransatz nach Horster (2004). Durch den Dreischritt Rekonstruktion, Evaluation und Neukonstruktion soll das verfolgte unterrichtliche Konzept erfasst, geprüft und zum Ausgangspunkt der Entwicklung von Alternativen gemacht werden. Hier zeigen sich Parallelen zum kasuistischen Verfahren von Erhorn (2016) und der damit verbundenen Schulung von Beobachtungs- und Reflexionskompetenzen der Studierenden, sodass sich im Rahmen dieses Lehrformats Ansatzpunkte zur Förderung situationsspezifischer Fähigkeiten identifizieren lassen (Tab. 6).

Tab. 6 Aufbau, Ziele und Inhalte der vermittlungsbezogenen Praxisvertiefung nach Duensing-Knop et al. (2018) im Überblick

Evaluation

Bisher sind nur zwei der untersuchten Lehrformate evaluiert worden (Friedrich et al., 2017; Weber, 2018), sodass kaum Informationen über ihre Wirksamkeit und Wirkungsweise vorliegen. Solche Informationen sind für die Auswahl, Bewertung und Weiterentwicklung von zentraler Bedeutung. Deshalb sollten Veranstaltungsformate zukünftig konsequent evaluiert werden.

Das Konzept von Friedrich et al. (2017) wurde mithilfe eines Fragebogens zu inklusionsbezogenen Einstellungen mit den zwei Skalen der EZI-Skala „soziale Integration“ und „Förderung und Unterstützung“ (Kunz, Luder & Moretti, 2010) und der ergänzenden Skala „gemeinsamer Sportunterricht“ für das Fach Sport (Rischke, Heim & Gröben, 2017) sowie drei selbst konstruierten Skalen zu Wissensbeständen zum inklusiven Sportunterricht evaluiert. Es ist also positiv hervorzuheben, dass der Nachweis der Wirksamkeit des Seminars mithilfe geeigneter Testinstrumente erfolgt (Friedrich et al., 2017, S. 17–20). Die Evaluation zeigt, dass fachliches, fachdidaktisches und pädagogisches Wissen bei den Studierenden über das beschriebene Format gefördert werden können. Besonders positive Effekte zeigen sich im Bereich des Fachwissens. Zudem können die Einstellungen in den Bereichen gemeinsamer Sportunterricht sowie Förderung und Unterstützung positiv verändert werden (Friedrich et al., 2017, S. 21).

Auch das Studienmodul Inklusion im Schulsport von Weber (2018) weist eine qualitative und quantitative Forschungsbegleitung aus. Neben einer quantitativen Längsschnittuntersuchung unter Verwendung der Instrumente SACIE‑R (Forlin, Earle, Loreman & Sharma, 2011) und TEIP (Sharma, Loreman & Forlin, 2011) erfolgt eine qualitative Begleitung durch Interviews (Bohnsack, 2010) und teilnehmende Beobachtungen (Breidenstein, Hirschauer, Kalthoff & Nieswand, 2013). Ziel ist es, die Effekte des Besuchs eines oder mehrerer Seminare des Moduls auf Haltungen, Einstellungen und Selbstwirksamkeitserwartungen der Sportstudierenden zu untersuchen (Weber, 2018, S. 143). Bisher haben alle untersuchten Studierenden jedoch erst Teile des Studienmoduls absolviert. Die ersten Ergebnisse der Befragung lassen vermuten, dass die erworbenen positiven Erfahrungen und das Wissen um die Durchführung eines inklusiven Unterrichts positive Einstellungen/Haltungen bei den Studierenden bewirken und ihre inklusionsbezogenen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen stärken. Weiter deuten die Ergebnisse auf die Relevanz der Praxisseminare mit konkreten Lehrerfahrungen und Reflexionen hin, da diese eine Erhöhung aller drei Dimensionen der Selbstwirksamkeitsüberzeugung bewirken (Weber, 2018, 143 ff.).

Für die Veranstaltungsformate von Duensing-Knop et al. (2018) ist eine Evaluation geplant, deren Ergebnisse jedoch bislang noch nicht publiziert wurden. Mit einem Prä-Post-Test-Design sollen Haltungsänderungen der Studierenden in Folge der Lehrveranstaltungen geprüft werden. Die eingesetzten Instrumente werden allerdings nicht genannt und das genaue Design wird nicht ausgeführt (Duensing-Knop et al., 2018, S. 122). Mithilfe problemzentrierter Interviews soll zudem erfasst werden, „welche Inhalte und Methoden aus Sicht der Studierenden zu dieser Haltungsänderung beigetragen haben, um schließlich konkrete Rückschlüsse auf die verschiedenen Seminarkonzeptionen zu ermöglichen“ (Duensing-Knop et al., 2018, S. 123).

Es ist auffällig, dass bisher nur zwei der hier analysierten Veranstaltungsformate evaluiert worden sind und sich nur eine weitere Evaluation in Planung befindet. Beide Evaluationen beschränken sich auf die Ebene der Disposition, was vor dem Hintergrund der angestrebten Kompetenzen folgerichtig erscheint. Um zukünftig auch Veranstaltungen auf der Ebene der situationsspezifischen Fähigkeiten evaluieren zu können, werden geeignete Verfahren benötigt (Oesterhelt, 2018, S. 95; Reuker, 2012; Reuker et al., 2016; Reuker, 2017a, 2017b)Footnote 5. Während für den Bereich der Dispositionen mehrere nationale und internationale Instrumente zur Messung von Einstellungen zu einem inklusiven Sportunterricht vorliegen (Hutzler et al., 2017; Thomas & Leineweber, 2018), liegen bisher keine Verfahren zur Messung situationsspezifischer Fähigkeiten für einen inklusiven Sportunterricht vor. Diese sollten daher in zukünftigen Forschungsprojekten entwickelt und eingesetzt werden.

Fazit und Ausblick

Die Sichtung von universitären Lehrformaten zur Vorbereitung von (angehenden) Sportlehrkräften auf einen inklusiven Sportunterricht hat gezeigt, dass bisher nur wenige Formate in deutscher oder englischer Sprache und mit differenzierter Darstellung der Ziele, Inhalte und Methoden publiziert worden sind.

Bei der Analyse der Lehrformate wird deutlich, dass sowohl auf einem engen Inklusionsverständnis als auch auf einem weiten Verständnis basierende Formate vorliegen. Die betrachteten Formate sind zwar kompetenzorientiert, zielen jedoch überwiegend auf die Ebene der Disposition ab. Lediglich das Kompetenzmodell des EIPET beinhaltet zusätzlich die Ebene der Performanz (CARA, 2009). Die Ebene der situationsspezifischen Fähigkeiten wird durchgängig ausgespart. Die Kompetenzen werden in der Regel aus dem bestehenden Fachdiskurs abgeleitet. Nur Friedrich et al. (2017) führen zudem eine explorative Untersuchung durch, in der sie mithilfe von Leitfadeninterviews versuchen, unterrichtliche Anforderungen an die Lehrkraft in einem inklusiven Sportunterricht zu klären. Eine systematische und eingehende Ermittlung differenzierter Anforderungen, Teilanforderungen, Kompetenzprofile oder sogar Standards erfolgt jedoch auch hier nicht (Oser, 2013).

Hinsichtlich der Ziele wird deutlich, dass die Lehrformate auf eine Reflexion und Modifikation von Einstellungen (CARA, 2009; Duensing-Knop et al., 2018; Friedrich et al., 2017; Weber, 2018) sowie zum Teil auch auf die Erweiterung von Wissensbeständen (CARA, 2009; Friedrich et al., 2017) abzielen. Dabei werden inhaltliche Schwerpunkte auf die Auseinandersetzung mit dem Inklusionsverständnis, mit Behinderung, mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten und mit Konzepten zum Umgang mit Heterogenität gelegt. Auch die Planung und Auswertung von inklusivem Sportunterricht (bzw. inklusiven Sportangeboten) spielt in vielen Lehrformaten eine Rolle. Bei der Durchführung der Veranstaltungen werden unterschiedliche methodische Zugänge bemüht. Neben den eher klassischen Methoden des Lehrvortrags (CARA, 2009) oder der studentischen Erarbeitung und Präsentation theoretisch-konzeptioneller Inhalte (Friedrich et al., 2017) werden auch innovativere Methoden zur Verknüpfung von Theorie und Praxis bemüht. Dabei handelt es sich z. B. um die Arbeit an fiktiven Fallbeispielen, die auf der Auseinandersetzung mit auf fachpraktischer Literatur basierende Unterrichtsplanung oder die Planung, Durchführung und Auswertung von Lehrversuchen im Seminar (Duensing-Knop et al., 2018) oder in einer Behindertensportgruppe (CARA, 2009). Methodisch-didaktisch liefert insbesondere das Konzept von Duensing-Knop et al. (2018) für ein Theorieseminar und eine Veranstaltung mit Praxisanteilen zur Verknüpfung von theoretischem Wissen, konkreten Handlungsproblemen und authentischen Erfahrungen des inklusiven Sportunterrichts wertvolle Anregungen. Zwar wird auf diese Weise bereits der Versuch unternommen, eine Theorie-Praxis-Verknüpfung vorzunehmen, jedoch wird bisher nicht mit authentischen Unterrichtssituationen gearbeitet. Entweder werden Unterrichtsversuche im Kontext von Behindertensportgruppen (CARA, 2009) oder mit den Kommiliton*innen als Lerngruppe unternommen (Duensing-Knop et al., 2018). Die Arbeit mit Fallbeispielen beschränkt sich bisher auf Fälle von einzelnen Kindern oder einer Halbjahresplanung (CARA, 2009). An dieser Stelle bleiben wichtige Potenziale ungenutzt. Dies haben Friedrich et al. (2017) vermutlich im Blick, wenn sie für die zukünftige Entwicklung von Seminarformaten den Einsatz von Fallarbeit an empirischen Unterrichtssituationen fordern (Friedrich et al., 2017, S. 22). In der Sportdidaktik liegen hierzu vielfältige Vorarbeiten und Verfahren vor (u. a. Wolters, 2015; Scherler, 2008; Lüsebrink, Krieger, & Wolters, 2009; Erhorn, 2016).

Die Analyse der Lehrformate zeigte zudem, dass bisher lediglich die Veranstaltungen von Friedrich et al. (2017) und Weber (2018) Gegenstand einer Evaluation geworden sind. Die Veranstaltungen des EIPET sind nicht auf ihre Wirksamkeit überprüft worden (CARA, 2009). Für die Veranstaltungen von Duensing-Knop et al. (2018) ist zwar eine Evaluation geplant, es liegen jedoch bisher keine Ergebnisse vor und auch das genaue Design wird bisher nicht beschrieben. Ergebnisse zu den Lehr-Lern-Prozessen liegen für keines der analysierten Formate vor.

Auf der Grundlage der vorgenommenen Analyse können mehrere Forderungen für die weitere Entwicklung und Evaluation hochschuldidaktischer Lehrformate zur Vorbereitung auf einen inklusiven Sportunterricht formuliert werden.

  1. 1.

    Zukünftige Forschungen sollten Anforderungen an die Sportlehrkräfte klären (Erhorn et al., 2019; Oser, 2013; Reuker et al., 2016) und Kompetenzmodelle entwickeln, die aus einer empirischen Auseinandersetzung mit der Praxis inklusiven Sportunterrichts gewonnen, an Theorie gespiegelt und zum Gegenstand eines normativen Diskurses von Expert*innen gemacht worden sind (Erhorn et al., 2019; Oser, 2013). Zudem sollten Kompetenzmodelle die Ebenen der Disposition, der situationsspezifischen Fähigkeiten und der Performanz umfassen (Blömeke et al., 2015a) und in Form von anforderungssituationsbezogenen Kompetenzprofilen systematisiert werden. Perspektivisch kann auch der Versuch unternommen werden, Standards zu bestimmen (Oser, 2013). Auf diese Weise kann ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um die angehenden Sportlehrkräfte systematisch auf die Anforderungen im Beruf vorzubereiten.

  2. 2.

    Bereits im Studium sollten die Studierenden lernen, Wissen und Einstellungen fall- und situationsbezogen anzuwenden. Daher sollten zukünftig Lehrformate auch auf die Weiterentwicklung situationsspezifischer Fähigkeiten im Kontext des inklusiven Sportunterrichts abzielen.

  3. 3.

    Die Arbeit mit konkreten Situationen aus einem inklusiven Sportunterricht wird bisher zwar gefordert (Friedrich et al., 2017, S. 22), aber noch nicht im Rahmen von Lehrformaten systematisch umgesetzt. Eine solche Fallarbeit wäre geeignet, um die Komplexität eines inklusiven Sportunterrichts besser abzubilden und die Herausbildung situationsspezifischer Fähigkeiten zu fördern. Daher sollten zukünftig Lehrformate entwickelt werden, in deren Rahmen sich die Studierenden systematisch mit Typen von Anforderungssituationen eines inklusiven Sportunterrichts auseinandersetzen.

  4. 4.

    Informationen zur Wirksamkeit und zu den ablaufenden Prozessen sind jedoch unverzichtbar, weshalb der Evaluation von Lehrformaten zukünftig eine höhere Bedeutung zugemessen werden sollte. Da bisher lediglich für den Bereich der Disposition (mit Schwerpunkt im Bereich der Einstellungen) Evaluationsinstrumente zur Messung der Wirksamkeit vorliegen, müssen geeignete Testverfahren entwickelt werden, die eine Verbesserung der situationsspezifischen Fähigkeiten messen können und nicht ausschließlich auf einer Selbsteinschätzung der (angehenden) Sportlehrkräfte beruhen.

Ein Überblick der Analyseergebnisse findet sich in Tab. 7.

Tab. 7 Ergebnisse der analysierten Lehrformate im Überblick