Zusammenfassung
Die sogenannte „Heimkampagne“, die ihren Anfang 1969 im hessischen Biedenkopf nahm, war der Anstoß für eine breite öffentliche Diskussion über die teilweise desolaten Zustände in den bundesdeutschen Heimen. Der vorliegende Artikel setzt sich mit den Reformempfehlungen des hessischen Beirats für Heimerziehung auseinander, in dem die Mitglieder – veranlasst durch die studentischen Protestaktionen – die fachlichen und strukturellen Bedingungen der hessischen Heime analysierten und sich für umfassende Reformen aussprachen. Der Bericht steht beispielhaft für den Beginn einer langwierigen Neugestaltung der Heimerziehung, die sich spätestens seit Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes auf das gesamte Feld der Hilfen zur Erziehung auswirkte.
Abstract
The “Heimkampagne” in West Germany, which began in 1969 in Biedenkopf, Hesse, was the impetus for a broad public discussion about desolate conditions in the West German residential homes. The present article deals with the reform recommendations of the Hessian council for residential care, in which the members—initiated by the student movement—analysed the technical and structural conditions of the Hessian Homes and asked for a general reform. The report exemplifies the beginning of a drown-out restructuring of stationary care, which had an effect to the entire field of youth welfare.
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Bastian, P. Kampagne und Reform – Ein Kommentar zu den „Empfehlungen des Beirats für Heimerziehung zur Reform der Heimerziehung in Hessen“ von 1972. Soz Passagen 3, 269–275 (2011). https://doi.org/10.1007/s12592-011-0082-y
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