1 1 Ziel und Hintergrund

Es wird mittlerweile nicht mehr darüber gestritten, ob ein Klimawandel eingetreten ist. Vielmehr geht es darum, seine Ausprägung und seine ökologischen Konsequenzen räumlich differenziert zu bestimmen, um regionalisierte Anpassungsstrategien zu entwickeln. Die räumliche Differenzierung der ökologischen Folgen des Klimawandels kann nicht für komplexe Ökosystemprozesse erfolgen, sondern muss schutzgutspezifisch anhand von aussagekräftigen Indikatoren erfolgen. Deren Aussagekraft sollte durch ökologische Grundlagenforschung untermauert sein, und sie sollten möglichst flächendeckend quantifiziert werden können. Für die acht Schutzkategorien Atmosphäre, Kryosphäre, marine, terrestrische und limnische Ökosysteme, Landwirtschaft, Wirtschaft sowie menschliche Gesundheit wurden 22 Indikatoren identifiziert (EEA 2004). Die Klimawandelindikatoren für terrestrische Ökosysteme sind: Avifauna, Kohlenstoffspeicherung sowie Zusammensetzung, Arealentwicklung und Phänologie von Pflanzen. Unberücksichtigt bleibt dabei der Stoffhaushalt der Böden, obwohl diese das regulatorische Hauptkompartiment terrestrischer Ökosysteme und damit neben dem Standortklima die zweite essenzielle Randbedingung der Primärproduktion sind (Fränzle et al. 1993). Dieser Erkenntnis entsprach die Verknüpfung von bio- und geowissenschaftlichen Forschungsansätzen in der Ökosystemforschung, deren programmatische Grundlegung eng mit Ellenberg et al. (1978) verknüpft ist. In dem Projekt „Ökosystemforschung im Bereich der Bornhöveder Seenkette“ war die Erfassung von Wasser- und Stoffflüssen in und zwischen Ökosystemen ein Arbeitsschwerpunkt (Fränzle 1998). Ein umfangreiches Messprogramm lieferte Daten zur Bilanzierung der N-Einträge in die einzelnen Systemkompartimente sowie zur Quantifizierung der für den Haushalt wichtigen Transport- und Transformationsprozesse. Diese Untersuchungen wurden in terrestrischen (Acker, Grünland, Wälder), semiterrestrischen (Feuchtgrünland, Erlenbruch, Niedermoorgebiete) und in limnischen Ökosystemen durchgeführt. Ziel war es u. a., auf mehreren räumlichen Ebenen (lokal, regional) ökosystemare Prozesse zu erfassen und deren Beeinflussung durch Menschen abzuschätzen. Die mittel- und langfristige Wirkung von anthropogen bedingten Stoffeinträgen in Ökosysteme unterschiedlicher Empfindlichkeit war hierbei ein wichtiger Aspekt. Da nicht alle relevanten Prozesse durch Messungen erfasst werden konnten oder der Messaufwand für manche ökosystemaren Prozesse zu hoch und zu kostenträchtig ist, stellte die Entwicklung und Anwendung von Simulationsmodellen wie Wasmod einen wichtigen Teilbereich der Arbeiten dar (Fränzle et al. 2008). Ausreichend validierte Modelle bieten die Möglichkeit, Prozesse zeitlich und räumlich zu extrapolieren (Matthies et al. 2006). Mit dem Modellsystem WASMOD (Reiche 1991) lässt sich die Wasser- und Stoffdynamik für einzelne Bodenprofile, für Ackerflächen und für Wassereinzugsgebiete berechnen. In Abhängigkeit von den jeweiligen Merkmalsausprägungen von Vegetation, Relief und Böden sowie agrarwirtschaftlicher Nutzung erfolgt die Prozessquantifizierung räumlich hierarchisiert für die Vegetationsdecke, die Bodenoberfläche, den durchwurzelten Boden sowie die wasserungesättigte und -gesättigte Zone. Vertikale und laterale Transportprozesse werden pro Zeitschritt nacheinander simuliert. Besonders berücksichtigt werden die von Mikroorganismen gesteuerten Umsetzungsprozesse und ihre spezifischen Wechselbeziehungen zum Kohlenstoff- und N-Haushalt.

Ziel dieser Untersuchung im Auftrag des Landesamtes für Natur und Umwelt Schleswig-Holstein war die Simulation folgender Teilprozesse in ausgewählten Böden Schleswig-Holsteins und an ihrer Oberfläche unter heutigem und vorausgesagtem Klima: Wasserdynamik (mit Interzeption, Evapotranspiration, Infiltration), Dränabfluss, Grundwasserabfluss und Grundwasserflurabstand, vertikaler Transport gelöster Stoffe (mit Aufnahme durch Pflanzenwurzeln), Ad- und Desorptionsdynamik von Stoffen, vertikaler Wärmetransport, Kohlenstoffumsetzung (Humifizierung, Mineralisation mit Quantifizierung der CO2-Freisetzung), mikrobiell gesteuerte N-Umsetzung (Ammonifizierung, Nitrifizierung, Denitrifikation, Immobilisierung), gasförmige NH4-N-Verluste, lateraler Transport gelöster Stoffe durch die wassergesättigte Zone, Transport gelöster Stoffe mit dem Dränwasser, langfristige Veränderungen der Wasserleitfähigkeit und des Wasserhaltevermögens in Abhängigkeit von der Humusdynamik sowie Quantifizierung der N- und C-Akkumulation unterschiedlicher Pflanzenkompartimente.

2 2 Material und Methoden

2.1 2.1 Modellstruktur WASMOD

Fink und Kralisch (2005), Kralisch et al. (2003, 2005), Müller et al. (2006) sowie Rinker (2001) beschreiben den Aufbau, die Funktionen und die Validierung des Simulationsmodells Wasmod. Das Hauptprogramm regelt die Ein- und Ausgabe sowie die Prozesssteuerung. Die Prozesse werden entsprechend ihrem Raum- und Zeitbezug in spezifischen Zeitintervallen aufgerufen. Beispielsweise werden die sich langfristig verändernden Merkmale wie die pF- und kf-Funktionen nur jährlich modifiziert. Hingegen werden schnell ablaufende Prozesse wie die Bodenwasserbewegung im Minuten- bzw. Stundenrhythmus für die vier Ökosystem-Kompartimente Pflanzen, Boden, Grundwasser und Vorfluter berechnet.

2.2 2.2 Daten

Für die Berechnungen wurden betriebswirtschaftliche und betriebsübergreifende Daten zur Agrarstruktur, zur Bodennutzung, zur Ernte, zum ökologischen Landbau (LWK-SH 2001a–c; MLLT 2002; StA-HH-SH 2004a–d, 2005a–c), zu Düngerichtwerten (LWK-SH 2003) und langjährige Datensätze der DWD-Klimastationen Erfde und Lensahn mit Tageswerten zu Minimum und Maximum der Lufttemperatur, der Niederschlagsmenge und der Luftfeuchtigkeit zwischen dem 1. Januar 1975 und dem 31. Dezember 2004 verwendet. Die Modellierungen des N- und des P-Haushalts erfolgten zudem für den Referenzzeitraum (1971–2000) und die Remo-Szenarien A1B und B1 des IPCC (2001) für die Jahre 2071–2100. das A1B-Szenario geht von starkem wirtschaftlichen Wachstum und intensiver Nutzung fossiler und nicht-fossiler Brennstoffe aus. Das Szenario B1 unterstellt Dienstleistungsgesellschaften mit nachhaltiger Ressourcennutzung.

Aus rund 500.000 Datensätzen der Reichsbodenschätzung wurden nach häufigkeitsstatistischen und bodenhydrologischen Kriterien 3.300 relevante Bodenartenkombinationen identifiziert. Die Zuordnung von pH-Wertstufen zu den Bodenarten erfolgte in Anlehnung an die anzustrebenden pH-Zielwerte (LWK-SH 2003). Die Informationen zur Landnutzung entstammen den Agrarstatistiken. In Expertengesprächen wurden typische Fruchtfolgen naturräumlich und substratspezifisch differenziert. Für die Grünlandnutzung wurden Schnitt, Weide und Mähweidenutzung verschiedener Intensitäten ebenfalls substratspezifisch bestimmt, wobei den Nutzungshäufigkeiten die entsprechende Düngung in kg N/ha zugeordnet wurde. Die absoluten Zahlen orientieren sich dabei nach LWK-SH (2003). Für die Düngung der Ackerkulturen wurden ebenfalls die Empfehlungen von LWK-SH (2003) angewendet. Dabei wird aus den Standorteigenschaften das mögliche Ertragsniveau bestimmt, dem zu den Kardinalpunkten der Pflanzenentwicklung (Vegetationsbeginn, Schossen, Spätdüngung zum Ährenschieben) N-Gaben zugeordnet werden. Die Phaseneintrittstermine errechnet WASMOD anhand der Kulturpflanzen-Phänologie und dem Witterungsverlauf. Bei der Modellierung der P-Düngung konnte im Gegensatz zu N nicht auf Ergebnisse von Bodenuntersuchungen zurückgegriffen werden, da diese nicht veröffentlicht werden. Daher wurde angenommen, dass für die modellierten Szenarien eine mittlere Gehaltsklasse mit guter Verfügbarkeit entsprechend der Versorgungsstufe C vorlag und erhalten werden sollte. Aus Bodenart, Fruchtfolge und den Annahmen zur Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung wurden Ertragsstufen bestimmt. Für jeweils vier Ertragserwartungsstufen der häufigsten Fruchtarten wurde je nach Versorgungsstufe der Nährstoffbedarf gemäß MLLT (2002) und StA-HHSH (2004a–d, 2005a–c) zugeordnet. Den Hauptbodenarten Sand, Sand über Lehm, sandiger Lehm und Lehm wurden Ertragserwartungen zugewiesen, in denen sich das Ertragspotenzial der Standorte widerspiegelte. Den Sandböden wurden hierbei die geringsten und den sandigen Lehmen die höchsten Ertragserwartungen zugesprochen. Die P-Düngung des Gründlands wird nach der gleichen Vorgehensweise berechnet. Zusätzlich wurde zwischen Weiden und Wiesennutzung und Nutzungsintensität unterschieden. Aus der räumlichen Verknüpfung der oben zusammenfassend beschriebenen Merkmale ergeben sich 325 häufigkeitsstatistisch relevante Kombinationen, zu denen Eingabedateien für die Berechnungen mit Wasmod angelegt wurden (Abschn. 2.3).

2.3 2.3 Berechnungen

Die Daten (Abschn. 2.1) wurden für die Berechnungen des N- und des P-Haushaltes entsprechend der Modellstruktur in mehreren Eingabedateien abgelegt. Diese werden im ASCII-Format für einen Simulationslauf eingelesen, die Ergebnisse gehen in demselben Format als Input in den nächsten Berechnungsgang. Die Bodendatei beinhaltet in 15 Tiefenstufen differenzierte bodenphysikalische und bodenchemische Kennwerte sowie standortabhängige Angaben wie u. a. Flächengröße, Nutzungsvariante, Abstand zum Vorfluter und Hangneigung. Am Ende einer Simulationsperiode wird die Bodendatei von WASMOD neu geschrieben. Dabei werden u. a. die aktuelle Bodenfeuchte, der Corg-Gehalt und der Grundwasserstand in der Datei mit den simulierten Werten gespeichert. Die CN-Datei enthält für jede der 15 Tiefenstufen der Böden Anfangswerte für unterschiedliche N-Formen. Die P-Datei enthält für jede der 15 Tiefenstufen der Böden Anfangswerte für unterschiedliche P-Fraktionen.

Die Kennzeichnung der Phänologie der Kulturarten erfolgt über die Durchwurzelungstiefe, den HAUDE-Faktor und den Blattflächenindex. Die Durchwurzelungstiefe bestimmt, aus welchen Tiefenstufen der Böden der Wasserentzug entsprechend der Transpirationsrate sowie die N-Aufnahme erfolgen. Bei einer angegebenen Wurzeltiefe von ≤ 5 cm findet keine N-Aufnahme statt. Der HAUDE-Faktor wird benötigt, um auf der Grundlage des Sättigungsdefizits der bodennahen Luftschicht eine vegetationsspezifische potenzielle Evapotranspirationsrate abzuschätzen. Die Angaben zum Blattflächenindex (LAI) werden für die Berechnung des Interzeptionsverlustes benötigt und dienen als Hilfsgröße bei der Abschätzung des Energieeintrages durch direkte Strahlung. Weiterhin enthalten die Phänologiedateien Angaben zum Nährstoffeintrag durch Düngung, zur pflanzenspezifischen Aufnahmekapazität und zu einzelnen landwirtschaftlichen Bearbeitungsmaßnahmen. WASMOD berücksichtigt neben dem in der Phänologiedatei angegebenen N-Eintrag einen zusätzlichen atmosphärischen Eintrag von 20 kg N/ha.

Die Klimadatei enthält tagesbezogene Angaben zur Minimum- und Maximumtemperatur, zum Niederschlag und zum Sättigungsdefizit (Haude) oder alternativ zur Globalstrahlung (Turc-Wendling) der DWD-Stationen Erfde und Lensahn zwischen 1975 und 2004. Die Klimadaten der REMO-Referenz und -Szenarien (A1B und B1) wurden von der CERA-Datenbank heruntergeladen. Für die Jahresbilanzen wurden vier Modellläufe mit Klimadaten der DWD-Stationen Erfte und Lensahn und sechs Modellläufe mit Klimaszenarien ausgewertet:

  1. 1.

    Klimastation Erfde (1975–2004) Simulation ohne Drainagen,

  2. 2.

    dto. mit Drainagen,

  3. 3.

    Klimastation Lensahn (1975–2004) Simulation ohne Drainagen,

  4. 4.

    dto. mit Drainagen,

  5. 5.

    Klimaszenario Referenz (1971–2000) Simulation ohne Drainagen,

  6. 6.

    dto. mit Drainagen,

  7. 7.

    Klimaszenario A1B (2071–2100) Simulation ohne Drainagen,

  8. 8.

    dto. mit Drainagen,

  9. 9.

    Klimaszenario B1 (2071–2100) Simulation ohne Drainagen,

  10. 10.

    dto. mit Drainagen.

3 3 Ergebnisse

Die Sickerwassermenge ist im Szenario B1 im Vergleich zum Referenzzeitraum sehr hoch, da auch mehr Niederschläge fallen. A1B weist dagegen ähnliche Resultate wie das Referenzszenario auf. Die höhere Verdunstungsrate kompensiert den Niederschlagszuwachs (Tabelle 1).

Tabelle 1 Wasserhaushaltsbilanzen

Die höheren mittleren Niederschläge in Erfde führen zu größeren N-Austrägen (NO3-N) mit dem Sickerwasser (Tabelle 2). Mittelt man die Berechnungsergebnisse für Acker- und Grünland, ergeben sich N-Einträge von 157,5 kg NO3-N/ha für die Station Erfde und Verluste von 73,5 kg NO3-N/ha. Für Lensahn betragen die Austräge bei 64 kg NO3-N/ha. Im Schnitt liegen die N-Einträge auf ackerbaulich genutzten Standorten mit 188 kg/ha um 61 kg N/ha über den Einträgen auf Grünlandstandorten. Dementsprechend sind die N-Verluste auf Ackerstandorten höher als bei Grünlandnutzungen. Ähnliches gilt für das Referenzszenario. Für B1 sind steigende N-Austräge berechnet worden, insbesondere für die Ackerstandorte. Dagegen simuliert WASMOD für das Szenario A1B keine großen Unterschiede im Stoffaustrag gegenüber dem Referenzszenario.

Tabelle 2 N-Ein- und -Austräge

Bei den P-Austrägen zeigt sich ein ähnliches Bild wie bei den N-Austrägen (Tabelle 3): Unter Grünlandnutzung wird wesentlich weniger P über Düngung eingetragen und ausgewaschen. B1 weist wie bei den N-Austrägen die höchsten P-Verluste auf. A1B ist wiederum dem Referenzlauf sehr ähnlich.

Tabelle 3 P-Ein- und -Austräge

Unter Getreidekulturen treten mit 98 kg NO3-N/ha und Jahr (Erfde) bzw. 89 kg NO3-N/ha und Jahr (Lensahn) die höchsten N-Austräge auf (Tabelle 4). Auf den ohne Düngung genutzten Grünlandstandorten sind die geringsten N-Austräge zu erwarten. Mit 122 kg NO3-N/ha und Jahr haben intensiv genutzte Weiden die höchsten Austräge. Die N-Austräge unter Acker steigen im Klimaszenario B1 stark an. Die höchsten Austräge mit 136 kg N/ha wurden für intensiv genutzte Weidestandorte berechnet.

Tabelle 4 N-Ein- und -Austräge bei verschiedenen Nutzungen

Unter Acker- und Grünlandnutzung wird in Erfde mehr P ausgetragen als in Lensahn (Tabelle 5). Die Ergebnisse des Referenzszenarios liegen in vergleichbarer Höhe des Klimastandorts Erfde. Für B1 wurden die höchsten Austräge berechnet. A1B weist geringere Austräge als der Referenzzeitraum auf.

Tabelle 5 P-Ein- und -Austräge bei verschiedenen Nutzungen

Die sandigen Standorte (Sand, Sand über Lehm und lehmiger Sand) weisen im Vergleich zu den lehmigen Standorten (sandiger Lehm und Lehm im östlichen Hügelland) und Lehm (Marsch) geringere N-Einträge auf (Tabelle 6). Dementsprechend sind auch die absoluten Werte des N-Austrags niedriger. Die N-Austräge der sandigen Standorte sind jedoch im Mittel des Verhältnisses Einträge/Austräge höher als bei lehmigen Standorten, da durch die höhere Wasserleitfähigkeit der sandigen Bodenarten mehr Wasser versickert. Die Werte der N-Austräge in Lensahn sind wegen der hier um 130 mm niedrigeren mittleren Niederschlagssumme und des damit verbundenen geringeren Sickerwasserverlustes niedriger als in Erfde. Die geringsten N-Verluste mit 22 kg NO3-N/ha werden für Hochmoor unter Grünlandnutzung berechnet (Klimastation Lensahn). Mit 97 kg NO3-N/ha werden die höchsten Austräge für Lehm unter Ackernutzung prognostiziert. Die Resultate des Referenzszenarios sind mit denen der Klimastation Erfde vergleichbar. B1 zeigt deutlich höhere Austräge, mit Ausnahme der Niedermoor- und Hochmoorstandorte, bei denen die Zunahme der Austräge weniger stark ausgeprägt ist. Die Werte für A1B (Spalte 8 in Tabelle 6) sind den für den Referenzzeitraum (Spalte 6 Tabelle 6) sehr ähnlich.

Tabelle 6 Nach Bodenarten differenzierte N-Ein- und -Austräge mit dem Sickerwasser

Für Erfde werden im Vergleich zu Lensahn durchweg höhere P-Austräge berechnet (Tabelle 7). Das Referenzszenario weist nur bei den Lehmstandorten höhere P-Austräge im Vergleich zum Standort Erfde auf. Auf den sandigeren Standorten wird weniger P-Austrag simuliert als im Standort Lensahn. Dies kann damit begründet werden, dass im Referenzszenario im Durchschnitt der Jahre in den vegetationslosen und damit austragssensiblen Wintermonaten weniger Niederschlag berechnet wird als im Klimastandort Erfde. B1 weist durchgängig für alle Bodenarten die höchsten P-Austräge im Sickerwasser auf. Die Resultate für A1B sind mit den Ergebnissen des Referenzszenarios vergleichbar. Ausnahme sind die Sandstandorte, die höhere P-Austräge aufweisen. Die Zunahme der Niederschläge in den Wintermonaten führt zu diesem Ergebnis. Anders als bei lehmigeren Standorten versickert das Bodenwasser kaum rasch in größere Tiefe.

Tabelle 7 Nach Bodenarten differenzierte P-Ein- und -Austräge mit dem Sickerwasser

Die N-Einträge und -austräge der sandigen Standorte (Sand, Sand über Lehm und lehmiger Sand) weisen die höchsten N-Verluste mit dem Sickerwasser bei einem Flurabstand von 0,5 m auf (Tabelle 8). Die verminderte Pflanzenaufnahme führt bei niedrigen Grundwasserflurabständen zu erhöhten Austrägen. Anders als bei lehmigeren Standorten bei gleichem Flurabstand wird N weniger durch Denitrifikation emittiert. Bei Sand über Lehm und lehmigem Sand sind die Austräge in den Flurabstandsstufen nahezu gleich. Denn bei Trockenheit wird gespeichertes Bodenwasser aus tieferen Bodenschichten nachgeliefert, das Niederschlagswasser kann gut gespeichert werden, und eine gute Durchlüftung verhindert Staunässe. Die lehmigen Standorte zeigen höhere N-Austräge im Sickerwasser bei größeren Grundwasserflurabständen. Bodenarten mit niedrigen kF-Werten behindern bei Trockenheit eine schnelle Nachlieferung von Wasser aus tieferen Bodenschichten und reduzieren die N-Aufnahme der Pflanzen. Gleichzeitig behindert die N-Aufnahme durch die Pflanzen. Die Denitrifikationsrate der lehmigen Standorte beträgt bei Flurabständen zwischen 0,25 m und 0,5 m über 60 kg N/ha. Die N-Gesamtverluste sind auf lehmigen Standorten geringen Flurabstandes höher als bei größerem Flurabstand. Im B1-Szenario werden die höchsten Austräge durchgängig für alle Grundwasserflurabstandsstufen berechnet.

Tabelle 8 N-Ein- und -Austräge bei verschiedenen Grundwasserflurabständen

Die P-Austräge sind höher, wenn der Grundwasserflurabstand gering, d. h. der Grundwasserstand hoch ist (Tabelle 9). Das Szenario B1 weist auch hier die höchsten Austräge auf.

Tabelle 9 P-Einträge und -Austräge bei verschiedenen Grundwasserflurabständen

Die Ammonium-Auswaschung unterhalb der Pflanzenwurzelzone spielt bei der Betrachtung der Gesamt-N-Austräge mit dem Sickerwasser eine untergeordnete Rolle (Tabelle 10). Das Ammonium-Ion wird an den Austauschern des Bodens sorbiert oder aber von der Pflanze aufgenommen. Die Ammonium-Austräge im Sickerwasser sind bei der in WASMOD eingestellten Bilanzierungstiefe von 1 m mit max. ca. 9 g/ha (Hochmoorstandorte) im Vergleich zu den frei beweglichen NO3-N-Austrägen gering.

Tabelle 10 P-Einträge und -Austräge bei verschiedenen Grundwasserflurabständen

Bei der mikrobiellen Denitrifikation wird unter anaeroben Bedingungen Nitrat oder Nitrit zu nitrosen Gasen reduziert. Schlecht belüftete Böden fördern somit die Denitrifikation. Die Denitrifikation und die Ausgasung bilden die Summe der gasförmigen N-Verluste der Landschaft. Die gasförmigen N-Verluste weisen auf den sandigen Standorten erwartungsgemäß kaum Denitrifikationsverluste auf (Tabelle 11). Bei den lehmigen Standorten können die Denitrifikationsverluste auf 41 kg N/ha im Jahr ansteigen. Diese schlecht belüfteten Böden begünstigen insbesondere bei niedrigen Grundwasserflurabständen die Umwandlung des Nitrats oder Nitrits zu nitrosen Gasen. In den Klimaszenarien B1 und A1B sind die höchsten Denitrifikationsverluste zu verzeichnen.

Tabelle 11 N-Einträge und Denitrifikation bei Grünlandnutzung

Die Mineralisierung ist von großer Bedeutung für die Freisetzung von Haupt- und Spurennährstoffen beim Um- und Abbau in und auf dem Boden befindlicher organischer Stoffe. Die Mineralisation steigt mit dem Humusgehalt des Bodens und dem Wechsel von feuchten und trockeneren Phasen. Im Mittel aller berechneten 325 Merkmalskombinationen beträgt die Mineralisation 81 kg N/ha und Jahr. Bei dem Niedermoorstandort beträgt die Mineralisation mindestens 152 kg N/ha und Jahr (Klimastation Erfde). Der hohe Humusgehalt beeinflusst an diesen Standorten die Mineralisation beträchtlich. Mit höherem Grundwasserstand steigt die Mineralisationsrate bis auf durchschnittlich 215 kg N/ha im Jahr (Lensahn), da feuchte und trockenere Perioden sich öfter über größere Bodenschichten abwechseln. Die höchsten Mineralisationsraten sind im Szenario A1B zu erwarten. Der hohe Temperaturanstieg bei gleichzeitiger Trockenheit im Sommer führt zu diesem Ergebnis. Das Szenario B1 weist zwar im Vergleich zum Referenzszenario ebenfalls erhöhte Temperaturen auf, jedoch sind aufgrund der hohen Niederschläge weniger Trockenperioden zu verzeichnen, sodass eine Abnahme der Mineralisationsleitung auf diesen Standorten berechnet wurde.

4 4 Diskussion

Sowohl die absolute Temperaturerhöhung als auch die Zunahme der Temperaturvariabilität sowie die Verschiebung der Niederschlagsverteilung und damit verknüpft häufigere Hochwasserereignisse werden nicht ohne Folgen für die Funktionsweise von terrestrischen Ökosystemen bleiben. Deutliche Veränderungen der Pflanzenphänologie im Zusammenhang mit Klimaveränderungen wurden nachgewiesen. Die Veränderung der Pflanzenphänologie beeinflusst den Wasser- und Stofffluss an den Grenzflächen der Pflanzen zur Atmosphäre und zum Boden. Darüber hinaus hat eine Veränderung der Phänologie von Nutzpflanzen agrarökonomische Bedeutung (z. B. Anbauzeiten, Sortenwahl, Bewirtschaftung, Absatz).

Neben dem Anstieg der Durchschnittswerte von Temperatur und Niederschlag wird sich voraussichtlich vor allem auch die raumzeitliche Variabilität dieser beiden Klimaelemente ändern. Dies hat voraussichtlich weitreichende Auswirkungen auf den Wasser- und Nährstoffhaushalt und damit direkt oder indirekt auf terrestrische und aquatische Ökosysteme und die Landnutzung, vor allem durch Land- und Forstwirtschaft (Meiwes et al. 2007). Zusätzlich können der demografische Wandel, Änderungen der Landbewirtschaftung aufgrund sich wandelnder agrarökonomischer Rahmenbedingungen sowie steigender Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr die Wasser- und Stoffflüsse regional beeinflussen. Das kleinräumige Muster der Landnutzung und deren Änderung überlagern dabei die möglichen regionalen Auswirkungen des Klimawandels und können Effekte wie Abfluss und Nährstoffaustrag von Böden in die Fließgewässer verstärken oder mindern. Für eine verlässliche Prognose zukünftiger regionaler Entwicklungen des Wasser- und Nährstoffhaushaltes müssen folglich Auswirkungen der Klimaänderungen und die Effekte gleichzeitigen Landnutzungswandels kombiniert betrachtet werden.

Für Waldökosysteme ist zu erwarten, dass aufgrund von erhöhter Interzeption und Transpiration bei verminderten Niederschlägen während der Vegetationszeit Trockenstress vermehrt auftreten wird (Bréda et al. 2006). Dies erhöht die Disposition der Waldbestände für die Beeinträchtigung durch biotische Schädlinge (Bolte und Ibisch 2007). Für die Bewirtschaftung hat dies zu Folge, dass bisherige Anbauempfehlungen für Baumarten überprüft werden müssen. Beispielsweise ist eine deutliche Verkleinerung des Anbauareals der Fichte zu erwarten (Paar et al. 2005; Kölling et al. 2007).

Bislang weitgehend unberücksichtigt bei der Klimafolgenforschung bleibt der Stoffhaushalt der Böden, obwohl diese als regulatorisches Hauptkompartiment terrestrischer Ökosysteme neben dem Standortklima die zweite essenzielle Randbedingung der Primärproduktion sind. Für Waldböden ist durch Änderungen des Temperatur- und des Feuchteregimes mit Änderungen der Humusdynamik auszugehen, die weit reichende Folgen insbesondere für den Stickstoff- und Säurehaushalt aufgrund starker Kopplungen mit den Umsätzen organischer Substanz erwarten lassen (Puhe und Ulrich 2001).

Die Ergebnisse dieser Arbeit können nicht anhand von Befunden vergleichbarer Untersuchungen diskutiert werden, denn solche gibt es bislang nicht. Die Befunde dieser pilothaften Berechnungen weisen zum einen darauf hin, dass der Klimawandel den Stoff- und Wasserhaushalt sowie die Stoffflüsse zwischen den Böden und der Atmosphäre sowie dem Grundwasser verändern wird. Die gefundenen Ergebnisse sind plausibel und entsprechen den Erwartungen. Mit Blick auf die Frage nach Anpassungen an den Klimawandel deuten die Simulationsergebnisse an, dass die Art der Landnutzung in einem durch die Bodenverhältnisse mit beeinflussten Rahmen Möglichkeiten zur Anpassung bietet. Dies ist insbesondere mit Blick auf die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie bedeutsam.

Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich erstaunlich, dass die Modellierung von Prozessen im Boden in der Klimafolgenforschung bislang allenfalls eine Nebenrolle spielte. Schließlich sind Böden die regulatorischen Hauptkompartimente terrestrischer Ökosysteme, die mit der Atmosphäre und der Hydrosphäre in engen stofflichen und energetischen Wechselbeziehungen stehen. Simulationsmodelle sind in der Meteorologie weit entwickelt und im Wesentlichen anerkannt, in der Ökologie werden Modelle kontroverser diskutiert. Dabei wird bisweilen übersehen, dass sie in Kombination mit GIS räumlich konkretisierte Prognosen und Technologien (Was muss getan werden, um einen angestrebten Systemzustand zu ermöglichen?) liefern können (Schröder und Daschkeit 2003). Das in dieser Arbeit verwendete Modellsystem Wasmod wurde für sehr unterschiedlich ausgeprägte Boden-, Klima- und Nutzungsverhältnisse auf mehreren räumlichen Ebenen (Bodenprofil, Acker, Wassereinzugsgebiet) an Messdaten validiert. Eine besondere Bedeutung kam dabei dem Einfluss von Bewirtschaftungsmaßnahmen auf den Stoffaustrag aus Böden zu. Ausführliche Diskussionen und umfangreiche Literatur über weitere WASMOD-Anwendungen sind den Arbeiten von Fink und Kralisch (2005), Haluszczak et al. (1991), Kralisch et al. (2003, 2005), Müller et al. (2006) und Rinker (2001) zu entnehmen. Die in der vorliegenden Arbeit mit WASMOD berechneten der N- und P-Austräge bei steigenden Lufttemperaturen sind räumliche und zeitliche Prognosen. Vorhersagen sind Erweiterungen von räumlich und zeitlich punktuellen Stichproben auf andere Raum- und Zeitpunkte, also von Stichproben auf Grundgesamtheiten, deren verkleinertes Abbild die Stichproben sein sollen. Räumliche Generalisierung ist die Verallgemeinerung von Messungen an ausgewählten Orten auf solche ohne Messungen. Bei der zeitlichen Generalisierung werden Stichprobenereignisse eines status quo auf einen status post (Prognose) oder einen status ante (Epignose) bezogen. Die empirische Validität zeitlicher Prognosen wie die in dieser Arbeit kann erst dann geprüft werden, wenn der prognostizierte Zeitpunkt erreicht ist, also ex post. Die solcherart bestimmte Prognosequalität von WASMOD ist ausreichend (Fink und Kralisch 2005; Haluszczak et al. 1991; Kralisch et al. 2003, 2005; Müller et al. 2006; Rinker 2001).

5 5 Schlussfolgerungen

Die Berechnungen zeigen, dass die sich großräumig veränderten Energieflüsse auf die räumliche und zeitliche Struktur sowie die Amplituden der Ausprägung atmosphärischer Merkmale auswirken. Dies zeigt sich besonders deutlich an den Lufttemperaturen und den Niederschlägen. Diese beiden Klimaelemente sind entscheidende Regelgrößen für die Stoffhaushalte von Böden terrestrischer Ökosysteme. Die Folgen ihrer empirisch belegten und ihrer prognostizierten Veränderung können für den N- und P-Austrag aus Böden Schleswig-Holsteins mit dem Modellsystem WASMOD berechnet werden. Wegen der umfassenden Validierung von WASMOD in der Ökosystemforschung, in Fallstudien sowie im Umwelt-Monitoring kann davon ausgegangen werden, dass der Wasser- und Stoffhaushalt der Böden zuverlässig modelliert wird. Grundlagenforschung in Form der Ökosystemforschung erweist sich insofern als lohnend, als man dadurch jetzt in der Lage ist, validierte Modelle wie Wasmod für Prognosen des Stoffhaushalts in Böden unter veränderten Klimabedingungen berechnen zu können. WASMOD könnte auch einen Beitrag für die im Zusammenhang mit dem Klimawandel relevante Prognose des Risikos der Ausbreitung von Krankheiten liefern, deren Überträger sich im warm-feuchten Milieu ausbreiten (Maier et al. 2003; Takken et al. 2005; WHO 2004). Hierbei ist die Bodenfeuchte bedeutsam, die anhand der Daten der Reichsbodenschätzung mit WASMOD kleinräumig differenziert berechnet werden kann.

6 6 Empfehlungen und Ausblick

Grundlagenforschung im Schnittfeld von Ökologie und Umweltmedizin wäre die beste Vorbereitung auf Umweltkrisen und sollte fortentwickelt werden (Markert et al. 2008; Rüdel et al. 2007). Hierbei muss jedoch streng darauf geachtet werden, dass von vornherein ein stringentes statistisches Design entworfen und realisiert wird. Die Steigerung der umweltwissenschaftlichen Prognosefähigkeit setzt ferner voraus, dass einmal erarbeitetes Wissen in Form von Daten endlich professionell nach dem Vorbild des Bibliothekswesens professionell dokumentiert, archiviert und miteinander vernetzt wird (Bill 2005; Schröder et al. 2008).

Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Stoffhaushalt in Böden sollen mit WASMOD bundesweit regionalisiert und mit Befunden aus dem Bio-Monitoring (de Bryn et al. 2009; Schröder et al. 2008; Wappelhorst et al. 2000) verknüpft werden. Hierfür werden auf der Grundlage einer landschaftsökologischen Gliederung (Hornsmann et al. 2008; Schröder und Schmidt 2000) sowie anhand von Klimadaten und pflanzenphänologischen Daten des Deutschen Wetterdienstes und der internationalen phänologischen Gärten (Schröder et al. 2005) repräsentative Modellierungsräume ausgewählt und untersucht. Die Befunde sollten in einer WebGIS-Anwendung (Kleppin et al. 2008; Schmidt et al. 2009) umfassend dokumentiert und für die weitere Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin soll mit WASMOD der Wasserhaushalt an der Bodenoberfläche unter veränderten Klimabedingungen simuliert werden, was für eine prädiktive Kartierung des Risikos vektorassoziierter Krankheiten wesentlich ist (Schröder et al. 2007).