Soziale Medien (Social Media, SoMe) prägen inzwischen unseren Alltag und unser Verständnis von Erreichbarkeit, Beziehungen und Interaktion. Für die wissenschaftliche Kommunikation hat Social Media sowohl in der Kardiologie als auch in anderen Fachdisziplinen der Medizin zunehmend an Bedeutung gewonnen [19, 23, 27, 28, 33, 37, 41].

Während der herkömmliche wissenschaftliche Publikationsprozess weitestgehend standardisiert und extern qualitätskontrolliert ist und von der DFG wie auch den medizinischen Fachgesellschaften zahlreiche Codices zur korrekten Publikation von klinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen existieren, ist dies für Social Media bisher nicht etabliert.

Die direkte und offene Kommunikation nimmt in der Medizin – insbesondere im Rahmen der Arzt*-Patienten-Kommunikation, im interdisziplinären fachlichen Austausch und bei medizinischen Aufklärungskampagnen – einen besonderen Stellwert ein.

Die DGK sieht in der Digitalisierung großes Potenzial und möchte diesen Prozess strukturell und inhaltlich begleiten, z. B. über das eCardiology-Programm und wissenschaftlich aufbereitete Positionen und Empfehlungen [31]. Das vorliegende Positionspapier der DGK hat dementsprechend das Ziel, den Nutzen wie auch die Risiken sozialer Medien in der Kardiologie zu beschreiben, und setzt dabei den Fokus auf den professionellen Umgang mit diesen Medien.

Definition Social Media

Der Terminus „soziale Medien“ subsumiert eine Vielzahl verschiedener digitaler Plattformen. Während keine einheitliche Definition existiert, haben derartige Plattformen gemeinsam, dass sie die Verbreitung nutzergenerierter Inhalte ermöglichen und eine direkte, wenn auch digitale Interaktion zwischen Menschen erlauben [30].

Nutzer aus der Kardiologie haben in den vergangenen Jahren zunehmend das „Microblogging“ auf der Plattform X (vormals Twitter) verwendet [48]. Es finden sich sowohl edukative Beiträge oder Meinungen von Privatpersonen, als auch von nationalen und internationalen kardiologischen Fachgesellschaften. Renommierte kardiologische Fachjournale sind ebenso auf dieser Plattform vertreten. Letztere bieten teilweise – unter Umgehung der sonst geltenden Bezahlschranke – kostenfreien Zugang zu neu publizierten wissenschaftlichen Artikeln des Journals an [5]. Hierdurch kann die Sichtbarkeit und Zitation von wissenschaftlichen Artikeln erhöht werden [10, 24]. Diese Online-Sichtbarkeit von wissenschaftlichen Artikeln wird z. B. anhand des Altmetric Attention Scores erfasst, welcher die besondere Bedeutung dieser Verbreitungsform unterstreicht [22].

Soziale Medien haben auch dazu beigetragen, auf wichtige klinische Sachverhalte und Themen aufmerksam zu machen und in kurzer Zeit ein großes Fachpublikum zu erreichen wie mit der Etablierung sog. „hashtags“ wie #RadialFirst oder #DontDisTheHis [2, 29].

Neben X haben auch soziale Plattformen wie Facebook, Instagram und LinkedIn ihren Stellenwert in der medizinischen Kommunikation [23]. Vorsicht ist geboten beim fließenden Übergang sozialer Medien zum sog. „instant messaging“. Hierbei werden zu einem relevanten Anteil Patientendaten nicht anonymisiert dargestellt [13, 15].

Die kardiologische Fachwelt hat sich in den letzten Jahren stark auf die Plattform X fokussiert. Die zwischenzeitlich vollzogene Transformation von Twitter zu X und damit einhergehende Verunsicherung verdeutlicht, wie schnelllebig und flüchtig die digitale Welt geworden ist. Auch wenn das vorliegende Positionspapier auf X‑Aktivitäten fokussiert ist, gelten die grundsätzlichen Überlegungen zum Verhalten und Nutzen für den professionellen Gebrauch von sozialen Medien auch für andere Plattformen. Zukünftige Verschiebungen in den genutzten Plattformen entsprechen der natürlichen Evolution digitaler Umgebungen, mit denen die kardiologische Gesellschaft sich auseinandersetzen muss. Hier spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle wie etwa Verfügbarkeit, mediale Möglichkeiten oder Limitationen, Marktposition, gesellschaftliches Image oder Kosten bei der Nutzung.

Nutzen der professionellen Verwendung sozialer Medien in der Kardiologie

Mediziner geben an, sich in den sozialen Medien über aktuelle Publikationen zu informieren (66 %), sich darüber zu vernetzen (48,5 %), Berichte zu interessanten oder seltenen klinischen Fällen zu lesen (47,9 %) und Neuigkeiten über wissenschaftliche Projekte von Kollegen zu erfahren (46,9 %) [16]. Weitere Zwecke zur Nutzung sozialer Medien sind die Teilnahme an Webinaren oder „Online“-Sitzungen sowie die persönliche Weiterbildung und die Information über internationale Kongresse [16]. Der Großteil der Mediziner ist passiv auf den Plattformen vertreten, d. h. er wendet wenige Stunden pro Woche für ihre Nutzung auf und verfasst keine oder nur selten eigene Beiträge („posts“). Weniger als 10 % nutzen die Plattformen laut der Umfrage täglich über 3 h und verfassen mehr als 7 „posts“ pro Woche [16].

Evidenzbasierte Patientenversorgung ist auf den Erkenntnisgewinn durch Studien angewiesen. Bis zum Eingang in die allgemeine klinische Praxis entsteht eine Zeitverzögerung, die zwischen 17 und 20 Jahre beträgt [29]. Bahnbrechende Studienergebnisse erreichen auf Plattformen wie X oder LinkedIn innerhalb weniger Stunden bis Tage hingegen häufig mehrere Tausend Personen und werden von einem internationalen Publikum diskutiert. Die Bewertung von Inhalten auf sozialen Medien unterscheidet sich jedoch grundlegend vom etablierten Peer Review wissenschaftlicher Journale, da sich auf öffentlich zugänglichen Plattformen jeder Nutzer, unabhängig von seinem Arbeitsplatz und seiner Expertise, an der Diskussion beteiligen kann und Qualitätskriterien fehlen. Der Diskurs jenseits akademischer Strukturen bedeutet zwar zum einen Risiken wie Fehlinformation oder Informationsverlust, führt aber neben einer schnelleren Verbreitung von Wissen auch zum Informationsgewinn durch globale Vernetzung, die den unterschiedlichsten Stimmen Raum verleiht (Abb. 1; [1]).

Abb. 1
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Vor- und Nachteile in der Nutzung sozialer Medien in der Kardiologie. Rot: Probleme, grün: Vorteile. grau: Handlungsempfehlungen. (Erstellt mit BioRender.com)

Viele Wissenschaftler nutzen soziale Medien, um über eigene Wissenschaftsprojekte zu informieren und Publikationen zu teilen [3]. Randomisierte Studien haben gezeigt, dass die Bewerbung von wissenschaftlichen Artikeln durchschnittlich zu einer zusätzlichen Zitation führt [24, 34]. Gleichzeitig kommt es zum signifikanten Anstieg des Altmetric Attention Scores, der die „Online“-Aufmerksamkeit für Publikationen misst [4, 24, 34, 40, 47]. Ein hoher Score bedeutet die Verbreitung des Artikels in den sozialen Medien, jedoch nicht zwangsläufig eine tiefer gehende Beschäftigung der Nutzer mit den geteilten Inhalten. Eine Studie legt nahe, dass 50 % der in den sozialen Medien geteilten „Links“ zu wissenschaftlichen Publikationen gar nicht angeklickt werden, während 22 % der untersuchten „Verlinkungen“ 1 bis 2 Klicks erhielten. Nur 10 % der „Links“ wurden mehr als 10-mal besucht [11].

Ein weiterer wichtiger Nutzen sozialer Medien liegt in den Möglichkeiten zur Vernetzung von Medizinern (Abb. 1). Plattformen wie X und LinkedIn ermöglichen den Diskurs jenseits hierarchischer Strukturen und Berufsgruppen. Sie werden dabei zunehmend auch zur Mitarbeiterakquise genutzt. Insbesondere LinkedIn ist nicht nur darauf ausgelegt, professionelle Kontakte herzustellen oder bei der Suche nach passenden Stellenangeboten zu unterstützen, sondern wird darüber hinaus auch von Gesundheitsdienstleistern zu Werbezwecken genutzt.

Webinare und andere videobasierte Formate vermitteln Lehrinhalte in Vorlesungsform oder erläutern Untersuchungs- und Behandlungstechniken. Sie bleiben teilweise auf Abruf verfügbar („on demand“) und werden so zu einer wertvollen Ressource für Studierende sowie Ärzte in ihrer Weiter- und Fortbildung. Als weitere Modalität gewinnen Podcasts an Popularität, die über Plattformen wie Spotify, iTunes o. Ä. abgerufen werden können. Solche audiobasierten Formate werden zunehmend von medizinischen Fachzeitschriften, Verlagen, Pharmaunternehmen sowie Privatpersonen angeboten. Die Inhalte erstrecken sich von Diskussionen zwischen Experten, der Vorstellung und Einordnung neuer Studien bis hin zur Information über Karriere-relevante Themen.

Niederschwellig zugängliche Ausbildungsinhalte, Fallberichte und Feedbackmöglichkeiten tragen zur Verbreitung medizinischer Bildung bei und können mittelfristig möglicherweise zu einer Verbesserung der Patientenversorgung beitragen, erfordern jedoch den Umgang mit einem exponentiell und unübersichtlich wachsenden Angebot an Inhalten unterschiedlicher Qualität [36].

Eine Sonderstellung nehmen die sozialen Medien während der Fachkongresse ein [20, 45]. Sogenanntes „Live-Posting“ aus den Sitzungen ermöglicht die Echtzeitinformation des Publikums, das nicht vor Ort sein kann [14, 16, 20, 26, 32, 42]. Die Zusammenfassung von Dokumenten wie Leitlinien in „Tweetorials“ (s. unten) lässt die schnelle Erfassung von Modifikationen für den klinischen Alltag zu [28]. Die Komprimierung komplexer Sachveralte auf Kurznachrichten bedeutet jedoch grundsätzlich auch einen Informationsverlust [27]. Es kann zu einer zu oberflächlichen Interpretation von Studienergebnissen und Handlungsanweisungen durch den Leser kommen und zu Fehleinschätzungen und -behandlungen führen.

Die Einsatzmöglichkeiten sozialer Medien entwickeln sich kontinuierlich fort. So nutzen einzelne Gruppen Plattformen wie Facebook beispielsweise auch zur Rekrutierung von Studienteilnehmern [12, 38].

Der kritische und für jeden offene Diskurs in sozialen Medien bedeutet auch gleichzeitig eine zentrale Rolle für die Beachtung von Verhaltensregeln für eine respektvolle und angemessene Kommunikation (sog. „Netiquette“, s. Infobox 1). Eine Handreichung der Bundesärztekammer für Ärztinnen, Ärzte und Medizinstudierende fasst wichtige Aspekte zum Umgang mit sozialen Medien zusammen [6].

Infobox 1 „Netiquette“ für die professionelle Nutzung sozialer Medien in der Kardiologie

  • Beachtung der ärztlichen Schweigepflicht, des Datenschutzes sowie des Urheberrechts

  • Bewusstsein für steigende Verantwortung mit steigender Reichweite

  • Trennung von privaten und professionellen Accounts

  • Vorsicht bei Freundschaftsanfragen von Patienten

  • Zurückhaltung bei öffentlichen Diskussionen

  • Sachliche Informationen, Quellenangaben

  • Respektvoller Umgang mit ärztlichen Kollegen und anderen Nutzern

  • Beachtung der Grenzen der Fernbehandlung

  • Anspruch an hohe Qualität der eigenen Beiträge

  • Keine berufswidrige Werbung über soziale Medien

  • Zurückhaltung mit produktbezogenen Aussagen

Accountempfehlungen

Bei der Vielzahl an X‑Nutzern und den entsprechenden X‑Accounts, aktuell etwa 300 Mio. Nutzer weltweit, kann es schwierig sein, professionale und seriöse Accounts zu identifizieren, die einen inhaltlichen Mehrwert im persönlichen Interessenbereich liefern. In der Vergangenheit diente der blaue Haken als Verifizierung, um echte von falschen Accounts unterscheiden zu können. Zuletzt hat sich dies auf X verändert, und der blaue Haken kann käuflich erworben werden, sodass dieser seither nicht mehr mit einer Verifizierung von Accounts gleichzusetzen ist.

Im Folgenden soll eine Auswahl an deutschsprachigen X‑Accounts vorgestellt werden, die objektiv und neutral aus den verschiedenen Themenbereichen der Kardiologie informieren. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) hat einen eigenen X‑Account, der regelmäßig über Neuigkeiten und Neuerungen im Feld der Herzmedizin informiert. Hier stehen fachliche und berufspolitische Informationen über die Kardiologie im Allgemeinen im Vordergrund (@DGK_org). Neben diesem übergeordneten X‑Account steht es den Arbeitsgruppen und Sektionen frei, eigene X‑Accounts zu betreiben. Es bestehen aktuell weitere 16 „Accounts“, die der DGK zugehörig sind und die von den jeweiligen Arbeitsgruppen und Sektionen verantwortet und organisiert werden (s. Zusatzmaterial online, Tabelle 1). Diese „Accounts“ bieten Informationen über z. B. klinische Studien oder Informationen zu Kongressen in ihrem speziellen Interessengebiet. Durch Folgen des jeweiligen „X-Accounts“ werden Nutzer regelmäßig über wissenschaftliche Neuigkeiten, Kongresse und Veranstaltungen, Kontroversen oder spannende Fälle seriös informiert.

Eine weitere Initiative, um insbesondere bei Kongressen der DGK in Echtzeit über Studienergebnisse und Vorträge und Veranstaltungen gezielt informiert zu werden, ist das Social-Media-Ambassadorenprogramm. Unter dem jeweiligen Hashtag des Kongresses (#DGKJahrestagung, #DGKHerztage und #DGKOnline) finden sich „Posts“ der „Ambassadoren“ und weiterer Kongressteilnehmer. Die Gruppe der DGK-Ambassadoren besteht aktuell aus 30 Kardiologen, die in ihrem Spezialgebiet live von den Kongressen und Veranstaltungen posten. Eine aktuelle Übersicht über Ambassadoren und Spezialgebiete kann auf der Homepage der DGK gefunden werden (www.dgk.org).

Auf europäischer Ebene ist die European Society of Cardiology (ESC) ebenfalls mit offiziellen „X-Accounts“ vertreten. Mit ihrem allgemeinen Account (@escardio) informiert sie zu aktuellen wissenschaftlichen Ergebnissen, teilt wichtige Publikationen und Leitlinien und stellt spannende kardiologische Fälle vor. Neben diesem „Account“ haben auch die jeweiligen Arbeitsgruppen eigene „X-Accounts“, die von den „Communication-Teams“ der Präsidenten der jeweiligen Subspezialität organisiert werden. Auch einige der Zeitschriften der ESC sind mit einem „X-Account“ vertreten (s. Zusatzmaterial online, Tabelle 2).

Praktische Hinweise

Verschiedene Social-Media-Plattformen

Die Wahl der jeweiligen Plattform hängt ab von dem individuellen Ziel und dem Publikum, das durch Social-Media-Aktivitäten erreicht werden soll. Neben plattformspezifischen Punkten (z. B. Zeichenanzahl pro Post etc.) werden auch Faktoren, wie z. B. demografische Daten der Benutzer und das zu erreichende Publikum, zusammengefasst.

Grundlagen

Alle Social-Media-Plattformen können sowohl über einen Computer (Login via Website) als auch über ein Smartphone oder Tablet (Login via App) genutzt werden.

Jeder Nutzer kann ein individuelles Profil erstellen. Bei X wird das Profil „handle“ genannt und wird in einem Beitrag („post“) in Verbindung mit einem „@“ Zeichen genutzt. Ein Benutzer, der einem anderen folgt, wird als „Follower“ bezeichnet. Nach dem Abonnement eines Nutzers werden dessen „posts“ in der eigenen Timeline angezeigt.

Bei allen Social-Media-Plattformen (X, LinkedIn und Facebook) bestehen einige Basisfunktionalitäten, über die es möglich ist, auf einfache Art und Weise zu interagieren (Abb. 2). Wer den „post“ eines anderen mit seinen eigenen Followern teilen möchte, kann dies auch tun (bei X „reposten“ genannt). Nutzer haben die Möglichkeit, den „post“ eines anderen Nutzers zu „liken“. Dadurch bringen sie aber zum Ausdruck, dass ihnen etwas gefällt, sie etwas zustimmen oder sie etwas unterstützen. Außerdem können „posts“ auch kommentiert werden.

Abb. 2
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Die Basisfunktionalitäten auf Social-Media-Plattformen: Kommentieren, Reposten, Liken. Kombinieren von Beiträgen zu einem Thread

LinkedIn und Facebook erlauben das Verfassen von längeren „posts“. Im Vergleich dazu ist ein „post“ bei X im Basisaccount auf 280 Zeichen limitiert. Abonnenten können bis zu 4000 Zeichen pro „post“ verwenden. Um jedoch auch auf X einen umfangreicheren Inhalt zu kommentieren, können bis zu 25 „posts“ eines Nutzers zu einem sog. „thread“ verkettet werden und aneinandergekoppelt „gepostet“ werden. Ein „thread“ kann die Basis für ein sog. „tweetorial“ sein. „Tweetorials“ werden häufig genutzt, um praktische Grundlagen von gewissen Prozeduren, eine Anleitung zur statistischen Auswertung von Daten oder Beschreibung von Fallberichten zu präsentieren.

„Hashtags“ werden auf allen Plattformen benutzt und generieren ein Archiv von zusammengehörenden „posts“. Ein Hashtag hebt ein Wort oder eine Zeichenkette in einem „post“ hervor. Im Allgemeinen werden „hashtags“ direkt in die eigentliche Nachricht eingefügt. Wenn z. B. in allen „posts“ während des DGK-Kongresses der Hashtag #DGKJahrestagung zitiert wird, können auch nach dem Kongress alle relativierten „posts“ einfach zurückgefunden werden. Weitere praktische Anleitungen zum Umgang mit X sind in einigen Publikationen zusammengefasst [27, 28].

Manuskripte zitieren und kommentieren

Um eine Publikation zu zitieren, ist es empfehlenswert, die Primärliteratur zu „verlinken“ und in dem „post“ zu erwähnen. Zusätzlich sollte versucht werden, das Profil der Erst- und/oder Letztautoren ausfindig zu machen.

Gefahren und Fallstricke beim professionellen Umgang mit sozialen Medien in der Kardiologie

Für den professionellen Umgang mit sozialen Medien in der Medizin ist es unerlässlich, auch die Risiken und Limitationen zu verstehen (Abb. 3). Zudem sollten Kardiologen sich bewusst sein, wie die eigenen „Online“-Aktivitäten wahrgenommen werden können.

Abb. 3
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Gefahren und Fallstricke von Social Media

Ein intrinsisches Merkmal sozialer Medien ist ihr grundsätzlich demokratischer Charakter. Jeder Nutzer hat die Möglichkeit, Meinungen und Informationen zu teilen – allerdings auch unabhängig von deren Korrektheit oder wissenschaftlichen Evidenz.

So wird eine offene Plattform für den Austausch von Ideen und Expertisen ermöglicht, die jedoch mit dem Risiko einhergeht, dass falsche oder irreführende Informationen verbreitet werden und Unterstützung finden. Dies ist besonders in der Medizin problematisch, da pseudo- oder unwissenschaftliche Ansichten und Behauptungen die Wahrnehmung bzw. das Vertrauen nicht nur in die kardiologische Behandlung, sondern auch in die Forschung beeinträchtigen können. Kardiologen sollten daher ihre „Online“-Präsenz nutzen, um qualitativ hochwertige evidenzbasierte Informationen zu verbreiten, und sich damit aktiv gegen die Verbreitung von Fehlinformationen einsetzen [35]. Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit der COVID-19-Pandemie zeigen, dass über Social Media geteilte Falschinformationen einen erheblichen Einfluss auf die Impfbereitschaft haben können [43]. Gleichzeitig werden im Gegensatz zu wissenschaftlichen Zeitschriften oder Vorträgen etwaige Interessenkonflikte in sozialen Medien nicht offengelegt, sodass eine Einschätzung potenzieller Konflikte für den Leser von Kommentaren erschwert sein kann.

Bei neuen wissenschaftlichen Ergebnissen gibt es zudem die Beobachtung, dass eine verkürzte oder sensationelle Darstellung die Aufmerksamkeit in den Medien erhöht, was bei medizinischen Laien zu unrealistischen oder falschen Annahmen über therapeutische Möglichkeiten führen kann [7].

Künftig wird es möglichweise noch schwieriger werden, seriöse Quellen von anderen zu unterscheiden, da die Anwendung künstlicher Intelligenz (generative AI) auch zunehmend bessere Fälschungen von Nachrichten, aber auch Fachartikeln erlaubt („deep fakes“).

Der „Hashtag“ #medbikini verdeutlicht die Herausforderungen des professionellen Umgangs mit sozialen Medien. In einem Artikel wurden initial Facebook‑, Twitter- und Instagram-Konten junger Gefäßchirurgen analysiert – mit dem Resümee der Autoren, dass Bilder mit Bikinis provokant oder unangemessen/unprofessionell für Mediziner seien [17]. Diese Aussage löste in den sozialen Medien in der Folge heftige Proteste aus, die alle mit dem gleichen „hashtag“ versehen wurden, sodass sich daraus die #medbikini-Bewegung bildete [44]. Der initiale Artikel wurde als Folge zurückgezogen. Diskriminierung, Rassismus oder Sexismus ist grundsätzlich und eindeutig zu verurteilen. Durch die fehlende direkte Kommunikation und die z. T. nicht vorhandene Überwachung als auch den fehlenden „Peer Review“-Prozess kommen diese Themen leider gehäuft in sozialen Medien vor.

Die Präsenz von Medizinern in sozialen Medien sollte nicht mit ihrer fachlichen Kompetenz gleichgesetzt werden. Analysen haben gezeigt, dass die Anzahl der „follower“ eines Kardiologen nicht mit seiner wissenschaftlichen oder klinischen Qualität korreliert. Allerdings ergab sich bislang kein statistisch signifikanter Nachweis, dass Kollegen mit mehr „follower“ weniger Publikationen bzw. Zitationen aufweisen können – sie sind lediglich aktiver in den sozialen Medien. Kardiologen sollten daher die eigenen „Online“-Aktivitäten und die ihrer Kollegen in den richtigen Kontext setzen und sich auf valide wissenschaftliche und klinische Quellen stützen, um die Qualität ihrer Beiträge und Ratschläge sicherzustellen [21, 49]. Mediziner und ihre Fachgesellschaften sollten unbedingt für ihre Entscheidungen und Empfehlungen auf fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungswerte zurückgreifen und diese nicht aufgrund der „Online“-Präsenz oder „Follower“-Zahlen einer Person treffen.

Soziale Medien sind auch ein Nährboden für Hassrede und unprofessionelles Verhalten, sodass Kardiologen Ziel von Anfeindungen und persönlichen Angriffen werden können. Ein respektvoller und professioneller Umgangston in den sozialen Medien ist daher ebenso wichtig wie eine angemessene Reaktion auf solche Angriffe. Fachgesellschaften und Institutionen sollten ihre Mitglieder in der Bewältigung solcher Situationen unterstützen und angemessene Richtlinien erstellen.

Jeder kardiologische Nutzer der sozialen Medien steht nie nur für sich alleine – mit ihm wird fast zwangsläufig sein Arbeitgeber, die Fachgesellschaft, die Kardiologie und generell der medizinische Berufsstand verbunden. Dementsprechend fallen polarisierende oder durch ihre Verkürzung provokante Beiträge, öffentliche Diskussionen mit Kollegen oder gar mit Außenstehenden auf das gesamte Fach zurück. Patienten und Angehörige können zudem nur schwer unterscheiden, ob ein in den sozialen Medien diskutierter Fall in Details vom eigenen abweicht und daher ein anderes Vorgehen empfohlen wird. Potenziell kann hier das Vertrauen von Patienten in die Medizin und damit auch die Therapieadhärenz geschädigt werden. Vor allem Diskussionen über Lebenserwartungen sollten vermieden werden. Ebenso besteht die Gefahr, dass oft nur positive oder sehr negative Fälle berichtet werden, was zu einer Verzerrung der klinischen Realität führen kann. Besondere Beachtung gilt schließlich dem Datenschutz: Nutzer der sozialen Medien benötigen für die Veröffentlichung einer anonymisierten Patientenkasuistik ein entsprechendes Einverständnis des Betroffenen (s. unten) [46]. Zudem sollten die Fälle erst mit einer zeitlichen Verzögerung veröffentlicht werden, um keine Rückschlüsse durch eine mögliche Aktualität zu erlauben. Dies trägt dazu bei, dass sich Patienten nicht selbst identifizieren oder eine offene medizinische Diskussion nicht fehlinterpretieren.

Patienten und soziale Medien

Nicht zuletzt durch die Veränderungen der Covid19-Pandemie mit Einführung von Videosprechstunden, „Warn-Apps“ und breiter Diskussion in den sozialen Medien haben sich die Medizinmedienlandschaft und der Wunsch der Patienten nach Teilhabe und „Empowering“ geändert. Soziale Medien können bei herzkranken Menschen im Wege der Verbreitung von medizinisch fundierten Daten Wissenslücken schließen und damit eine Brücke zwischen Arzt, Patient und evtl. Mitbetroffenen bauen. Denn oft verlassen Patienten das Behandlungszimmer ihres Arztes oder eine Klinik mit vielen Fragen. Wer mehr über seine eigene Erkrankung wissen möchte, steht häufig einer Flut an z. T. nicht vertrauenswürdigen und widersprüchlichen Informationsangeboten im Internet gegenüber.

Auch für Patienten ergeben sich gewisse Vor- und Nachteile der Nutzung sozialer Medien (Tab. 1), die den behandelnden Kardiologen bewusst sein sollten. Patientenselbsthilfegruppen sind gut etabliert. Soziale Medien können die Reichweite derartiger Selbsthilfegruppen vergrößern. Hier finden Betroffene nicht nur Informationen, sondern auch „peer support“ und emotionalen Zuspruch oder können sich mit Mitpatienten lokal und überregional via Social Media austauschen und aktiv einbringen. Für Patienten kann es gerade in den sozialen Medien eine Herausforderung darstellen, die wissenschaftliche oder klinische Evidenz und Validität zu erkennen. Wissenschaftlich kuratierte Information finden Patienten und Angehörige in den Social-Media-Accounts der Deutschen Herzstiftung. Mitunter sind mit gewissen Informationen auch kommerzielle Interessen verknüpft, was nicht immer direkt erkennbar ist.

Tab. 1 Vor- und Nachteil der Nutzung sozialer Medien für Patienten

Juristische Aspekte zum Umgang mit sozialen Medien in der Kardiologie

Die nachfolgenden Ausführungen beleuchten ausgewählt einzelne juristische Aspekte, die anhand von konkreten Beispielsfällen erläutert werden – mit dem Ziel, innerhalb der kardiologischen Gemeinschaft das nötige Bewusstsein für einen rechtskonformen Umgang mit Social Media zu schaffen.

Darstellung einzelner rechtlicher Aspekte anhand von konkreten Beispielfällen

a. Ärztliche Schweigepflicht und Datenschutz

Infobox 2 Fall 1: Der vermeintlich anonymisierte Bericht über einen kardiologischen Behandlungsfall

Ein Kardiologe berichtet auf Social Media über einen komplexen Fall eines Patienten, der sich in seiner Klinik zugetragen hat. Hierbei veröffentlicht er klinikintern erstelltes Bildmaterial und Videoaufnahmen aus der kardiologischen Intervention. Obwohl der Kollege selbst in seinem Beitrag explizit keine die Identität des Patienten unmittelbar offenlegende Merkmale nennt, verkennt er, dass in den ebenfalls geposteten Videoaufnahmen der Angiographie der Name des Patienten zu sehen ist.

Der Schutz von Gesundheitsdaten und der Schutz des Patientengeheimnisses werden im ärztlichen Sprachgebrauch oft synonymhaft verwendet. Kardiologen haben in der Beziehung zum einzelnen Patienten im Sinne eines sog. Zwei-Schranken-Prinzips [8, 9] die ärztliche Schweigepflicht wie auch den Datenschutz zu beachten (Infobox 2). Es ist dementsprechend davon auszugehen, dass beide gesetzlich auferlegten Verpflichtungen parallel [8, 9] eine zentrale Rolle im Vertrauensverhältnis zum Patienten spielen und so auch im Rahmen kardiologischer Falldarstellungen in den sozialen Medien zu berücksichtigen sind. Das Bemühen um eine Anonymisierung, etwa durch ausdrückliches Weglassen des Patientennamens, kann rechtlich bereits dadurch ins Leere laufen, da im Internet u. U. durch an anderer Stelle online zur Verfügung stehende Informationen bzw. wie im vorliegenden Fall aus den Begleitumständen ein Rückschluss auf einen identifizierbaren Patienten doch ermöglicht wird [8]. Das Unwissen über diese Möglichkeit innerhalb der kardiologischen Gemeinschaft schützt nicht vor Strafe, insbesondere vor den Folgen eines Rechtsverstoßes. Daher sollte vor dem Einstellen von patientenbezogenen Informationen in den sozialen Medien geklärt werden, welches Ziel dieses Vorhaben hat. Wenn ein Kardiologe es mit seinem Berufsansehen für vereinbar hält, eine medizinische Fallschilderung oder andere Informationen mit Patientenbezug in einem sozialen Netzwerk für den kollegialen Austausch zu veröffentlichen, darf aus Vertraulichkeitsgründen eine Identifizierung des Patienten nicht möglich sein – weder durch die Summe der „online“ zur Verfügung stehenden Informationen noch aufgrund von Begleitumständen [8]. Einzelheiten des kardiologischen Behandlungsfalls sind daher vor einer Veröffentlichung in den sozialen Medien hinreichend zu verändern. In Anbetracht „der weitreichenden Möglichkeiten einer Re-Identifizierbarkeit im Zeitalter von Big Data“ [8] auf der einen Seite und anderseits dem eher weiten Verständnis der Datenschutzbehörden, wonach nur gänzlich anonymisierte Daten nicht den Anwendungsbereich des Datenschutzrechtes eröffneten [8], sollte unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten keine Veröffentlichung erfolgen, ohne dass sich der Patient damit im Vorfeld nachweislich ausdrücklich einverstanden erklärt (Infobox 3). Soweit also das Vorhaben beispielsweise auf die Veröffentlichung von klinikintern erstelltem Bildmaterial der kardiologischen Intervention auf Social Media zum Zweck des kollegialen Austausches gerichtet wäre, empfiehlt sich zusätzlich (neben einer anonymisierten Berichterstattung) die Erarbeitung einer Mustervorlage einer Datenschutz-Einwilligungserklärung. Wichtig: Bei Bedarf sollte hierbei an die rechtzeitige Einbindung juristischer Fachexpertise gedacht werden, u. a. für die inhaltliche Gestaltung einer solchen Musterformulierung. Sofern daneben die Unterstützung durch einen Datenschutzbeauftragten zur Verfügung steht, bietet sich zur Sicherstellung der Datenschutzkonformität seine zusätzliche Einbindung in den entsprechenden operativen Umsetzungsprozess an. Im Hinblick auf die Zusammenarbeitsebene beider Fachdisziplinen kommt weniger eine „Und-Oder-Begleitung“ in Betracht, sondern vielmehr ein interdisziplinäres Zusammenwirken . Die Abb. 4 liefert auszugsweise einen Überblick über die einzelnen rechtlichen wie auch operativen Aspekte einer Datenschutz-Einwilligungserklärung.

Abb. 4
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Überblick über einzelne rechtliche und operative Aspekte einer Datenschutz-Einwilligungserklärung

Infobox 3 Patientendaten auf Social Media

  • Anonymisierung (Ausschluss jeglicher Möglichkeit einer [Re-]Identifizierbarkeit [8] des Patienten) und zusätzlich Einholung einer Datenschutz-Einwilligungserklärung vom Patienten

  • Einbindung juristischer Fachexpertise sowie Unterstützung durch Datenschutzbeauftragten (soweit vorhanden)

b. Kongressberichte

Infobox 4 Fall 2: Wenn Kardiologen untereinander den neuesten Erkenntnisgewinn nach Besuch eines Fachkongresses posten

Eine Kardiologin berichtet auf Social Media direkt aus einer Sitzung auf einem internationalen kardiologischen Kongress und postet neben Fotoaufnahmen der Vortragsfolien neue Erkenntnisse der kardiologischen Wissenschaft.

Beim Bericht medizinischer Themen sollten sich Kardiologen der besonderen Verantwortung bewusst werden, die sie aufgrund ihres ärztlichen Berufes und der damit verbundenen Vertrauensstellung v. a. gegenüber den medizinischen Laien (Patienten) haben.

Bezogen auf das Posten von Fotoaufnahmen der Vortragsfolien (Infobox 4), sollte bedacht werden, dass unter den Schutz des Urheberrechtes die Form eines Werkes fällt, vorliegend also die Art und Weise der Zusammenstellung, Strukturierung und Präsentation des Vortrages [18]. Je konkreter einzelne Elemente einer Gestaltung übernommen werden, desto wahrscheinlicher wird ein urheberrechtlicher Verstoß [18]. Das Urheberrecht erlaubt zwar, auch ohne Zustimmung des Rechteinhabers, einzelne digitale Kopien der Vortragsfolien für den eigenen kardiologisch-wissenschaftlichen Gebrauch herzustellen; allerdings ist die Zulässigkeitsgrenze dort zu ziehen, wenn fast vollständige digitale Kopien eines ganzen Vortrages ohne Zustimmung des Rechteinhabers erfolgen [18]. Ferner ist es nicht erlaubt, 1:1 von auf einem internationalen kardiologischen Kongress gefertigte Fotoaufnahmen einzelner Vortragsfolien öffentlich (im Internet) wiederzugeben [18]. Als Faustregel gilt daher: Wer einzelne digitale Kopien von Vortragsfolien für den eigenen kardiologisch-wissenschaftlichen Gebrauch anfertigt, darf diese nicht ohne Zustimmung des Rechteinhabers posten [18].

Entsprechend dieser juristischen Ausgangslage ergibt sich ein Spannungsverhältnis zwischen dem Urheberrecht an sich und dem allgemeinen medizin-wissenschaftlichen Interesse an kollegialem Austausch über neueste Erkenntnisse und interessante Fachvorträge. Daher stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten das Recht insofern zur Verfügung stellt, damit in Zukunft das unter den Kardiologen weitverbreitete Interesse an wissenschaftlichem Austausch in den sozialen Medien auf der einen Seite praktikabel, auf der anderen Seite aber auch rechtssicher gelebt werden kann. Ein erster Weg, einen klaren, international anerkannten Rechtsrahmen zu schaffen, wäre, dass der Ersteller eines kardiologischen Vortrages seine Präsentation unter eine Creative Commons Urheberrechtslizenz („CC-Lizenz“) stellt – eine einfache, standardisierte Methode für jedermann, anderen zu gestatten, das eigene Vortragswerk auf nichtkommerzielle Weise zu kopieren, zu verbreiten und anderweitig zu nutzen [50]. Jede CC-Lizenz gewährleistet die gebührende Anerkennung als Urheber des eigenen Vortragswerkes [50] und sorgt dementsprechend auf Referenten- wie auch auf Zuhörerebene für Rechtssicherheit. Sollte eine solche Lizenz kein gangbarer Weg für den einzelnen Vortragsersteller sein, so verbleibt für diesen als zweite Möglichkeit die Aufnahme eines Urheberrechtshinweises in modifizierter Form, der beispielsweise inhaltlich als eigene Vortragsfolie innerhalb der Präsentation erfasst werden könnte. Juristisch bestände im Rahmen eines solchen Hinweises ebenso die Möglichkeit, an die grundsätzliche urheberrechtliche Position des Vortragserstellers zu erinnern und ausnahmsweise die weitergehende Verwendung des eigenen Vortrages ausschließlich im kardiologisch-wissenschaftlichen Kontext zu gestatten. Wer dagegen innerhalb der kardiologischen Gemeinschaft bereit ist, etwas mehr Zeit in den kollegialen Wissenstransfer zu investieren, kann als dritten Weg die auf einem Fachkongress persönlich gewonnenen Eindrücke auch im Rahmen eines selbst verfassten Social-Media-Beitrages posten. Im Rahmen einer DGK-Kongressteilnahme ist der DGK als medizinische Fachgesellschaft zu empfehlen, hier in Zukunft auf Referenten- wie auch auf Zuhörerebene für die nötige Rechtssicherheit zu sorgen, ohne dabei den kardiologisch-wissenschaftlich motivierten Informationsfluss zu kappen (Infobox 5). So sollte die DGK unter Berücksichtigung der aufgezeigten juristischen Wege für die Verbreitung von Kongressberichten den Anspruch haben, für ihre Kongressteilnehmer einen rechtssicheren Rahmen zu schaffen, in welchem Urheberrechte geschützt werden und gleichzeitig aber auch das wichtige Ziel von Kongressen, nämlich die Verbreitung von wissenschaftlichen und klinischen Neuerungen, zeitgemäß und digital weiterverfolgt werden kann (Infobox 6).

Infobox 5 Drei juristische Wege für die Verbreitung von Kongressberichten über Social Media

  • Weg 1: Der Vortragsersteller stellt seine Präsentation unter eine CC-Lizenz.

  • Weg 2: Der Vortragsersteller erfasst innerhalb seiner Präsentation einen Urheberrechtshinweis in modifizierter Form.

  • Weg 3: Der einzelne Vortragszuhörer berichtet im Wege eines selbst verfassten Social-Media-Beitrages über seine auf einem Fachkongress persönlich gewonnenen Erkenntnisse der kardiologischen Wissenschaft.

Infobox 6 Anspruch einer medizinischen Fachgesellschaft

  • Eine medizinische Fachgesellschaft sollte für Teilnehmer ihrer wissenschaftlichen Kongresse einen rechtssicheren Rahmen schaffen, der die zeitgemäße und digitale Verbreitung wissenschaftlicher und klinischer Neuerungen ermöglicht, der aber gleichzeitig auch Urheberrechte schützt.

c. Werbung und Empfehlungen

Infobox 7 Fall 3: Wenn Untersuchungsaufnahmen unter namentlicher Nennung von Produkten einer Firma und Verlinkung auf diese Firma verbreitet werden

Ein Kardiologe lädt auf Social Media Bilder einer elektrophysiologischen Untersuchung unter Verwendung des Eigennamens eines speziellen Katheters einer Firma hoch. Über einen Link macht er gleichzeitig auf ein Live-Webinar dieser Firma aufmerksam.

In rein werberechtlicher Betrachtung dieses Falles ist zunächst folgendes festzuhalten: Kardiologen dürfen innerhalb rechtlicher Grenzen werben (Infobox 7). Eine solche Grenze bilden, berufsrechtlich gesprochen, das Verbot der Fremdwerbung sowie das Verweisungs‑/Empfehlungsverbot gegenüber Anbietern gesundheitlicher Leistungen, gegen die vorliegend jeweils verstoßen wird. Bezogen auf das Fremdwerbeverbot ist es innerhalb der kardiologischen Gemeinschaft nicht gestattet, für fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit zu werben [25]. Ein solcher Verstoß ist bereits gegeben, wenn im beruflichen Kontext Eigennamen bestimmter Produkte einer Firma auf Social Media genannt werden bzw. diesbezüglich ein entsprechender Bezug auf den Namen einer konkreten Firma hergestellt wird (Infobox 8). Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich des Verweisungs‑/Empfehlungsverbotes. Hier kann man sich als Leitgedanken merken, dass nur eine explizit nachgefragte sachliche Information seitens des Patienten sowie eine neutrale Darstellung von Vor- und Nachteilen einzelner Anbieter gesundheitlicher Leistungen berufsrechtlich unbedenklich sind [39].

Seit geraumer Zeit ist auch die Einbindung medizinischer „influencer“ in die Social-Media-Marketingstrategie von Unternehmen aus dem Gesundheitssektor zur Anpreisung neuer Produkte ein in der Praxis zunehmend häufiger genutztes Instrument. Diesbezüglich sind Aktivitäten, die sich auf die Darstellung unabhängiger Gesundheitsinformationen unter Ausschluss der Beteiligung einer Firma beschränken, statthaft; darüber hinausgehende Empfehlungen seitens der kardiologischen Gemeinschaft im Zusammenhang mit einer Firma sollten dagegen mit Blick auf das Heilmittelwerberecht vermieden werden. Ansonsten ist dieser Bereich des medizinischen „Influencer“-Marketings noch mangels klarstellender Gerichtsentscheidungen zu näheren Einzelfallkonstellationen mit einer gewissen Rechtsunsicherheit behaftet.

Infobox 8 Werbung auf Social Media

  • Beschränkung auf Darstellung unabhängiger Gesundheitsinformationen unter Ausschluss der Beteiligung einer Firma