Das vorliegende Buch ist das Produkt eines Langzeitprojekts: 15 Jahre war der Autor, wie er im Vorwort erklärt, „von der ersten Idee bis zur Fertigstellung“ (S. 6) damit befasst, bis er seine Studie als Dissertation an der Universität Passau eingereicht und jetzt veröffentlicht hat. Nun könnte es schon fast anachronistisch anmuten, ist es doch annähernd 30 Jahre her, dass Axel Bruns und Frank Marcinkowski (1996) die Konvergenzhypothese, nach der sich öffentlich-rechtliche und private Rundfunkangebote einander mehr und mehr angleichen würden, bereits einer Revision unterzogen („Konvergenz Revisited.“ In: Rundfunk und Fernsehen, 44(4)); durchformatierte Radioprogramme sind bereits wesentlich länger fest etabliert – und lineares Radiohören entlang der vorgegebenen Programmschemata sowie das „Durchhören“ eines Senders sind doch mindestens bei der vielbeschworenen „Generation Z“ kaum mehr angesagt in Zeiten des Streamings und der eigenen Playlisterstellung via Spotify und Co.

Nicht gerade innovativ wirkt dann auch das Anliegen, zu untersuchen, „inwieweit sich öffentlich-rechtliche und private Sender wirklich im Laufe der Zeit angeglichen haben oder ob die Einführung des dualen Rundfunksystems Diversifizierung in die Programmstrukturen und Inhalte gebracht hat“ (S. 20), zumal die Daten, die der Forscher dafür erhoben hat, aus den Jahren 2008 und 2014 stammen (und auch viele Angaben etwa zur Radionutzerschaft, zur Erlösstruktur des Rundfunks etc. etliche Jahre alt sind, der Literaturstand nicht immer ganz aktuell ist).

Eingangs liefert er dazu – gleichsam medienhistorisch – einen prägnanten Überblick der Entwicklung des Hörfunks von der v. a. juristischen Vorgeschichte, dann der Entstehung des dualen Rundfunks bis zur Digitalisierung und Streamingdiensten. Dabei erscheinen manche Schwerpunktsetzungen nicht unbedingt zielführend, so, wenn zwei Seiten lang auf das Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1961 eingegangen wird oder vier Seiten der Rundfunkentwicklung in den neuen Bundesländern direkt nach dem Mauerfall gewidmet sind (dies gelegentlich überaus verkürzt bis fehlerhaft, etwa, wenn ausgesagt wird, DDR-Bürger hätten „lediglich in den Grenzgebieten und rund um Berlin“ Westmedien empfangen können, S. 36). Weiter wird dann über die Entwicklung des Formatradios, schließlich der Konvergenzdebatte und diesbezüglicher Forschung informiert. Manches könnte dabei kritisch hinterfragt werden: Ist es beispielsweise „sicherlich auf die fortschreitende Formatisierung zurückzuführen“, dass „der deutsche Radiomarkt“ heute „überaus vielfältig“ (S. 54) ist? Es ist keine zeitgeschichtliche Studie, die Harald Heckl, selbst langjähriger Rundfunkjournalist, erstellt hat. Vielmehr will er „der Musikforschung im Radio einen neuen Impuls […] geben, der sich wegbewegt von den bislang rein prozentualen Musikanteilen, Genres und vor allem subjektiv geschätzten Geschwindigkeiten“ (S. 6).

Für seine empirische Erhebung hat er einen Katalog von zunächst allgemeinen Fragen formuliert – von „Existiert der Einheitsbrei im Hörfunk wirklich?“ (S. 97) bis – schwerlich aufgrund der hier erhobenen Daten beantwortbar – „War die Einführung der Privatsender ein Erfolg, der sich heute positiv auf die Vielfalt auswirkt?“ (ebd); Fragen, die dann in diverse Hypothesen und „Hilfskonstrukte“ sinnvoll aufgedröselt werden.

Ein wesentliches Verdienst der Arbeit liegt darin, Konvergenz sehr genau in vielen Teildimensionen zu erfassen, die dann akribisch und methodisch teils innovativ der vergleichenden, v. a. quantitativen inhaltsanalytischen Überprüfung zugeführt werden. Exemplarisch geschieht dies anhand von drei öffentlich-rechtlichen und drei privaten, vor allem bayerischen Musikformatprogrammen respektive derer Morningshows und der Musikrotation über den Tag hinweg im Laufe von je einer Woche. So wurden „252 h Hörfunk auf die Sekunde genau ausgewertet“ (S. 134) mit weit im sechsstelligen Bereich liegenden Kodierungen – zumindest eine große Fleißarbeit. Sehr ausführlich, weit über hundert Seiten hinweg, werden die Ergebnisse dieser Analyse ausgebreitet und schließlich auch noch mit einer „qualitativen Vertiefung“ (S. 266) auf weiteren 25 Seiten versehen – in Form von Expert:inneninterviews mit Programmverantwortlichen von fünf der sechs analysierten Sender.

So wurde insgesamt ein erheblicher empirischer Aufwand betrieben. Der Ertrag ist allerdings recht übersichtlich: Eine zunehmende Konvergenz der Programme ist – mindestens im Vergleichszeitraum 2008 und 2014 – nicht festzustellen. „Existiert ein Einheitsbrei im Hörfunk […]? Nein“ (S. 308). Allein: „Die Stationen übernehmen eventuell bis zu einem sich mehr oder weniger überschneidendem Punkt die Innovationen der Konkurrenz, um sich im Laufe der Zeit wieder davon wegzuentwickeln“ (S. 309). „Alle Formate spielen einen abwechslungsreichen Musikmix“ (S. 310), das „duale System ist ein Erfolg!“ (S. 311) und: „Höchstwahrscheinlich wird es auch in den kommenden Jahrzehnten Medien geben, die entweder Musik, Information oder beides zur Verfügung stellen werden“ (S. 314). Schön.

Sehr zu begrüßen ist das Schlussplädoyer für die „Wiedereinführung von größeren Strecken von Wortinhalten“ (S. 316) – und für intensivere, vergleichende Medienforschung. Ein echter Impulsgeber, wie von Heckl erhofft, ist die Studie damit nicht, doch liefert sie manche interessante Details, die die alte Diskussion um die Konvergenz mit neueren Daten unter- und die These von der immer größeren Ähnlichkeit öffentlich-rechtlicher und privater Sender beziehungsweise Programmangebote teils widerlegen kann.