1 Einleitung

Der kollegialen Kooperation im Lehrer*innenberuf wird ein positiver Effekt auf die Schüler*innen und deren Leistung nicht zuletzt auch in der Weise zugeschrieben, dass Lehrkräfte als Rollenvorbilder für kooperatives Arbeiten im Klassenraum fungieren (vgl. Richter und Pant 2016; Vangrieken et al. 2015). Ein weiterer Mehrwert wird für die Schule und die Lehrkräfte selbst vermutet, wenn aus der Zusammenarbeit (auch mit anderem pädagogischem Personal) an Schulen Arbeitszufriedenheit erwächst und Unterrichts- sowie Schulentwicklungsprozesse befördert werden. Lehrkräfte an Schulen verfügen grundsätzlich über umfangreiche kooperative Erfahrungen und sehen sowohl die innerschulische Zusammenarbeit als auch außerschulische Kooperationen als gewinnbringend an (Ahlgrimm 2010; Fussangel und Gräsel 2012; Richter und Pant 2016). Mittlerweile wird u. a. mit Blick auf die Lehrer*innenbildung die Position vertreten, dass ein hoher Grad an Professionalisierung über (qualitativ hochwertige) kollegiale Kooperation erreicht werden kann (McCombie und Guldimann 2022).

Welche Zusammenhänge zwischen Kooperation und Arbeitszufriedenheit von Lehrkräften bestehen bzw. wie diese gerichtet sind, ist jedoch trotz zahlreicher empirischer Studien in dem Themenfeld angesichts widersprüchlicher Befunde unklar. Die mangelnde Eindeutigkeit ist möglicherweise nicht nur auf unterschiedliche (Gelegenheits‑)Stichproben zurückzuführen, sondern auch auf heterogene Erfassungsmodi und Forschungsdesigns sowie unzureichende theoretische Fundierungen empirischer Zugänge (vgl. Fussangel und Gräsel 2012; Massenkeil und Rothland 2016). Dementgegen scheint der Einfluss von Schulleitungshandeln auf die Kooperation und auf die Arbeitszufriedenheit weniger strittig und so zeigen sich direkte Auswirkungen des Führungsverhaltens auf Zufriedenheit (Klein und Bremm 2019) und Kooperation (Ahlgrimm 2010). Inwiefern davon auch die Verbundenheit mit der Schule berührt wird, ist bislang jedoch nicht erforscht. Ebenso werden nur selten explizite Betrachtungen vorgenommen, die mögliche Wirkungen von Kooperation mehrdimensional, d. h. unter Berücksichtigung der mittlerweile etablierten differenzierten unterschiedlichen Kooperationsformen Austausch, Arbeitsteilung und Kokonstruktion (Gräsel et al. 2006) in den Blick nehmen.

An diese Forschungsdesiderata knüpft der vorliegende Beitrag an, indem neben Schulformvergleichen auf Basis einer multiplen Regressionsanalyse der durch unterschiedliche Kooperationsformen vermittelte Einfluss von Kooperationsbedingungen auf Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung untersucht wird.

2 Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand

Kooperation im Lehrberuf ist national und international ein vielfach berücksichtigter Forschungsgegenstand (Massenkeil und Rothland 2016; Vangrieken et al. 2015). Behandelt werden dabei neben den Voraussetzungen für Kooperation auch immer wieder aktuelle Herausforderungen des Lehrberufs, wie etwa der Umgang mit einer (zunehmend) heterogenen Schüler*innenschaft, die multiprofessionelle Kooperation erfordert (Gollub et al. 2021; Hochfeld und Rothland 2022), oder die (coronabedingte) Fernlehre und Digitalisierung (Schwabl und Vogelsang 2021), denen womöglich mittels intensiver Kooperation erfolgreich begegnet werden kann.

2.1 Schulformunterschiede der Kooperation und Schulleitungshandeln

Für verschiedene Schulformen resümieren Massenkeil und Rothland (2016) in ihrem Überblicksartikel, dass „neuere Befunde darauf hin[deuten], dass von der Grundschule über weitere Schulformen bis zum Gymnasium die kollegiale Kooperation abnimmt. Je niedriger also der Bildungsabschluss ist, desto höher und elaborierter ist die Zusammenarbeit im Kollegium an der Schule“ (Massenkeil und Rothland 2016, S. 13). Dass vor allem an Grundschulen intensiver kooperiert wird, liegt gegebenenfalls daran, dass Kollegien kleiner sind und dort die Schulleitungen stärker selbst als Akteure in die Kooperation mit eingebunden sind und eine potenziell stärkere (Leistungs‑)Heterogenität der Schülerschaft mehr Austausch erfordert (Ahlgrimm 2010; Kielblock et al. 2020).

Schulleitungen nehmen auch über die Funktion als Rollenvorbild hinaus durch ihr Handeln Einfluss auf die Kooperation im Kollegium. Dies geschieht sowohl durch die Schaffung von Räumen und Zeiten für die Zusammenarbeit sowie durch die Möglichkeit der Professionalisierung im Rahmen von Personalentwicklungsprozessen für Kooperation, während sich andersherum bei geringeren Anstrengungen und einem weniger förderlichen Kooperationsklima an Schulen entsprechend reduzierte Zusammenarbeit im Kollegium nachweisen lässt (Drossel et al. 2018; Meyer et al. 2020; Tallman 2020).

2.2 Kooperationsformen

Kooperation wird vor allem in neueren Arbeiten differenziert erfasst und hinsichtlich verschiedener Formen der Zusammenarbeit, Formalisierungsgrade, Kooperationsniveaus sowie Zielsetzungen oder mit Blick auf die eingebundenen Personen aufgegliedert, während in älteren Studien noch häufiger eindimensionale Operationalisierungen anzutreffen waren. Nicht-hierarchische Differenzierungen erfassen Subdimensionen wie beispielsweise Kooperationsschwerpunkte in der Unterrichtsabsprache, Evaluation und Schulentwicklung, Unterteilungen verschiedener Anforderungen an professionelle Lerngemeinschaften oder die Häufigkeit und Intensität der Kooperation unterschieden nach den beteiligten Gruppen wie etwa Lehrkräften und anderem schulischen Personal (z. B. Ambord et al. 2018; Jutzi 2018). Eher hierarchische Konzeptualisierungen umfassen unter anderem die Einteilung in strategische, empathische und Pseudo-Kooperation (Spieß 2004), ein ansteigendes Kontinuum von hoher Autonomie hin zu Interdependenz (Little 1990) oder Niveaustufen der Fragmentierung, Differenzierung, Koordination, Interaktion und Integration auf Schulebene (Steinert et al. 2006). Mittlerweile hat sich – zumindest im deutschsprachigen Raum – eine multidimensionale Erfassung von Zusammenarbeit der Lehrkräfte durchgesetzt.

Die dreistufige Einteilung in Austausch, arbeitsteilige Kooperation bzw. Synchronisation sowie die Ko-Konstruktion in Anlehnung an Gräsel et al. (2006) stellt die hierzulande seither am häufigsten in empirischen Studien anzutreffende Operationalisierung verschiedener Kooperationsformen dar (vgl. Schüpbach et al. 2012; Trumpa et al. 2016). Austausch umfasst das Teilen von Informationen über Schüler*innen und Unterricht sowie von Lernmaterial. Synchronisation zielt auf arbeitsteilige Zusammenarbeit ab, für die eine Verständigung über gemeinsame Ziele zwischen den Beteiligten vonnöten ist. Erst durch Ko-Konstruktion kann mittels eines dialogischen Austauschs und intensiver, räumlicher und zeitlich naher Kooperation das Wissen der Beteiligten erweitert werden. Die Kooperationsformen werden über unterschiedliche, hierarchische Niveaustufen beschrieben, wobei die Ko-Konstruktion als hochwertigste Kooperationsform angenommen wird (Gräsel et al. 2006). Sämtliche Studien kommen zu dem Schluss, dass diese Form der Kooperation weitaus weniger häufig anzutreffen ist als beispielsweise Arbeitsteilung oder der Austausch (z. B. Drossel 2015; Richter und Pant 2016), was daran liegen kann, dass die anderen Kooperationsformen zum Teil Voraussetzung für vertiefende fachbezogene Teamarbeiten sind. Unterschiede in den Kooperationsniveaus zeigen sich nicht nur hinsichtlich der Schulformen, sondern auch mit Blick auf den Anteil an Schüler*innen mit Förderbedarf. Steigt dieser an, so kommt es häufiger zu Arbeitsteilung und Ko-Konstruktion (Richter und Pant 2016).

2.3 Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung in Schulen

Auch mit Blick auf die Arbeitszufriedenheit und die Mitarbeiterbindung kommt dem Schulleitungshandeln eine große Bedeutung zu. Unter Arbeitszufriedenheit werden zumeist (positive) Gefühle und Einstellungen zu der eigenen Tätigkeit subsumiert, die mit der Arbeitsmotivation einhergehen (Kauffeld 2014). Eine über die Arbeitszufriedenheit hinausgehende Identifikation und tiefe Verbundenheit mit dem eigenen Arbeitsplatz wird in Anlehnung an das anglo-amerikanische Konzept des organisational commitment als Mitarbeiterbindung gefasst (Berthel und Becker 2013). In zahlreichen nationalen und internationalen Studien konnten positive Einflüsse des Schulleitungshandelns auf Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung festgestellt werden. Dabei lassen sich auch ein auf Kooperation ausgerichtetes Schulleitungshandeln sowie ein ausgeprägtes Kooperationsklima als relevante Prädiktoren für hohe Arbeitszufriedenheit und eine intensive Mitarbeiterbindung identifizieren (Besa et al. 2022). Hohe Arbeitszufriedenheit herrscht insbesondere dann, wenn der Führungsstil einer Schulleitung durch Achtsamkeit geprägt ist und die Verteilung von Aufgaben im Kollegium vorsieht (Du 2013; Dumay und Galand 2012; Klein und Bremm 2019; Pietsch et al. 2019).

Die Befunde der Forschung zu direkten Zusammenhängen von Kooperation und Arbeitszufriedenheit sind bislang uneindeutig: Es finden sich in einigen Studien Hinweise auf positive Zusammenhänge der beiden Konstrukte (Pietsch et al. 2016; Liu et al. 2020), bzw. auf einen direkten Einfluss der Kooperation auf die Arbeitszufriedenheit, sodass ein höheres Level an Kooperation zu entsprechend zunehmender Zufriedenheit mit dem Arbeitsplatz führt. Dieses gilt im Übrigen nicht nur im Lehrer*innenberuf, sondern auch für andere Berufsfelder (Spieß 2004). Andererseits zeigen andere Studien, dass mit zunehmender Kooperation ein höheres Beanspruchungserleben verbunden wird (Ambord et al. 2018; Fussangel et al. 2010), wobei davon auszugehen ist, dass Arbeitszufriedenheit bei weniger erfolgreicher Bewältigung von Beanspruchung entsprechend geringer ausfällt (Klusmann und Phillip 2014). Erklärt werden kann dieses Phänomen neben der zusätzlichen zeitlichen Belastung, die Absprachen erfordern können (gerade bei höherwertiger Kooperation), auch durch empfundene Eingriffe in die Autonomie (Kuper und Kapelle 2012). Inwiefern hier Kooperation tatsächlich zu einer angedachten Professionalisierung beitragen kann, ist fraglich. Insgesamt zeigt sich noch erheblicher weiterer Forschungsbedarf für die Fragen nach positiven, aber auch möglichen negativen Effekten der Kooperation.

3 Fragestellung

Wie oben dargestellt, lassen sich verschiedene Einflüsse auf und Wirkungen von (unterschiedlichen) Kooperationsformen identifizieren. Während für die Arbeitszufriedenheit uneinheitliche Befunde vorliegen, sind für die konkrete Erforschung der weitergehenden Mitarbeiterbindung keine Ergebnisse im Zusammenhang mit Kooperation im deutschsprachigen Raum aus dem Schulkontext bekannt. Mit Blick auf den Forschungsstand lässt sich jedoch festhalten, dass bislang nur wenige Studien die Auswirkung differenziert erfasster Kooperationsformen beleuchtet haben. Dieses gilt insbesondere für den angesprochenen Einfluss von Kooperation auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung. Wie auch die Kooperation scheinen diese beiden Konstrukte durch das Schulleitungshandeln mit beeinflusst zu werden, sodass der Bedeutung der Schulleitungen weiter systematisch nachzugehen ist.

Vor dem skizzierten Hintergrund soll mittels quantitativer Analyseverfahren auf Basis einer Stichprobe von Hamburger Schulen überprüft werden, welchen Einfluss kooperationsspezifisches Schulleitungshandeln und das Kooperationsklima auf die tatsächliche Kooperation hat und wie diese Konstrukte sich auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung auswirken. Es wird dabei angenommen, dass sich sowohl direkte Einflüsse des Klimas und des Schulleitungshandelns als auch über die Kooperationsformen vermittelte Einflüsse auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung identifizieren lassen. Höherwertige Kooperationsformen könnten aufgrund der aufwändigeren Durchführung und des stärkeren Eingriffs in die Autonomie tendenziell negativ wirken, während weniger anspruchsvolle Kooperationsformen zur Zufriedenheit auch durch den sozialen Austausch und die gegenseitige Absicherung beitragen.

4 Studiendesign und Stichprobe

Grundlage für die Analysen dieses Beitrags sind Daten, die im Rahmen von Befragungen der Besuche der Hamburger Schulinspektion entstanden sind. Der aufbereitete Datensatz (Graw-Krausholz und Tosana 2021) wurde durch das IfBQ (Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung der Freien und Hansestadt Hamburg) aufbereitet und den Autor*innen zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Vor dem Schulbesuch der Inspektion bekommen verschiedene Statusgruppen einer Schule einen Fragebogen zugesandt; im Fall der Pädagog*innen an einer Schule wird die Befragung als Online-Erhebung realisiert. In die Auswertung eingeflossen sind die Angaben von 1052 Personen, von denen 340 an Grundschulen (32,3 %), 203 an Gymnasien (19,3 %), 219 an beruflichen Schulen (20,8 %) und 290 an Stadtteilschulen (27,6 %)Footnote 1 tätig waren. Die Befragungen wurden im Schuljahr 2017/18 an Schulen im gesamten Stadtgebiet mit entsprechend divergierenden sozialräumlichen Bedingungen durchgeführt. In dem Jahr stellte das Themenfeld „Kooperation“ den Jahresschwerpunkt der Hamburger Schulinspektion dar. Da die Kooperation im Fokus steht, wird sowohl für das Schulklima als auch das Führungshandeln der Schulleitungen auf Skalen zurückgegriffen, die eine spezifische Ausrichtung auf Kooperationsfragestellungen haben.

Die Skalen zu den Kooperationsformen und den Voraussetzungen für Kooperation wurden in Anlehnung an die Arbeit von Fussangel (2008) sowie Drossel (2015) erfasst. Als Kooperationsvoraussetzungen wurden auf 4er-Likert-Antwortskalen die Variablen Schulleitungshandeln: strukturell (5 Items, α = 0,80; Bsp.: „Die Schulleitung fördert Kooperation im Kollegium im Rahmen von Fortbildungen.“) sowie Schulleitungshandeln: Personal (3 Items, α = 0,92; Bsp.: „Die Schulleitung motiviert uns zur Kooperation.“) erfasst. Zusätzlich wurden die Pädagog*innen hinsichtlich des schulischen Kooperationsklimas (8 Items, α = 0,88; Bsp.: „Im Kollegium herrscht ein vertrauensvolles Klima.“) als spezifische Form des Schulklimas befragt. Die tatsächlich angewandten Kooperationsformen werden durch vier Skalen operationalisiert, die jeweils mittels 5er-Antwortskalen die Häufigkeit der Durchführung erfragt haben. Austausch wird dabei aufgeteilt in schülerbezogenen Austausch (4 Items, α = 0,85; Bsp.: „Wir sprechen uns ab, wie wir gemeinsam einzelne Schülerinnen und Schüler fördern können.“) und unterrichtsbezogenen Austausch (4 Items, α = 0,80; Bsp.: „Ich verständige mich mit meinen Kolleginnen und Kollegen über Unterrichtsinhalte.“) unter Pädagog*innen. Daneben wurden die Synchronisation (3 Items, α = 0,79; Bsp.: „Um ein Feedback zu erhalten, führe ich mit Kolleginnen und Kollegen gegenseitige Unterrichtshospitationen durch.“) und die Ko-Konstruktion (5 Items, α = 0,86; Bsp.: „Ich erprobe mit den Kolleginnen und Kollegen gemeinsam neue Unterrichtsinhalte.“) erfragt. Mittels einer von Lipowsky et al. (2009) entwickelten Skala wurde überdies die Mitarbeiterbindung (4er-Likert-Antwortskala; 4 Items, α = 0,88; Bsp.: „Ich arbeite gerne an dieser Schule.“) erfasst, während die Operationalisierung der Arbeitszufriedenheit (4er-Likert-Antwortskala; 5 Items, α = 0,88; Bsp.: „Ich bin zufrieden mit den allgemeinen Arbeitsbedingungen an der Schule.“) einer von Leist et al. (2009) entwickelten Skala entstammt.

Zur Beantwortung der Forschungsfrage soll die prädiktive Wirkung der erhobenen Kooperationsskalen auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung in einem multiplen Regressionsmodell untersucht werden. Dabei wird auch die Abhängigkeit der Kooperationsformen von den schulischen Voraussetzungen mitbetrachtet, für die darüber hinaus auch direkte Pfade auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung modelliert werden.

5 Ergebnisse

Werden zunächst die Mittelwertausprägungen der erhobenen Konstrukte betrachtet, so zeigen durchgeführte Varianzanalysen, dass für sämtliche Skalen außer der Mitarbeiterbindung signifikante Unterschiede zwischen den Schulformen vorliegen. Auf eine komplette Darstellung der Post-Hoc-Tests wird aus Gründen der Übersichtlichkeit im Folgenden verzichtet, einzeln berichtete Gruppenvergleiche beziehen sich ausschließlich auf signifikante Unterschiede unter Annahme eines Bonferroni-korrigierten Signifikanzniveaus. Bei den Kooperationsvoraussetzungen (Klima, Schulleitungshandeln: Personal, Schulleitungshandeln: strukturell) sind diese an Grundschulen am günstigsten ausgeprägt und bleiben für alle Bereiche über dem theoretischen Skalenmittel von 2,5 (vgl. Tab. 1). Die Unterschiede zwischen den Gruppen reichen dabei von kleinen Effekten (d = 0,24 für Schulleitungshandeln: strukturell, Berufsschule < Stadtteilschule) bis zu sehr starken Effekten (d = 0,95 für Schulleitungshandeln: Personal, Grundschule > Gymnasium) in den Konventionen Cohen (1988). Insgesamt kann für alle Skalen eine Abstufung vorgenommen werden, die sowohl für das Schulleitungshandeln in Bezug auf die Kooperation als auch das Kooperationsklima die Grundschule vor den Stadtteilschulen und gefolgt von den beruflichen Schulen sieht, während die Werte für die Gymnasien hier am ungünstigsten ausfallen.

Tab. 1 Mittelwertvergleiche der erhobenen Konstrukte

Mit Blick auf die unterschiedlichen Kooperationsformen zeigt sich, dass sowohl die Werte zum schüler- als auch zum unterrichtsbezogenen Austausch über dem theoretischen Mittel von 3,0 liegen, während die Werte für die Synchronisation und Ko-Konstruktion erkennbar geringer ausgeprägt sind und somit deutlich weniger häufig praktiziert werden. Neben mitunter sehr starken Unterschieden zwischen den Schulformen (bis zu d = 0,97 für Austausch: Schüler, Grundschule > Berufsschule) lassen sich insbesondere zwischen Stadtteil- und Berufsschule kaum Unterschiede feststellen. Die befragten Pädagog*innen an Grundschulen wenden alle Kooperationsformen verstärkter im Vergleich mit den anderen Schulformen an, während insbesondere an Gymnasien mit Ausnahme des schülerbezogenen Austauschs die niedrigsten Werte zu verzeichnen sind.

Mit Blick auf die Mitarbeiterbindung lassen sich, wie oben erwähnt, keine Unterschiede feststellen. Auch für die Arbeitszufriedenheit liegen eher geringe Unterschiede mit kleinen bis mittleren Effektstärken vor (d = 0,26 für Grundschule > Gymnasium bis d = 0,41 bei Grundschule > Stadtteilschule), sodass sich etwas höhere Zufriedenheitswerte an den Grundschulen im Vergleich zu allen anderen Gruppen zeigen. Sowohl die Arbeitszufriedenheit als auch die Mitarbeiterbindung sind eher hoch ausgeprägt und liegen deutlich über dem theoretischem Skalenmittel von 2,5.

Das multiple manifeste Regressionsmodell zeigt deutlich die direkten Effekte der Voraussetzungen der Kooperation auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung. Die aufgeklärte Gesamtvarianz für die Arbeitszufriedenheit beträgt R2 = 0,37 und für die Mitarbeiterbindung R2 = 0,38. Signifikante Regressionskoeffizienten liefern dabei für die Arbeitszufriedenheit die beiden Skalen zum Schulleitungshandeln sowie das Kooperationsklima. Für die Mitarbeiterbindung spielen das Kooperationsklima und das Schulleitungshandeln für das Personal ebenfalls eine Rolle, die strukturellen Aspekte des Leitungshandelns bleiben jedoch ohne Effekt. Die Kooperationsformen werden im Modell ebenfalls durch die Voraussetzungen vorhergesagt, wobei die Varianzaufklärung zwischen R2 = 0,20 und R2 = 0,28 liegt. Das Kooperationsklima hat dabei durchgängig positive Effekte auf die Ausprägung der unterschiedlichen Kooperationsformen an einer Schule. Das Schulleitungshandeln ist ebenfalls für die Kooperation bedeutsam, beeinflusst jedoch lediglich die höherwertigen Kooperationsformen, während für den Austausch keine Unterschiede hierdurch zu erklären sind (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Regressionsmodell mit Mediatorvariablen. (Eingezeichnet sind nur die signifikanten Pfade mit den jeweiligen Regressionskoeffizienten)

Indirekte, über die verschiedenen Kooperationsformen vermittelte Effekte lassen sich entgegen der Annahme nur für den unterrichtsbezogenen Austausch nachweisen, der durch das Klima beeinflusst leicht positiv auf die Mitarbeiterbindung wirkt. Sämtliche andere Regressionspfade der Kooperationsformen auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung werden nicht signifikant. Dadurch zeigt sich deutlich der geringe Einfluss vor allem höherwertiger Kooperationsformen auf die Arbeitszufriedenheit und Mitarbeiterbindung.

6 Diskussion und Ausblick

Die Ergebnisse des Schulformvergleichs reihen sich zunächst grundlegend in den bereits bekannten Forschungsstand ein, können diesen jedoch stellenweise ergänzen. So zeigt sich ähnlich wie in anderen Studien (z. B. Ahlgrimm 2010; Holtappels et al. 2011) vor allem an Grundschulen eine stärker ausgeprägte Kooperation auf allen Niveaustufen, aber auch von den Pädagog*innen günstiger wahrgenommene Voraussetzungen für die Kooperation im Vergleich zu Schulen mit Sekundarstufe II. Dieses gilt insbesondere für das Schulleitungshandeln auf personaler Ebene mit sehr hohen Effektstärken.

Dass sich diese Voraussetzungen, wie im Regressionsmodell zu sehen, auch auf die tatsächliche Kooperation auswirken, bestätigt ebenfalls die bereits umfassende Befundlage zur Bedeutsamkeit von Schulleitungshandeln für die Kooperation (z. B. Meyer et al. 2020; van Schaik et al. 2020). Bemerkenswert ist jedoch, dass sich in der vorliegenden Studie der Nachweis erbringen lässt, wie differenziert Einflüsse vorliegen und wie unterschiedlich diese wirken: So ist grundlegend für alle Formen der Kooperation ein förderliches Klima vonnöten, während sich das konkrete Schulleitungshandeln in erster Linie auf die höherwertige Kooperation in Form von Ko-Konstruktion auswirkt. Hier wird deutlich, wie wichtig die Ermöglichung von bzw. Ermutigung zu kooperativem Handeln durch Schulleitungen ist, wenn intensive Zusammenarbeit etabliert werden soll. Für niedrigschwelligere Formen der Zusammenarbeit scheint ein explizites Aktivwerden der Schulleitung hingegen nicht zwingend erforderlich.

Die Annahmen zur Wirkung von Kooperation haben sich nur zum Teil bestätigt und können möglicherweise Teile der immer noch widersprüchlichen Befundlage, wie sie auch Massenkeil und Rothland (2016) skizzieren, erklären. Festzuhalten ist, dass Kooperation als solche – egal auf welcher Hierarchieebene angesiedelt – nicht per se zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und kaum zur Mitarbeiterbindung beiträgt. Die vorgestellten Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass es sich lohnt, den Nutzen von Kooperation im Sinne der Professionalisierung differenzierter zu betrachten als allgemein üblich. Die Positivzuschreibungen mit Blick auf eine mögliche verbesserte Unterrichtsqualität konnten in der vorliegenden Studie nicht überprüft werden. Die Annahme jedoch, dass vermehrte Kooperation positiv auf Arbeitszufriedenheit wirkt (z. B. Pietsch et al. 2016), scheint, wie oben dargestellt, hingegen fraglich. Da Arbeitszufriedenheit unter anderem mit der beruflichen Belastung im Zusammenhang steht (Turgut et al. 2014), ist hier mit Blick auf die Kooperation ebenfalls zu hinterfragen, ob diese in irgendeiner Weise beeinflusst wird. Lediglich der unterrichtsbezogene Austausch zeigt einen leicht prädiktiven Effekt für die Mitarbeiterbindung, während die übrigen Kooperationsformen wirkungslos bleiben. Dieses gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Erfassungsmodus der Kooperation in der vorliegenden Studie, die nicht nach der Einschätzung der Qualität der jeweiligen Kooperationsformen, sondern nach deren Durchführungshäufigkeiten gefragt hat. Dass vermehrte höherwertige Kooperationsaktivitäten keinerlei positiven Einfluss zeigen, ist ein potenzieller Indikator für die ambivalente Wirkung beziehungsweise auch die Bedeutsamkeit möglicher Belastungsfaktoren, wie sie Kuper und Kapelle (2012) beschreiben. Im Gegensatz dazu lässt jedoch das Schulleitungshandeln mit einer Varianzaufklärung von über 35 % deutliche Einflüsse auf die Zufriedenheit und Mitarbeiterbindung erkennen. Daher kann mit Bezug auf die vorliegenden Ergebnisse diskutiert werden, inwiefern die Kooperationsaktivitäten selbst für die Arbeitszufriedenheit wichtig sind, sondern ob möglicherweise vor allem die Schaffung von entsprechenden Voraussetzungen an den Schulen (unabhängig von deren tatsächlicher Nutzung) bedeutsam ist.

Auch wenn vor dem Hintergrund wachsender Anforderungen im Lehrer*innenberuf insbesondere multiprofessionelle Kooperation künftig einen immer größeren Stellenwert in der Schullandschaft haben wird (Gollub et al. 2021; Hochfeld und Rothland 2022), bleibt abzuwarten, inwiefern sich die daran geknüpften „Heilsversprechen“ tatsächlich bewahrheiten, wenn die Studienlage nach wie vor für beinahe alle Wirkungsfelder von Kooperation deutlich ambivalent erscheint (Massenkeil und Rothland 2016). Positiv gewendet kann jedoch andersherum festgehalten werden, dass in der vorliegenden Studie keine negativen Auswirkungen der Kooperation beobachtet werden konnten. Ebenso führt die – vermutlich stark zeitaufwändige – Ko-Konstruktion nicht zu einer geringeren Arbeitszufriedenheit bei den Lehrkräften. Wenn – und auch darüber kann an dieser Stelle nur spekuliert werden – mit ko-konstruktiven Prozessen jedoch zumindest ein partieller Kompetenzaufbau bei den Lehrkräften stattfinden sollte, wäre dies insgesamt ein positiver Effekt. Dies zu überprüfen, indem in folgenden Analysen weitere abhängige Variablen eingeführt werden, stellt eine fast zwingende Weiterführung der vorliegenden Studie dar. So könnten u. a. Auswirkungen auf die Unterrichtsgestaltung mit den Daten der Hamburger Schulinspektion erfasst werden, wobei durch die Logik des Inspektionsverfahrens hierfür sogar kriteriengeleitete externe Beurteilungen der Unterrichtsqualität vorliegen, wenn auf die Bewertungen durch das Inspektorat zurückgegriffen werden kann.