Hintergrund

Das Lipidmanagement zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse basiert auf 2 grundlegenden Prinzipien.

  1. 1.

    Es ist bekannt, dass Lipoproteine, die Apolipoprotein B-100 (ApoB) enthalten, eine ursächliche Rolle bei der Entstehung von Atherosklerose spielen.

  2. 2.

    Ihr Einfluss wirkt sich kumulativ aus.

Durch eine Verringerung dieser ApoB-tragenden Lipoproteine kann das Risiko für atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesenkt werden. Diese Risikoreduktion steht in einer log-linearen Beziehung zum absoluten Ausmaß der Lipidsenkung [1]. Daher spielen die Intensität der Behandlung und der Zeitpunkt der Therapie für die erzielte Risikoreduktion eine entscheidende Rolle. Diese Grundsätze werden oft auf „je niedriger, desto besser“ verkürzt, aber unser heutiges Verständnis des Lebenszeitrisikos hat sich weiterentwickelt, und die Implikationen der Hypothese der kumulativen Exposition gehen weit über dieses einfache Paradigma hinaus.

Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 (T2DM) haben ein 2fach höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse als die Allgemeinbevölkerung [2]. Bereits vor der klinischen Diagnose und dem Erreichen der Schwellenwerte für T2DM erhöht sich das Risiko bei Vorliegen eines Prädiabetes. Nach 10 Jahren T2DM-Manifestation ist es mit dem von Patienten mit prävalenter KHK (koronare Herzkrankheit) vergleichbar [2]. Patienten mit T2DM und KHK haben das höchste Risiko für Myokardinfarkte, mit einer Ereignisrate von 45 % innerhalb von 7 Jahren [3].

Effektives Lipidmanagement kann das Risiko durch atherogene Stoffwechselveränderungen, die mit T2DM einhergehen, mindestens teilweise kompensieren. Eine angemessene, absolute Senkung des Cholesterins in den ApoB-tragenden Lipoproteinen ist dabei entscheidend. Das relative Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis sinkt um etwa 1/5 pro 1 mmol/l Reduktion des LDL-Cholesterins (LDL‑C [LDL: „low density lipoprotein“]), unabhängig vom angewendeten Ansatz zur LDL-C-Senkung und der untersuchten Population [4].

Das relative Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis sinkt um etwa 1/5 pro 1 mmol/l LDL-C-Senkung

Bei den meisten Patienten ist der LDL-C-Wert ein guter Indikator für das Cholesterin in ApoB-tragenden Lipoproteinen. Allerdings repräsentiert er bei Patienten mit gemischter, diabetischer Dyslipidämie nicht ausreichend die Last der zirkulierenden atherosklerotischen Lipoproteine. Diese Form der Dyslipidämie zeichnet sich durch erhöhte Triglyzeride, verringertes HDL‑C (HDL: „high density lipoprotein“) und vermehrte triglyzeridreiche Lipoproteine (TRL) wie IDL („intermediate density lipoprotein“), VLDL („very low density lipoprotein“) und deren Remnants aus, die ebenfalls atherogen sind [5]. Das in diesen TRL transportierte Cholesterin wird auch als Remnantcholesterin (RC) bezeichnet [5]. Die LDL-C-Werte sind dabei in der Regel normal oder niedrig, wodurch das atherogene Risiko oft unterschätzt wird. Dies kann zu einer verzögerten und unzureichend intensiven lipidsenkenden Therapie führen, was in fortschreitender Atherosklerose und vermeidbaren klinischen Ereignissen münden kann. Aus diesem Grund wird in den europäischen Leitlinien und in den Praxisempfehlungen der DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft) empfohlen, bei der Behandlung von Patienten mit T2DM zusätzlich zum LDL‑C auch das Nicht-HDL‑C als Behandlungsziel zu berücksichtigen (Tab. 1; [6, 7]). Letzteres, berechnet aus dem Gesamtcholesterin abzüglich HDL‑C, beschreibt die Gesamtmenge an atherogenen Lipoproteinen (RC und LDL-C). Im Folgenden werden die zugelassenen lipidsenkenden Therapeutika und ihr Einsatz zur kardiovaskulären Prävention diskutiert.

Tab. 1 Risikokategorien und Zielwerte für Patienten mit Diabetes. (Adaptiert nach [7])

Therapien

Statine

Durch Hemmung der Cholesterinbiosynthese bewirken Statine, die sich in ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit (Tab. 2) unterscheiden, eine kompensatorisch erhöhte Expression von LDL-Rezeptoren und eine verbesserte Clearance von LDL‑C. Da die Mehrzahl der Patienten mit T2DM in die Kategorie mit hohem oder sehr hohem Risiko fällt und hier grundsätzlich eine 50 %ige Reduktion des LDL‑C empfohlen wird, sollte für eine Statinmonotherapie ein hochpotentes Statin (Atorvastatin ≥ 40 mg oder Rosuvastatin ≥ 20 mg) gewählt werden.

Tab. 2 Statinintensitäten

Obwohl Statine im Allgemeinen gut verträglich und sicher sind, können sie bei einigen Personen muskelbezogene Beschwerden verursachen. Eine Metaanalyse von 19 randomisierten, placebokontrollierten Studien ergab einen leichten Anstieg des Risikos für Muskelschmerzen und -schwäche um 7 % im ersten Behandlungsjahr mit Statinen [8]. Es wird jedoch angenommen, dass nur 1 von 15 Berichten über Muskelbeschwerden tatsächlich auf Statine zurückzuführen ist. Statinunverträglichkeit führt häufig dazu, dass entweder die Dosierung reduziert oder das Medikament abgesetzt wird, was zu einer unzureichenden Senkung der LDL- und RC-Werte führen kann. In solchen Fällen sollte eine alternative Kombinationstherapie in Erwägung gezogen werden.

Ezetimib

Sollten die LDL-C- und/oder Nicht-HDL-C-Zielwerte durch eine Statinmonotherapie nicht oder bei hohen Ausgangswerten nicht absehbar erreicht werden (Tab. 3), ist die Kombination mit Ezetimib empfohlen. Ezetimib, ein Hemmstoff der intestinalen Cholesterinabsorption, bindet an den NPC1L1-Cholesterin-Komplex (NPC1L1: „Niemann-Pick C1 like 1“) und verhindert dessen Endozytose durch den Enterozyten. Dadurch werden die intestinale Cholesterinaufnahme und folglich der zirkulierende LDL-C-Spiegel um 18–20 % gesenkt [9].

Tab. 3 Durchschnittliche placebokontrollierte prozentuale Veränderung der Lipidparameter durch zusätzliche lipidsenkende Medikamente

In der Studie IMPROVE-IT (Improved Reduction of Outcomes: Vytorin Efficacy International Trial) reduzierte die Kombination aus Simvastatin und Ezetimib kardiovaskuläre Ereignisse um 6 %, im Vergleich zur Simvastatinmonotherapie und proportional zur erzielten LDL-C-Senkung um 0,43 mmol/l [10]. Damit stimmen diese Ergebnisse mit den CTT-Schätzungen (CTT: Cholesterol Treatment Trialists) für die relative Risikoreduktion pro mmol/l LDL-C-Senkung überein.

Bempedoinsäure

Bempedoinsäure ist eine täglich einzunehmende Pro-Drug, die spezifisch in der Leber in ihre aktive Form umgewandelt wird und dort die Adenosintriphosphatzitratlyase (ACL), ein Enzym der Cholesterinbiosynthese, hemmt. Zusätzlich zur Statintherapie kann so der LDL-C-Spiegel um 18,1 % bzw. um 24,5 % ohne Statinhintergrundtherapie gesenkt werden [11, 12].

Bempedoinsäure erhöht außerdem die AMPK-Aktivität (AMPK: adenosinmonophosphataktivierte Proteinkinase), was die Glukoneogenese, die Fettsäure- und Cholesterinsynthese hemmt [13]. Eine verminderte AMPK-Aktivität steht zudem im Zusammenhang mit Insulinresistenz. Laut in-vivo-Studien jedoch ist der primäre Weg, der zur Reduktion von LDL‑C und Atherosklerose beiträgt, die Hemmung der ACL [14]. Dennoch könnten weitere Untersuchungen zur potenziell schützenden Wirkung von Bempedoinsäure und ihrer Fähigkeit, AMPK bei Personen mit T2DM und Prädiabetes zu aktivieren, sinnvoll sein.

In der CLEAR-Outcomes-Studie wurde durch die Behandlung mit Bempedoinsäure im Vergleich zu Placebo eine 13 %ige Reduktion des primären Endpunkts, bestehend aus kardiovaskulärem Tod, nichttödlichem Herzinfarkt, nichttödlichem Schlaganfall oder koronarer Revaskularisation, erzielt [15]. Es wurden keine Anzeichen für eine Verschlechterung oder ein erhöhtes Risiko für T2DM festgestellt. Tatsächlich waren die Raten des Fortschreitens von Prädiabetes zu T2DM in der mit Bempedoinsäure behandelten Gruppe mit 4,5 % im Vergleich zu den Patienten, die Placebo erhalten hatten, mit 5,9 % numerisch geringer [15].

Bislang hat sich Bempedoinsäure als sicher und gut verträglich erwiesen [11, 15]. Ein leichter Anstieg der Harnsäure und ein häufigeres Auftreten von Gicht (1,2 % gegenüber 0,3 %) wurden in der mit Bempedoinsäure behandelten Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe festgestellt.

Auf Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) ausgerichtete Therapien

Monoklonale Antikörper gegen Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 – Alirocumab und Evolocumab

Monoklonale Antikörper gegen PCSK9, wie Alirocumab und Evolocumab, binden an das zirkulierende PCSK9 und verhindern seine Interaktion mit LDL-Rezeptoren und -Partikeln. Dadurch wird der PCSK9-induzierte Abbau der LDL-Rezeptoren gehemmt, und deren Anzahl auf der Zelloberfläche erhöht sich. In Studien wurde nachgewiesen, dass diese gegen PCSK9 gerichteten Antikörper den LDL-C-Spiegel signifikant senken können. Die Behandlung erfolgt durch subkutane Injektion alle 2–4 Wochen. Alirocumab senkt den LDL-C-Spiegel um etwa 59,6–69,1 %, während mit Evolocumab eine Senkung von 63–75 % erreicht wird.

Gegen PCSK9 gerichteten Antikörper können den LDL-C-Spiegel signifikant senken

Studien wie ODYSSEY OUTCOMES und FOURIER (28,8 % bzw. 40 % Teilnehmer mit Diabetes mellitus) ergaben, dass die Reduktion des LDL-C-Spiegels mit diesen Antikörpern kardiovaskuläre Ereignisse reduzieren kann [16, 17].In beiden Studien waren die erreichten prozentualen LDL-C- und Nicht-HDL-C-Senkungen und die relative Risikoreduktion bei Patienten mit und ohne Diabetes ähnlich. Allerdings war die absolute Risikoreduktion für kardiovaskuläre Ereignisse mit Alirocumab bei Patienten mit vs. ohne Diabetes etwa 2‑mal höher. Auf der Grundlage der Ergebnisse der FOURIER-Studie müssten demnach 37 Patienten mit Diabetes 3 Jahre lang mit Evolocumab behandelt werden, gegenüber 62 Patienten ohne Diabetes, um ein schwerwiegendes kardiovaskuläres Ereignis zu verhindern.

Beide verfügbaren monoklonalen Antikörper erwiesen sich als sicher und gut verträglich, Alirocumab auch bei simultaner Insulinbehandlung [18]. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren Hautausschläge an der Injektionsstelle, und es war kein Anstieg des Auftretens von Diabetes festzustellen [19, 20].

„Small-interfering“ Ribonukleinsäure (siRNA) gegen Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 – Inclisiran

Inclisiran ist eine subkutan zu verabreichende siRNA, die gegen PCSK9 gerichtet ist. Durch RNA-Interferenz wird die Produktion von PCSK9 in der Leber langanhaltend auf Ebene der Proteintranslation gehemmt. Im Gegensatz zu monoklonalen Antikörpern reduziert Inclisiran daher sowohl intra- als auch extrazelluläre PCSK9-Spiegel und erfordert weniger häufige Verabreichungen. Durch halbjährliche Injektionen kann so eine kontinuierliche 50 %ige Reduktion des LDL‑C erzielt werden [21].

Im Vergleich zu oral einzunehmenden Medikamenten mit täglicher Einnahme führt Inclisiran zu einer geringeren intraindividuellen LDL-C-Variabilität. Dadurch könnte es im Vergleich zu anderen Therapien mit ähnlicher prozentualer LDL-C-Senkung, aber höherer inhärenter Variabilität (wie hochdosierten Statinen) eine noch stärkere Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse erreichen [22, 23].

Die laufende ORION-4-Studie mit etwa 15.000 Teilnehmern wird Aufschluss über den kardiovaskulären Nutzen von Inclisiran liefern. Die ersten Ergebnisse werden für 2026–2027 erwartet. Zudem wird in der VICTORION-2 PREVENT-Studie, welche voraussichtlich im Jahr 2027 abgeschlossen sein wird, der kardiovaskuläre Nutzen von Inclisiran bei Teilnehmern mit etablierter kardiovaskulärer Erkrankung untersucht.

Fibrate

Sie werden seit den 1960er-Jahren eingesetzt und waren in der Prästatinära das wichtigste Mittel zur Lipidkontrolle. In der modernen Lipidtherapie spielen sie aktuell eine untergeordnete Rolle.

Fibrate sind aktivierende Liganden für den peroxisomenproliferatoraktivierten Rezeptor‑α (PPAR-α). Sie erhöhen die Lipoproteinlipolyse, die Aufnahme und Umwandlung von Fettsäuren in Acyl-CoA (CoA: Koenzym A) und verbessern die Entfernung von LDL- sowie die Anzahl der HDL-Partikel. Zudem verringern sie den Austausch von Cholesterinestern und Triglyzeriden zwischen VLDL und HDL. Insgesamt führt dies je nach gewähltem Fibrat zu einer Senkung von TG und LDL‑C um bis zu 50 % bzw. 20 % und zu einem Anstieg des HDL‑C um < 20 % [24]. Bei Patienten mit T2DM war der Effekt auf die TG-Senkung und den HDL-C-Anstieg mit 20 % bzw. 5 % allerdings weniger ausgeprägt [25, 26].

Der potenzielle Nutzen von Fibraten zur kardiovaskulären Risikoreduktion muss insgesamt weiter erforscht und bestätigt werden

In 2 Studien (The Veterans Affairs High-Density Lipoprotein Cholesterin Intervention Trial und Helsinki Heart Study) wurde eine signifikante Verringerung des kardiovaskulären Risikos durch Gemfibrozil nachgewiesen, unabhängig von der Senkung der TG-Konzentration [27]. In FIELD (Fenofibrate Intervention and Event Lowering in Diabetes) und ACCORD (Action to Control Cardiovascular Risk in Diabetes) wurden jedoch keine Auswirkungen auf das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit Diabetes festgestellt, außer bei Teilnehmern mit hohen Triglyzerid- und niedrigen HDL-C-Werten [25, 26]. Die jüngste Studie, PROMINENT mit Pemafibrat, wurde aufgrund mangelnder Wirksamkeit vorzeitig abgebrochen, jedoch ohne nennenswerte Sicherheitsbedenken [28].

Der potenzielle Nutzen von Fibraten zur kardiovaskulären Risikoreduktion muss insgesamt weiter erforscht und bestätigt werden.

Omega-3-Fettsäuren

Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaen- (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) werden in Dosen von 2–4 g/Tag zur Senkung der TG verwendet, haben aber nur minimale Auswirkungen auf die HDL-C- und LDL-C-Konzentration. Ihre genaue Wirkungsweise ist noch unbekannt, könnte jedoch teilweise auf die Aktivierung von PPAR und die verringerte Sekretion von ApoB zurückzuführen sein.

In REDUCE-IT (Reduction of Cardiovascular Events with EPA-Intervention Trial), an der Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes und erhöhten TG-Spiegeln teilnahmen, verringerten 4 g EPA das Risiko schwerer kardiovaskulärer Ereignisse um 25 % [29]. Interessanterweise waren die TG-Senkungen moderat, und der Nutzen stand in keinem Verhältnis zu diesen. Es bestehen jedoch weiterhin Bedenken hinsichtlich des Ausmaßes der Wirkung, da das gewählte Placebo, ein Mineralöl, im Verdacht steht, mit Atherosklerose assoziierte entzündliche Biomarker zu erhöhen und die Aufnahme von Statinen zu verschlechtern, was möglicherweise einen Anstieg des LDL‑C in der Placebogruppe bewirkte [30]. Insgesamt würde dies die Ergebnisse zugunsten von EPA verfälschen. Ein signifikanter Vorteil für EPA bleibt jedoch auch nach statistischer Bereinigung um diese potenziellen Probleme in der Placebogruppe bestehen. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse der EVAPORATE-Studie mittels koronarer computertomographischer Angiographie ebenfalls darauf hin, dass Icosapentethyl das Fortschreiten der Atherosklerose in den Koronararterien verlangsamt und möglicherweise eine Plaqueregression bewirkt [31].

Die aktuellen Daten deuten auf mögliche positive Auswirkungen von gereinigtem EPA in hohen Dosen hin

In einer weiteren randomisierten, placebokontrollierten Studie, STRENGTH (Outcomes Study to Assess STatin Residual Risk Reduction with EpaNova in HiGh CV Risk PatienTs with Hypertriglyceridemia), wurde eine Mischung aus n-3-Fettsäuren (EPA und DHA) im Vergleich zu Maisöl untersucht [32]. Im Gegensatz zu REDUCE-IT konnte in dieser Studie kein positiver Effekt auf die Reduktion des CVD-Risikos (CVD: kardiovaskuläre Erkrankung [„cardiovascular disease“]) durch Omega-3-Fettsäuren festgestellt werden. Diese uneinheitlichen Ergebnisse lassen sich teilweise durch die Unterschiede in der Molekularstruktur und den Wirkungen von EPA und DHA erklären. Letztere könnte sich nachteilig auf kardiovaskuläre Ereignisse auswirken und die positive Wirkung von EPA in STRENGTH aufheben. Außerdem könnten die in STRENGTH erreichten EPA-Serumspiegel unzureichend sein, da in einer Metaregression eine dosisabhängige Risikoreduktion für EPA festgestellt wurde [33]. Interessanterweise ergab eine bivariate Metaregression, die sowohl EPA als auch DHA einschloss, dass EPA, nicht aber DHA, das Risiko für einen nichttödlichen Myokardinfarkt verringerte.

Daher deuten die aktuellen Daten auf mögliche positive Auswirkungen von gereinigtem EPA in hohen Dosen hin, die über die Verringerung von Lipidparametern hinausgehen, aber nicht für Omega-3-Fettsäure-Mischungen gelten. In Deutschland wurde Icosapentethyl (Vazkepa®) aus Kostengründen vom Zulassungsinhaber Amarin im September 2022 vom Markt genommen.

Fazit für die Praxis

  • Laut genetischer Studien und pharmakologischer Therapien spielen ApoB-tragende (ApoB: Apolipoprotein B‑100) Lipoproteine eine wichtige Rolle bei der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen (CVD).

  • Die Wahl der Behandlung erfolgt nach Bedarf der angestrebten LDL‑C (LDL: „low density lipoprotein“, C: Cholesterin) bzw. Nicht-HDL-C-Reduktion (HDL: „high density lipoprotein“), wobei Kosten, Sicherheit und Patientenpräferenzen zu berücksichtigen sind.

  • Statine sind die bevorzugte Erstlinientherapie, aber bei Typ-2-Diabetes (T2DM) kann eine initiale Kombination aus Statin und Ezetimib sinnvoll sein.

  • Die Zugabe von Bempedoinsäure und ggf. PCSK9-Hemmern (PCSK9: Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9) sollte bei Nichterreichen der Zielwerte in Betracht gezogen werden.

  • Ein effektives Lipidmanagement spielt für die CVD-Risikoreduktion bei T2DM eine entscheidende Rolle.

  • Die Prävention durch effektives Lipidmanagement verbessert die Lebensqualität und -dauer von Menschen mit T2DM.