Die Notfallmedizin unterliegt nicht nur in der konkreten Patientenversorgung, sondern auch als interdisziplinär und intersektoral agierende Disziplin in ihrer Stellung und Entwicklung einer großen Dynamik. Als führende deutschsprachige notfallmedizinische Fachzeitschrift spiegelt Notfall+Rettungsmedizin den Anspruch seiner Leserinnen und Leser auf ein aktuelles und breit gefächertes inhaltliches Angebot wider. Leitlinien und CME-Beiträge vermitteln ein fundiertes fachliches Grundgerüst, ergänzt durch prägnante Kasuistiken. Originalien bieten einen blitzlichtartigen Einblick in aktuelle Forschungsprojekte und neueste wissenschaftliche Informationen.

„Konzepte – Stellungnahmen – Perspektiven“ schließlich ist eine Rubrik, die in besonderer Art und Weise aktuelle – häufig noch nicht abgeschlossene – Weiterentwicklungen und Diskussionen innerhalb der Notfallmedizin widerspiegelt. Mit einem Anteil von etwa 10 % aller frei eingereichten veröffentlichten Beiträge ist sie nicht nur umfangsmäßig bedeutend. Innerhalb dieser Rubrik wurden in den letzten Jahren zahlreiche Beiträge publiziert, die nicht nur innerhalb der Notfallmedizin, sondern auch in der Öffentlichkeit und Politik fortgesetzt beträchtliche Aufmerksamkeit und Interesse generiert haben. Stellvertretend seien dazu das „Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Prähospitalphase und in der Klinik“ [1], die „Empfehlungen zum strukturierten Übergabeprozess in der zentralen Notaufnahme als Konsensuspapier“ von DGINA, DIVI, BAND, BV-AELRD, VDF, AGBF, DBRD, DRK, MHD, JUH, ASB, FALCK, APS, ABNP, DRF und ADAC [2] sowie das „Positionspapier für eine Reform der medizinischen Notfallversorgung in deutschen Notaufnahmen“ [3] genannt.

Uns als Herausgeberinnen und Herausgeber (Infobox 1) der Rubrik ist es ein großes Anliegen, dass die eingereichten Beiträge durch unsere Ersteinschätzung, Koordination der Begutachtung und letztendliche Freigabe zur Publikation für Sie, liebe Leserinnen und Leser, so praxisnah und informativ wie möglich werden. Ein ganz besonderer Dank geht dabei einerseits an die Autorinnen und Autoren, die durch ihre Arbeit wichtiges Know-how und erarbeitete Errungenschaften festhalten und mit uns und Ihnen teilen. Andererseits ist diese Arbeit ohne die Expertise zahlreicher Gutachterinnen und Gutachter, die viel der eh schon knapp bemessenen Zeit und Energie darauf verwenden, den Beiträgen den letzten Schliff zu geben, kaum denkbar. Ihnen allen an dieser Stelle einen herzlichen Dank.

Die aktuelle Ausgabe von Notfall+Rettungsmedizin umfasst einige der noch nicht abgedruckten Beiträge, die wir Ihnen besonders ans Herz legen. Im Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) von 2018 zur Einführung eines gestuften Systems von Notfallstrukturen in Kliniken stellen zentrale Notaufnahmen (ZNA) einen entscheidenden Pfeiler für die Sicherstellung und Weiterentwicklung der klinischen Akut- und Notfallmedizin dar. Die Strukturen von Notaufnahmen sind historisch bedingt nicht einheitlich. Allerdings kommt vor allem mit zunehmender Größe von Kliniken und ZNA einer eigenen stationären Kapazität innerhalb von ZNA eine wichtige Rolle für die Steuerung der Patientenströme und die Entlastung nachgelagerter Versorgungsstrukturen zu. In ihrem Beitrag „Definition der bettenführenden Station einer Notaufnahme: Expertenkonsensusempfehlungen für klinische Akut- und Notfallmedizin“ [5] geben Guido Michels, Christian Wrede, Hans-Jörg Busch, Matthias Brachmann, Martin Pin, Harald Dormann, Martin Möckel u. Christoph Dodt wichtige Empfehlungen und Orientierungshilfen für die Strukturierung solcher bettenführender Einheiten. Sie differenzieren dabei Beobachtungs- von Aufnahmestationen, wobei erstere der Überwachung und Kurzzeittherapie potenziell bis moderat kritisch Kranker dienen, letztere der Abklärung und Therapie nichtkritisch Kranker mit Indikation einer weiteren Versorgung auf Normalstation. Entsprechende Stationen in ZNA haben dabei nicht nur aus medizinischen und organisatorischen Gründen (unter anderem Vermeidung des „crowding“ der ZNA) ihre Berechtigung, sondern auch aus ökonomischer Sicht.

Besonderer Dank geht an die Autorinnen und Autoren sowie die Gutachterinnen und Gutachter

Computergestützte Ersteinschätzungs- bzw. Triagesysteme sind in den Notaufnahmen mittlerweile weithin etabliert und akzeptiert, stoßen allerdings hinsichtlich der Treffsicherheit an ihre Grenzen, vor allem bezüglich der Prädiktion klinisch relevanter Endpunkte. In ihrem Beitrag „Some machine’s doin’ that for you – elektronische Triagesysteme in der Notaufnahme“ [4] zeigen Sylvia Schacher, Malte Kuehl u. Ingo Gräff, welche Optimierungsmöglichkeiten diesbezüglich die Verfahren des maschinellen Lernens, des „natural language processing“ bzw. der künstlichen Intelligenz bieten und welch hohe Bedeutung dabei anderen laufenden Digitalisierungsprojekten, wie einer flächendeckenden elektronischen Patientenakte und digitalen Notfallregistern, zukommt.

In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Anwendungen der venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (VA-ECMO oder „extracorporeal life support“ [ECLS]) für Patienten mit Herz-Kreislauf-Versagen deutlich zugenommen. Obwohl die Anwendungen von ECLS/ECMO in den letzten wenigen Jahren weiter gestiegen sind, existieren kaum randomisierte, kontrollierte Studien oder evidenzbasierte Leitlinien zum Einsatz der ECLS/ECMO-Therapie. In ihrem Beitrag „Einsatz der extrakorporalen Zirkulation (ECLS/ECMO) bei Herz- und Kreislaufversagen (AWMF-S3-Leitlinie): Bedeutung für die präklinische und klinische Notfallmedizin“ [6] beleuchten die Autoren Guido Michels, Stephan Ensminger, Alexander Assmann, Christof Schmid, Karl Werdan, Malte Kelm, Andreas Beckmann u. Udo Boeken aus der S3 Guideline Group spezifische Aspekte zur ECMO mit der zugrunde liegenden Evidenz und leiten hieraus spezifische Empfehlungen ab. Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass die Entscheidung bezüglich einer ECLS/ECMO-Initiierung nach Abwägung von Pro- und Kontrakriterien individuell, im klinischen Kontext und im multiprofessionellen ECLS-Team erfolgen soll. Unabdingbar sind zudem eine strukturierte Ausbildung und hinreichende klinische Erfahrung des gesamten ECLS/ECMO-Teams. Die Kommunikation zwischen Präklinik und Klinik schließlich ist ein weiterer Schlüssel zum Erfolg.

Wir laden hiermit alle potenziellen Autorinnen und Autoren ein, sich zu beteiligen und für die Leserschaft interessante Inhalte und Erkenntnisse in der Rubrik „Konzepte – Stellungnahmen – Perspektiven“ vorzustellen.

FormalPara Infobox Herausgeberinnen und Herausgeber der Rubrik „Konzepte – Stellungnahmen – Perspektiven“
  • Prof. Dr. Michael Baubin (Beauftragter Qualitätsmanagement ÄLRD-Team des Landes Tirol)

  • Bernhard Gliwitzky (Groß, Gliwitzky & Schädler MegaMed GbR)

  • Prof. Dr. Jochen Hinkelbein (Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin – Johannes Wesling Klinikum Minden)

  • Prof. Dr. Dr. Alex Lechleuthner (Technische Hochschule Köln – Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr)

  • Dr. Bernd A. Leidel (Charité – Universitätsmedizin Berlin – Campus Benjamin Franklin – Notfallmedizin)

  • PD Dr. Thomas Luiz (Fraunhofer IESE – Digital Healthcare)

  • Prof. Dr. Hartwig Marunga (MSH Medical School Hamburg GmbH – Studiengang Rescue Management)

  • Dr. Stefan Poloczek (Bundesministerium für Gesundheit, Berlin)

  • Dr. Sylvia Schachera (Ev. Krankenhaus Köln-Kalk – Klinik für Notfallmedizin)

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