Die Bedeutung der Wirbelkörperfraktur in der älteren Bevölkerung wird durch epidemiologische Daten vom Ende des letzten Jahrtausends eindeutig belegt [7]. Sie ist die häufigste klinische Manifestation der Osteoporose und bleibt eher unterdiagnostiziert, 1/3 dieser Frakturen werden nicht erkannt.

In der Altersgruppe der 50- bis 79-Jährigen beträgt die jährliche Inzidenz einer Wirbelkörperfraktur für Frauen 1 % und für Männer 0,6 % [16, 21]. In Deutschland sind derzeit mehr als 33 Mio. Menschen über 50 Jahre alt. Somit ist jährlich mit etwa 250.000 osteoporoseassoziierten Wirbelkörperfrakturen zu rechnen – mit steigender Tendenz.

Neben der konservativen Therapie zur Schmerzreduktion, Remobilisation und Behandlung der Osteoporose können schmerzgeplagte Patienten von minimalinvasiven Techniken zur operativen Stabilisierung profitieren. In Deutschland wurden 2011 im Rahmen stationärer Behandlungen 34.065 Osteoplastien an Wirbelkörpern vorgenommen (6690 Vertebroplastien, 27.375 Kyphoplastien), davon etwa 30.000 bei osteoporoseassoziierten Wirbelkörperfrakturen [24]. Jedoch reicht nicht in jedem Fall eine alleinige Zementaugmentation aus.

Bei der Versorgung von Wirbelkörperfrakturen des Älteren sind besondere Kriterien zu beachten. Neben der Frage der Instabilität müssen insbesondere die Knochenqualität und der Allgemeinzustand des Patienten berücksichtigt werden. Der Verankerung von Osteosynthesematerialien im osteoporotischen Knochen sind enge Grenzen gesetzt. Die aufwändige ventrale Rekonstruktion mit Wirbelkörperersatz muss dem Ausnahmefall vorbehalten sein – aktiven Patienten in gutem Allgemeinzustand und mit nicht allzu schwerem Osteoporosegrad.

Die Entscheidung, wann welche Strategie zum Einsatz kommt, ist nicht immer einfach, allgemeingültige Kriterien sind noch nicht gesichert. Die AG (Arbeitsgemeinschaft) Wirbelsäule der DGU (Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie) bemühte sich über die letzten Jahre, eine neue Klassifikation für osteoporotische Frakturen und Empfehlungen zur Therapie zu erarbeiten, die zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Arbeit allerdings noch nicht publiziert waren. Diesbezüglich bleiben die Entwicklungen der nächsten Jahre abzuwarten. Von wesentlicher Bedeutung scheint zu sein, zwar einerseits keine Überbehandlung vorzunehmen, andererseits aber auch instabile Frakturen nicht allein mit einer Zementaugmentation insuffizient zu versorgen.

Moderne Operationstechniken wie die Zementaugmentation, perkutane Fixateurtechniken und zementaugmentierte Pedikelschrauben kommen für die Patienten vorteilhaft zum Einsatz [2].

Diagnostik

Auch wenn in der Praxis bei Rückenschmerzen ohne Trauma häufig zunächst eine MRT-Aufnahme (MRT: Magnetresonanztomographie) vorliegt, stellt doch die klassische Röntgendiagnostik in 2 Ebenen immer noch die primäre Grundlage dar. Im Rahmen der MRT spielt die STIR-Sequenz (STIR: „short-time-inversion-recovery“) eine besondere Rolle, mittels welcher frische Frakturen von älteren Läsionen differenziert werden können.

Im Rahmen der Untersuchungen innerhalb der AG Wirbelsäule der DGU konnte die Bedeutung der CT (Computertomographie) zur Differenzierung von Instabilitätsgraden herausgestellt werden.

Im Verlauf ist eine Röntgenuntersuchung im Stehen wichtig, um Instabilitäten zu detektieren und ggf. im Rahmen einer Wirbelsäulenganzaufnahme die sagittale Balance zu beurteilen.

Die Routinediagnostik muss eine Knochendichtemessung beinhalten, nicht nur um die Knochenqualität z. B. als Vorbereitung zur Operation beurteilen, sondern v. a. auch um medikamentöse Maßnahmen zur Osteoporosetherapie einleiten zu können.

Klassifikation

Grundlegend ist die AO-Klassifikation (AO: Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen, nach Magerl et al. [19]) einzusetzen. Die Fraktur beim Älteren lässt sich aber hierüber nicht immer ausreichend definieren. Neue Klassifikationen befinden sich daher in der Entwicklung. Wesentlich erscheint die Differenzierung zwischen

  • der osteoporotisch bedingten Fraktur und

  • der instabilen Fraktur bei osteoporotischem Knochen,

da sie komplett unterschiedliche Therapiekonzepte erfordern.

Die osteoporotisch bedingte Fraktur bedarf keines adäquaten Traumas, sie entsteht mehr oder weniger spontan oder nach einem Bagatellereignis. In diesen Fällen sind konservative Maßnahmen initial führend, die Leitlinien der DVO (Dachverband Osteologie e.V., [6]) können im Hinblick auf die Operationsindikationen Beachtung finden.

Instabile Frakturen bei Osteoporose entstehen regelhaft bei aktiven Patienten nach adäquatem Trauma. Sie bedürfen oft der raschen Einleitung einer operativen Behandlung, um einer länger dauernden Immobilität vorzubeugen. In Verlaufskontrollen bei konservativer Behandlung zeigt sich in diesen Fällen häufig eine enorme Dynamik bezüglich Wirbelkörpersinterung und kyphotischer Fehlstellung. Die reine Zementaugmentation des betroffenen Wirbelkörper reicht regelhaft nicht aus, sondern es muss ergänzend eine dorsale Instrumentierung zum Einsatz kommen. Die erhöhte Stabilität von multisegmentalen Versorgungen oder zementaugmentierter Pedikelschrauben sollte genutzt werden.

Besonderheiten der Bandscheibe im Alter

Gerade im deutschsprachigen Raum wird der destruierten Bandscheibe nach Berstungsbrüchen eine große Bedeutung beigemessen und die Indikation zur Rekonstruktion der vorderen Säule großzügig gestellt, um sekundären kyphotischen Fehlstellungen vorzubeugen [3, 9]. Die zunehmende Degeneration der Bandscheibe mit Sklerosierung und Verschmälerung hat bei Älteren zur Folge, dass komplett andere Prinzipien gelten und der Verzicht auf die ventrale Rekonstruktion nicht zum Nachteil der Patienten führt.

Therapie

Konservative Behandlung

Der überwiegende Großteil der Patienten wird ambulant in der niedergelassenen Praxis behandelt. Die oben beschriebene initiale Diagnostik wird durch Verlaufskontrollen ergänzt. Die erhebliche Schmerzsymptomatik wird initial eine reduzierte Mobilität nach sich ziehen, verlängerte Bettruhen sollten allerdings unbedingt durch eine adäquate Schmerzreduktion vermieden werden. Zwar können Orthesen an eine korrekte Haltung erinnern und möglicherweise Schmerzen reduzieren, werden allerdings von den Patienten nur selten konsequent getragen. Bei der Verordnung von Schmerzmitteln ist unbedingt an die Interaktion mit der regelhaft bereits ausgiebig vorhandenen Medikation zu denken. Bei starker Beschwerdesymptomatik und entsprechend hoher Schmerzmittelgabe wird eine stationäre Behandlung unausweichlich sein.

Eine adäquate Osteoporosetherapie ist einzuleiten.

Operative Therapie

Indikation

Gemäß DVO-Leitlinie von 2009 [6] ist zunächst eine konservative Behandlung einzuleiten, hiervon kann allerdings bei entsprechender Begründung und Dokumentation abgewichen werden. Es ist zu erwarten, dass in der neuesten Fassung der DVO-Leitlinie keine Mindestzeit der konservativen Behandlung mehr einzuhalten ist, diese lag bei Fertigstellung dieser Arbeit jedoch noch nicht in ihrer endgültiger Fassung vor.

Wesentliche Kriterien, die zur operativen Therapie führen, sind der auch bei adäquater Schmerzmedikation immobilisierende Schmerz und die zunehmende Sinterung/Destruktion/Fehlstellung des betroffenen Wirbelkörpers oder Segments.

Vertebroplastie/Kyphoplastie

Die perkutane Vertebroplastie diente bei ihrer Erstanwendung im Jahre 1987 zur Behandlung von symptomatischen Wirbelkörperangiomen. Später wurde die Indikation auf osteoporotische und tumorbedingte Wirbelkörperfrakturen ausgeweitet [20, 26].

Die Ballonkyphoplastie wurde 1998 von Wong et al. [26] entwickelt: Durch das Auffüllen eines Ballons im Wirbelkörper kann dieser aufgerichtet werden, in die präformierte Höhle wird Zement eingefüllt [4]. Durch dieses Verfahren können signifikante Korrekturen des posttraumatischen Kyphosewinkels erzielt werden [5]. Inwiefern dies zu einem langfristigen Benefit der Patienten führen kann, ist allerdings bislang nicht nachgewiesen [7].

Vorteilhaft bei der Kyphoplastie ist die deutliche Reduktion von ungewollten komplikationsbehafteten Zementaustritten im Vergleich zur Vertebroplastie [8]. Beide Methoden führen zu einer raschen signifikanten Schmerzreduktion bei zuvor unbeherrschbaren Schmerzzuständen und somit zur gewollten frühen Mobilisation der Patienten [1, 12, 25]. Auch wenn in 2 Studien mit auf den ersten Blick überlegenem randomisiertem Design keine Überlegenheit der Vertebroplastie gegenüber einer lokalen Schmerzmedikation gezeigt werden konnte [14], bestehen laut alltäglicher klinischer Erfahrung doch erhebliche Vorteile, was mittlerweile auch durch eine randomisierte Studie zumindest für die Ballonkyphoplastie belegt werden konnte [15, 25].

Das Thema der Anschlussfrakturen wird in der Literatur heftig diskutiert und führte bereits bei manchen Arbeitsgruppen dazu, konsequent im Rahmen der Erstbehandlung mehrere, auch unbetroffene Wirbelkörper zu zementieren [11, 20]. Dies ist sicherlich nicht ohne weiteres zu befürworten. Es kann allerdings sinnvoll sein, im Bereich von ausgeprägteren Kyphosen oder bei bereits bestehender Deformierung einen angrenzenden Wirbelkörper ebenfalls in gleicher Sitzung mit zu stabilisieren. Der positive Effekt durch den Einsatz semirigider Implantate wird in diesem Zusammenhang zwar ebenfalls diskutiert, wissenschaftliche Hinweise hierfür konnten aber bislang nicht erbracht werden [16]. Bei der Ex-post-Betrachtung liegt häufig bereits initial eine Schädigung/Veränderung des dann von einer sog. Anschlussfraktur betroffenen Wirbelkörpers vor. Gerade in diesem Zusammenhang ist die Bedeutung des MRT nochmals hervorzuheben [22].

In jedem Fall stellen Vertebroplastie und Kyphoplastie eine wertvolle operative Behandlungsoption dar, um bei osteoporotischen Frakturen ohne das Vorliegen von Instabilitätskriterien eine rasche Schmerzreduktion und damit Mobilisation der betroffenen Patienten erzielen zu können ([2, 25], Fallbeispiel 1, Abb. 1).

Fallbeispiel 1

Bei dem in Abb. 1 dargestellten Fall handelt es sich um eine 68-jährige Frau mit einer rheumatoiden Arthritis als Grunderkrankung, die u. a. mit 35 mg Prednisolon pro Tag behandelt wurde. Während der Rehabilitation ereignete sich beim Umsetzen zur Therapie ein Sturz. In der konventionellen Röntgenuntersuchung wurde eine L1-Fraktur (L: lumbal) festgestellt (Abb. 1 a,b). Im CT konnte diese als inkompletter Berstungsbruch (AOA3.1) mit geringer Hinterkantenbeteiligung klassifiziert werden (Abb. 1 c,d). Die MRT zeigte in der STIR-Sequenz das Vorliegen einer frischen Fraktur (Abb. 1 e). Mittels Knochendichtemessung konnte der Osteoporosegrad (tmax = − 4,0) quantifiziert werden (Abb. 1 f). Die Verletzung wurde mittels Ballonkyphoplastie unter Bildwandlerkontrolle versorgt (Abb. 1 g,h), intraoperativ konnte mittels 3D-Scan ein Zementaustritt ausgeschlossen werden (Abb. 1 i–k). Die postoperative Verlaufskontrolle im Stehen ergab eine regelrechte Versorgung (Abb. 1 l,m), und die Patientin wurde am 2. postoperativen Tag vollmobilisiert in die Rehabilitationsklinik zurückverlegt.

Abb. 1
figure 1figure 1

Fallbeispiel 1, a,b konventionelles Röntgen: L1-Fraktur, c,d Computertomographie: inkompletter Berstungsbruch mit geringer Hinterkantenbeteiligung, e Magnetresonanztomographie: Vorliegen einer frischen Fraktur, f Knochendichtemessung, g,h Ballonkyphoplastie, i–k intraoperativer Ausschluss eines Zementaustritts, l,m postoperative Verlaufskontrolle im Stehen, BMD Knochendichte, L lumbal, YAT-Wert individueller Mineralgehalt des Knochens im Vergleich zur maximalen Knochendichte in den durchschnittlichen Kohortenwerten gesunder junger Frauen und Männer zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, Z-Wert alters- und geschlechtskorrelierter Mineralgehalt des Knochens, weitere Erläuterung s. Text

Zementwahl

Nach wie vor ist PMMA-Zement (PMMA: Polymethylmethacrylat) als Standardaugmentationsmaterial der Wahl anzusehen. Nachteilig ist sicherlich das Vorliegen einer inerten Plombe. Insofern bleibt das Verfahren älteren bzw. biologisch vorgealterten Patienten vorbehalten.

Wünschenswert wären osteokonduktive und biointegrative Materialien, auch um die Indikationen zum Vorteil der Patienten ausweiten zu können. Mit den momentan zur Verfügung stehenden Varianten werden die erforderlichen biomechanischen Festigkeiten nicht erreicht [2, 18].

Perkutaner Fixateur interne

Bei instabilen Frakturen kommt es nach alleiniger Vertebroplastie/Kyphoplastie zu sekundären Sinterungen bis hin zum kompletten Kollaps der geborstenen Wirbelkörper. Diese Verfahren sind somit als alleinige Versorgung nicht ausreichend. Zwar sollte beim älteren Menschen das Operationstrauma so gering wie möglich gehalten werden, wichtiger aber ist es, eine Revision unbedingt zu vermeiden. Die heute zur Verfügung stehende Kombination aus perkutaner Operationstechnik und möglicher Zementaugmentation auch für die Pedikelschrauben ermöglicht eine schonende und zugleich stabile Versorgung gerade der alten Patienten. Auch multisegmentale Versorgungen können auf diese Weise behutsam und rasch durchgeführt werden. Zusätzlich kann eine Zementaugmentation des betroffenen Wirbelkörpers erfolgen, die sog. Hybridtechnik [2, 23].

Die Entscheidung, wann die Kyphoplastie alleine ausreichend ist und wann ein Fixateur zum Einsatz kommen soll, ist nicht einfach. Eine Sinterung ohne erinnerliches Trauma bzw. bei willentlichem Anheben eines geringen Gewichts oder im Rahmen eines Bagatellereignisses spricht eher für eine stabile Situation. Gleiches gilt für Frakturen, die keine oder nur eine geringgradige Hinterkantenläsion aufweisen. Liegt bei einem aktiven Patienten ein Rasanztrauma vor, gibt es Hinweise auf eine Berstung des Wirbelkörpers mit erheblicher Hinterkantenbeteiligung oder ist eine erhebliche Dynamik in der Sinterung oder der Kyphosierung des betroffenen Wirbelkörpers festzustellen, sollte man zu einem Fixateur interne tendieren (Fallbeispiel 2, Abb. 2).

Während noch vor wenigen Jahren die Zementaugmentation der Pedikelschrauben aufwendig war, erfordert dies mit den heute vorhandenen kanülierten und fenestrierten Systemen lediglich noch etwas Geduld, um bei bereits liegenden Schrauben die ideale Viskosität des Zementes abzuwarten und dann bis zu 8 Schrauben auf einmal zu augmentieren.

Die Vorteile der perkutanen Technik in Bezug auf Muskelschonung und verminderten Blutverlust konnten sowohl experimentell als auch klinisch nachgewiesen werden. Gerade im klinischen Alltag zeigt sich der Vorteil offensichtlich, wobei erfahrungsgemäß große multizentrische Studien ausbleiben werden, um diese Vorteile auch wissenschaftlich sauber zu belegen [10, 17].

Fallbeispiel 2

Die 75-jährige Frau wies nach einem Sturz im Pflegeheim vor 4 Tagen einen Schmerz-VAS-Wert (VAS: visuelle Analogskala) von konstant 9/10 unter adäquater Analgesie auf. In der konventionellen Röntgenuntersuchung bei der Aufnahme war eine zunehmende Sinterung des L1 festzustellen (Abb. 2 a,b), der mittels ebenfalls im Rahmen der Aufnahme durchgeführter CT als inkompletter Berstungsbruch mit Hinterkantenbeteiligung (AOA3.1) diagnostiziert werden konnte (Abb. 2 c,d). Die Verletzung wurde mittels Kyphoplastie versorgt (Abb. 2 e–h). Die Frau konnte 10 Tage postoperativ bei einem VAS-Wert von 2/10 mit in der CT-Kontrolle (Abb. 2 i–k) belegter regelrechter Versorgung entlassen werden.

Abb. 2
figure 2

Fallbeispiel 2, a,b konventionelles Röntgen bei der Aufnahme, c,d Computertomographie bei der Aufnahme, e,f intraoperative Bildwandlerkontrolle mit Lage des Kyphoplastieballons in L1 bei bereits liegenden Schrauben in T12 und L2, g,h abschließende intraoperative Bildverstärkerkontrolle, i–k postoperative CT-Kontrolle 10 Tage postoperativ, L lumbal, T thorakal, weitere Erläuterung s. Text

Rekonstruktion der ventralen Säule beim Älteren

In Ausnahmefällen wird es auch bei älteren Patienten notwendig sein, die ventrale Säule derart zu rekonstruieren, wie wir es beim jungen Patienten fordern. Im eigenen Patientenkollektiv sehen wir sogar einen zunehmenden Bedarf hierfür [9, 13]. Dies liegt zum einen daran, dass die Menschen auch im Alter immer aktiver werden und dies auch bleiben wollen. Zum anderen sehen wir vermehrt Fehlindikationen der Zementaugmentation, in deren Folge ventrale Operationen erforderlich werden, um insuffiziente und z. T. auch dislozierte Zementplomben zu entfernen. Durch die minimalinvasive thorakoskopische Technik werden diese ventralen Eingriffe auch von älteren Patienten mittlerweile gut überstanden, gerade wenn sie noch aktiv sind. Für die ventrale Spondylodese stehen mittlerweile Wirbelkörperersatzsysteme mit speziell konfigurierten Endplatten zur Verfügung, mit welchen ein Einbrechen in die Endplatten der osteoporotischen Wirbelkörper vermieden werden kann. Bei Bedarf können die angrenzenden Wirbelkörper auch noch endplattennah zementaugmentiert werden. Zur zusätzlichen Stabilisierung stehen ventrale Plattensysteme zur Verfügung, deren Schrauben besonders stabil in der Spongiosa verankert werden können (Fallbeispiel 3, Abb. 3).

Fallbeispiel 3

Der L1-Berstungsbruch und die L2-Deckplattenimpression bei einem 67-jährigen Mann wurden initial jeweils mittels Zementaugmentation mit Stent versorgt. L1 blieb dennoch instabil. Dessen zunehmendes Zusammenbrechen ging mit fortbestehenden immobilisierenden Beschwerden (VAS 8/10) einher (Abb. 3 a). Aus diesem Grund wurde ein thorakoskopischer Revisionseingriff erforderlich, bei welchem die Zementplombe mit dem Stent geborgen (Abb. 3 b) und eine bisegmentale ventrale Spondylodese T12 (T: thorakal) auf L3 mit expandierbarem Cage und Platte durchgeführt wurden (Abb. 3 c).

Abb. 3
figure 3

Fallbeispiel 3, a Zusammenbruch von L1 nach initial mittels Zementaugmentation mit Stent versorgtem L1-Berstungsbruch, b intraoperativer Situs während des thorakoskopischen Eingriffs mit geborgener Zementplombe mit Stent, c intraoperative seitliche Bildverstärkerkontrolle der bisegmentalen ventralen Spondylodese T12 auf L2, L lumbal, T thorakal, weitere Erläuterung s. Text

Fazit für die Praxis

  • Die Wirbelkörperfraktur des älteren Patienten hat bereits einen hohen Stellenwert und nimmt zunehmend an Zahl und Bedeutung zu.

  • Der Großteil dieser Läsionen oder Frakturen wird im niedergelassenen Bereich ambulant behandelt.

  • Sicherlich sind bei den sog. Läsionen die Richtlinien der DVO zu beachten, gerade bei instabilen Frakturen aber muss einer zunehmenden Fehlstellung und lange andauernden Immobilisationen entgegengewirkt werden.

  • Mit der Vertebroplastie und Kyphoplastie stehen heute minimalinvasive Verfahren zur Verfügung, die eine rasche sofortige Schmerzreduktion ermöglichen.

  • Instabilere Verletzungen können durch eine zementaugmentierte perkutane dorsale Instrumentierung ggf. auch langstreckig zuverlässig stabilisiert werden.

  • Aufwendige ventrale Rekonstruktionen mit Wirbelkörperersatz in thorakoskopischer Technik sind zwar schonend und daher heute auch bei älteren Patienten möglich, in diesem Kollektiv aber nach wie vor eher die Ausnahmeindikation.