Zusammenfassung
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert breitete sich das Kindbettfieber fast zu Epidemien aus und führte so gut wie immer zum Tode. Die Ursache lag in der Errichtung von Gebäranstalten an den großstädtischen Krankenhäusern und der Einführung von routinemäßigen Autopsien im Tätigkeitsbereich des Arztes und Geburtshelfers. Im Pariser Hôtel Dieu und an der Ersten Wiener Gebärklinik starb fast jede dritte Patientin an der puerperalen Sepsis. Hier beginnt das tragische Schicksal des Gynäkologen Ignaz Semmelweis, der die Übertragung von Eiter- und Leichenteilen durch die ärztliche Untersuchung während der Entbindung erkannte.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam die Puerperalsepsis zwar seltener vor, verlief aber ebenso dramatisch wie früher. Als Ausgangspunkt der Pyämie wurde zunächst eine septische Thrombophlebitis der V. ovarica angesehen. Die Unterbindung des Gefäßes hat die tödliche Prognose der Krankheit jedoch nicht ändern können. Anhand von Sektionen stellte Trendelenburg dann fest, dass die V. iliaca interna bei der Verschleppungspyämie eine viel größere Rolle spielte. Er nahm daraufhin die Ligatur dieser Vene vor. Der lange Krankheitsverlauf einer komplikationsreichen Infektion ging durch die Operation glücklich aus.
Die Trendelenburg-Ligatur und Resektion der Vv. ovarica und iliaca interna wurden in der Regel mit der Hysterektomie kombiniert. Der große Eingriff bei den schwerstkranken Wöchnerinnen fand in den folgenden Jahrzehnten sowohl Zustimmung als auch Ablehnung. Die meisten Operationen vermochten aber nicht, das Leben der Patienten zu retten. Immer wieder ist in den Arbeiten von tragischen Schicksalen zu lesen. Gegen die puerperale Pyämie waren die Ärzte vor Erfindung der Antibiose so gut wie machtlos.
Abstract
In the first half of the nineteenth century, childbed fever reached almost epidemic proportions and practically always led to death. The cause was rooted in the establishment of birthing institutions at large city hospitals and the introduction of autopsies as part of the routine tasks performed by physicians and obstetricians. At the Paris Hôtel Dieu and the First Viennese Birthing Clinic almost every third patient died from puerperal sepsis. This is where the tragic destiny of the gynecologist Ignaz Semmelweis began: he had recognized that purulent and cadaveric elements were transmitted via the medical examination during childbirth.
Toward the end of the nineteenth century, puerperal sepsis occurred less frequently, but its course was just as dramatic as before. The origin of the pyemia was first thought to be septic thrombophlebitis of the ovarian vein. Ligation of the vessel could not however change the deadly prognosis of the disease. Based on autopsy findings, Trendelenburg then observed that the internal iliac vein played a much larger role in the transmitted pyemia. He thereupon ligated this vein. The operation achieved a successful outcome after the long disease course of an infection fraught with complications.
Ligation and resection of the ovarian and internal iliac veins according to Trendelenburg were usually combined with hysterectomy. This extensive intervention in severely ill puerperae met with both approval and rejection in subsequent decades, but the majority of operations were unable to save the lives of these patients. Reports of tragic fates can be found time and again. Before the discovery of antibiosis, physicians were virtually helpless.
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Hach, W., Hach-Wunderle, V. Die chirurgische Therapie des Kindbettfiebers ausgangs des 19. Jahrhunderts. Gefässchirurgie 9, 339–346 (2004). https://doi.org/10.1007/s00772-004-0366-z
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