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Zur Entwicklung des Grenzwertbegriffs unter stoffdidaktischer Perspektive

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Mathematische Semesterberichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Der Grenzwertbegriff ist ein, vielleicht sogar der grundlegende Begriff der Analysis. Er hat sich in einer jahrtausendalten Entwicklungsgeschichte herausgebildet und war immer wieder Anlass für kontroverse Diskussionen, bis er in der heutigen vor allem auf Karl Weierstraß (1815–1897) zurückgehenden Form verwendet wurde. Im 20. Jahrhundert wurden für das Lehren dieses Begriffs zunächst im Rahmen eines universitären Mathematikstudiums verschiedene Alternativen entwickelt, die den Analysisunterricht an Schulen ganz erheblich beeinflussten. Gegenwärtig herrscht hier das Konzept des sog. propädeutischen Grenzwertbegriffs vor, bei dem zu Beginn des Analysisunterrichts sofort mit reellen Funktionen gearbeitet wird und auf eine formale Definition des Grenzwerts zugunsten eines intuitiven Zugangs verzichtet wird. Im Rahmen eines – angestrebten und wichtigen – verständnisorientierten Unterrichts erfordert dieses Konzept allerdings eine sorgfältige Ausbildung von tragfähigen Grundvorstellungen, wenn das Begriffsverständnis nicht auf einer intuitiven Ebene stehen bleiben, sondern in Richtung eines fachwissenschaftlich adäquaten Verständnisses weiterentwickelt werden soll. Hierzu ist – und das ist die zentrale These dieses Artikels – der Folgenbegriff ein (fast) unverzichtbares Hilfsmittel, um Vorstellungen von Annäherungen an „das Unendliche“ sowie beliebig kleine Annäherungen an fest vorgegebene Zahlen oder Objekte mental nachvollziehen und beschreiben zu können.

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Abb. 7
Abb. 8

Notes

  1. Hinweis: \( {x}_{0}\) kann, muss aber nicht in \(\mathbb{D}\) liegen, muss aber Häufungspunkt von \(\mathbb{D}\) sein.

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Weigand, HG. Zur Entwicklung des Grenzwertbegriffs unter stoffdidaktischer Perspektive. Math Semesterber 63, 135–154 (2016). https://doi.org/10.1007/s00591-016-0161-4

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