1 Einleitung

Die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan und die EU-Hochwasserrichtlinie (2007/60/EG) im Hochwasserrisikomanagementplan bedingen neue Ansätze der Integration von Ökologie (Schutz des Wassers) und Katastrophenmanagement (Schutz vor dem Wasser). Die Vegetation an Fließgewässern kann einerseits zum Hochwasserrückhalt im Freiland beitragen, andererseits eine Erhöhung des Wasserspiegels ergeben und damit zu stärkeren Ausuferungen in Siedlungsgebieten führen (Habersack et al. 2010, 2015a). Dementsprechend ist bezogen auf die Rolle der Vegetation im Hochwasserabfluss zwischen drei Flussstreckentypen zu unterscheiden (Habersack et al. 2010): 1. sensible Strecken in Siedlungsgebieten mit erforderlichem Vegetationsmanagement, 2. Übergangsstrecken flussauf von Siedlungsgebieten und Infrastruktur (z. B. Brücken) mit eingeschränktem Vegetationsmanagement, sowie 3. vegetationsdynamischen Strecken im Freiland, die keiner Pflege bedürfen. In diesem Spannungsfeld liegen integrative wasserwirtschaftliche und ökologische Planungen, die neue Modellierungskonzepte für die Praxis erfordern. Weiters bedingt der zunehmende Einsatz von Flussaufweitungen zur Reduktion der Sohleintiefung und Verbesserung der Habitatqualität ein besseres Verständnis der Interaktion von Vegetation, Strömung und Sediment (Abb. 1). Schließlich breitet sich z. B. in Restwasserstrecken bei Ausleitungskraftwerken die Vegetation stark aus, führt zu größeren Rauigkeiten, geringeren Sohlschubspannungen, damit Sedimentation von Feinmaterial, verstärkter Vegetationsentwicklung und schließlich je nach Hochwasserintervallen zur Verfestigung von Schotterbänken und damit Einengung des Hochwasserabflussquerschnittes (Formann et al. 2013). Der Einfluss der Vegetation auf das Fließverhalten bedingt daher die Lage des Wasserspiegels und ist somit ein wichtiger Faktor in der Einschätzung des Überflutungsrisikos (Kouwen und Fathi-Moghadam 2000).

Abb. 1
figure 1

a Vegetationsentwicklung in einem Seitenarm der Oberen Drau bei Kleblach im Jahr 2017, der im Rahmen einer Rückbaumaßnahme im Jahr 2002 geschaffen wurde und in welchem die Vegetation die Morphodynamik des Seitenarms mitbestimmt, b Auswirkung bereits von kleiner Vegetation im Seitenarm auf den Sedimenttransport; Insert: Überflutete Schotterbank mit Bewuchs

Der durch die Vegetationsrauigkeit entstehende Energieverlust ist entscheidend für diese Prozesse und geht meist anhand empirisch ermittelter Rauigkeitswerte wie des Stricklerbeiwerts k St , des Darcy-Weißbach-Reibungsfaktors f oder des Chezy-Widerstandsfaktors C in hydraulische Modelle ein (Wu et al. 1999). Die Abhängigkeit der Rauigkeit von der Fließgeschwindigkeit wurde bereits u. a. von Järvelä (2004) und Kouwen und Fathi-Moghadam (2000) untersucht und von Van De Wiel (2003) durch eine iterative Berechnung der Rauigkeit in einem hydrodynamisch-numerischen Modell berücksichtigt. Genanntes Modell bezieht zwar fließgeschwindigkeitsabhängige Rauigkeitswerte ein, wurde jedoch aus Mangel an Daten lediglich an hypothetischer Vegetation kalibriert (Van De Wiel 2003). Außerdem ist der hierfür wichtige Formwiderstandsbeiwert C D für geometrisch definierte Formen zwar oft bekannt, allgemein anerkannte Werte für die Eigenschaften von flexibler Vegetation sind jedoch nur teilweise vorhanden (z. B. Freeman et al. 2000; Wunder et al. 2011). Zudem ist das Verhalten der Strömung bei Beeinflussung durch Vegetation bis auf allgemeine Theorien zur Geschwindigkeitsverteilung im Nahbereich von Rauigkeitselementen (Nikora et al. 2007; Baptist et al. 2007) immer noch weitgehend unerforscht. Zur Interaktion zwischen Vegetation und Sedimenttransport gibt es bereits intensive Laboruntersuchungen (z. B. Tsujimoto 1999; Wunder 2014; Meire et al. 2014; Nepf et al. 2010). Im Gegensatz dazu fehlt es an realen Flussabschnitten an kontrollierten Versuchsbedingungen, wodurch sich Felduntersuchungen auf Beobachtungen oder grobskalige Messungen beschränkten (z. B. Gurnell et al. 2012; Corenblit et al. 2009; Tsujimoto 1999; Nepf et al. 2010). Die Aussagekraft skalierter Labormodelle über die im Feld ablaufenden Prozesse ist begrenzt, da die realen Pflanzen durch Modellnachbildungen ersetzt werden müssen und durch die Skalierung der Korngrößen des Sediments Kohäsionskräfte entstehen können. Qualitativ konnte im Feld bereits eine intensive Interaktion zwischen Vegetation und Sedimentation und auch der Morphologie nachgewiesen und beschrieben werden (e. g., Corenblit et al. 2007).

Wir präsentieren nun in diesem Artikel zunächst Methoden zur Berücksichtigung der Vegetation in der Computersimulation sowie erste Ergebnisse des Projekts „VEGSED – Interaktion zwischen Hydrodynamik, Vegetation und Sedimenttransport“, in welchem Versuche im Maßstab 1:1 und somit an realen Vegetationsverbänden möglich sind, um die einzelnen Prozesse dieser Interaktion auch quantitativ beschreiben zu können und für die Kalibrierung und Validierung eines verbesserten Modells heranzuziehen.

2 Modellansatz zur Simulation der Interaktion von Vegetation mit Hydrodynamik und Sedimenttransport

Zunächst wurde ein generalisiertes, dynamisches Modell zur Berechnung der Rauigkeit basierend auf physikalischen Parametern erstellt. Die Generalisierung bezieht sich auf die Steifigkeit der Pflanzen sowie auf die Art der Anströmung (überströmt, durchströmt) und die Lage des Wasserspiegels im Verhältnis zur Pflanzenhöhe. Dynamisch ist es im Sinne von fließgeschwindigkeitsabhängigen Rauigkeitsbeiwerten, die zu jedem Zeitpunkt im hydrodynamisch-numerischen Modell neu ermittelt werden. Das Pflanzenbiegemodell wurde mit dem am IWHW entwickelten Hydrodynamikmodell RSim-2D gekoppelt. Anhand von Versuchen an Weiden wird das Modell kalibriert, an Versuchen mit alternativer Bepflanzung validiert.

2.1 Funktion des Modells

Unter Zugrundelegung eines Schätzwertes für die Sohlrauigkeit berechnet das hydrodynamisch-numerische Modell RSim-2D (Tritthart et al. 2011) für jede Rechenzelle eine tiefengemittelte Geschwindigkeit (U) durch Lösung der Flachwassergleichungen. Die Biegeberechnung erfolgte zunächst basierend auf Messungen von Freeman et al. (2000) und einer Vereinfachung nach Van de Wiel (2003) (Blamauer et al. 2011). Die berechnete Verformung lässt sich als Biegewinkel α darstellen. Mit seiner Hilfe und dem geschwindigkeitsabhängigen sogenannten „streamlining“-Faktor (b v ) wird die verkleinerte angeströmte Fläche (A pop) neu berechnet. Nun kann ein neuer Rauigkeitsbeiwert (C veg) berechnet werden. Die Iteration wird durchgeführt, bis der zwischen zwei Schritten ermittelte Differenzwert der Biegewinkel unterhalb eines Grenzwerts von typischerweise einem Grad liegt. Die Iteration ist grafisch in Abb. 2 dargestellt.

Abb. 2
figure 2

Iterativer Prozess der Bestimmung der Rauigkeit von Vegetation

2.2 Weiterentwicklung des Modells

Die ursprünglich von Van de Wiel (2003) vorgeschlagene Biegeberechnung wurde im Rahmen des Projekts VEGSED adaptiert, um eine Weidenform mit unterschiedlichen Stammdurchmessern (in die Gleichung eingehend als Widerstandsmoment I) und die einwirkende Strömungskraft basierend auf der Fließgeschwindigkeitsverteilung zu berücksichtigen. Diese Geschwindigkeit wird auf Basis theoretischer Geschwindigkeitsverteilungen von Baptist et al. (2007) bzw. Nikora (2007) in eine Linienlast zerlegt, wonach aufgrund der erhöhten Turbulenz und vertikalen Durchmischung die mittlere Geschwindigkeit innerhalb der Vegetation über die Tiefe konstant bleibt. Diese Linienlast wird auf den biegewirksamen Stammabschnitt der Vegetation aufgebracht (F w ) und in Folge seine Biegung (α) berechnet. Das vereinfachte statische System stellt die Vegetation als einseitig eingespannten Träger (Abb. 3a) mit einer, an die Durchmessermessungen in verschiedenen Höhen angepassten, geometrisch bestimmten Form dar (Kegel oder Abfolge von Zylindern). Basierend auf der Berücksichtigung des strauchigen Wuchses wurde zusätzlich die Torsion in einem Verformungsmodell berücksichtigt (Abb. 3b). Gleichzeitig galt es, eine gewisse Einfachheit des Modells beizubehalten, um die Rechenzeit mit dem hydrodynamisch-numerischen Modell in Grenzen zu halten.

Abb. 3
figure 3

Im Projekt entwickelte Modelle für a reine Biegebeanspruchung eines einzelnen Astes, b für Biege- und Torsionsbeanspruchung im Falle strauchartiger Vegetation

Durch die Verwendung messbarer physikalischer Parameter (Pflanzendurchmesser, Dichte der Pflanze sowie des Bestandes, E‑Modul, Höhe, geometrische Form) lässt sich das Modell auf eine große Vielfalt von Pflanzengattungen in verschiedenen Altersstufen und Bepflanzungsdichten anwenden. Im Kontrast zu den in der Literatur dokumentierten Arbeiten ist die Anwendbarkeit weder auf bestimmte Bereiche von Strömungsgeschwindigkeiten noch auf ein bestimmtes Ausmaß der Steifigkeit bzw. Flexibilität beschränkt. Das Modell ist sowohl im überströmten wie auch im teils umströmten Zustand des Rauigkeitselementes anwendbar.

Durch Kopplung mit dem ebenfalls am IWHW entwickelten integrierten Sedimenttransport- und Morphodynamikmodell iSed (Tritthart et al. 2012) ist es möglich, die Auswirkungen von Bewuchs auf morphodynamische Entwicklungen zu analysieren und vorherzusagen.

2.3 Parametrisierung der Vegetation

Im Feld wurde eine vorwiegend strauchige Wuchsform beobachtet, die auf Verletzungen der Pflanze durch Geschiebetransport oder Trockenheit zurückzuführen ist, welche die Pflanze zu vermehrten seitlichen Austrieben zwingen. Die Wuchsform wurde daher mittels terrestrischer Fotogrammetrie und Auswertung anhand der Software Photomodeler (Eos Systems Inc.) dreidimensional erfasst (Abb. 4) und hinsichtlich einer vereinfachten Repräsentation im zu entwickelnden Verformungsmodell analysiert (Diskretisierung der Pflanzengeometrie für die Berechnungen im Modell).

Abb. 4
figure 4

a Fotogrammetrische Aufnahme der Pflanzengeometrien; b Rekonstruktion der dreidimensionalen Form zur Analyse geometrischer Eigenschaften der Wuchsform

Dabei zeigten die Äste einen gebogenen Wuchs nach oben mit einer zum Teil stark zur Horizontalen abgewinkelten Astbasis am Stamm. Gemäß theoretischen Überlegungen muss bei dieser Form zusätzlich zur Biegung auch die Torsion zur Verformung der Pflanze beitragen. Zur Messung der Torsion wurde ein Messgerät hergestellt, das den Widerstand der Äste gegenüber einer Verdrehung um ihre Achse erfassen und den Schubmodul als Materialeigenschaft bestimmen kann.

Auch die Bestimmung des Elastizitätsmoduls ist notwendig, da dieser die Biegung der Äste und des Stammes als Reaktion auf die Strömungskraft mitbestimmt. Um verlässliche Werte zu erhalten, wurde die Biegung an beiden Enden der untersuchten Aststücke gemessen, auch im um 180 Grad um die Achse gedrehten Zustand, wodurch schlussendlich eine empirische Formel für den Elastizitätsmodul in Abhängigkeit von der Astdicke abgeleitet werden konnte (Abb. 5). Weitere gemessene Parameter betrafen die Belaubung der Pflanze, die für die einzelnen Astabschnitte anhand des „Leaf area index“ (Blattflächenindex) bestimmt wurde.

Abb. 5
figure 5

Ermittelte Beziehung zwischen Astdurchmesser und Elastizitätsmodul für die untersuchten Korbweiden (Salix viminalis)

3 Messsungen im Forschungsgerinne zur Modellüberprüfung

Im Rahmen des EU-Projekts SEDDON (SEDimentforschung und -management an der DONau) wurde am Bereich Brigittenauer Sporn in Wien, auf der sogenannten Schleuseninsel Nussdorf, ein Forschungsgerinne zwischen Donau und Donaukanal gebaut (Habersack et al. 2015b). Die Länge des Kanals beträgt ca. 180 m. 30 m davon sind nicht gedeckelt und werden als Forschungsgerinne genutzt. Die Breite des Gerinnes beträgt 5 m, eine maximale Wassertiefe von 3 m kann eingestellt werden. Bedingt durch die Wasserspiegeldifferenz zwischen Donau und Donaukanal sind Durchflüsse bis 10 m3 s−1 ohne Pumpen möglich. Durchfluss und Wasserspiegelhöhe lassen sich über drei durch Spindeln betriebene Schützentafeln einstellen. Geräte zur Messung des Durchflusses (Ultraschall-Kreuzkorrelation), der Fließgeschwindigkeit („Sidelooking Doppler-Sonden“), der Wassertiefen (Drucksensor) und der Trübung (Streulichtsensor) sind im Gerinne verbaut.

Die Größe des Forschungsgerinnes ermöglicht es, die Versuche im Maßstab 1:1 durchzuführen; dadurch, dass die Versuche im Freien stattfinden, ist auch natürliches Licht für das Pflanzenwachstum gegeben. So können Bedingungen, wie sie im Feld nur während Hochwasserereignissen auftreten, simuliert und mit der Detailschärfe eines Laborversuches untersucht und gemessen werden.

Werte wie die Fließgeschwindigkeit, die Verformung, die auf eine Pflanze wirkende Kraft und die Wasserspiegellagen sowie Sohlschubspannungen werden sowohl im numerischen Modell berechnet, als auch im Modellversuch gemessen. Diese Werte werden verglichen, und die Übereinstimmung durch Anpassung der Modellfunktionen und durch Kalibrierung von Modellkonstanten der zugrunde liegenden empirischen Formeln verbessert. Kalibrierungspotenzial gibt es vor allem bei der Annahme der theoretischen Geschwindigkeitsverteilung und des Formwiderstandsbeiwerts. Die im Pflanzenverband gemessene vertikale Geschwindigkeitsverteilung dient zur Kontrolle der Anwendbarkeit der Geschwindigkeitsverteilung nach Baptist (2007). Der Versuchsaufbau im Forschungsgerinne ist in Abb. 6a dargestellt; Abb. 6b zeigt die ADV-Sonde (Acoustic Doppler Velocimeter), die zur hochfrequenten, dreidimensionalen Messung der Fließgeschwindigkeit verwendet wurde und auch Informationen über die Turbulenz gibt.

Abb. 6
figure 6

a Versuchsanordnung im Forschungsgerinne mit Messgeräteplattform, b zum gewünschten Messpunkt abgesenktes ADV (Acoustic Doppler Velocimeter) zur hochfrequenten Messung der Fließgeschwindigkeit

So wurde die Veränderung der vertikalen Fließgeschwindigkeitsverteilung durch den Einfluss der Vegetation bei Durchströmung und Überströmung erfasst und somit Daten für die Kalibrierung des hydrodynamisch-numerischen Modells (inklusive der späteren Kopplung mit dem im Projekt entwickelten Pflanzenverformungsmodell) gewonnen. Abb. 7 zeigt die Veränderung der vertikalen Fließgeschwindigkeitsverteilung von einem logarithmischen zu einem nahezu konstanten Profil.

Abb. 7
figure 7

Vertikale Verteilung der Fließgeschwindigkeit in Hauptströmungsrichtung im Längsprofil durch die Mitte der Weideninsel. Innerhalb der Vegetation nähert sich die Geschwindigkeitsverteilung der Theorie von Baptist et al. (2007) an

Die auf die Pflanze wirkende Strömungskraft wird mithilfe eines Horizontalschlittens auf eine Wägezelle übertragen und von dieser gemessen (Abb. 8). Die Geometrie und die Belaubung der untersuchten Pflanzen wurden detailliert erfasst, da diese Versuche zur Überprüfung des Pflanzenverformungsmodells herangezogen werden und die Verformung mit der Strömungskraft stark interagiert.

Abb. 8
figure 8

a Horizontalschlitten mit Wägezelle zur Ermittlung der auf die Pflanze wirkenden Kraft bei Anströmung; b Horizontalschlitten eingebaut im Forschungsgerinne mit Versuchspflanze und für die Erfassung der Verformung an der Seitenwand angebrachte, kodierte Targets

Abflüsse mit höheren Wasserständen bewirkten eine Verformung der elastischen Pflanzenteile (Abb. 9), die mittels Stereofotogrammetrie (unter der Verwendung zeitlich synchronisierter Kameras) aufgenommen wurde. Dazu wurden an der Pflanze in regelmäßigen Abständen Farbmarkierungen angebracht, die auf den Fotos erkennbar sind.

Abb. 9
figure 9

a Weide im Ruhezustand; b Weide im Verformungszustand bei 2,4 m3/s

Anhand der nachfolgenden fotogrammetrischen Auswertung mithilfe der Software Photomodeler (Eos Systems Inc.) kann die Verformung der über die Wasseroberfläche ragenden Pflanzenteile erfasst werden (Abb. 10) und in Relation zu der mit dem Horizontalschlitten gemessenen Kraft (Abb. 11) gesetzt werden. Die cw-Werte der Pflanzenäste werden so lange im Pflanzenverformungsmodell variiert, bis die auf die Pflanze wirkende Kraft jener mit dem Horizontalschlitten gemessenen Kraft entspricht. Die hier mittels Fotogrammetrie gemessenen Verformungen können dann zur Validierung des Pflanzenverformungsmodells herangezogen werden.

Abb. 10
figure 10

Verformung der Pflanze in der Strömung abhängig von Durchfluss und Wasserstand

Abb. 11
figure 11

Zeitliche Schwankungen der auf die Pflanze wirkenden Strömungskraft für die in Abb. 9 dargestellte Weide bei einem Durchfluss von 2,4 m3/s

In die Flusssohle wurde ein Sohlschubspannungsmessgerät eingebettet, das über die Verschiebung einer mit Steinen besetzten Platte und eingebauten Wägezellen die von der Strömung auf die Platte wirkende Schubspannung erfasst (Gmeiner 2010, o.J.; Gmeiner et al. 2015; Abb. 12a). Dieses Gerät wird einerseits verwendet, um die Sohlschubspannung an mehreren Positionen zum Vegetationsverband zu erfassen, andererseits erlaubt es in Kombination mit Steintracern (Abb. 12b) die Ermittlung der Strömungsbedingungen zum Zeitpunkt des Bewegungsbeginns und in weiterer Folge eine Ermittlung des kritischen Shields-Werts (dimensionslos gemachte Sohlschubspannung) in Relation zur Steingröße des umgebenden Sediments. Die damit gewonnene „Hiding-Funktion“ erlaubt es, aus dem Abtransport von Körnern verschiedener Steingrößen auf die aufgetretene Sohlschubspannung rückzuschließen. Eine Bewegung der Tracer kann einerseits visuell oder mittels der über den gesamten Querschnitt verlegten RFID-Schleife (Radio Frequency IDentification) flussab des untersuchten Vegetationsabschnitts automatisch erfasst werden.

Abb. 12
figure 12

a Eingebettetes Sohlschubspannungsmessgerät (Gmeiner 2010; Gmeiner et al. 2015; Gmeiner in Vorber.); b Verteilung von Steintracern mit eingebauten RFID-Sendern, über welche auf die Schubspannungsverteilung rückgeschlossen wird

4 Schlussfolgerungen und Ausblick

In den Untersuchungen der Vegetation zeigte sich die Notwendigkeit des 1:1-Maßstabs als unerlässlich, da die Interaktion der Vegetation mit Strömung und Sedimenttransport bei der Vielzahl an beteiligten Vegetationsparametern nicht verkleinert reproduziert werden kann. Durch ein ausgereiftes mechanisches Modell der Pflanzenverformung kann vermehrt auf empirisch ermittelte Parameter der Vegetationscharakterisierung verzichtet werden und es erhöht sich die generelle Anwendbarkeit des Modells. Anhand der Versuche an weiteren Pflanzenarten, unterschiedlichen Bestandsdichten und anhand der Untersuchung von belaubter und kahler Vegetation wird die Funktionsweise des gekoppelten Hydrodynamik-Pflanzenverformungsmodells validiert und eine einheitliche Aufnahme der Parameter spezifiziert. Schlussendlich soll das zweidimensionale hydrodynamisch-numerische Abflussmodell RSim-2D und das anhand der Versuche im Forschungsgerinne weiterentwickelte Pflanzenverformungsmodell auf einen realen Flussabschnitt angewendet werden. Die direkte Kopplung mit dem Sedimenttransportmodell iSed (Tritthart et al. 2012) soll auch die Rekonstruktion von morphodynamischen Prozessen erlauben. Durch Kalibrierung und Validierung des integrativen Sedimenttransportmodells anhand gemessener Anlandungen soll schlussendlich ein Werkzeug zur Verfügung stehen, das anhand einer Sensitivitätsanalyse Muster von Schlüsselprozessen erkennen lässt. Diese dienen dann in vereinfachter Form als Basis für die Modellierung längerer Zeiträume (z. B. der Zeitraum der Pflanzensukzession). Über die genauere Simulation der Wechselwirkung der Vegetation mit der Hydrodynamik und dem Sedimenttransport kann die Wasserspiegellagenberechnung bei Hochwasser verbessert werden, was dann wiederum die Grundlage für die Umsetzung eines räumlich differenzierten Vegetationsmanagements ist.