Industrielle 5G-Anwendungen standen am 17. Mai 2022 im Mittelpunkt des diesjährigen Informationstechnischen Kolloquiums zum Thema „5G als Basis der Digitalisierung. Anwendungen, Chancen und Ausblick auf 6G“. Vortragende aus Wissenschaft und Wirtschaft diskutierten innovative Anwendungsbeispiele und gaben den mehr als 120 Teilnehmer:innen einen Ausblick auf 6G.

Neben vielen anderen Vorteilen für industrielle Anwendungen verspricht 5G den Betrieb eines verlässlichen Kommunikationsnetzes. Man spricht von verlässlicher Kommunikation, wenn die Informationsübertragung sowohl zuverlässig ist, als auch harte Echtzeitbedingungen einhalten kann. Netze der fünften Generation können diese Verlässlichkeit durch eine extrem niedrige Fehlerrate sowie Garantien für maximale Latenzzeiten bei gleichzeitig hoher Verfügbarkeit erreichen. Darüber hinaus ist auch die Energieeffizienz im Vergleich zu den vorangegangenen Generationen deutlich gestiegen.

Zuverlässige drahtlose Kommunikationsverbindungen werden zunehmend für Produktions- und Transportprozesse genutzt. „Das zentrale Nervensystem für die Digitalisierung von industriellen Prozessen sind zuverlässige 5G-Funksysteme“, so Thomas Zemen, Principal Scientist am AIT Austrian Institute of Technology, beim IT-Kolloquium 2022. Franz Ziegelwanger, im Bundesministerium verantwortlich für das Spektrummanagement in Österreich, gab einen Überblick über nationale und internationale Rahmenbedingungen für Lizenzvergaben sowie einen Ausblick auf künftige Vorhaben.

Die 5G-Technologie biete erstmals stabile, hoch verfügbare drahtlose Kommunikation in industriellen Szenarien, wie sie zur Realisierung Digitaler Zwillinge für die vorausschauende Qualitätssicherung von Fertigungsprozessen erforderlich ist, bestätigte Andreas Luftensteiner von K‑Businesscom in seinem Beitrag. Und auch Andreas Müller, 5G-ACIA/Robert Bosch GmbH, zeigte sich überzeugt: „5G wird in der Fabrik der Zukunft ein bisher nicht gekanntes Maß an Flexibilität, Effizienz, Produktivität und Benutzerfreundlichkeit ermöglichen.“ In Summe mache die smarte Konnektivität mit 5G einen klaren Wettbewerbsvorteil für Unternehmen aus, so Karim Taga von der Unternehmensberatung Arthur D. Little.

Chancen bringt 5G auch für die Elektronikindustrie: Innovative Anwendungen erfordern Komponenten aus neuen Materialien und mit neuen Designs, zeigte Erich Schlaffer vom Leiterplattenhersteller AT&S. Vielversprechende Anwendungsbeispiele von privaten Campusnetzen stellte Alexander Wachlowski von A1 vor. Die Grenzen von 5G aus Sicht eines Energieversorgers standen dagegen im Mittelpunkt des Vortrags von Herwig Klima von der Verbund Services GmbH.

Mit 5G ist die Entwicklung keineswegs zu Ende. Die Forschung für 6G habe bereits begonnen, so Hans-Peter Bernhard von der Silicon Austria Labs GmbH: „Wir arbeiten zum Beispiel an einer Kommunikation, die gleichzeitig mit der Datenübertragung auch Entfernungsmessung ermöglicht.“ Ivona Brandic von der TU Wien präsentierte in ihrem Vortrag neue Ansätze, um konkurrierende Prioritäten wie Energieeffizienz und Unbeständigkeit der maschinellen Lernmodelle auszugleichen.

OVE-Generalsekretär Peter Reichel stellte zusammenfassend fest: „Das IT-Kolloquium 2022 hat anhand von 5G gezeigt, welche Möglichkeiten technologische Innovationen aus der Elektrotechnik und Informationstechnik Unternehmen in allen Bereichen bieten. Erste Forschungsprojekte für 6G zeigen die Weiterentwicklung des drahtlosen Kommunikationsnetzes mit zusätzlichen Funktionalitäten“.

In der vorliegenden Ausgabe der e + i geben ausgewählte Beiträge von Vortragenden und internationalen Expert:innen einen tieferen Einblick in den Themenkreis.

In der Originalarbeit „Open 5G campus networks: key drivers for 6G innovations“ von Marc Emmelmann et al. wird diskutiert, wie die aufstrebenden 5G-Campusnetze eine flexible Kommunikationsinfrastruktur bereitstellen können, die die Anforderungen verschiedener Industriezweige hinsichtlich niedriger Latenz, hoher Ausfallsicherheit und IT-Sicherheit erfüllt. Network Function Virtualization (NFV) und Edge Computing haben im jüngsten Jahrzehnt den Weg für herstellerunabhängige, kundenspezifische und skalierbare Kommunikationsnetze geebnet.

Aus einem etwas anderen Blickwinkel beleuchten Taga et al. in ihrem Bericht „Private 5G as a strategic differentiator on the shop floor“ die Campusnetze. Das Design eines 5G-Campusnetzes kann sich je nach Anwendungsfall erheblich unterscheiden. Ein Schlüssel zum Design ist der Grad der Netzressourcenzuweisung und die Frage, ob diese physisch oder virtuell ist. Im Allgemeinen gilt: Je höher der Grad der Ressourcenzuweisung, desto größer die Kontrolle, Autonomie und IT-Sicherheit für das einzelne Unternehmen.

Abschließend bieten Opiela und Ziegelwanger in ihrem Bericht „Developments within radio spectrum management and general conditions for spectrum allocations“ einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Spektrummanagement und die Rahmenbedingungen für die Vergabe von 5G-Lizenzen als Grundlage der Digitalisierung.

Christoph Mecklenbräuker