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Dipl.-Ing. Helmut Leopold, Ph.D.

In unserer Geschäftswelt besteht ein grundsätzliches Problem darin, dass viele Unternehmen immer noch versuchen, Innovation linear im Unternehmen zu steuern und dabei Kreativität oft nicht oder zu wenig zulassen bzw., dass sie Innovation nur in einem getrennt von der Geschäftswelt agierenden Forschungskontext verankern. Allerdings zeigt sich dann immer wieder das Phänomen, dass es sehr lange dauert, bis Forschungsergebnisse als erfolgreiche Produkte am Markt reüssieren. Oft passiert es auch, dass diese im eigenen Umfeld gar nicht aufgegriffen und vermarktet werden, aber dann quasi ,,am anderen Ende der Welt“ doch zu einer erfolgreichen Produktentwicklung führen. Eine effektive Verzahnung von Kreativität und Forschungsarbeit mit gezielter Produktentwicklung und -vermarktung wäre hier absolut zielführend, funktioniert in unseren Unternehmen jedoch sehr oft nicht. Vor allem der enge inhärente Zusammenhang von Technologieentwicklung, Benutzerverhalten und Veränderungen der Marktrahmenbedingungen und die dabei entstehenden wechselweisen Einflüsse – auf die Umwelt, aber auch auf die eigentlichen Technologieentwicklungsprozesse – sind im unternehmerischen Alltag meist unverstanden. Neue Technologien entstehen nicht einfach ,,nur so“ – und der Benutzer oder generell die Gesellschaft ist plötzlich damit konfrontiert; Technologien sind vielmehr das Ergebnis komplexer Interaktionseffekte in unseren Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen. In gleicher Weise sind auch Kommunikationsprozesse und Kommunikationsverhalten innerhalb von Organisationen bestimmende Elemente für Informationsteilung, Kooperation und schließlich Produktivität sowie Leistungsfähigkeit von Unternehmen. Diese grundsätzliche Problemstellung stellt eine Kernfrage für ein modernes Innovations-, Wissens- und Organisationsmanagement dar. Die entscheidende Frage lautet also: Wie können wir entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, um unsere Unternehmen in einer global vernetzten und digitalisierten Welt, welche durch schnellere Produktzyklen, disruptive Wettbewerbsangebote und globale Konkurrenz gekennzeichnet ist, wettbewerbsfähig zu halten und damit sicherstellen, dass Kreativität und Forschungsleistungen effektiv in Innovationen und erfolgreiche Produkte übergeführt werden?

Diese Thematik stellt die Motivation für den Diskurs in der vorliegenden e&i-Ausgabe dar. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln nähern wir uns mit drei Beiträgen den grundsätzlichen Fragestellungen: Wie entsteht Innovation? Welche Aspekte verhindern eine effektive Kooperation sowie Wissensmanagement und damit Innovationsprozesse in Organisationen? Und schließlich stellt sich die Frage, mit welchen Ansätzen innovationsförderndes Verhalten innerhalb von Organisationen unterstützt oder sogar sichergestellt werden kann.

Der Beitrag von Karl-Heinz Leitner und Matthias Weber widmet sich dem Thema der massiven Veränderungen von Innovationsprozessen in unseren Märkten, getrieben durch die umfassende Digitalisierung und globale Vernetzung und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten des Datenaustausches, automatischer Datenanalysen und einfacher Datenverfügbarkeit in einem globalen Kontext. Vor allem die Frage nach gesellschaftlich und sozial wichtigen Innovationen bringt dabei eine Notwendigkeit mit sich, geeignete neue Rahmenbedingungen für Forschungs- und Innovationsförderungen zu definieren.

Der Beitrag von Katja-Maria Prexl beschreibt einen methodischen und organisatorischen Vorschlag, wie eine unternehmerische Arbeitsattitüde auch in größeren Organisationen realisiert und die Absorptionsfähigkeit von neuen Ideen und Ansätzen in Unternehmen verbessert werden kann. Die Autorin bezeichnet diesen Ansatz als ,,Intrapreneurship Reactor“.

In meinem Beitrag beschreibe ich das Potenzial des Einsatzes von Social Media-Werkzeugen zur Erzielung einer höheren Effektivität im Innovationsmanagement im unternehmensinternen Kontext. Dabei streiche ich heraus, dass technische Plattformen und Werkzeuge für Kooperation und Informationsteilung nur dann wirklich funktionieren, wenn eine entsprechende Kultur im Unternehmen vorhanden ist, welche diese Zielsetzungen unterstützt. Oftmals fördern gewisse organisatorische und kulturelle Aspekte ein Verhalten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, welches einer offenen innovationsfördernden kooperativen Arbeitsweise entgegensteht. Schließlich werden acht Empfehlungen formuliert, wie eine solche innovationsfördernde Arbeitskultur in einem Unternehmen erreicht werden kann.

Diese Erörterungen zeigen, dass Technik bzw. neue Technologien nicht einfach nur ,,entstehen“, sondern dass es vielmehr um ein komplexes Systemverhalten geht, in dem menschliches Verhalten für Informationsaustausch und Kooperation die bestimmenden Elemente sind und technische Entwicklung im gleichen Zuge mit der Gestaltung der Rahmenbedingungen des Marktumfeldes und des Benutzerverhaltens erfolgen muss, um in einem globalen Wettbewerb bestehen zu können.

Ich wünsche Ihnen, sehr geehrte Leserinnen und Leser, mit diesen nachfolgenden Beiträgen eine interessante und spannende Lektüre.

Dipl.-Ing. Helmut Leopold, Ph.D.

Präsident der GIT Gesellschaft für Infomations- und Kommunikationstechnik im OVE.

Head of Center Digital Safety & Security, AIT Austrian Institute of Technology.