1 Einleitung

Die heutige Bedrohung durch den Klimawandel wird medial sehr stark in den Vordergrund gerückt. Der Klimawandel reiht sich in eine Liste von globalen Krisen der letzten Dekaden, die medial immer sehr breitgetreten wurden. Diese globalen Krisen sind nachfolgend kurz dargestellt:

  • Das Waldsterben (1980–1985) in Europa. Es ist nicht eingetreten, da sehr viele Maßnahmen zur Luftreinhaltung getroffen wurden. Der Schwerpunkt lag auf der Entschwefelung. Es gibt heute in Europa mehr Wald als in den Zeiten des Waldsterbens. Wird die Betrachtung weltweit vorgenommen, so sind die Waldflächen in etwa konstant, wenngleich eingeräumt werden muss, dass der Anteil der Sekundärwälder bzw. Holzplantagen zunimmt [1, 2].

  • Eine weitere Krise war das Ozon-Loch (1985–1990). Das war ein Mangel an Ozon in der oberen Erdatmosphäre, welches einen großen Teil der UV-Strahlen absorbiert. Das Ozon-Loch wurde hauptsächlich über der Antarktis beobachtet. Der Grund für die Entstehung des Ozon-Lochs lag in der weltweiten Verwendung von FCKW. Die Herstellung und der Einsatz dieser Chemikalien wurde weltweit reduziert und durch die konsequente Umsetzung dieser Maßnahmen wurde das Ozonloch wieder geschlossen [3].

  • Neben anderen Krisen trat zu Ende der 1980er-Jahre eine schwere Erkrankung weltweit auf: HIV oder auch Aids genannt. Zur damaligen Zeit war unklar, wie sich das Virus ausbreiten würde und ob jemals entsprechende Medikamente zur Verfügung stehen würden. Die Ausbreitungsmechanismen wurden erforscht, ebenso wurden relativ wirkungsvolle Medikamente gegen Aids entwickelt. Durch entsprechende weltweite Aufklärung konnte die Neuansteckung stark eingedämmt werden und die Ausbreitung von Aids wurde sehr stark reduziert. Heute gilt die Krankheit zwar nicht als „besiegt“, aber nicht mehr als „Todesurteil“ [4].

  • Eine ähnliche, wenngleich viel weniger schwerwiegende Krise war die Vogelgrippe, auch als SARS bezeichnet (2005–2010). Die Panikmache in den Medien war riesig, obwohl jede Grippewelle im Herbst/ Winter wesentlich mehr Opfer fordert. Diese Krise war „nur eine mediale“, denn in der Realität ist der prognostizierte Ernstfall nicht eigetreten [5].

  • Die Krankheit Ebola wütet derzeit in Westafrika; aber bereits innerhalb nur eines Jahres wurden Impfstoffe entwickelt, die laut Medienberichten in zirka einem Jahr zum Einsatz gelangen werden; zudem wird eine globale Ausbreitung ausgeschlossen [6].

  • Bleibt noch der Klimawandel, der uns zirka seit dem Jahr 2000 medial sehr stark begleitet, und der nachfolgend dargestellt wird.

Die oben dargestellten Krisen sind Erfolgsgeschichten, weil diese Krisen erfolgreich gelöst und bewältigt wurden! Dies wird in der Medienberichterstattung leider viel zu wenig betont, denn nur schlechte Nachrichten verkaufen sich gut. Es ist aber sicher auch ein Verdienst der Medien, dass die Krisen bewältigt wurden, denn ohne entsprechende Berichterstattung und Meinungsbildung wären manche Maßnahmen vielleicht gar nicht oder erst viel später ergriffen worden.

2 Die Daten und Fakten zum Klimawandel und zu den Treibhausgasen

Der Anstieg des CO2-Gehaltes in der Erdatmosphäre wird seit langer Zeit beobachtet. Dieser erhöhte sich am Messpunkt Mauna Loa auf Hawaii von 1958 von rund 320 ppm auf rund 400 ppm im Jahr 2014. Auffallend ist die jährliche Schwankung der CO2-Werte, die durch eine sehr regelmäßige gezackte Kurvenlinie dargestellt ist. Diese Schwankungen kommen aus den Jahreszeiten, da im Winter Vegetationsruhe auf der Nordhalbkugel herrscht und daher viel weniger CO2 von den Pflanzen im Wege der Photosynthese wieder in Sauerstoff umgewandelt wird als im Sommer, steigen die Werte an. Diese fallen dann im Sommer wieder auf Grund des Einsetzens der Vegetation. Im gleichen Zeitraum – also über etwas mehr als 50 Jahre – ist ein Ansteigen der durchschnittlichen Temperatur um rund 0,5 °C zu beobachten (HadCRUT4). Siehe dazu auch Abb. 1 [7].

Abb. 1
figure 1

CO2-Gehalt der Atmosphäre und Veränderung der Temperatur 1958–2014 (HadCRUT4, Mauna Loa)

3 Die Treibhausgasemissionen

Nun stellt sich die Frage, woher kommen diese Treibhausgase, deren Hauptbestandteil Kohlendioxid (CO2) istFootnote 1. Eine Antwort darauf liefert die Abb. 2. Hier sind sowohl die weltweiten Emissionen an Kohlendioxid als auch die Situation bei den Treibhausgasen (THG) nach Regionen dargestellt.

Abb. 2
figure 2

Der weltweite Teibhausgas-Ausstoß seit 1990

Die weltweiten CO2-Emissionen betrugen im Jahr 2012 rund 32,5 Mrd. Tonnen. Davon entfallen auf China 26 %, die USA 20 % und die EU 14 %. Zum Vergleich lag der Anteil von Europa im Jahr 1990 noch bei 26 %! Die Treibhausgas-Emissionen der EU, ausgedrückt als CO2-Equivalent, fielen vom Jahr 1990 mit 5.748 Mio. t auf 4.488 Mio. t im Jahr 2012. Das entspricht einer Reduktion um 22 %. Zum Vergleich: Das Klimaziel der EU für 2020 liegt bei einer Reduktion von 20 %, also bei 4.598 Mio. t CO2. Daraus folgt, dass das Klimaziel bereits im Jahr 2012 erreicht wurde, wenn davon ausgegangen wird, dass die Emissionen nicht weiter steigen werden [8].

Im Weltklimabericht werden die gesamten Treibhausgas-Emissionen mit 49,5 ± 4,5 Mrd. t ausgewiesen. Daraus kann gefolgt werden, dass neben den 32,5 Mrd. t CO2 noch weitere 17 Mrd. t CO2-Äquivalent an anderen Treibhausgasen pro Jahr emittiert werden [9].

Zu bemerken ist, dass die Energieintensität in der europäischen Industrie zwischen 2001 und 2011 um nahezu 19 % gesunken ist, was einen beträchtlichen Teil zur Erreichung der europäischen Klimaziele beiträgt [10]. Global gesehen ist der Anteil von Europa an den weltweiten Emissionen gering, und der Einfluss der EU-CO2-Reduktion vernachlässigbar.

Die Vereinten Nationen bemühen sich seit vielen Jahren um ein globales Klimaabkommen, scheitern aber regelmäßig an den unterschiedlichen Standpunkten der Mitgliedsstaaten. Nachfolgende Aufzählung zeigt die Orte der letzten Klimakonferenzen:

  • 2014 New York, USA und Lima, Peru

  • 2013 Warschau, Polen

  • 2012 Doha, Katar

  • 2011 Durban, Rep. Südafrika

  • 2010 Cancun, Mexiko

  • 2009 Kopenhagen, Dänemark

Alle oben angeführten Konferenzen sind gescheitert, da es nicht möglich scheint, einen globalen Konsens zum Klimaschutz zu finden. Die Ursache liegt darin begründet, dass die Standpunkte und die Bedeutung der Nutzung von Energie je nach Wirtschaftsregion (EU, USA, China, Indien, GUS, etc.) extrem unterschiedlich sind. Die nächste UN-Klima-Konferenz folgt in Paris im Jahr 2015. Dort soll nun der lang erwartete Durchbruch erfolgen. Es ist ein Dilemma, dass die Staatengemeinschaft sich nicht zu einem gemeinsamen Abkommen durchringen kann!

Werden die tatsächlichen Emissionen mit den Prognosen der letzten Dekade verglichen, so zeigt sich, dass die Prognose relativ genau eintrifft. Das Department of Energy der USA prognostizierte ausgehend vom Jahr 2007 CO2-Emissionen für 2012 von rund 32 Mrd. t; siehe dazu auch die Abb. 3 [11].

Abb. 3
figure 3

Weltweite CO2-Emissionen nach Energierohstoffen

4 Die Situation in der EU und in Österreich

Die Europäische Union verabschiedete die folgenden Klimaziele, die bis 2020 erreicht werden sollen – diese sind auch als die sogenannten „20-20-20“ Ziele bekannt:

  • Eine 20 %ige Reduktion der EU-Treibhausgase auf Basis 1990;

  • Der Anteil der erneuerbaren Energie an der Primärenergieaufbringung soll in der EU auf 20 % steigen;

  • Eine 20 %ige Steigerung der Energieeffizienz (wo unklar ist, wie die gemessen wird).

Das Ziel -20 % bei den Treibhausgasen wurde bereits erreicht, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Emissionen nicht wieder ansteigen werden. Die Frage, woher diese Reduktion kommt, ist schwierig zu beantworten. Vermutlich hängt sie mit der gestiegenen Energieeffizienz und der generell schwächelnden Wirtschaft in der EU zusammen. Es ist aber auch der Einfluss der erneuerbaren Energie – vor allem in Deutschland – als ein Faktor zu berücksichtigen [12].

Die Situation in Österreich ist über die Jahre hinweg relativ unverändert. Die THG-Emissionen liegen pro Jahr im Bereich von rund 80 Mio. t. Ausgehend von rund 80 Mio. t im Jahr 1995 stiegen die Emissionen bis 2005 auf etwas über 90 Mio. t an und fielen im Trend seither auf 80,1 Mio. t im Jahr 2012. Dies bedeutet, dass die Emissionen heute in etwa dort sind, wo sie bereits 1995 lagen. Auffallend ist, dass der Bereich, der dem Emissionshandel unterliegt, die Emissionen innerhalb der letzten rund 10 Jahre um rund 5 Mio. t CO2-Äquivalent auf 28,4 Mio. t reduziert hat. Dennoch liegt das Kyoto-Ziel für Österreich von 68,8 Mio. t in weiter Ferne. Vergleiche dazu auch die Abb. 4 [13].

Abb. 4
figure 4

Treibhausgas-Emissionen in Österreich 1995–2012

5 Der Emissionshandel in der EU

Die Europäische Union hat weltweit als erster großer Wirtschaftsraum ein Treibhausgasemissionshandelssystem eingeführt. Die derzeitige Emissionshandelsperiode reicht von 2013 bis 2020 bzw. 2027. Dem Emissionshandel unterliegen im Wesentlichen die Industrieanlagen. Diese benötigen für Ihre CO2-Emissionen die entsprechende Anzahl von CO2-Zertifikaten. Die Prinzipien für die Zuteilung bzw. den Erwerb von diesen Zertifikaten sind die Grundpfeiler des Emissionshandels für die Periode von 2013 bis 2020:

  • Auktionierung für die Erzeuger von Elektrizität (Gruppe I)

  • Übergangsregelung (Transitional) für die Industrie: Freie Zuteilung von 80 % in 2013 fallend auf 30 % in 2020 und weiter fallend auf 0 % in 2027 (Gruppe II)

  • Freie Zuteilung von bis zu 100 % für die Sektoren, die unter “Carbon-Leakage” fallen. D.h. Sektoren, die aus Europa abwandern würden, wenn sie vom Emissionshandel voll betroffen wären (Gruppe III). Diese Sektoren werden nach den NACE-Codes ausgewiesenFootnote 2.

Die Gruppe III – das ist der Bereich von „Carbon Leakage“ – wird nach folgenden Kriterien weiter unterteilt:

  1. 1.

    Gruppe: 5 % Kostensteigerung und 10 % Handelsintensität oder

  2. 2.

    Gruppe: 30 % Kostensteigerung (CO2 Kosten/ Gross-value-Added) oder

  3. 3.

    Gruppe: 30 % Handelsintensität = [(Import + Export)/ (Import + Produktion)]

Einen Überblick über die „Carbon-Leakage“ – Sektoren der europäischen Industrie gibt die Abb. 5, welche die Europäischen Industriesektoren darstellt. Es ist leicht ersichtlich, dass rund die Hälfte der Industriesektoren in den Bereich von „Carbon-Leakage“ fallen, das heißt, es besteht durchaus die Gefahr einer generellen Abwanderung der Industrie durch den Emissionshandel. Auch die Grenze von 30 % Kostensteigerung ist sehr hoch, denn welches Unternehmen kann eine solche Kostenerhöhung verkraften? Anzumerken ist auch, dass die Zuteilungen im Bereich der Carbon-Leakage Sektoren keine 100 % (im Bezug auf die CO2-Emissionen der jeweiligen Betriebe) erreicht haben, sondern teilweise deutlich darunter geblieben sind. Zudem sind die jährlichen Zuteilungen auch nicht konstant, sondern fallen pro Jahr um den “Reduktionsfaktor” von 1,8 %.

Abb. 5
figure 5

EU-Industrie-Sektoren und der Bereich von Carbon-Leakage

Die EU hat einen freien Handel mit den CO2-Zertifiakten (EUA und CER, siehe nachfolgende Ausführungen) eingeführt, der nach folgenden Prinzipien funktioniert: Die Menge der ausgegebenen Zertifikate, wobei ein Zertifikat zur Emission von 1 Tonne CO2 berechtigt, ist festgelegt. Dadurch ist sichergestellt, dass die CO2-Emissionen limitiert werden, um das Emissionsziel zu erreichen. Wird nun entsprechend wenig CO2 emittiert – wie es gegenwärtig der Fall ist – werden entsprechend wenige CO2-Zertifkate benötigt und der Preis für die CO2-Zertifkate sinkt. Würden im Gegenteil mehr CO2-Zertifkate benötigt als vorhanden sind, würde sich das Angebot verknappen und der Preis würde dem entsprechend steigen.

Die Entwicklung der Zertifikatepreise zeigt die Abb. 6. Es ist leicht ersichtlich, dass die Zertifikatepreise seit 2011 stark gefallen sind. Der Preis der EUA (EU-Allowances) ist von rund 20 Euro auf 5 Euro gefallen, für die CERFootnote 3 ist der Preis von rund 14 Euro auf unter 1 Euro gefallen [14]. Der Grund für diesen Preisverfall ist bei den Energieversorgern zu finden: Diese dominieren den Markt und benötigen derzeit – auch durch die Wirtschaftslage in Europa und durch den starken Ausbau der erneuerbaren Energieträger – weniger Zertifikate als erwartet.

Abb. 6
figure 6

Die Preisentwicklung von EUA und CER-Zertifikaten von 2011–2014

Der Preis der Zertifikate sollte gemäß Vorgabe bzw. Planung zwischen 20 und 30 Euro pro Zertifikat pendeln. Um dem Preisverfall entgegen zu wirken, hat die Europäische Union das sogenannte „Back-Loading“ beschlossen [15]. Dabei wurden 900 Mio. Tonnen Emissionsrechte aus dem Handel genommen und „auf später“ verschoben! Die entsprechenden Zertifikate werden gegen Ende der Handelsperiode (2019–2020) wieder dem Markt zugeführt. Diese Maßnahme zeigte aber keinerlei Wirkung.

Das Argument für einen Zertifikatpreis von 20 bis 30 Euro pro Zertifikat liegt darin, dass bei diesem Preis in etwaige Alternativen investiert werden würde. Heute sagen die Energieversorger aber, dass der Preis für die Emissionsrechte bei 80–100 Euro/t liegen müsste, damit in andere Energiequellen investiert wird. Die Frage, die sich nun stellt, ist: Was passiert bei einem so hohen Preis für Zertifikate in der EU? Die Industrie würde flächendeckend aus Europa abwandern und die Haushalte würden eine wesentlich höhere Energierechnung erhalten. Und was dies für die Beschäftigung und den Wohlstand in Europa bedeuten würde, liegt auf der Hand.

Um den Preisverfall näher zu analysieren, muss der Markt für die Emissionsrechte im Detail betrachtet werden. Analysiert man die Anzahl der Anlagen und stellt diese in Bezug zu ihren Emissionen, so zeigt sich, dass etwa 10 % der Anlagen rund 90 % des CO2 emittieren (Abb. 7). Analysiert man nun die Industriesektoren nach deren Emissionen, so ist klar ersichtlich, dass der Großteil der CO2-Emissionen in Europa aus der Energie- und Wärmeerzeugung stammt. Siehe dazu auch die Abb. 8 sowie Tab. 1 [16, 17].

Abb. 7
figure 7

CO2-Emissionen und Anzahl der Anlagen

Abb. 8
figure 8

CO2-Emissionen nach Sektoren 2008– 2012

TABELLE 1 CO2-Emissionen nach Sektoren

Bei der Analyse nach Sektoren zeigt sich, dass für rund 73 % der CO2-Emissionen die Energie- und Wärmeerzeuger die Verursacher sind. Gefolgt von der Zement- und Kalkindustrie mit einem 8 %igen, Raffinerien und Eisen- und Stahlindustrie mit jeweils 7 % und der Papierindustrie mit 1 % Anteil. Alle übrigen Sektoren zusammen verursachen nur rund 2 % der Emissionen!

Diese zwei 2 % Emissionen stammen aus einer Vielzahl von Industriezweigen, die allesamt zur energieintensiven Industrie gezählt werden können. Es handelt sich in der Regel aber um eine Unzahl an mittleren und kleinen Industriebetrieben. Als Beispiel sei die typische Kostenstruktur eines energieintensiven Unternehmens dargestellt (Abb. 9). Bei dem in Abb. 9 dargestellten Unternehmen ist evident, wo der betriebswirtschaftliche Fokus liegen wird: nämlich bei dem Energieeinsatz bzw. den Energiekosten. Es kann also davon ausgegangen werden, dass das Einsparungspotential bei dem spezifischen Energieverbrauch sehr niedrig sein wird. So ein Unternehmen kann seine Emissionen im Wesentlichen nur durch einen Rückgang der Produktion reduzieren. Es kann also hier nur die Produktion verlagert werden, und dann ist der Faktor von Carbon-Leakage erfüllt. An diesem Beispiel ist zu erkennen, dass die EU-Carbon-Leakage Regelung sehr sinnvoll ist.

Abb. 9
figure 9

Kostenstruktur eines energieintensiven Unternehmens

Bei der Gefahr von Carbon-Leakage ist zu beachten, dass nicht nur die Wertschöpfung und die Arbeitsplätze in Europa verloren gehen, sondern auch, wie sich die CO2-Emissionen dann nach einer möglichen Verlagerung darstellen. Am Beispiel von Magnesit bzw. Sintermagnesia kann dieses Szenario beispielhaft sehr gut nachvollzogen werden [18]. Die Abb. 10 stellt diese Situation dar. Ausgehend von natürlich vorkommendem eisenreichem Magnesit (MgCO3) im Werk Breitenau der RHI-AG, welcher in einem Direktbrand zu Magnesia gesintert wird, fallen folgende CO2-Emissionen an: Aus dem Karbonat die sogenannten Prozessemissionen von rund 1 Tonne CO2/t MgO und die CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Erdgas mit rund 0,3 t CO2/ t MgO. Verglichen mit der Sintermagnesiaherstellung bei der MAS in der Türkei fallen ebenfalls rund 1 t CO2/t MgO aus dem Karbonat an. Da die Brennintensität aufgrund des niedrigeren Eisengehaltes aber höher ist, fallen hier bei der Verbrennung von Erdgas rund 0,6 t CO2/ t MgO an. Magnesia kann auch synthetisch hergestellt werden. Hier liegen sowohl die Prozess- als auch die brennstoffbedingten CO2-Emissionen bei knapp 2 t CO2/ t MgO insgesamt höher. Vergleicht man nun diese Emissionen mit der Herstellung in China, so sind zwar die Prozessemissionen gleich, weil ebenfalls Magnesit gebrannt wird. Als Brennstoff findet aber Kohle Anwendung, und die Energieeffizienz ist geringer als bei den bereits angeführten Herstellern, daher liegen die Emissionen beim Brand von Magnesit in China bei rund 2,5 t CO2/ t MgO. Fazit ist, dass bei Abwanderung der Magnesia-Produktion aus Europa die Emissionen deutlich höher wären. Daher sei noch einmal betont, wie wichtig entsprechende Carbon-Leakage Regelungen sind, um zum einerseits den globalen CO2-Ausstoß nicht weiter zu erhöhen und andererseits die Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Europa zu erhalten.

Abb. 10
figure 10

Vergleich der Kohlendioxid-Bilanzen der Sintermagnesia-produktion

6 Lösungen für eine Reform des Emissionshandels

Welche Möglichkeiten erscheinen nun zu einer Reform des Emissionshandels sinnvoll, um sowohl die Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren als auch die Wertschöpfung in Europa zu behalten. Es bedarf wohl einer sehr einschneidenden Reform, deren wesentliche Punkte sind nachfolgend dargestellt sind:

  • Eine radikale Reduktion der Marktteilnehmer, das heißt eine Beschränkung auf ca. 10 % der Anlagen, die rund 90 % der Emissionen verursachen. Dadurch würde auch der „Wildwuchs“ an Bürokratie für die CO2-Ermittlungen eingedämmt. Damit würden die kleinen Industrieanlagen gar nicht erfasst und auch die Sachgütererzeugung nicht belastet, sondern die Regelung nur auf den Energiesektor beschränkt.

  • Ebenso sollten die Prozessemissionen vom Handel ausgenommen werden, da sie weltweit überall entstehen und ein Zertifikatekauf für diese Emissionen nur zur Wettbewerbsverzerrung führt.

Da auf EU-Ebene mit dem gegenwärtigen System niemand zufrieden ist und die „Reform“ durch Back-Loading ebenfalls keine Früchte getragen hat, wird sehr stark über eine komplette Reform diskutiert. Es bleibt zu hoffen, dass die Reform in die richtige Richtung geht.

7 Neue EU-Klimaziele:

Die EU hat bereits neue und weitreichendere Klimaziele beschlossen.

Die weiteren Klima- und Energieziele der EU bis 2030 sind:

  • CO2 (THG) – Reduktion 40 %

  • Energieeffizienz 27 %

  • Anteil erneuerbarer Energie 27 %

Wie diese Ziele zu erreichen sind, ist noch unklar. Auch wie die Energieeffizienz gemessen wird, ist unklar. Die Frage, die sich ebenfalls stellt, ist, wie realistisch solche Ziele sind. Die obige Grafik (Abb. 11) zeigt, dass es drei Dekaden dauerte, um die Emissionen in der EU um rund 20 % zu reduzieren. Dass nun in nur einer weiteren Dekade dieselbe Menge CO2 nochmals eingespart werden soll, erscheint nicht realistisch. Die Reduktion in 3 Dekaden hatte eine Reduktion von 20 % zum Ziel (und wird vermutlich erreicht werden; die Reduktion lag bei rund 40 Mio. t/ Jahr). Für die nächste Dekade würde die weitere Reduktion von nochmals 20 % (Basis 1990) eine Reduktion von rund 120 Mio. t pro Jahr bedeuten. Der Weg dorthin ist aber, wie bereits betont, nicht klar [19].

Abb. 11
figure 11

Der CO2-Minderungspfad der EU

Ebenso wird in diesem Zusammenhang öfters von „Breakthrough-Technologien“ gesprochen. Diese sind am Horizont aber noch nicht ersichtlich, und um neue Technologien flächendeckend einzuführen, wird eine Dekade nicht ausreichend sein.

8 Simulation der Auswirkungen auf Österreich

Um die Auswirkungen dieser neuen Klimaziele zu untersuchen, wurden Modelle entwickelt. Leider liegen diese aber noch nicht EU-weit vor; die Analyse für Österreich wurde aber bereits erstellt und liegt vor.

Eine weitere (deutliche) Reduktion der Emissionen (- 40  %, wie von der EU geplant) würde zu folgendem Ergebnis führen:

  • Kostenbelastungen der Unternehmen (zusätzliche THG-Einsparungsmaßnahmen und des CO2-Zertifikatezukaufs).

  • Rückgang des privaten Konsums in Österreich. Reduktion des energetischen Konsums, jedoch Anstieg des nicht-energetischen Konsums: Heizsystemerneuerungen, Gebäudesanierung und neue Fahrzeugtechnologien.

Die Auswirkungen sind jedoch viel tiefreichender: „Durch den Rückgang der Wirtschaftsleistung wird auch der Produktionsfaktor Arbeit negativ beeinflusst, sodass Beschäftigungsverhältnisse verlorengehen. Ein geringeres Beschäftigungsniveau führt zu einem niedrigeren Konsum, sodass anhand dieser Mehrrundeneffekte wiederum eine Schwächung der Volkswirtschaft stattfindet“.

Die Simulationsergebnisse zeigen, dass bei der Weiterführung der Gratiszuteilung von CO2-Zertifikaten eine geringere Belastung für die vom EU-Emissionshandel erfassten Unternehmen entsteht und aufgrund der höheren Wertschöpfung dieser Sektoren ein höheres Bruttoinlandsprodukt und eine geringere Arbeitslosigkeit generiert wird; das sind pro Jahr um 3.000 Beschäftigte mehr, und die Wertschöpfung steigt um 400 Mio. Euro.

Im Falle der Absiedlung der energieintensiven Industrie als Folge der Kostenbelastungen (durch eine THG-Reduktion auf EU-Ebene um 40 %) werden die allgemein negativen Entwicklungen durch die Zielerreichung drastisch verstärkt. Im Jahr 2030 ergibt sich ein Rückgang des Bruttoinlandproduktes um zusätzlich ca. 11,0 Mrd. €, wobei die Arbeitslosigkeit um zusätzlich ca. 61.600 Personen ansteigt [20].

9 Zusammenfassung

Ausgehend von den unbestrittenen Fakten, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre stetig steigt und den Aussagen aus den Weltklimaberichten, denen zufolge der Klimawandel bereits eingetreten ist, stellt sich die Frage, wie diesem Phänomen zu begegnen ist. Die EU hat daher bereits vor gut einer Dekade mit der Einführung des Emissionshandels begonnen, diesen Veränderungen entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund ist zu analysieren, wie die energieintensive Industrie in Europa damit zurecht kommt, was der Emissionshandel gebracht hat und wie die zukünftige Ausrichtung des Klimaschutzes aussehen könnte.

Um bei den größeren Industriebetrieben in der EU die Emissionen zu reduzieren, wurde von der EU der Emissionshandel eingeführt. Es gibt drei Gruppen, die unterschiedlich behandelt werden. Die 1. Gruppe (die Erzeuger von Elektrizität) müssen 100 % ihrer Emissionsrechte ersteigern, die 2. Gruppe (alle übrigen – ausgenommen Gruppe 3) erhalten eine freie Zuteilung von 80 % der Emissionen in 2013, die 2020 auf 30 % und bis 2027 auf null reduziert wird, d. h. ab 2027 besteht zwischen den Gruppen 1 und 2 kein Unterschied mehr. Die 3. Gruppe ist der Bereich von Carbon-Leakage, d. h. jene Industriebetriebe, die von starkem internationalem Wettbewerb betroffen sind und/oder die von einer extremen Kostensteigerung durch den Emissionshandel betroffen wären. Die 3. Gruppe erhält bis zu 100 % freier Zuteilung, da hier erkannt wurde, dass die entsprechenden Industrien abwandern und damit hohe Wertschöpfung und sehr viele Arbeitsplätze verloren gehen würden.

Betrachtet man nun die Auswirkungen des Emissionshandels, so sieht man, dass die Zertifikatspreise relativ niedrig sind (im Bereich von einigen Euro/t) – von den angestrebten 20 bis 30 Euro ist man weit entfernt. Der Grund liegt darin, dass die Stromerzeuger den gesamten Emissionshandel dominieren, denn 73 % der CO2-Emissionen (im Bereich des Emissionshandels) stammen aus der Energie- und Wärmeerzeugung.

Analysiert man auch die Anzahl der Anlagen, so ist ersichtlich, dass rund ca. 90 % der Emissionen von nur rund 10 % der Anlagen emittiert werden. D. h. die relativ kleinen Emittenten werden benachteiligt, weil der bürokratische Aufwand enorm ist und deren Einfluss im Gesamtsystem (sowohl Emissionshandel wie CO2-Emissionen) gering bzw. sehr gering ist. Daraus folgt, dass der Emissionshandel zu reformieren ist! Dies wurde von der EU-Kommission durch „Back-loading“ bereits ohne sichtbaren Erfolg versucht.

Ein vermutlich besserer Lösungsansatz ist es, nur die wirklich großen Emittenten zu erfassen und den kleinen Anlagen mehr Spielraum zu geben. Denn ein Großteil der eigentlichen Wertschöpfung findet in der sogenannten energieintensiven Industrie statt, die aber nur relativ gering zu den Emissionen beiträgt. Ebenso sollten die Prozess-Emissionen ausgenommen werden, denn diese fallen ebenfalls weltweit an.

Die nun von der EU vorgeschlagenen neuen Ziele für 2030 mit minus 40 % THG-Reduktion sind noch nicht ausreichend durchdacht und werden bei gleichem Emissionshandelssystem zu einem hohen Verlust an Wertschöpfung und zum Verlust von sehr vielen Arbeitsplätzen führen. Eine Studie für Österreich zeigt, dass die Arbeitslosigkeit um 60.000 Personen steigen und die Wertschöpfung um rund 11 Mrd. Euro abnehmen würde. EU-weite Zahlen liegen leider noch nicht vor. Auch daraus folgt, dass eine Reform des Emissionshandelssystems dringend erforderlich ist.

Abgesehen davon ist ein internationales Abkommen zum Klimaschutz unumgänglich.