In einer unsicheren Welt müssen sich ÄrzteFootnote 1 wie Patienten mit Risiken und Unsicherheiten auseinandersetzen. Viele Patienten wünschen sich, an den sie betreffenden Gesundheitsentscheidungen beteiligt zu werden; knapp ein Viertel gibt an, darauf verzichten zu können [4]. Fakt ist, Patienten haben ein Recht darauf, beteiligt zu werden. Doch wie können etwa Herzpatienten in die medizinische Materie einbezogen werden? Dieser Beitrag gibt einen narrativen Überblick über kommunikative Anforderungen einer Patientenbeteiligung in der Herzchirurgie.

Bereits vor dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten von 2013 wurde die partizipative Entscheidung von Patienten angestrebt. Heute wird sie als Indikator für die Qualität der Versorgung gesehen. Für partizipatives Entscheiden ist es jedoch erforderlich, dass Patienten informierte Entscheidungen treffen. Das bedeutet, Patienten würden notwendiges Wissen über die möglichen Nutzen und Schäden von medizinischen Maßnahmen erlangen. Dann könnten sie unter Berücksichtigung ihrer Wünsche und Ziele eine gemeinsame Entscheidung mit ihrem Arzt treffen [24]. Tatsächlich stoßen Patienten jedoch auf Unsicherheit bezüglich der möglichen Nutzen und Schäden, denn diese werden nicht immer transparent und verständlich erklärt. Die einseitige Darstellung des Nutzens von Krebsfrüherkennungsuntersuchungen führte beispielsweise dazu, dass die Bevölkerungen verschiedener europäischer Staaten diesen überschätzten [14]. Die Gemengelage verfügbarer Gesundheitsinformationen ganz unterschiedlicher Qualität erschwert informiertes Entscheiden [12, 28].

Um die Vor- und Nachteile einer medizinischen Maßnahme richtig einschätzen zu können, bedarf es qualitätsgesicherter und bedarfsgerechter Informationen, die transparent, verständlich und in einem nachvollziehbaren Bezugsrahmen mögliche Nutzen und mögliche Schäden kontrastieren. Dies gilt sowohl für Gesundheitsinformation, bei denen ein Patient auf sich allein gestellt ist, als auch für die Situation mit dem Arzt selbst. Herzpatienten, die sich chirurgischen Eingriffen gegenübersehen, müssen vor einer Entscheidung hinsichtlich aller patientenrelevanten Endpunkte aufgeklärt werden.

Dieser Beitrag strukturiert sich anhand verschiedener Anforderungen, welche an die Kommunikation von Herzchirurgen gestellt werden, und wie sie adressiert werden könnten, damit Patienten im realistischen Rahmen beteiligt werden können. Dies schließt im ersten Teil die Kommunikation medizinischer Risiken und Handlungsoptionen ein; im zweiten Teil aber auch die Interpretation von diagnostischen und prognostischen Testergebnissen.

Einzelfallwahrscheinlichkeiten einordnen

Grundsätzlich sind Einzelfallwahrscheinlichkeiten Patienten aus ihrem Alltag bekannt. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass sie diese korrekt verstehen. Bei Wettervorhersagen werden z. B. Niederschlagswahrscheinlichkeiten angegeben. Zugleich wird jedoch in der Regel nicht erklärt, was es bedeutet, wenn diese Niederschlagswahrscheinlichkeit am nächsten Tag beispielsweise 22 % beträgt. Viele Menschen in Deutschland denken, dass es eine Aussage zur lokal betroffenen Fläche oder der Dauer des Niederschlags ist [11]. Das zugrunde liegende Problem ist eine unzureichende Erklärung der Bezugsgruppe bzw. der Bezugsmenge. In der Wetterberichterstattung sollte erklärt werden, dass es in der Vergangenheit an 22 von 100 Tagen, wie der morgige im Vorhersagemodell beschrieben wird, geregnet hat. Die Menschen fragen grundsätzlich zu selten, worauf sich ein Prozentwert bezieht. Sie sollten fragen: 22 % von was?

Schlusslogisch haben Patienten vergleichbare Schwierigkeiten, wenn sie über medizinische Maßnahmen aufgeklärt werden. Wenn Patienten beispielsweise im Gespräch erfahren, dass durch ein Medikament in der Postoperativen ein Nebenwirkungsrisiko für eine verminderte Libido zwischen 30 und 50 % besteht, ist nicht klar, was das bedeutet. Patienten könnten verstehen, dass sie bei 30 bzw. 50 % ihrer sexuellen Begegnungen derartige Probleme haben werden. Tatsächlich betrifft es aber in unterschiedlicher Schwere 30 bis 50 von 100 Patienten, die das Medikament erhalten. Ärzte sind durch die Verwendung von Einzelfallwahrscheinlichkeiten, die oft mehrdeutig interpretierbar sind, in der Verantwortung, die Referenzklasse laienverständlich und konkret zu spezifizieren. Der Bezugsrahmen muss den Herzpatienten also konkret erklärt werden: Für welche Patientengruppen wird unter welchen Bedingungen (über welchen Zeitraum, in welchen Versorgungssettings) welches Eintreten von Ereignissen (Nutzen, Schäden) erwartet? [11].

Absolute Risiken erklären

„Steigt etwas um 10 %“, so handelt es sich hier um eine relative Angabe zum Anstieg – man spricht vom relativen Risiko. Man weiß also nicht, wie viel es ohne den Anstieg wäre, und auch nicht, wie groß der Anstieg tatsächlich ist. Im Jahr 1995 informierte die Kommission zur Arzneimittelsicherheit in Großbritannien über das Verdoppelungsrisiko einer potenziell auch lebensgefährlichen Thromboembolie als Folge der Einnahme der Pille der dritten Generation. In absoluten Zahlen ausgedrückt, hatten 2 von je 7000 Frauen, welche diese Pille einnahmen, diese Thromboembolie zu erwarten – im Vergleich zu einer von je 7000 Frauen, welche die Vorgängerpräparate einnahmen. Dieser absolute Risikoanstieg um eine von je 7000 Frauen fand kaum Beachtung. Das relative Risiko wurde jedoch von britischen Medien („pill scare“) aufgegriffen und verunsicherte die Bevölkerung, die daraufhin von den fraglichen Verhütungsmitteln Abstand nahm. 12.400 Geburten und 13.600 Abtreibungen in England und Wales werden diesem Medienereignis zugeschrieben [10]. Die Folgen einer Überschätzung von Risiko, weil anstatt einer absoluten Risikoinformation nur relative Veränderungen berichtet werden, können also gravierend sein. Ärzte in der heutigen Versorgung müssen folglich zum einen das Grundrisiko vermitteln. Das heißt, dass jeder Patient verstehen muss, wie viele Ereignisse ohne das Ergreifen einer bestimmten Maßnahme zu erwarten sind. Zum anderen ist der absolute Risikoanstieg zu beziffern: Wie viele zusätzliche Ereignisse bzw. wie viele Ereignisse weniger sind tatsächlich zu erwarten, wenn man eine bestimmte Maßnahme ergreift? Wenn diese beiden Informationen kolportiert werden, Grundrisiko und Effektstärke, hat der Patient ein Stück weit eine Entscheidungsgrundlage, die ihm eine Beteiligung ermöglicht.

Die Unterscheidung und Beachtung von relativen und absoluten Risiken ist darüber hinaus auch für Ärzte in der Weiterbildung wichtig. „Mismatched framing“ übertreibt Nutzen medizinischer Interventionen mit relativen Angaben und marginalisiert zugleich mögliche Schäden, die vergleichend nur als absolute Risiken ausgedrückt werden. Eine Werbebroschüre könnte beispielsweise die Diskussion um Statine anheizen, stünde darin wie folgt: Während die Einnahme von Statinen die Wahrscheinlichkeit eines 50-jährigen Mannes, binnen 10 Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden, um 30 % reduziert, führt sie nur in einem von 1000 Fällen zu einer Myalgie. Mismatched framing wurde eine Zeit lang von verschiedenen Akteuren benutzt, um medizinische Fakten zu verzerren. Auch in der Wissenschaft. 2010 betraf das noch etwa 19 % der Übersichtsarbeiten in medizinischen Spitzenzeitschriften, darunter das British Medical Journal [2]. Ärzte kommen also nicht umhin, bei jedweden medizinischen Informationsangeboten den Blick auf absolute Risikoangaben zu richten bzw. das Fehlen dieser festzustellen.

Gesundheitsinformationen einschätzen und einsetzen

Patienten selbst haben heute eine Vielzahl von Informationsquellen zur Auswahl, wenn sie vor einer medizinischen Entscheidung stehen. Neben den klassischen Medien, medizinischen Fachzeitschriften und dem Arzt selbst, sind heute Internetseiten und Apps verfügbar, darunter soziale Netzwerke wie Facebook und Messenger wie Telegram und WhatsApp bis hin zu Youtube-Clips mit hoher Reichweite. Es liegen durchaus berechtige Argumente auf dem Tisch, warum die Digitalisierung zum Nutzen der Patienten wirken könnte, z. B. ebenjener Zugang zu Gesundheitsinformationen. Doch ohne die Schwächen des klassischen Gesundheitssystems zu lösen (z. B. Interessenkonflikte von Akteuren), fehlt es an Grundlagen [23]. Die zugänglichen Gesundheitsinformationen stellen eine Melange von qualitätsgesicherten, schlecht gemachten und interessengeleiteten Angeboten dar. Dies kann selbst Angebote mit seriösem Anliegen betreffen. Hier ist exemplarisch der hunderttausendfach geteilte Videoclip Der Kinderchor zum Darmkrebsscreening zu nennen [8]. Beiträge wie dieser arbeiten mit emotionalen und appellierenden Botschaften, die einerseits Ängste wecken und andererseits eine Art Erlösung durch Teilnahme an einem Screening versprechen. Zugleich werden dabei wissenschaftliche Daten nur einseitig und verzerrt genutzt. Wenn man nun berücksichtigt, dass irreführende Informationen über medizinische Interventionen die Risikowahrnehmung beeinträchtigen können und v. a. informiertem Entscheiden entgegenstehen [15], kann das digitale Angebot unterm Strich durchaus negative Konsequenzen haben.

Es ist daher zuallererst erforderlich, dass Patienten, die sich im Internet informieren, lernen, auf welche Kriterien sie bei Gesundheitsinformationen zu achten haben. Informationsangebote z. B., die Nutzen und Schäden einer medizinischen Maßnahme nicht beziffern (und das auch nicht begründen), unterstützen keine informierten Gesundheitsentscheidungen [30]. Es müssen sowohl speziell Patienten als auch Bürger im Allgemeinen in die Lage versetzt werden, selbstständig gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, sie kritisch hinsichtlich ihrer Qualität zu bewerten und darüber hinaus Entscheidungen zu treffen, die für ihre Gesundheit förderlich sind. Das beschreiben etwa 54 % der Bürger für sich selbst als schwierig [27]. Diese sog. Gesundheitskompetenz ist in der Bevölkerung zudem ungleich verteilt [20, 29, 32].

Ärzte können Patienten dabei helfen, irreführende bzw. interessengeleitete Angebote auszuschließen, die eine informierte Entscheidung behindern. Ferner können sie selber qualitätsgesicherte Informationen aus geeigneten Quellen in die Patientenberatung einbringen.

Qualitätsgesicherte Gesundheitsinformation meint nach Leseart der Autoren und dem Netzwerk evidenzbasierter Medizin in Deutschland eine Umsetzung der Leitlinie „Evidenzbasierte Gesundheitsinformationen“ [22]. Nach wissenschaftlichen Prinzipien gestaltet, und in Entscheidungshilfewerkzeuge eingebettet, haben sie zum Ziel [1, 28], die Versorgungsqualität zu erhöhen. Hierfür müssen Informationsangebote die aktuelle wissenschaftliche Evidenz, Informationen zu Krankheitsverläufen sowie mögliche Nutzen und Schäden des Ergreifens und Nichtergreifens von medizinischen Maßnahmen darstellen. Zu diesen Maßnahmen lassen sich neben Diagnostika, Eingriffen und Therapeutika auch Prävention bzw. Früherkennung zählen. Nutzen und Schäden müssen hierfür jeweils anhand von Endpunkten, die für Patienten relevant sind, laienverständlich, ausgewogen und grundsätzlich transparent dargestellt werden. Der notwendige, vorausgehende Entwicklungsprozess solcher Gesundheitsinformationen lässt sich in den Methoden der evidenzbasierten Medizin bzw. bei der unabhängigen Forschungsorganisation UK Medical Research Council (MRC) nachlesen [6]. Zu diesem Entwicklungsprozess gehören die Pilotierung, Evaluation und Implementierung von Interventionen. Die Entwicklung und Pilotierung zusammen mit Patientenvertretern ist zwingend, da es den ethischen Anspruch, die persönlichen Werte, Präferenzen, Wünsche und Ziele von Patienten einzubeziehen, einzulösen gilt [7, 21, 34].

Werkzeuge zur Entscheidungsfindung einsetzen

Im Gegensatz zu üblichen Gesundheitsbildungsmaterialien, die einen breiteren Fokus haben und nicht unbedingt anstreben, die Entscheidungsfindung zu unterstützen, zielen andere Werkzeuge direkt darauf ab, indem sie Patienten detaillierte, spezifische und personalisierte Optionen und relevante Endpunkte bereitstellen [34]. Ein Werkzeug, um Evidenz transparent, ausgewogen, aber auch verständlich für den Praxiseinsatz zu verdichten, sind Faktenboxen [25]. Tab. 1 und 2 zeigen, wie potenzielle Nutzen und Schäden medizinischer Optionen mithilfe absoluter Risiken kontrastiert werden können. Bei einer solchen Verdichtung medizinischer Erkenntnisse ist die Auswahl dargestellter Endpunkte aus der klinischen Studienlage entscheidend. Geeignete Endpunkte müssen reliabel gemessen worden sein, auf sie bezogene Evidenz muss in der Regel mindestens von moderater Qualität sein, und v. a. müssen sie patientenrelevant sein. Physiologische Vitalparameter sind beispielsweise in der Regel für Patienten ungeeignet. In einem Rahmentext zur Faktenbox muss begründet werden, warum Endpunkte ein- oder ausgeschlossen wurden. Eine gesonderte Dokumentation soll Missbrauchspotenzialen solcher Darstellungen entgegenwirken.

Tab. 1 Beispiel für eine Faktenbox: Früherkennung von Darmkrebs bei Frauen durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie). (Quellen: [3, 9, 19])
Tab. 2 Beispiel für eine Faktenbox: Früherkennung von Darmkrebs bei Männern durch die kleine Darmspiegelung (flexible Sigmoidoskopie). (Quellen: [3, 9, 19])

Faktenboxen sind verständlich und erlauben eine kurzfristige Wissensvermittlung zu patientenrelevanten Endpunkten [5, 26, 31]. Für evidenzbasierte Gesundheitsinformationen sind die Evaluation und Implementierung grundsätzlich sinnvoll, jedoch nicht immer realisierbar. Für Werkzeuge zur Entscheidungshilfe sind Evaluation und Implementierung hingegen essenzielle Qualitätskriterien. Ihre Implementierung bedarf einer sorgfältigen Evaluation im Rahmen von randomisierten kontrollierten Studien (RCT). Denn ihre Verwendung kann direkte Auswirkungen auf die Versorgung von Patienten haben. Verschiedene Instrumente zur Bewertung der Entwicklungs‑, Evaluations- und Informationsqualität von Entscheidungshilfen (beispielsweise die Bewertungschecklisten IPDASi und MATRIX) sichern schließlich ihre Qualität auf der Ebene internationaler Expertenkonsense [21].

Die Verfügbarkeit von qualitätsgesicherten Gesundheitsinformationen und Entscheidungshilfewerkzeugen für die ärztliche Praxis muss durch verschiedene Akteure des Gesundheitssystems gesteigert werden: Staatliche Quellen, unabhängige Forschungseinrichtungen, Krankenkassen und Fachverbände. Die Entwicklung wissenschaftlicher Informationsangebote hängt dabei auch von den Fachdisziplinen ab.

Werkzeuge zur Testerklärung einsetzen

Dass Testergebnisse niemals sicher sind, ist den meisten Patienten nicht klar. Gerade, was ein Testergebnis bei seltenen Indikationen bedeutet, ist den meisten unklar. Schon, dass klassifizierende Tests zwei Arten von Fehlern machen, ist den meisten nicht bewusst.

Zur Wiederholung. Ein klassifizierender medizinischer Test (z. B. zur Erkennung) erkennt nicht alle Betroffenen (falsch-negatives Testergebnis). Das liegt daran, dass seine Sensitivität nicht perfekt ist. Auch die Spezifität ist nicht perfekt. Daher werden auch Nichtbetroffene fehlalarmiert. Es folgt schlusslogisch, dass die bedingte Wahrscheinlichkeit, dass ein auffälliges Testergebnis korrekt ist, kleiner als 100 % ist. Diese Wahrscheinlichkeit entspricht dem positiven prädiktiven Wert, manchmal auch positiver Vorhersagewert.

Es braucht diesen Vorhersagewert, um einen Test zu beurteilen. Gesundheitsfachpersonal sollte diesen v. a. vermitteln können, damit Patienten die reale Unsicherheit um Testergebnisse akzeptieren lernen können.

Würde man den positiven Vorhersagewert mittels des zugrunde liegenden Bayes-Theorem berechnen müssen, würde das medizinische Fachpersonal und Patienten überfordern [15]. Auch hier ist das angemessene Werkzeug für die Kommunikation entscheidend: natürliche Häufigkeitsbäume. Sie erlauben es nicht nur dem medizinischen Fachpersonal, Testergebnisse zu verstehen [18, 33].

Dazu ein fiktives Beispiel mit 1000 Verdachtsfällen auf ein bestimmtes Herzleiden. Hätten 10 ein bestimmtes Herzleiden, welches ein Test aufdecken müsste, damit es operativ behandelt würde, wären die 990 anderen Herzpatienten zum Zeitpunkt der Testung natürlich nicht von diesem Leiden betroffen. Ein fiktiver Test mit 90 %iger Sensitivität würde 9 der 10 Erkrankten erkennen. Hätte derselbe Test eine Spezifität von 90 %, würde er 10 % von den 990 anderen fehlalarmieren. 99 Herzpatienten ohne Leiden würden ein auffälliges Testergebnis erhalten (Abb. 1). Daraus folgt aber, dass nur 9 von 108 (= 99 + 9) Menschen, bei denen der Test gewarnt hat, tatsächlich das gesuchte Herzleiden haben. Der positive Vorhersagewert des auffälligen Testergebnisses ist mit 8 %iger Korrektheit in der Arzt-Patient-Interaktion entsprechend kritisch zu würdigen.

Abb. 1
figure 1

Natürlicher Häufigkeitsbaum am Beispiel eines nicht näher bestimmten Herzleidens, der das Zusammenspiel von Prävalenz (10 Patienten mit Herzleiden von 1000 Verdachtsfällen), Sensitivität (9 richtig-positive unter 10 Patienten mit Herzleiden) und Spezifität (891 richtig-negative unter 990 Patienten ohne Herzleiden) illustriert, sodass daraus der positive Vorhersagewert abgeleitet werden kann

Dafür lassen sich im Gespräch auch leicht Zettel und Stift einsetzen. Solche natürlichen Häufigkeitsbäume erweisen sich als Schlüsselwerkzeug, nicht nur nach einem Test, sondern v. a. auch, um informierte Testentscheidungen zu treffen. Also, möchte ein Patient einen solchen Test überhaupt machen? Ärzte sollten den Einsatz dieses Werkzeugs üben. Hatte es vielen Medizinern lange an solchen Kompetenzen und Werkzeugen gemangelt [13, 17], verbreitet sich heutzutage dieses und darüber hinausreichendes medizinisch-statistisches Handwerkszeug in der Aus- und Weiterbildung (Nationales longitudinales Mustercurriculum Kommunikation in der Medizin; Ausbildung an der Charité).

Fazit für die Praxis

Wenn Patienten in der Herzchirurgie in die Entscheidungsfindung einbezogen werden sollen, müssen sie verstehen, welche Konsequenzen das Verfolgen oder Nichtverfolgen verschiedener Optionen erwarten lässt. Irreführende Informationen zu Nutzen und Schäden von medizinischen Interventionen oder auch schlicht das falsche Verstehen führen zu Fehleinschätzungen von Risiken und können schwerwiegende Folgen haben. Eine ausgewogene, transparente und vollständige Risikokommunikation in Arzt-Patient-Gesprächen, der medialen Berichterstattung sowie in medizinischen Fachzeitschriften und Gesundheitsinformationen entspricht einem teils ethischen, teils rechtlichen Anspruch und ist zentrale Voraussetzung für informierte Entscheidungen. In der Hand der Herzchirurgen liegt aber, direkt zumindest, nur, das Erstere zu erfüllen. Es ist erforderlich, dass sie die möglichen Nutzen und Schäden aus Patientensicht in einem ausgewogenen Verhältnis und in absoluten Risiken vermitteln. Schulungen sowie die Verbreitung der Erkenntnisse zu transparenter Risikokommunikation unter dem medizinischen Fachpersonal bilden erst die notwendigen strukturellen Voraussetzungen für informiertes Entscheiden auf Patientenseite, indem evidenzbasierte partizipative Entscheidungsfindung so weit umgesetzt wird, wie es die Patientenvoraussetzungen erlauben.