Liebe Leserinnen, liebe Leser,

seit Jahren versucht die Redaktion des Springer-Verlages mit vorsichtigen und manchmal auch direkteren Anregungen, Themenhefte aufzulegen. Das heißt, einzelne Ausgaben der Zeitschrift für Herz‑, Thorax- und Gefäßchirurgie sollen ganz im Fokus eines Schwerpunktthemas erstellt und publiziert werden. Diese Strategie ist durchaus in anderen Fachzeitschriften zu beobachten und stellt mittlerweile eher die Regel denn die Ausnahme dar. Sowohl Herausgeber als auch Schriftleitung der Zeitschrift für Herz‑, Thorax- und Gefäßchirurgie haben diesem Werben für Themenhefte bislang widerstanden; jede einzelne Ausgabe der Zeitschrift soll den bekannten bunten Strauß an unterschiedlichen Themen aus allen Bereichen unseres Fachgebietes abbilden, um allen Leserinnen und Lesern etwas Interessantes anzubieten und Abwechslungsreichtum zu gewährleisten.

In der aktuellen Ausgabe unserer Zeitschrift verlassen wir etwas ungeplant dieses Prinzip! Schaut man sich im Inhaltsverzeichnis die angebotenen Artikel an, so fällt auf, dass sich gleich vier Beiträge mit der Ross-Operation bzw. mit dem Namensgeber beschäftigen: Herr Misfeld aus Leipzig bzw. Sydney stellt in der Rubrik „Operative Techniken“ sehr detailliert die subkoronare Technik der Ross-Operation vor. Dessen chirurgischer Lehrer, H‑H Sievers, ist dabei Co-Autor; als heute emeritierter Leiter der Herzchirurgie in Lübeck hatte er eine ganze Reihe von heute aktiven Ross-Chirurgen ausgebildet. So auch R. Leyh aus Würzburg, und es wundert nicht, dass Herr Leyh in seinem Beitrag „Ross-Operation pro“ deutlich Stellung für die Durchführung der Ross-Operation einnimmt. Wo Pro da auch Contra, und diesen Part übernimmt die Gruppe um V. Falk aus Berlin, die gebeten wurde, Gegenargumente gegen die Ross-Operation aufzuführen und die breit verbreitete Skepsis gegen diesen Eingriff zu begründen, was ihnen mit dem Beitrag „‚Ross-Operation‘: viele falsche Mythen, die korrigiert werden sollen“ gut gelingt. Diese Diskussion steht einer medizinischen Fachgesellschaft gut zu Gesicht, und jede Leserin und jeder Leser möge die Beiträge auf sich wirken lassen und ggf. mit seinen eigenen Erfahrungen abgleichen.

Egal, wie man heute zur Ross-Operation steht: damals verkörperte sie eine geniale Pionierarbeit!

Unbedingt lesen müssen Sie aber noch das „Historische Profil“ von H.E. Ulmer eben über den besagten Donald Nixon Ross, dem Namensgeber dieser Operation. Man kann unterschiedlicher Auffassung über den heutigen Stellenwert der Operation sein, aber die Entstehungsgeschichte dieser Technik, aus der Not geboren wegen fehlender Klappenprothesen, ist hoch beindruckend und bescheinigt Herrn Ross eine chirurgische Genialität, die selten zu finden ist. Beim Lesen dieses Beitrages bekommt man ein Gefühl für die unglaubliche Kreativität der Pioniere in der Herzchirurgie, umso mehr, da Herzchirurgie heute auch viel Routine und weniger Pionierarbeit bedeutet; vielleicht haben Pasic et al. in ihrem Contra-Beitrag recht: „Nun, heute ist anders als ‚damals‘. Ein anderer Zeitgeist. ‚Heroische‘ Operationen sind nicht mehr modern. Je kürzere Operationszeit, umso besser, je kleinerer Schnitt umso schöner, je früher die Patientin/der Patient nach Hause geht, umso attraktiver. Wenn möglich, dann katheterbasierte Intervention in lokaler Betäubung und bei wachem Patienten. Keine Operation, bitte“ [1].

Viel Spaß beim Lesen und bleiben Sie gesund,

Ihr

Klaus Kallenbach