Der Erfolg von kardiopulmonaler Reanimation (CPR) bleibt ernüchternd. Nach prähospitalen CPR-Bemühungen überleben weniger als 10% bis zur Krankenhausentlassung [1]. Verschiedene Interventionen in der Post-CPR-Phase haben bisher enttäuscht [2], mit nur einer Ausnahme, dem therapeutischen Kühlen („therapeutische Hypothermie“).

In 2 randomisierten Studien, einer europäischen (HACA [3]) und einer kleineren australischen [4], war mildes Kühlen mit einem klinisch bedeutsamen Nutzen verbunden. Ein halbes Jahr nach CPR war Kühlen mit 15% mehr Überlebenden verbunden [56%, verglichen mit 41% in der ungekühlten Kontrollgruppe [3]; „number needed to treat“ (NNT) 6–7].

Diese beiden Studien begründen die Empfehlungen in internationalen [5, 6, 7, 8] und nationalen [9] Leitlinien, dass gekühlt werden soll. Wie so oft steckt auch beim therapeutischen Kühlen der Teufel im Detail. Dies spiegeln auch die internationalen Empfehlungen [5] wider (Tab. 1). Auf praxisrelevante Details fokussiert die folgende Übersicht.

Tab. 1 Empfehlungen des European Resuscitation Council 2005

Welche PatientInnen?

Erfolgreich Wiederbelebte mit neurologisch günstiger Prognose

Der größte Vorteil ist bei neurologisch günstiger Prognose zu erwarten; diese Patienten selektierten auch die 2 randomisierten Studien [4, 3]. Untersucht wurden Wiederbelebte mit neurologischer Schädigung (Koma nach Wiederbelebung), aber günstiger Prognose. Die Patientenauswahl in den internationalen Empfehlungen folgt den Auswahlkriterien der beiden Studien. Im Einzelfall ist klinisches Abwägen nicht nur erlaubt [6, 5], ja unausweichlich [10].

Kühlen unabhängig vom initialen EKG?

Bei Wiederbelebten mit neurologisch ungünstigerer Prognose (initiales EKG nicht Kammerflimmern/VT, sondern Asystolie/PAE oder nicht beobachteter Kreislaufstillstand) fehlen bisher vergleichbar harte Daten wie für Wiederbelebte mit günstigerer Prognose. Bisher wurde nur eine einzige methodisch rigorosere Untersuchung berichtet mit sehr kleiner Fallzahl und Power (Kühlhelm, n=30, 2 von 16 Gekühlten überlebten [11]). Kühlen bei Kammerflimmern war in anderen (nicht randomisierten) Beobachtungsstudien mit 3-mal höherer Überlebenswahrscheinlichkeit verbunden, als Kühlen bei Asystolie oder PEA [12, 13]. Der initiale EKG-Rhythmus war jedoch z. B. bei 74 Patienten [14] kein unabhängiger multivariater Prädiktor für Überleben im Gegensatz zur Dauer der Reanimationsbemühungen bis zum ROSC (logistische Regression).

Die Konsequenzen liberalerer Einschlusskriterien, verglichen mit den beiden bahnbrechenden Studien [4, 3], sind ungewiss, undefiniert. Liberalere Auswahlkriterien für Kühlen könnten dazu führen, dass das unerwünschte Outcome „Überleben mit schwerer neurologischer Schädigung“ zunimmt – d. h. als Pflegefall oder persistierend vegetativ –, könnten aber auch dazu beitragen, dass mehr Patienten profitieren.

Kühlen könnte auch bei anderen initialen Rhythmen als Kammerflimmern mehr nutzen als schaden [6, 5]; dies ist bislang weder bewiesen noch ausgeschlossen. Viele Zentren kühlen auch bei prognostisch ungünstigen Initialrhythmen [15, 16, 12, 17, 14, 13, 18]. Dem trägt die Zusammenfassung der Patientenauswahl in Tab. 2 Rechnung.

Tab. 2 Indikation

Kinder, Schwangere?

Die Beschränkung auf Erwachsene entspricht den Einschlusskriterien der beiden randomisierten Studien [4, 3].

Kinder und Schwangere zählen zu besonders heiklen (Ethik, Schutz, Einverständnis), besonders zu schützenden PatientInnen-Gruppen, die selten in Studien eingeschlossen werden. Daher und wegen der sehr kleinen erwartbaren Fallzahlen erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass jemals vergleichbar harte Daten wie für nichtschwangere Erwachsene erhoben werden können.

Dass Kühlen auch jüngeren Opfern von Kreislaufstillstand nutzt, auch Kindern, dafür sprechen harte Daten und Plausibilität. Bei Neugeborenen mit perinataler ischämischer Enzephalopathie [19] war Kühlen mit bemerkenswert ähnlichem Nutzen verbunden wie in der HACA-Studie (Überleben ohne schwere Behinderung +15,9%, NNT 7, 95%-Konfidenzintervall 4–38; [20]).

Ein einzelner Fall einer Schwangeren wurde berichtet [21]: Die Kühlung erfolgte für 24 h in der 13. Schwangerschaftswoche, die Patientin wurde nach 6 Tagen mit mildem kognitivem Defizit entlassen; in der 39. Schwangerschaftswoche kam ein gesundes Kind zur Welt.

Nur prähospitale Reanimation?

Die Beschränkung der Kühlempfehlungen auf prähospital Wiederbelebte entspricht zwar den Einschlusskriterien der beiden randomisierten Studien (HACA [3] schloss auch einzelne innerhospital Wiederbelebte ein), erscheint jedoch widersprüchlich. Innerhospitale CPR ist generell mit höherer Überlebenswahrscheinlichkeit („survival to discharge“) verbunden, verglichen mit prähospitaler (ca. 20% verglichen mit 10% [22, 23], auch z. B. in Innsbruck).

Aussagekräftige Vergleiche bei innerhospital Wiederbelebten wurden bisher nicht berichtet, d. h. Outcome mit und ohne Kühlen. Nicht randomisierte Beobachtungen beschreiben konsistent einen höheren Anteil mit ungünstigem Outcome bei innerhospital verglichen mit prähospital Wiederbelebten [15, 12, 17, 18]; alle diese Untersuchungen schlossen aber Patienten mit allen initialen Rhythmen ein, auch nach PEA/Asystolie.

Für die Prognose gelten die gleichen prognostischen Faktoren, wie prä- so auch innerhospital, z. B. ob der Stillstand beobachtet war (Überleben bis zur Entlassung im Klinikum Innsbruck: beobachtet 32,7% vs. nicht beobachtet 11,6%, p<0,001) oder PEA/Asystolie verglichen mit anderen ersten EKG-Rhythmen (Überleben bis zur Entlassung im Klinikum Innsbruck: 8,6 vs. 41,6%, p<0,001; 460 innerhospitale CPR 2002-2007, eigene, nicht publizierte Daten). Diese und andere Daten sprechen klar dafür, dem Ort des Kreislaufstillstandes keine besondere Bedeutung für die Patientenauswahl zum Kühlen beizumessen.

Nur beobachteter Kreislaufstillstand?

Beobachteter Kreislaufstillstand war nur in einer der beiden bahnbrechenden Studien ein explizites Einschlusskriterium [4], aber in beiden Studien zusammen waren über 95% der Stillstände beobachtet. Die internationalen Empfehlungen enthalten sich einer Stellungnahme. Die meisten uns bekannten Zentren und Studien beschränken Kühlen nicht auf PatientInnen, deren Kreislaufstillstand im Beisein von Zeugen erfolgte.

Welche PatientInnen nicht?

Ausschlusskriterien orientieren sich v. a. nach den beiden randomisierten Studien [4, 3] und nach erwarteten Komplikationen (Tab. 3). Die internationalen Leitlinien nennen keine expliziten Kontraindikationen [5].

Tab. 3 Kontraindikationen

Die Dauer des Kreislaufstillstandes wird heute überwiegend ignoriert, auch von den internationalen Leitlinien. Immerhin schloss die bisher größte randomisierte Studie (HACA [3]) explizite PatientInnen aus, bei denen ROSC erst später als 60 min erreicht werden konnte.

PatientInnen nach Kreislaufstillstand verbunden mit (schwerem) Trauma werden in zumindest einigen Zentren explizit ausgeschlossen, auch an unserem. Kühlexperimente bei Ratten und Schweinen ergaben zwar Hinweise auf Nutzen, bislang fehlen jedoch Erfahrungen bei Menschen. Im Gegenteil, bei unterkühlten Traumatisierten (≤34,5°C) war Erwärmen mit einem hoch signifikanten Überlebensvorteil verbunden – in einer randomisierten kontrollierten Studie [24]. Untertemperatur zählt zur „letalen Trias“ des Traumas, zusammen mit Azidose und Koagulopathie [25]. Zumindest für ausgedehnte Operationen sind ähnliche Bedenken wohl begründet, wenn auch speziell für Kreislaufstillstand nicht gesichert; perioperative Hypothermie zeitigt überwiegend ungünstige Folgen [26, 27, 28].

Kreislaufinstabilität, Hypotension und Arrhythmie könnten durch Kühlen verschlechtert werden; nachgewiesen ist dies z. B. perioperativ [26]. Prolongierte Hypotension (systolisch <90 mmHg) und Hypoxämie waren Ausschlussgründe in der HACA-Studie [3]. Möglicherweise sind diese Bedenken bei mildem therapeutischem Kühlen nicht angebracht [29, 30, 31] oder gar kontraproduktiv [32]. Die internationalen Leitlinien äußern sich dazu nicht [6, 5].

Blutung und Gerinnungsstörung können durch Hypothermie verschlechtert werden, auch bei milder Hypothermie, schon bei Temperaturen unter 35°C [28, 33]. Die meisten Zentren kühlen bei Gerinnungsstörung auch dann, wenn sie medikamentös bedingt ist, z. B. nach Thrombolyse; diese Patienten wurden z. B. auch in der HACA-Studie [3] eingeschlossen. In den bisherigen Untersuchungen nach Kreislaufstillstand [15, 4, 3] war kein signifikanter Anstieg von bedeutsamen Blutungen zu beobachten.

Infektion oder Immunsuppression ist kein üblicher Ausschlussgrund, obwohl niedrige Körpertemperatur das Infektionsrisiko erhöht, z. B. perioperativ unterhalb 35°C [27, 28]. In den bisher aussagekräftigsten Untersuchungen nach Kreislaufstillstand [15, 4, 3] waren Infektionen numerisch, aber nicht statistisch signifikant häufiger.

Ob diese angeführten Risiken den potenziellen Nutzen von therapeutischem Kühlen tatsächlich aufheben, ist ungewiss, ja erscheint für die meisten eher unwahrscheinlich, ausgenommen (schweres) Trauma. Offensichtlich wenden verschiedene Zentren divergierende Ausschlussgründe an.

Andere Indikationen als Koma nach Wiederbelebung?

Als sehr gut gesichert kann ein Nutzen von therapeutischem Kühlen bei 3 Indikationen angesehen werden:

  • nach Reanimation mit günstiger neurologischer Prognose,

  • bei postischämischer Enzephalopathie bei Neugeborenen und

  • zur Senkung von Hirndruck bei Hirnödem (Tab. 4).

Tab. 4 Indikationen für therapeutisches Kühlen nach Evidenzgrad. (Mod. nach Kees H, Polderman 2008. Lancet 371:1955)

Bei schwerem Schädel-Hirn-Trauma bessert therapeutisches Kühlen möglicherweise das Outcome [34, 35].

Bei ischämischem Schlaganfall wurden mehrere kleine randomisierte Studien berichtet, mit nichtsignifikantem Trend für Outcome-Vorteil durch Kühlen. Multizentrische Studien sind noch im Gange.

Bei Myokardinfarkt mit primärer koronarer Intervention ergab eine kleine randomisierte Studie (n=42) [36] keine gewichtigen Hinweise auf einen Vorteil durch Kühlen mittels endovaskulärem Katheter.

Diese und andere möglichen Indikationen (Tab. 4) bleiben zumindest so lange noch experimentell [32], bis Ergebnisse aussagekräftiger klinischer Studien vorliegen.

Qualifikation des Personals?

Die internationalen Leitlinien nehmen keine Stellung zur erforderlichen Qualifikation des Personals. Qualifikation war bislang auch ebenso wenig Thema in der einschlägigen Fachliteratur wie Schulungsaufwand und Lernkurven. Dies bestätigen eingehende eigene Literaturrecherchen (Medline). Ist Kühlen tatsächlich so einfach – soll jeder dürfen, der es sich zutraut? Kleingedrucktes [37], unpublizierte Beobachtungen und Mitteilungen von Kollegen sprechen für relativ einfache Einarbeitung und sehr steile Lernkurven, zumindest für einzelne Methoden.

Beginn sobald als möglich

Ist die Entscheidung für Kühlen gefallen, sollte der Start natürlich sobald als möglich erfolgen („ASAP“ = “as soon as possible“); für einen größeren Nutzen durch früheres Erreichen von Hypothermie sprechen neben Plausibilität auch Tierexperimente.

Bisher ist ungeklärt, welche Zeitverzögerung die Erfolgsaussichten von Kühlen klinisch bedeutsam senkt, wie auch umgekehrt, ob und wie stark prähospitaler Beginn von Kühlen [38] mehr nutzt als erst innerhospitaler Beginn.

Wie spät ist zu spät?

Wann es zu spät ist, um von Kühlen noch Vorteile erwarten zu können, ist bisher nicht geklärt. Die Leitlinien [5] nehmen dazu keine Stellung. Der HACA-Bericht [3] enthält kein Zeitlimit als Einschlusskriterium; Kühlen begann häufig mit deutlicher Verzögerung: bei der Hälfte erst 105 min nach Reanimation, bei 25% sogar erst mehr als 3 h später. Beginn auch erst nach 12 oder mehr Stunden könnte noch mit Vorteilen verbunden sein, z. B. gegen Entwicklung eines Hirnödems [32].

Dementsprechend variieren die Einschlusskriterien auch in uns bekannten Zentren, manche verwenden 4 h, andere argumentieren, dass auch nach 12 h ein Nutzen möglich ist [32].

Kühlmethode?

Die 2 bahnbrechenden Studien [4, 3] wandten externes Kühlen an mit Eispackungen oder Kühldecken, zusätzlich auch gekühlte Infusionen. Die Leitlinien empfehlen keine bestimmte Methode, nur Kühlen an sich.

Bislang fehlen systematische Kopf-zu-Kopf-Vergleiche zwischen den verschiedenen Kühlmethoden (Tab. 5). Berichtet wurden Vergleiche der Kühlkennzeichen (Absenkrate, Prozent der Zeit im Zielbereich; [39, 40, 41, 37, 42]), aber nicht aussagekräftige Vergleiche von Überleben oder Sicherheit.

Tab. 5 Kühlmethoden im Vergleich

Einfache Maßnahmen können wirksames Abkühlen erleichtern bzw. gegen Hyperthermie vorbeugen: Deaktivierung der Heizfunktion von Intensivbetten und weitgehendes Entkleiden der PatientInnen.

Passives Kühlen (z. B. Entkleiden, Fenster öffnen bei kalter Außentemperatur) ist möglicherweise bis wahrscheinlich besser als gar kein Bemühen. Daten fehlen bislang.

Externe Kühlmethoden alleine sind begrenzt wirksam, v. a. Kühldecken; z. B. erhielten 70% der HACA-Patienten [3] zusätzlich Eispackungen, weil die Zieltemperatur allein mit Kühldecken nicht erreicht wurde. Die Hälfte der HACA-Patienten erreichte erst nach 8 oder mehr Stunden die Zieltemperatur (32–34°C), 25% sogar erst nach 16 h, 14% auch nach 24 h immer noch nicht. Matten, Pads und Auflagen können Pflegeaktivitäten an der Intensivstation erschweren. Mit selbstklebenden Kühlpads wurden wiederholt Hautschäden bis zu Nekrosen berichtet (nicht publizierte Beobachtungen).

Infusion kalter Flüssigkeit: Die Kerntemperatur sinkt um ca. 1,5°C nach Infusion von 4°C kalten 30 ml/kg Körpergewicht [5], d. h. für die meisten Erwachsenen 1500–2000 ml eiskalter Flüssigkeit. Wegen der Volumenzufuhr sind kalte Infusionen zwar geeignet für Induktion von Hypothermie, aber weniger für die Erhaltung über 12–24 h.

Endovaskuläre Kühlkatheter scheinen inzwischen die am häufigsten angewandte Methode zu sein, gemessen an der Zahl der Publikationen und einem europäischen Register [15]. Kühlkatheter senken die Temperatur rascher als externe Methoden [40, 37, 42]. Intensivpersonal bevorzugt die endovaskulären Kühlkatheter gegenüber Kühldecken und -packungen, v. a. wegen Arbeitsaufwand und Zugang zu den PatientInnen; darüber hinaus bieten Kühlkatheter einen zusätzlichen zentralvenösen Zugang für Infusionen. Allerdings sind Kühlkatheter invasiv; zu erwarten sind venenkathetertypische Komplikationen (Blutung, Thrombose, Infektion). Keines der endovaskulären Kühlkathetersysteme wurde bisher von der FDA spezifisch für die Indikation Kühlen nach Wiederbelebung zugelassen, nur z. B. für Kardio- und Neurochirurgie.

Steuerbarkeit – Risiko überschießender Kühlung

Überschießendes Kühlen kommt bei endovaskulärem Kühlkatheter deutlich seltener vor als mit externen Methoden [43, 37, 44]; auch Wiedererwärmen ist mit Kühlkathetern besonders gut steuerbar. Mit Eispackungen hatten zwei Drittel von 32 Patienten [45] mindestens 1 h lang Kerntemperaturen unter 32°C und 4 (13%) gar unter 30°C. Überschießendes Kühlen (<32°C) war mit auffällig niedrigerer Überlebensrate verbunden (30 vs. 58%, nicht signifikant; [45]).

Zieltemperatur

Die Leitlinien [5] empfehlen 32–34°C, die Zieltemperatur der randomisierten Studien [4, 3].

Man nimmt an, dass tiefere Temperaturen mit höherem Risiko, aber keinem zusätzlichen Nutzen verbunden sind. Diese Annahme beruht auf Tierversuchen.

Ob noch milderes Kühlen nicht auch reichen würde, z. B. Zieltemperatur 34 oder gar 36°C, ist ungewiss, weil nicht aussagekräftig untersucht. Die Ergebnisse der bahnbrechenden Studien [4, 3] sprechen jedoch dafür. Die Kühlgruppen enthielten einen bemerkenswert großen Anteil von Patienten, der die Zieltemperatur erst nach 8 h (25% in HACA) oder überhaupt nicht erreichte (14%); die Kontrollgruppen waren zum Großteil hypertherm (über 37°C), nicht normotherm.

Dies legt nahe, dass auch höhere Zieltemperaturen für den beobachteten großen Überlebensvorteil reichen könnten oder möglicherweise auch schon alleine Normothermie bzw. Vermeiden von Hyperthermie.

Solange harte, randomisierte Daten zu anderen Zieltemperaturen fehlen, wird die derzeitige Empfehlung (32–34°C) aufrechterhalten bleiben.

Rate des Absenkens

Die Rate des Absenkens hängt v. a. von den eingesetzten Kühlmethoden ab, sinkt aber auch mit steigender Körpermasse. Eiskalte Infusionen (30 ml/kg Körpergewicht) und endovaskuläre Kühlkatheter liefern höhere Absenkraten (>1°C pro Stunde) als die meisten externen Kühlmethoden. Kühlkatheter sind mit einem geringeren Risiko überschießenden Abkühlens verbunden, verglichen mit anderen Methoden [40, 42].

Risiken, die spezifisch für schnelles Absenken sind, wurden bisher nicht berichtet.

Sedierung und Relaxierung

Sedierung und Relaxierung unterdrücken verlässlich Kältezittern. Die europäischen Leitlinien [5] lassen Präparatewahl und Dosis offen. Möglicherweise wären bei Gekühlten niedrigere Dosen als bei normothermen PatientInnen angebrachter aufgrund von langsamerem Metabolismus und Pharmakokinetik.

Solange diese Vermutung nicht durch klinische Untersuchungen erhärtet ist, wird man mit den gewohnten Sedativa (z. B. Midazolam ± Fentanyl) und Relaxativa (z. B. Rocuronium) in der üblichen Dosis beginnen.

Die meisten Zentren beenden die Relaxierung (und Sedierung) bei Erreichen von 36°C in der Phase des Wiederaufwärmens.

Überwachung – Monitoring

Temperatur

Die Risiken sowohl von Hyperthermie [6] als auch von überschießendem Kühlen [45] begründen die entschlossene Forderung, die Körpertemperatur nicht nur zu überwachen, sondern Überwachung mit möglichst präzisen Methoden und kontinuierlich. Leider fehlen Daten speziell für die Temperaturüberwachung bei therapeutischem Kühlen und damit auch evidenzbasierte Empfehlungen [6, 5]. Tab. 6 präsentiert einen Vorschlag für die Praxis.

Tab. 6 Monitoring während Hypothermie

Die Körpertemperatur variiert bedeutsam mit der Messmethode [46]. Die australische Studie [4] z. B. maß mit Blasenkatheter, am Trommelfell oder mit Pulmonaliskatheter, die europäische Studie [3] am Trommelfell oder mit Blasenkatheter.

Temperaturmessung mittels Katheter in Harnblase, Ösophagus, Rektum oder Pulmonalarterie erfasst die wahre Körperkerntemperatur verlässlicher als andere Methoden inklusive der Infrarotmessung am Trommelfell [47, 48, 49]. Die aktuelle Praxis bevorzugt überwiegend die Überwachung der Kerntemperatur in Harnblase oder Rektum

Ob die methodenabhängigen Unterschiede für therapeutisches Kühlen klinisch bedeutsam sind, ist bislang undefiniert.

EEG

Relaxierung könnte dazu führen, dass ein Status epilepticus nicht erkannt wird, auch trotz Benzodiazepin-Sedierung, z. B. mit dem potenten Antiepileptikum Midazolam [50, 51]. Ein solcher Fall von manifestem Status epilepticus nach Wiedererwärmen wurde berichtet [52]. Weitere Fälle mit unauffälligem EEG während des Kühlens, aber Status epilepticus nach Wiedererwärmen [53] sprechen jedoch eher dafür, dass Status epilepticus weniger durch Kühlen als durch Wiedererwärmen und Absetzen der Sedierung getriggert wird; Kühlen könnte sogar vor Status epilepticus schützen.

EEG-Kontrolle oder gar kontinuierliches EEG-Monitoring wird in den Leitlinien nicht erwähnt. Vorgehende Überlegungen sprechen dafür, die Sicherheit von Kühlen zumindest durch ein EEG während der Kühl-/Sedierungsphase zu erhöhen.

Andere Komplikationen

Frequenz und Schweregrad von unerwünschten Kühlwirkungen (Tab. 7) steigen mit sinkender Kerntemperatur kontinuierlich an, wahrscheinlich auch mit der Kühldauer. Typisch für die Induktionsphase sind Hypotension, Bradykardie und Hypokaliämie (selten kritisch), typisch für die Wiederaufwärmphase ist die Hyperkaliämie. Wiederholte Fälle mit dialysepflichtiger Hyperkaliämie bei Patienten mit akutem Nierenversagen wurden beobachtet (nicht publiziert).

Tab. 7 Risiken und unerwünschte Wirkungen

Mildes Kühlen (32–34°C) war in den klinischen Studien jedoch mit bemerkenswert wenig schweren Komplikationen verbunden, insbesondere auch wenig bedeutsame Infektionen oder Blutungen (kein signifikanter Unterschied; [3, 4, 19]). Abbruch wegen unerwünschter Wirkungen erfolgte bei 3 der 137 gekühlten HACA-Patienten (2,2%).

Komplikationen während milder Hypothermie (Tab. 7) sind überwiegend leichteren Grades und einfach zu beherrschen, gemessen an publizierten Beobachtungen, Expertenmeinung und auch eigener Erfahrung.

Dauer

Die Leitlinien [5] empfehlen mindestens 12–24 h, entsprechend den beiden randomisierten Studien [4, 3]. Die Auswirkungen von kürzerer oder deutlich längerer Kühldauer wurden bisher nicht aussagekräftig untersucht.

Unterbrechungen, Prioritäten?

Die meisten Zentren unterbrechen Kühlen nicht routinemäßig für Diagnostik oder Therapie (z. B. Computertomographie, Herzkatheter); Kühlen behindert die koronare Intervention bei Herzinfarkt nicht bedeutsam, weder mit externen [54] noch mit endovaskulären Kühlmethoden [36]. Die internationalen Leitlinien [5] äußern sich dazu nicht.

Wie schnell Wiedererwärmen?

Rasches Wiedererwärmen begünstigt möglicherweise ein Hirnödem [55, 56]. Die Leitlinien [5] empfehlen 0,25–0,5°C pro Stunde, dies entspricht dem in den meisten Zentren üblichen Zeitraum von 8–12 h, z. B. von 33°C Ausgangstemperatur auf 37°C Zieltemperatur.

Ziel des Wiedererwärmens?

Es mag nicht allen bewusst oder gar glaubhaft sein, aber es gibt keine evidenzbasierte und auch keine international autoritativ festgelegte „Normaltemperatur“. Ganz unabhängig von Methode und Ort der Messung [46] schwankt die Temperatur z. B. bis zu 1,0°C allein im zirkadianen Rhythmus. Eine konkrete Definition von „Normothermie“ enthalten weder die Landmark-Studien [4, 3] noch die internationalen Leitlinien [5].

In Zusammenhang mit therapeutischer Kühlung wird man sich möglichst an der Körperkerntemperatur orientieren und den wohl üblichsten Temperaturbereich anstreben: >36 und <38°C.

Rebound-Hyperthermie (>37°C) nach Wiedererwärmen ist bei bis über 50% zu beobachten [57]. Die Leitlinien [5] empfehlen, Hyperthermie in den ersten 3 Tagen nach Kreislaufstillstand zu vermeiden. Dies erfordert offensichtlich aktive Maßnahmen bei ca. der Hälfte der Patienten.

Fazit für Praxis

Die derzeitige Datenlage und internationale Leitlinien favorisieren therapeutische Hypothermie.

Viele Details des Kühlens sind unscharf oder überhaupt nicht definiert. Dies bietet ein fruchtbares Feld für klinisch-wissenschaftliche Auseinandersetzung.

Trotz dieser Unschärfen und Ungewissheiten wenden zunehmend mehr Zentren therapeutisches Kühlen an.

Unschärfen und Ungewissheiten erlauben einen bedeutsamen Spielraum im Detail, sind aber auch mit besonderer Verantwortung verbunden. Bei therapeutischem Kühlen sind ärztliche Kernkompetenzen in besonderem Maße gefordert: Abwägen und klinische Urteilskraft im konkreten Einzelfall.

Die Tab. 8 ergänzt die Leitlinienempfehlungen mit hier diskutierten Vorschlägen.

Tab. 8 Zusammenfassung – Empfehlungen und Vorschläge