Hintergrund und Fragestellung

Anthony Molteno war der Wegbereiter in der Entwicklung der Glaukom-Drainage-Implantate (GDI). Er entwickelte in den 1960er- und 1970er-Jahren eines der ersten GDI: das Molteno-Drainage-Implantat (MDI) [1]. Die GDI heutzutage sind nach dem gleichen Prinzip des MDI aufgebaut: Sie bestehen aus einem Drainageröhrchen („tube“), welches das Kammerwasser aus der Vorderkammer durch den Kammerwinkel unter der Bindehaut auf eine Basisplatte („plate“) leitet. Diese wird etwa 10 mm vom Hornhautlimbus im Bereich des Augenäquators positioniert.

Glaukom-Drainage-Implantate stellen heute das Mittel der Wahl bei therapierefraktärem primär chronischen Offenwinkelglaukom dar, wenn eine vorherige Glaukomoperation zu keiner suffizienten Drucksenkung geführt hat. Bei Patienten mit vorausgegangenen Augenoperationen, zum Beispiel nach vitreoretinalem Eingriff, bei denen es bereits zu einer Bindehautvernarbung gekommen ist, werden GDI mitunter auch als primäre Therapieoption eingesetzt [2,3,4]. Im Fall eines Sekundärglaukoms, beispielsweise bei neovaskulärer oder uveitischer Genese, werden GDI oft auch als erste operative Maßnahme erwogen. Weitere Indikationen zu einer primären Versorgung mit GDI sind unter anderem Glaukom bei Vorderabschnittsdysgenesien, wie z. B. dem iridokornealen endothelialen Syndrom, kongenitales Glaukom, vorausgegangene Keratoplastik, vernarbende Bindehauterkrankungen, Aphakie oder Kontaktlinsennutzung.

Während das grundsätzliche Funktionsprinzip und der Aufbau aller GDI ähnlich ist, unterscheiden sie sich insbesondere durch das Vorhandensein eines Ventils [3]. Das ventillose Baerveldt-Glaukom-Implantat (BGI) und das Ahmed-Glaukom-Implantat (AGI), das ein Ventil enthält, stellen derzeit die am häufigsten verwendeten Glaukom-Drainage-Implantate dar [5,6,7,8].

Die Studien „Ahmed versus Baerveldt study“ (AVB) [9] und die „Ahmed Baerveldt comparison study“ (ACS) [10] verglichen das BGI und das AGI als Glaukom-Drainage-Implantate miteinander und zeigten, dass das ventillose BGI den Augeninnendruck effizienter und langfristiger senken konnte. Allerdings kam es beim BGI häufiger zum Auftreten von Komplikationen, insbesondere postoperativer Hypotonien. Die GDI stellen eine effiziente Therapieoption dar, um den Intraokulardruck (IOD) adäquat zu senken, und zeigen im Vergleich mit einer Trabekulektomie vergleichbar gute Ergebnisse [11, 12]. Dabei scheint das BGI als ventilloses GDI den Augeninnendruck noch effizienter und langfristiger als das AGI zu senken, allerdings mit dem Nachteil einer höheren Komplikationsrate.

Das PAUL®-Glaukom-Implantat (PGI; Fa. Advanced Ophthalmic Innovations, Singapur; Abb. 1) wurde im Jahr 2018 CE-gekennzeichnet und wurde mit dem Ziel entwickelt, das Risiko postoperativer Hypotonien zu senken. Der Drainageschlauch weist ein geringeres Lumen (interner Durchmesser [ID] = 0,127 mm und äußerer Durchmesser [OD] = 0,467 mm) auf und differenziert sich in dieser Hinsicht von den herkömmlichen Implantaten. Die Oberfläche der Basisfläche ist jedoch von ähnlicher Größe (Tab. 1).

Abb. 1
figure 1

Intraoperatives Bild eines PAUL®-Glaukom-Implantats

Tab. 1 Vergleich der Maße des Drainage-Röhrchens und der Basisplatte der Glaukom-Drainage-Implantate Baerveldt‑, Ahmed- und PAUL®-Glaukom-Implantat

Das PGI ist wie das BGI ventillos. Durch das geringere Lumen der „tube“ bietet das PGI gegenüber dem BGI aber den Vorteil, dass weniger Fluss über die „tube“ möglich ist.

Der chirurgische Eingriff mit dem PGI verläuft analog zu der Versorgung mit anderen GDI: Das PGI wird zumeist im superotemporalen Quadranten positioniert. Eine Peritomie der Konjunktiva und der Tenon-Kapsel wird durchgeführt. Im nächsten Schritt wird in unserer Klinik zur temporären Obstruktion ein 6,0-Prolene-Faden in die „tube“ eingeführt. Das Implantat wird 10 mm vom Limbus entfernt unter den Recti-Muskeln positioniert und die Basisplatte an der Sklera festgenäht. Mittels einer 26-Gauge-Kanüle wird die Sklera partiell inzidiert und die Vorderkammer eröffnet. Die „tube“ wird auf die erforderliche Länge gekürzt und in die Vorderkammer eingeführt. Mittels Spenderpatch wird der auf der Sklera zu liegen kommende Teil der „tube“ bedeckt, der Prolenefaden in einer inferioren Bindehauttasche positioniert und die Konjunktiva verschlossen. Die Operation dauert durchschnittlich etwa zwischen 30 und 45 Minuten.

Verschiedene Methoden wurden vorgeschlagen, um dem Risiko einer frühen postoperativen Hypotonie entgegenzuwirken.

Eine Obstruktion des Drainageröhrchens kann erreicht werden, indem intraoperativ ein Faden eingeführt wird. Beim PGI wird ein 6,0-Prolenefaden verwendet, der mit einem Durchmesser von 0,070–0,079 mm eine etwa 50-prozentige Obstruktion verursacht. Dieser intraluminale Faden kann ab zwei Monaten nach der Operation an der Spaltlampe ohne weiteren operativen Eingriff entfernt werden. Dies hat den Vorteil, dass der Augeninnendruck im postoperativen Verlauf noch weiter adjustiert werden kann [13]. Dieses Vorgehen wurde bei uns bei jeder Operation mit dem PGI genutzt.

Eine weitere Möglichkeit zur Vermeidung früher Hypotonien besteht in der externen Ligatur des Drainageröhrchens mit einer Vicrylnaht. Intraoperativ wird ein Vicrylfaden („rip cord“) von außen um das Drainageröhrchen gebunden. Vicryl gehört zu den selbstresorbierenden Materialien [14].

Eine weitere Methode zur Vermeidung einer frühen postoperativen Hypotonie wurde von Koh et al. beschrieben und als „PAUL Stability System“ bezeichnet. Sie verwenden einen Spenderpatch, um die Basisplatte zu bedecken, und geben darüber Viskoelastikum ein, um die Drainage des Kammerwassers über der Basisplatte zu reduzieren. Außerdem kann zusätzlich ein Viskoelastikum in die Vorderkammer eingegeben werden [15].

Erste Studienergebnisse und die erst kürzlich publizierten 2‑Jahres-Ergebnisse zeigen, dass das PGI den Augeninnendruck auch nach zwei Jahren effizient und sicher senken und die drucksenkende Lokaltherapie reduziert werden konnte. Zudem kam es zu einem sehr geringen Auftreten von Komplikationen, insbesondere einer geringen Rate an postoperativen Hypotonien [15,16,17].

Patienten und Methoden

Wir schlossen insgesamt 53 Augen von 51 konsekutiv behandelten Patienten, die eine Implantation eines PAUL®-Glaukom-Implantats aufgrund eines Glaukoms an der Universitäts-Augenklinik in Bonn erhielten und einen Nachbeobachtungszeitraum von sechs Monaten aufwiesen, in diese Studie ein. Alle Daten wurden in einer Excel-Tabelle (Fa. Microsoft Excel, Redmond, WA, USA) dokumentiert und ab dem Operationszeitpunkt zu allen Nachsorgezeitpunkten ergänzt. Alle Patienten erhielten zum Zeitpunkt der Indikationsstellung der Operation sowie zu allen Nachsorgezeitpunkten eine vollständige ophthalmologische Untersuchung, einschließlich der Erhebung des bestkorrigierten Visus, der für statistische Zwecke vom Dezimal- zum logMAR-Visus umgewandelt wurde, IOD-Messung per Goldmann-Applanationstonometrie, Spaltlampenuntersuchung, Fundusuntersuchung, Gonioskopie und Gesichtsfeldmessungen. Darüber hinaus dokumentierten wir Geschlecht, Alter, Glaukomtyp, prä- und postoperative klinische Befunde inklusive bestkorrigiertem Visus, IOD, Glaukommedikamenten, Gonioskopiebefund, Ergebnisse der Gesichtsfelduntersuchungen sowie eventuelle Komplikationen.

Die statistische Analyse wurde mittels SPSS durchgeführt (SPSS Statistics 27.0, Fa. IBM Corporation, Armonk, NY, USA).

Die Studie wurde gemäß der Deklaration von Helsinki durchgeführt. Aufgrund des retrospektiven Charakters der Studie war vonseiten der Ethikkommission kein Ethikantrag notwendig.

Ergebnisse

Die erste Operation mit dem PGI in Deutschland fand an der Universitäts-Augenklinik in Bonn im April 2021 statt. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 64,54 Jahre. 50 Patienten (98,1 %) waren Kaukasier, ein Patient (1,9 %) kam aus Südostasien. 28 Patienten (54,9 %) waren weiblich, 23 (45,1 %) männlich. 15 Patienten (28,3 %) waren phak, 38 Patienten (71,7 %) pseudophak. 23 Patienten (43,4 %) litten an einem primär chronischen Offenwinkelglaukom, 10 Patienten (18,9 %) an einem Pseudoexfoliationsglaukom, 16 Patienten (30,2 %) an einem Sekundärglaukom, 3 Patienten (5,7 %) an einem juvenilen Glaukom und ein Patient (1,9 %) an einem Engwinkelglaukom (Abb. 2).

Tab. 2 Komplikationen innerhalb der ersten sechs Monate nach der chirurgischen Versorgung mit dem PAUL®-Glaukom-Implantat
Abb. 2
figure 2

Darstellung der Glaukomformen der Patienten, die mit einem PAUL®-Glaukom-Implantat (PGI) versorgt wurden. Am häufigsten litten die Patienten an einem primär chronischen Offenwinkelglaukom (PCOAG) oder an einem Sekundärglaukom

33 Patienten (62,3 %) hatten bereits eine Glaukom-Operation in der Vorgeschichte. Zu den vorausgegangenen Glaukom-Operationen zählten am häufigsten eine Trabekulektomie oder eine Zyklophotokoagulation.

Bei 31 Patienten (58,5 %) wurde die Operation in Vollnarkose durchgeführt, bei 22 Patienten (41,5 %) in einer Lokalanästhesie.

Die meisten Patienten litten an einem bereits fortgeschrittenen Glaukom. Die präoperative Gesichtsfelduntersuchung zeigte eine durchschnittliche „mean deviation“ (MD) von −15,51 Dezibel (dB) und eine „pattern standard deviation“ (PSD) von 6,49 dB. 12 Patienten (22,6 %) befanden sich im Glaukomstadium 1 (MD zwischen −0,01 und −6,00 dB), 5 Patienten (9,4 %) im Stadium 2 (MD zwischen −6,01 und −12,00 dB), 4 Patienten (7,5 %) im Stadium 3 (MD zwischen −12,01 und −20,0 dB) und 17 Patienten (32,1 %) im Stadium 4 (MD −20,01 dB oder schlechter).

Der präoperative Augeninnendruck lag bei 26,62 mmHg. Zum Zeitpunkt der Operationsindikationsstellung verwendeten alle Patienten Augentropfen (AT) zur Augeninnendrucksenkung mit durchschnittlich 3,37 Wirkstoffen. Der initiale durchschnittliche bestkorrigierte Visus lag bei 0,70 (Visus nach logMAR).

Die chirurgische Versorgung mit dem PGI konnte den IOD effizient senken: Der durchschnittliche Augeninnendruck sank von präoperativ 26,62 mm Hg (7–48 mm Hg) auf einen durchschnittlichen IOD von 9,72 mmHg (4–22 mmHg) am ersten postoperativen Tag. Eine Woche nach dem Eingriff lag der Augeninnendruck bei durchschnittlich 12,69 mm Hg (2–38 mmHg) und blieb sechs Monate nach der Operation mit 12,20 mm Hg (3–22 mmHg) auf ähnlichem Niveau (Abb. 3). Insgesamt zeigte sich so sechs Monate nach der Operation eine Senkung des Augeninnendrucks im Vergleich zum präoperativen Zeitpunkt um 55,86 % (8–100 %).

Abb. 3
figure 3

Entwicklung des Augeninnendrucks: Dieser sank von präoperativ 26,62 mmHg auf einen IOD von 9,72 mmHg am ersten postoperativen Tag und stieg danach auf Werte um 12 mmHg

Präoperativ verwendeten die Patienten durchschnittlich 3,37 Wirkstoffe im Rahmen der drucksenkenden Lokaltherapie. Am ersten Tag nach der Operation wurden von keinem Patienten drucksenkende Augentropfen verwendet. Die postoperative Standardtherapie bestand aus Dexamethason-AT (1 mg/ml) 6 × täglich (tgl.), Ofloxacin-AT (3 mg/ml) 4 × tgl. und Atropin-AT (0,5 %) 1 × tgl. Bei vermehrtem Entzündungsreiz wurde die Therapie mit Dexamethason-AT 6 × tgl. durch Prednisolon-AT (10 mg/ml) stündlich ersetzt. Im zeitlichen Verlauf bis sechs Monate postoperativ stieg die durchschnittliche Anzahl an Wirkstoffen auf 0,30 Wirkstoffe an. Nach sechs Monaten brauchten nur 10 Patienten eine drucksenkende Lokaltherapie, nachdem präoperativ alle Patienten drucksenkende Augentropfen und ein Großteil eine lokale Maximaltherapie mit vier Wirkstoffen eingenommen hatten (Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Drucksenkende Lokaltherapie: Präoperativ wurden durchschnittlich 3,37 Wirkstoffe im Rahmen der drucksenkenden Lokaltherapie eingesetzt. Im zeitlichen Verlauf bis sechs Monate postoperativ stieg die durchschnittliche Anzahl an Wirkstoffen auf 0,30 Wirkstoffe an

Der präoperative durchschnittliche bestkorrigierte Visus lag bei 0,70 (Visus nach logMAR). Postoperativ sank die Sehschärfe am ersten Tag sowie in der ersten Woche auf 0,99 beziehungsweise 1,00 logMAR ab. Dies war durch die therapeutische Mydriasis im Rahmen der postoperativen Gabe von Atropin zu erklären. Bereits einen Monat verbesserte sich der Visus wieder und blieb auch nach 6 Monaten stabil auf einem ähnlichen Niveau wie präoperativ. (Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Bestkorrigierter Visus nach logMAR: Die bestkorrigierte Sehschärfe zeigte sich in der ersten Woche postoperativ erniedrigt. Dies ist unter anderem auf die Mydriasis aufgrund der Therapie mit Atropin-AT 1 × tgl. zurückzuführen, die zunächst als Standardtherapie in der postoperativen Nachsorge gegeben wird. Danach stieg der Visus wieder auf ein vergleichbares Niveau wie präoperativ an

Die Komplikationsrate war insgesamt gering (Tab. 2). Bei 37 Patienten (69,8 %) traten keinerlei Komplikationen auf. In der ersten postoperativen Woche entwickelte ein Patient (1,9 %) eine klinisch signifikante Hypotonie mit Ausbildung einer Aderhautamotio. Aufgrund des persistierend niedrigen Drucks im Verlauf entschieden wir uns, eine Eingabe eines Viskoelastikums in die Vorderkammer durchzuführen. Hierunter kam es zu einer IOD-Erhöhung mit im Verlauf stabilisierten Augeninnendruckwerten. Bei einem Patienten (1,9 %) wurde postoperativ eine verstärkte inflammatorische Reaktion mit Fibrin in der Vorderkammer beobachtet, die sich unter der Therapieumstellung mit stündlicher Gabe von Prednisolon AT zurückbildete. Bei fünf Patienten zeigte sich in der ersten Woche nach dem Eingriff ein Hyphäma (9,4 %). Dieses persistierte bei einem Patienten, der daraufhin im Verlauf eine Vorderkammerspülung erhielt (1,9 %). Bei einem Patienten kam es in der ersten postoperativen Woche zu der Entwicklung eines malignen Glaukoms („aqueous misdirection“), das mit einer YAG-Iridotomie und -Hyaloidotomie behandelt wurde.

Im weiteren Verlauf innerhalb der ersten drei postoperativen Monate wiesen drei Patienten (5,7 %) eine Aderhautablatio bei persistierender Hypotonie auf, die sich aber ohne weitere Intervention zurückentwickelte.

Im Zeitraum nach über drei Monaten postoperativ musste bei drei Patienten (5,9 %) eine Revisionsoperation durchgeführt werden, da es zu einer Auflösung des Spenderpatchs mit sukzessiver Exposition des Drainageröhrchens und drohender Bindehauterosion kam, sodass operativ ein neuer Spenderpatch zur Deckung verwendet wurde. 2 Patienten (3,8 %) entwickelten ein postoperatives Makulaödem, das sich unter der Behandlung mit parabulbären Steroidinjektionen zurückbildete. Im weiteren Verlauf kam es zu keiner weiteren Entwicklung von Komplikationen.

Während der Operation wurde bei jedem Patienten die „tube“ des PGI mit einem 6,0-Prolenefaden partiell obstruiert. Dies führt zu einer 50%igen Obstruktion innerhalb des Drainageröhrchens. Dieser wurde bei 16 Patienten (30,2 %) entfernt, die einen postoperativen IOD von 22,21 mmHg (12–38 mmHg) hatten, der danach auf einen IOD von 11,07 mmHg (6–16 mmHg) sank. Im Durchschnitt konnte der IOD somit um 11,14 mm Hg (4–28 mmHg) reduziert werden. Die Fadenentfernung erfolgte im Durchschnitt nach 2,9 Monaten.

Diskussion

Glaukom-Drainage-Implantate stellen eine wichtige Therapieoption in der operativen Versorgung von Patienten mit fortgeschrittenen Glaukomen dar. Die zwei herkömmlichen Glaukom-Drainage-Implantate unterscheiden sich in erster Linie durch das Vorkommen eines Ventils beim Ahmed-Implantat im Gegensatz zum Baerveldt-Implantat, das ventillos ist. Die zwei größten Studien, die „Ahmed versus Baerveldt study“ [9] und die „Ahmed Baerveldt comparison study“ [10] konnten hierbei zeigen, dass beide GDI effektiv den Augeninnendruck senken sowie die Anzahl an Wirkstoffen der drucksenkenden Lokaltherapie reduzieren konnten. In der hier vorliegenden Studie konnten wir zeigen, dass das PGI als ventilloses GDI nach sechs Monaten eine signifikante Augeninnendrucksenkung erreichen sowie die drucksenkende Lokaltherapie deutlich reduzieren konnte. Dabei zeigte das PGI vergleichbare Ergebnisse zu den äquivalenten Zeitpunkten der oben genannten Studien im Hinblick auf das BGI sowie das AGI.

Soweit wir wissen, ist dies die einzige Studie, die signifikante Daten zum PGI bei einer nahezu vollständig kaukasischen Patientenkohorte präsentiert. In unserer Studie waren 50 (98,1 %) von 51 Patienten Kaukasier, lediglich ein Patient (1,9 %) kam aus Südostasien. Die anderen großen Studien zum PGI hatten neben Patienten kaukasischen Ursprungs einen Großteil anderer Ethnien inkludiert. Koh et al. hatten mehrheitlich Patienten asiatischer Herkunft (65 %) in ihre Patientenkohorte eingeschlossen [15]. Die Patienten in der Studie von Vallabh et al. waren zu einem großen Anteil Kaukasier (62 %) und Afroamerikaner (23 %) [16].

In der „Ahmed versus Baerveldt study“ wurden 238 Patienten mit einem fortgeschrittenen therapierefraktären Glaukom eingeschlossen. 37 % dieser Patienten hatten vorher eine Trabekulektomie erhalten. 21 % litten an einem neovaskulären Glaukom und 10 % an einem uveitischen Glaukom. In der „Ahmed Baerveldt comparison study“ wurden 276 Patienten eingeschlossen, die ebenfalls unter einem therapierefraktären Glaukom oder Sekundärglaukom litten. Die Patientenkohorten dieser Studien glichen unserem Patientengut an der Universitätsaugenklinik in Bonn, das ebenfalls unter einem fortgeschrittenen therapierefraktären Glaukom litt. Auch in unserem Patientengut hatten die Patienten mit primär chronischem Offenwinkelglaukom zum Großteil bereits vorausgegangene Glaukomoperationen, allen voran eine Trabekulektomie oder eine Zyklophotokoagulation. Außerdem litt ein großer Anteil der Patienten, der primär mit dem PGI versorgt wurde, an einem Sekundärglaukom. Ein ähnliches Bild wurde in den ersten Studien zum PGI beschrieben: In der Untersuchung von Koh et al. hatten von 35 Patienten mit PCOWG 24 Patienten eine vorausgegangene Glaukomoperation, 16 Patienten litten unter einem Sekundärglaukom [15].

Hinsichtlich der Senkung des IOD zeigen unsere ersten Ergebnisse vergleichbare Zahlen mit den zuvor genannten Studien und den Ergebnissen der herkömmlichen GDI. In der AVB sank der IOD beim Ahmed-Implantat von einem präoperativen Druck von 31,1 mmHg auf 16,5 mmHg nach einem Jahr und auf 16,6 mmHg nach fünf Jahren. Beim Baerveldt-Implantat zeigte sich eine IOD-Reduktion von 31,9 mmHg präoperativ auf 13,8 mmHg nach einem Jahr und 13,6 mmHg nach 5 Jahren. Die ACS zeigte, dass der Augeninnendruck nach einem und fünf Jahren von einem präoperativen Druck von 31,2 bzw. 31,8 mmHg auf einen IOD von 15,4 mmHg (1 Jahr) und 14,7 mmHg (5 Jahre) in der Ahmed-Implantat-Gruppe und einen IOD von 13,4 mmHg (1 Jahr) und 12,7 mmHg (5 Jahre) in der Baerveldt-Implantat-Gruppe sank. Damit zeigten sowohl die AVB- als auch die ACS-Studie vergleichbare Ergebnisse, wobei das Baerveldt-Implantat den IOD aber noch effizienter und langfristiger senken konnte. Dies wird auch darauf zurückgeführt, dass das Baerveldt-Implantat kein Ventil besitzt.

Das PGI weist als ventilloses GDI ebenfalls diesen Vorteil auf. In Bezug auf die Augeninnendrucksenkung können wir über vielversprechende Ergebnisse berichten: Nach sechs Monaten konnte eine signifikante Augeninnendrucksenkung auf IOD-Werte von 12,20 mmHg im Vergleich zu präoperativen Werten von 26,62 mmHg erreicht werden. Die lokale drucksenkende Therapie konnte von 3,37 auf 0,30 Wirkstoffe reduziert werden. Somit sind die ersten 6‑Monats-Ergebnisse gut vergleichbar mit den beiden herkömmlichsten Implantaten zu ähnlichen postoperativen Zeitpunkten. Einschränkend muss jedoch angemerkt werden, dass der kurze Nachbeobachtungszeitraum von sechs Monaten nicht ausreicht, um eine definitive Aussage in Bezug auf den langfristigen Erfolg zu treffen. Eine der ersten Studien zum PGI, die wie bereits beschrieben von Koh et al. veröffentlicht wurde, konnte zeigen, dass der Augeninnendruck im Vergleich zu 34,3 mmHg initial deutlich reduziert werden konnte: Nach drei Monaten betrug der IOD 14,5 mmHg, nach sechs Monaten 13,8 mmHg und nach 12 Monaten 13,2 mmHg. Die lokale drucksenkende Therapie wurde dabei von 3,3 Wirkstoffen auf 0,4 Wirkstoffe nach sechs Monaten und 0,3 Wirkstoffe nach einem Jahr reduziert. Bestätigt werden diese Zahlen durch die ersten 2‑Jahres-Ergebnisse von Tan et al. Die effiziente Drucksenkung nach sechs und zwölf Monaten blieb auch nach diesem Zeitraum bestehen: Bei den 45 in die Studie eingeschlossenen Patienten konnte der Augeninnendruck von präoperativ 19,8 mmHg auf 13,9 mmHg gesenkt und die drucksenkende Therapie von 3,2 auf 0,29 Wirkstoffe vermindert werden [18]. Es besteht damit eine gute Übereinstimmung unserer Ergebnisse mit den Studien zum PGI der anderen Arbeitsgruppen, wobei diese zeigen konnten, dass die effiziente Drucksenkung auch über ein und zwei Jahre bestehen blieb. Somit lassen unsere Ergebnisse erwarten, dass eine ähnliche IOD-Entwicklung über die nächsten Monate folgen kann.

Sowohl die AVB als auch die ACS haben gezeigt, dass das BGI dem AGI hinsichtlich einer effizienten und langfristigen Drucksenkung überlegen ist, bei gleichzeitig höherem Risiko postoperativer Hypotonien. Zu den Komplikationen, die mit einer postoperativen Hypotonie einhergehen können, gehört neben der suprachorioidalen Blutung, das Ausbilden einer Aderhautamotio sowie eine aufgehobene Vorderkammer. Dies muss besonders bei hoch myopen Patienten beachtet werden, da diese ein noch höheres Risiko dieser Komplikationen aufweisen. In Bezug auf Komplikationen zeigte sich in der AVB bei den Patienten, die ein Baerveldt-Implantat erhielten, bei 4 % das Auftreten einer persistierenden Hypotonie, die zu einem Operationsversagen führte. Bei Patienten, die ein Ahmed-Implantat eingesetzt bekamen, entwickelte kein Patient eine persistierende postoperative Hypotonie. In der ACS zeigte sich, dass es beim Baerveldt-Implantat zweimal so häufig zu einem Operationsversagen aufgrund von persistierender Hypotonie, Explantation oder Revision des Implantats oder durch Verlust der Lichtscheinwahrnehmung kam wie beim Ahmed-Implantat. Diesem Problem der persistierenden postoperativen Hypotonien des BGI begegnet das PAUL®-Glaukom-Implantat: Durch die Weiterentwicklung der Materialeigenschaften der „tube“ konnte das Lumen des Drainageröhrchens des PGI soweit verringert werden, dass signifikante Hypotonien kaum auftreten sollten. Es ist von der Größe her so konzipiert, dass sich die Notwendigkeit eines Ventils erübrigt, da durch den geringeren Durchmesser der „tube“ weniger Fluss postoperativ zugelassen wird. Trotzdem ist die Größe des Drainageröhrchens des PGI genügend groß, um gleichzeitig eine minimale Resistenz für den Kammerwasserausfluss darzustellen, sodass es zu einer effizienten Drucksenkung kommen kann. Die Hoffnung ist daher, dass das PGI aufgrund dieser Eigenschaft die Vorteile des BGI hinsichtlich der effizienten und langfristigen IOD-Senkung bei einem zeitgleich geringeren Komplikationsrisiko vereint. In unserer Kohorte trat lediglich bei drei von 53 Augen (5,7 %) in einem Zeitraum von sechs Monaten eine persistierende Hypotonie auf, wobei bei einem Patienten diese durch die einmalige Eingabe eines Viskoelastikums in die Vorderkammer behoben wurde. Bei den anderen Patienten stabilisierte sich der IOD im Verlauf nach Modifikation der postoperativen Lokaltherapie und einer schnelleren Reduktion der steroidhaltigen AT. Keiner der Patienten benötigte eine temporäre Abbindung des Drainageröhrchens des PGI. Bei keinem Patienten musste das Implantat bei persistierender Hypotonie explantiert werden. Koh et al. beschrieben, dass in ihrer Studie bei 7 von 82 Patienten die Eingabe eines Viskoelastikums zur Behandlung einer persistierenden Hypotonie notwendig war [15]. Tan et al. berichten, dass zehn von 45 Patienten eine numerische Hypotonie entwickelten, die jedoch selbstlimitierend war, und 4 Patienten eine persistierende Hypotonie entwickelten, die einer zusätzlichen Intervention bedurfte [18]. Sonst kam es in beiden Studien zu keinen weiteren schwerwiegenden Komplikationen. Somit zeigt sich in Konkordanz zu unseren Ergebnissen, dass die Implantation eines PGI als GDI ein sicheres operatives Verfahren, besonders hinsichtlich des Entstehens postoperativer Hypotonien, ist.

Zu den weiteren Vorteilen des schmaleren Drainageröhrchens gehört die bessere Positionierbarkeit: Die „tube“ lässt sich weiter posterior im Kammerwinkel über der Iris platzieren und somit kann ein größerer Abstand zum Hornhautendothel gewährleistet werden. Dies resultiert in einer geringeren Gefahr des Endothelzellverlusts. Des Weiteren ist von Vorteil, dass auch der auf der Sklera zu liegen kommende Teil der „tube“ ein kleineres Lumen aufweist, sodass es in der Theorie zu einem geringeren Risiko einer konjunktivalen Erosion kommt.

In unserer Kohorte wurde bei jedem Patienten intraoperativ, wie oben beschrieben, ein 6,0-Prolenefaden in das Drainageröhrchen eingeführt, der eine etwa 50%ige Obstruktion der „tube“ erreicht und somit zu einer weiteren Risikominimierung hinsichtlich postoperativer Hypotonien beiträgt. Dieser wurde in unserer Kohorte bei 16 Patienten (30,2 %) nach einem Zeitraum von 2,9 Monaten entfernt. Wir berichten in dieser Studie über die ersten Daten zur IOD-Entwicklung nach Entfernung eines intraluminalen Prolenefadens beim PGI.

Es gibt verschiedene Studien, die sich mit den genannten Methoden zur Vermeidung früher postoperativer Hypotonien beschäftigen. Die intraluminale Tube-Obstruktion wird hierfür als höchst effektive Maßnahme angesehen [14, 19]. Eine Studie von Abd Elfattah et al. verglich zwei dieser Verfahren miteinander und zeigte, dass die Verwendung einer intraluminalen Stentobstruktion nach einem Jahr gegenüber der externen Ligatur mit einer Vicrylnaht hinsichtlich einer IOD-Senkung (11,7 vs. 14,2 mmHg) sowie des Auftretens einer postoperativen Hypotonie überlegen war. Es gibt bisher keine Daten zur Verwendung eines Viskoelastikums hinsichtlich der Vermeidung einer postoperativen Hypotonie, dies wurde in der Literatur bisher nur als Methode beschrieben [15].

Durch den frei wählbaren Zeitpunkt zur Entfernung des Prolenefadens wird eine bessere Steuerbarkeit des IOD gewährleistet. Unsere Zahlen belegen, dass die intraluminale Obstruktion das Auftreten postoperativer Hypotonien, wie beschrieben, minimiert. Bei den anderen Verfahren kommt es zu einer selbstständigen Resorption der Ligatur oder des Viskoelastikums, deren Zeitpunkt sich nicht individuell festlegen lässt. Bei einer externen Ligatur kann insofern Einfluss genommen werden, als eine Suturolyse mit einem Laser oder durch einen invasiven Eingriff eine partielle oder komplette Entfernung der Ligatur durchgeführt wird. Dadurch können aber zusätzliche Komplikationen, wie z. B. eine Blutung oder eine mögliche Beschädigung des Drainageröhrchens, auftreten.

In unserer Studie war eine Entfernung des intraluminalen Fadens bei 37 Augen (69,8 %) nicht notwendig. Dies zeigt, dass eine partielle Obstruktion des Drainageröhrchens genügend Fluss zulässt und zum gewünschten Zieldruck führt, zumindest für einen postoperativen Zeitraum von sechs Monaten. Im postoperativen Verlauf, besonders zwischen 2 und 6 Wochen nach der Operation, kann es zu einer IOD-Erhöhung kommen (die „hypertensive Phase“), da es in dieser Zeit zu Umbauprozessen des Filterkissen kommt und eintretende Vernarbungen im Bereich des Filterkissens zu einem möglichen Anstieg des IOD führen können. In diesem Fall wird eine Therapie mit Augentropfen begonnen. Eine topische Therapie, die die Kammerwasserproduktion unterdrückt, ist bevorzugt zu verwenden, allen voran topische Carboanhydrasehemmer. Wenn ein hoher IOD trotzdem persistiert oder ein niedrigerer Zieldruck erreicht werden soll, kann eine Prolene-Entfernung den Druck zumeist wieder adäquat absenken. Unsere eigene Erfahrung mit dem PGI in Großbritannien hat gezeigt, dass der Prolenefaden aber nicht vor einem Zeitpunkt von 8 Wochen nach der Operation entfernt werden sollte. Wenn der IOD bis zu diesem Zeitpunkt weder durch eine lokale noch durch eine systemische drucksenkende Therapie gesenkt werden kann, kann der Prolenefaden zur IOD-Senkung zunächst partiell über die Konjunktiva zurückgezogen werden. In unserer Patientenkohorte war dieses Prozedere bei keinem Patienten notwendig. Bei den 16 Patienten, bei denen eine Prolene-Entfernung notwendig wurde, konnte der IOD um 11,14 mmHg (4–28 mmHg) abgesenkt werden. Somit kann durchschnittlich mit einer ungefähren IOD-Reduktion von 10 mm Hg gerechnet werden. Dementsprechend sollte, falls angesetzt, eine lokale und systemische drucksenkende Therapie vor einer Prolene-Entfernung abgesetzt werden, um adäquat abschätzen zu können, ob eine Entfernung zur suffizienten Druckabsenkung notwendig ist.

Auch aus psychologischer Sicht stellt die Methode der Prolene-Entfernung für den Patienten einen großen Vorteil dar, da kein großer Eingriff (operativ oder Laser) ergänzend durchgeführt werden muss, um den IOD abzusenken, sondern eine simple Nahtentfernung den Druck modifizieren kann.

Die intraluminale Obstruktion mit einem Prolene-Stent stellt eine einfach durchführbare Methode dar, die zum einen postoperative Hypotonien verhindert und zum anderen eine effektive postoperative IOD-Adjustierung ermöglicht, die individuell steuerbar ist.

Unsere Ergebnisse und die erst kürzlich publizierten 2‑Jahres-Daten zeigen, dass das PGI den IOD auf vergleichbare Werte wie das BGI, bei verringertem Komplikationsrisiko, senken kann. Die Arbeiten anderer Arbeitsgruppen lassen zudem vermuten, dass dieser Effekt auch zwei Jahre nach der Operation bestehen bleibt.

Insgesamt ermöglicht das PGI eine sichere Augeninnendrucksenkung und steht für viele Patienten, die an einem therapierefraktären Glaukom leiden, als zusätzliche effektive Therapieoption zur Verfügung. Ob die vielversprechenden Daten auch langfristig bestätigt werden können, müssen weitere Untersuchungen jedoch noch zeigen.

Fazit für die Praxis

  • Das PAUL®-Glaukom-Implantat (PGI) stellt für Patienten mit therapierefraktärem Glaukom oder Sekundärglaukom und für Patienten, bei denen bereits eine Bindehautvernarbung aufgrund vorheriger Augenoperationen vorliegt, eine effiziente chirurgische Therapieoption dar.

  • Das PGI senkt den Augeninnendruck suffizient und reduziert die Anzahl der Wirkstoffe einer drucksenkenden Lokaltherapie.

  • Das PGI stellt ein sicheres Verfahren mit einer geringen Komplikationsrate, besonders hinsichtlich des Auftreten postoperativer Hypotonien, dar.

  • Durch die Möglichkeit der postoperativen Entfernung des intraluminal gelegenen Prolenefadens kann der Augeninnendruck postoperativ modifiziert werden, ohne dass hierfür ein weiterer invasiver Eingriff notwendig ist.