Coronaviren umfassen eine eigene Virusfamilie, die in zahlreiche Genera unterteilt werden kann. Sie sind seit mehreren Jahrzehnten bekannt und zirkulieren in Tieren und im Menschen. Die einzelnen Vertreter unterscheiden sich teilweise hinsichtlich ihrer Genomorganisation oder Replikation. Erkrankungen gehen meist mit milden Symptomen einher und können wie andere virale Infektionen auch asymptomatisch verlaufen. Erkrankungen mit SARS-CoV‑2 können wie auch bei SARS und MERS mit schwerwiegenden Schädigungen, wie beispielsweise (Mikro‑)Thrombosen einhergehen.

Humane Coronaviren sind bereits seit circa 1966 bekannt und gemäß ihrer charakteristischen Oberflächenproteine nach dem lateinischen Wort „Corona“ (Strahlenkranz) benannt [6, 11, 54]. Aufgrund ihrer Morphologie bilden sie eine eigene Familie und gehören der Ordnung Nidovirales an [44]. Coronaviren zirkulieren in zahlreichen Tieren wie Mäusen, Schweinen, Rindern und Fledermäusen. Speziell Coronavirusinfektionen bei Nutztieren können in der Viehzucht schwere wirtschaftliche Folgen haben [49]. Die humanpathogenen Coronaviren umfassen die endemischen α‑Coronaviren CoV-229E und NL63 sowie die β‑Coronaviren CoV-HKU1 und OC43 (Abb. 1), die seit Jahrzehnten in der Bevölkerung zirkulieren [11, 44, 54]. Nach den Ausbrüchen der Coronaviren SARS-CoV und MERS-CoV im Jahr 2003 und 2012 folgte Ende 2019 in China der Ausbruch eines neuartigen Coronavirus, das seither weltweit zirkuliert und die Gesundheitssysteme sowie die Patientenversorgung an seine Grenzen bringt [33, 43, 49, 56, 58]. Basierend auf der Phylogenie, Taxonomie und dem Krankheitsbild wurde diese neue Virusspezies den Coronaviren, die ein schweres akutes respiratorisches Syndrom (SARS-CoVs) verursachen können, zugeordnet und vom Internationalen Komitee für Virustaxonomie als SARS-CoV‑2 benannt [14]. SARS-CoV‑2 weist dabei wie SARS-CoV und MERS-CoV ähnliche Genomsequenzen zu den in Tieren zirkulierenden Coronaviren auf und wurde höchstwahrscheinlich mittels Zoonose auf den Menschen übertragen. Die größten Sequenzhomologien von SARS-CoV, MERS-CoV und SARS-CoV‑2 wurden zu in Fledermäusen, Dromedaren oder dem Pangolin zirkulierenden Coronaviren beschrieben [2, 16, 24, 34, 35].

Abb. 1
figure 1

Phylogenetische Klassifizierung der Coronaviren. (Modifiziert nach Peiris [44])

Die Übertragung der Coronaviren erfolgt sowohl im Tierreich als auch beim Menschen hauptsächlich über Tröpfcheninfektionen [22, 44]. Während Erkrankte mit einem endemischen Coronavirus oder SARS-CoV in der Regel erst mit Symptombeginn infektiös sind, kann SARS-CoV‑2 bereits vor Symptombeginn verbreitet werden. Dadurch steigt das Infektionsrisiko mit SARS-CoV‑2 in der Bevölkerung erheblich an. Zusätzlich tragen hierbei Ansteckungen über Aerosole einen erheblichen Anteil zum Infektionsgeschehen bei, das die Eindämmung von Infektionsketten erschwert [7, 44, 49, 53].

Virologie und Biologie der Coronaviren

Coronaviren sind einzelsträngige RNA-Viren mit Plusstrangorientierung, sphärischer Struktur und einem Durchmesser von 80–120 nm [3, 6, 22, 40]. Im Vergleich zu anderen RNA-Viren weisen Coronaviren mit einer Länge von circa 30.000 Basen das größte Genom auf [22]. Die Genomorganisation der Coronaviren, die sich unter anderem durch ribosomale Leserasterverschiebungen im Replikationszyklus, spezielle Nichtstrukturproteine und enzymatische Aktivitäten auszeichnet, ist hierbei besonders hervorzuheben [22, 49]. Neben den charakteristischen Spikeproteinen auf der Oberfläche ist das umhüllte Nukleokapsid aus helikalen, symmetrisch angeordneten Nukleokapsiden aufgebaut [22]. Das Virusgenom organisiert sich hauptsächlich durch die am 3′-Ende des Genoms codierten folgenden 4 Proteine [22, 38, 44]:

Das Spikeprotein (S-Protein) umfasst circa 150 kDa und ermöglicht den Coronaviren den Eintritt in die Zelle des jeweiligen Wirtes [22]. Die Spikestruktur kommt durch ausgebildete Homotrimere aus Glykoproteinen zustande [5, 19, 22].

Das S‑Protein fungiert als Klasse-1-Fusionsprotein und setzt sich aus 2 Untereinheiten, der Rezeptorbindungsdomäne S1 und dem Stiel des Spikeproteins, S2 zusammen, die beim Bindungsprozess an die Wirtszelle mittels Furin-ähnlicher Proteasen gespalten werden [9, 15, 22, 36, 37, 39].

Das Membranprotein (M-Protein) verleiht mit circa 25–30 kDa den Coronaviren ihre typische Struktur [6, 22, 44]. Spezielle Dimerstrukturen sollen durch Konformationsänderungen die Membrankrümmung und Bindung an das Nukleokapsid im M‑Protein aktiv fördern [22, 41].

Das Hüllprotein (E-Protein) mit circa 8–10 kDa hat höchstwahrscheinlich eine Funktion als Transmembranprotein mit Ionenkanalaktivität [17, 22, 42]. Das einzige im Nukleokapsid vorhandene Nukleokapsidprotein (N-Protein), kann durch seine C‑ und N‑terminale Domäne RNA binden [13, 22]. Die Bindung des N‑ an das nsp3-Protein des Replikasekomplexes und des M‑Proteins verbessert die Wechselwirkungen zwischen viralem Genom und dem Replikase-Transkriptase-Komplex, was sich positiv auf den Zusammenbau der Viren und deren Stabilität auswirkt [21, 22, 27, 28, 37].

Genomorganisation und Replikation der Coronaviren

Das Replikasegen (20 kb) macht ungefähr zwei Drittel des Genoms aus [22] und umfasst Steuerungssequenzen sowie eine nichttranslatierte Region (UTR) mit Haarnadelschleifen, die Funktionen in der RNA-Replikation, Transkription und der RNA-Synthese aufweisen [2, 22, 57].

Coronaviren binden über die S1-Rezeptorbindungsdomäne (RBD) des S‑Proteins an die Oberfläche der Wirtszelle (Abb. 2, Schritt 0), die sich je nach Virus am N‑terminalen Ende oder, wie im Falle von SARS-CoV, am C‑Terminus befindet [5, 9, 22, 55]. Bei der Bindung der α‑Coronaviren sind Aminopeptidasen [22, 55] involviert, wohingegen MERS-CoV die Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4) nutzt [22, 46]. SARS-CoV‑2 bindet wie SARS-CoV und HCoV-NL63 an ACE2 („angiotensin-converting enzyme 2“), eine Protease, welche Angiotensin II zunächst bindet und anschließend spaltet. Diese Bindung wird durch verschiedene Lektine verstärkt [35, 37, 49]. Coronaviren mit Hemaglutininesterase (HE) nutzen zur Bindung zusätzlich 9‑O-acetylierte Neuraminsäurereste, wodurch Zelleintritt und Virusausbreitung in der Schleimhaut erleichtert werden [26, 31].

Abb. 2
figure 2

Lebenszyklus der Coronaviren in einer Wirtzelle. (Angelehnt an Alanagreh et al. [2], Jiang et al. [30] und V’kovski et al. [49])

Die anschließende Aufnahme der Partikel in das Zellinnere erfolgt mittels rezeptorvermittelter Endozytose bzw. Membranfusion (Abb. 2, Schritt 1; [2, 22, 30, 44]). Es folgt eine pH-abhängige proteolytische Abspaltung des S‑Proteins durch unterschiedliche Proteasen [22, 37, 38], bei der es sich bei SARS-CoV und SARS-CoV‑2 um die transmembrane Serinprotease 2 (TMPRSS2) und Cathepsin handelt [2, 4, 37, 39]. Zur Abspaltung des S‑Proteins wird die RBD zunächst von der Fusionsdomäne getrennt und das Fusionspeptid anschließend freigesetzt. Dieses wird in die Membran eingefügt, wodurch Virus- und Zellmembran verschmelzen und das Virusgenom ins Zytoplasma freigesetzt wird (Abb. 2, Schritt 2; [9, 37, 38]).

Die Replikationsschritte erfolgen im Zytoplasma der Zelle. Aus der genomischen positiv orientierten einzelsträngigen RNA (+ss gRNA) werden zunächst aus den offenen Leserastern ORF1a und ORF1b die 2 Polyproteinuntereinheiten pp1a und pp1ab translatiert (Abb. 2, Schritt 3; [22, 49, 59]). Darin enthaltene Proteasen spalten diese in 16 Nichtstrukturproteine (NSPs), wovon das NSP12 die RNA-abhängige RNA-Polymerase darstellt [2, 59]. Die NSPs bilden einen Replikase-Transkriptase-Komplex (RTK; Abb. 2, Schritt 4). Mittels viraler Replikationsorganellen wie perinukleären Doppelmembranvesikel (DMVs), gewundenen Membranen (CMs) und kleinen offenen Doppelmembrankugeln (DMS) werden die Bedingungen für die Replikation der gRNA (Abb. 2, Schritt 5) und die verschachtelte Transkription der subgenomischen mRNAs (sg mRNAs; Abb. 2, Schritt 6) geschaffen [2, 22, 38, 44, 49]. Diese erfolgt, charakteristisch für die Nidovirales, mit Ausbildung von „nested“ Transkripten [2, 44, 59]. Mit RBA-Helikasen, Exo- und Endoribonukleasen wird der negativ orientierte Gegenstrang der gRNA synthetisiert, welcher als Matrize für die Synthese neuer Virusgenome und sg mRNAs dient [22, 37]. Die Transkription des RNA-Strangs mit Negativorientierung wird durch eine spezielle, die Transkription regulierende Sequenz (TRS) unterbrochen und an einer anderen Position, der Leadersequenz (TRS-L), fortgeführt. Dadurch kann es zu Wechselwirkungen zwischen den TRS des synthetisierten RNA-Strangs mit Negativorientierung und der +ss gRNA kommen. Die erneute RNA-Synthese an der TRS-L-Region geht mit dem Einfügen einer Kopie der Leadersequenz mit Negativorientierung einher. Aus diesen neu gebildeten subgenomischen RNAs mit Negativorientierung wird schließlich die sg mRNA mit Positivorientierung synthetisiert, woraus die strukturellen und akzessorischen Proteine hervorgehen [22, 49].

Merke.

Die Replikation der Coronaviren erfolgt diskontinuierlich über verschachtelte Transkripte.

Nach Translation der S‑, E‑und M‑Proteine werden diese in das endoplasmatische Retikulum (ER) entlassen (Abb. 2, Schritt 6). Über den sekretorischen Stoffwechselweg gelangen die Proteine in das Endoplasmatische-Retikulum-Golgi-Interkompartiment (ERGIC; Abb. 2, Schritt 7; [37, 48]). Dort erfolgt die Verkapselung der Vesikel durch das N‑Protein und die Freisetzung in das Lumen des ERs. Die Golgi-Vesikel transportieren die Viruspartikel zur Zelloberfläche (Abb. 2, Schritt 8 und 9), wo sie letztlich aus der Zelle wieder freigesetzt werden (Abb. 2, Schritt 10; [2, 38, 44]).

Pathogenese und klinisches Krankheitsbild

Im Tierreich lösen Coronaviren hauptsächlich gastrointestinale und diarrhöische Erkrankungen aus, können aber bei Rindern auch respiratorische Krankheitsbilder wie beispielsweise eine Bronchitis hervorrufen. Infektionen mit dem murinen Hepatitisvirus (MHV) können zusätzlich hepatische und neurologische Störungen auslösen [22, 49].

Humane Coronaviren verursachen in der Regel harmlose Erkältungen, die mit Fieber, Husten, Halsschmerzen und Myalgie einhergehen [11, 22, 54]. Auch Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts können durch Coronaviren hervorgerufen werden. In vielen Fällen verläuft eine Infektion mit Coronaviren unbemerkt ohne Symptome [44]. Wie bei anderen Virusinfektionen kann es bei Säuglingen, Kleinkindern und immungeschwächten Personen zu schwereren Verläufen kommen, wobei die Lunge und andere Organe, wie beispielsweise das Herz, in Mitleidenschaft gezogen werden können. Die Immunantwort auf Coronaviren zeichnet sich insbesondere durch die Freisetzung von Zytokinen wie IL‑6 und IL-1β sowie Chemokinen aus, die zu nachfolgenden Entzündungsreaktionen führen [10, 18, 44]. Des Weiteren werden neutralisierende und nichtneutralisierende SARS-CoV-2-spezifische IgM-, IgG- und IgA-Antikörper gebildet, welche über Monate hinweg nachweisbar sind [23, 44, 51].

Bei Erkrankungen durch SARS-CoV und MERS-CoV wurden vermehrt schwere atypische Lungenentzündungen beobachtet, wovon sich die Namen ableiten (engl. „severe acute respiratory“ bzw. „middle east respiratory syndrome“) [16, 24, 43]. Bei diesen Infektionen sind hauptsächlich die Epithelzellen der Lunge betroffen [10]. Das seit 2019 zirkulierende neuartige Coronavirus SARS-CoV‑2 verursacht neben Husten, Abgeschlagenheit und gastrointestinalen Störungen zum Teil schwere respiratorische Erkrankungen [2, 25].

Besonderheiten der Infektion mit Coronaviren und SARS-CoV-2

Schwere Krankheitsverläufe durch SARS-CoV‑2 gehen oftmals mit einem akuten Atemnotsyndrom (engl. „acute respiratory distress-syndrom“, ARDS) sowie mit einem Multiorganversagen einher [1, 10, 25]. Hierbei wurden beispielsweise ein gestörtes Wachstum der Zellmembranen in Endothelzellen, eine Erhöhung der D‑Dimere und Fibrin bzw. Fibrin-Abbauprodukte beschrieben. Außerdem kann COVID-19 mit einer Kapillaritis, vaskulären Thrombosen und Mikroangiopathien in der Lunge sowie mit überschießenden Reaktionen des Immunsystems einhergehen [1, 10, 25, 51]. Die Lungen weisen in späteren Erkrankungsstadien unter anderem das pathologische Bild ausgedehnter intraalveolarer Fibroblastenproliferationen sowie Metaplasien der Alveolarzellen auf [10]. Neben der Lunge (Abb. 3a) kann das neuartige Coronavirus auch andere Organe befallen, wie es auch schon bei SARS-CoV und MERS-CoV beobachtet wurde [10, 12, 32, 44, 45]. Ein zusätzlich häufig beschriebenes Symptom Erkrankter ist ein ausbleibender Geruchssinn. Neben den pulmonalen Schäden rücken auch die Beeinflussung des Zentralnervensystems und möglicherweise dauerhaft bleibende neurologische Schäden bei an COVID-19 erkrankten Patienten in den Vordergrund [20].

Abb. 3
figure 3

Nachweis von SARS-CoV‑2 RNA in einer Lunge (Autopsie) mittels In-situ-Hybridisierung (a) und SARS-CoV-2-Viruspartikel im Myokard (Endomyokardbiopsie) eines 27-jährigen Patienten mittels Elektronenmikroskopie (b). (Mit freundlicher Genehmigung Bojkova et al. [8])

Die SARS-CoV-2-Infektion kann Folgen für das Herz haben

Ein Teil der schweren COVID-19-Verläufe geht mit einer Beeinträchtigung des Herzens mit Funktionsstörungen einher [12, 47, 50, 52]. Dabei sind die Mechanismen, wie es zu Organschädigungen kommt und in welchen Geweben SARS-CoV‑2 replizieren kann, noch weitestgehend unerforscht [29, 50]. Bisher wurden nur wenige Fälle beschrieben, bei denen SARS-CoV‑2 direkt in Zellen des Herzmuskels nachgewiesen werden konnte (Abb. 3; [8, 12, 47, 52]). Eine myokardiale Schädigung in COVID-19-Patienten mit erhöhten Troponinwerten wird wahrscheinlich primär durch immunologische Reaktionen auf das Virus im Körper ausgelöst (Abb. 3b; [29]). Bislang gibt es keine überzeugenden Arbeiten darüber, dass SARS-CoV‑2 allein eine typische virale Myokarditis auslösen kann.

Fazit

  • Coronaviren sind seit über 50 Jahren bekannt und lassen sich in 4 Genera unterteilen.

  • Infektionen treten sowohl bei Tieren als auch bei Menschen auf.

  • Infektionen mit endemischen Coronaviren führen meist zu harmlosen Erkältungssymptomen oder verlaufen asymptomatisch.

  • Wie bereits bei SARS („severe acute respiratory syndrome“) und MERS („middle east respiratory sandrome“) kann es auch bei COVID-19 zu sehr schweren Krankheitsverläufen kommen.

  • Die Mechanismen, wie SARS-CoV‑2 die Lunge und andere Organe wie das Herz schädigt, sowie langfristige Beeinträchtigungen nach einer COVID-19-Erkrankung sind noch weitestgehend unerforscht.

Mehr Informationen zum Thema