Die Ruptur des vorderen Kreuzbands (VKB) ist eine Verletzung, die häufig sowohl in Kontakt- als auch in Nicht-Kontakt-Sportarten auftritt. Bei einem Verletzungsmechanismus mit direktem Kontakt führt meist ein Valgusstress von lateral zu einer Ruptur des VKB. Bei kontaktlosen VKB-Rupturen, welche statistisch häufiger auftreten, wird eine Ursachenkombination aus exzentrischer Quadrizepskontraktion, geringgradiger Flexion, Valgisierung des Knies und Innenrotation der Tibia als ursächlich beschrieben [1].

Aufgrund der oftmals komplexen Verletzungsmechanismen kommt es dabei nicht selten zu intraartikulären (Knorpel, Menisken) und extraartikulären (mediales Kollateralband [MCL], laterales Kollateralband [LCL], Knochenmarködem) Begleitverletzungen [2]. Seltenere Begleitverletzungen können aber auch die kniegelenknahen Sehnen und Muskeln betreffen.

Zur Einstufung von Muskelverletzungen stehen verschiedene Klassifikationen zur Verfügung. Eine detaillierte und anerkannte Klassifikation stellt jene nach Müller-Wohlfahrt [3] dar, welche eine grobe Unterscheidung zwischen funktionellen (Grad I und II) und strukturellen (Grad III bis IV) Muskelläsionen trifft. Eine detaillierte Darstellung der Klassifikation ist in Tab. 1 abgebildet.

Tab. 1 Klassifikation von Muskelverletzungen nach Müller-Wohlfahrt. (Modifiziert nach [10])

Auch wenn funktionelle Verletzungen der Wadenmuskulatur und die alleinige Ruptur des M. gastrocnemius – hierbei besonders der mediale Anteil (sog. „tennis leg“) – keine seltenen Verletzungen sind [4], wurde bislang nur in einem Fallbericht über eine isolierte Ruptur des M. soleus berichtet [5]. Eine Begleitverletzung der Wadenmuskulatur im Rahmen einer VKB-Ruptur wurde bislang nicht dokumentiert.

Der M. soleus entspringt an der posterioren Fläche der Fibula sowie der Linea musculi solei der dorsalen Tibia und bildet mit dem M. gastrocnemius und dem M. plantaris den M. triceps surae. So bilden sie eine gemeinsame Ansatzsehne, die Achillessehne, welche am Tuber calcanei inseriert. Als Muskel des posterioren und superfizialen Kompartments des Unterschenkels zeichnet sich der M. soleus durch zwei proximale, intramuskuläre Aponeurosen (medial und lateral) sowie eine weiter distal und zentral gelegene, oft als intramuskuläre Sehne beschriebene, Aponeurose aus [6].

Die Hauptfunktion des M. soleus ist die Plantarflexion des oberen Sprunggelenks

Die Hauptfunktion des M. soleus ist die Plantarflexion des oberen Sprunggelenks, welche synergistisch mit dem M. gastrocnemius durchgeführt wird. Daneben wurde in einer In-vivo Studie sowohl die antagonistische Funktion des M. gastrocnemius [7] als auch die agonistische Funktion des M. soleus mit dem VKB in-vitro [8] und in-vivo [9] nachgewiesen.

Daraus wäre zu schließen, dass eine Begleitverletzung der Wadenmuskulatur bei akuten VKB-Rupturen gehäuft auftreten könnte. Jedoch ist nach Wissen der Autoren eine kombinierte Verletzung des VKB und des M. soleus bislang nicht beschrieben worden.

Fallbericht

Anamnese

Eine 30-jährige Patientin (172 cm, 63 kg, Hobbykletterin) stellte sich 2 Tage nach einem Unfall beim Bouldern mit Schmerzen im linken Kniegelenk vor. Als Unfallmechanismus wurde ein Absprung von einer Überhangkletterwand aus ca. 2 m Höhe beschrieben. Beim Absprung initiierte die Patientin eine longitudinale Rotation gegen den Uhrzeigersinn. Bereits kurz nach dem Aufkommen am Boden verspürte sie einen stechenden Schmerz im linken Kniegelenk. Sie beschrieb hierbei eine Außenrotation des Femurs und Innenrotation der Tibia sowie das Gefühl eines medialen Aufklappens des Kniegelenks in bereits strecknaher Flexion (ca. 30°).

Untersuchung

In der klinischen Untersuchung zeigte sich eine deutliche Schwellung des linken Kniegelenks mit tastbarem, intraartikulärem Erguss. Es fand sich ein deutlicher Druckschmerz dorsalseitig am Unterschenkel, hierbei besonders auf Höhe des Tibiaplateaus und des Fibulakopfes bzw. dem Ursprung des M. soleus. Ansonsten bestand keine Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des gesamten Kniegelenks. Der Thompson-Test war negativ. Eine Stabilitätsprüfung ergab einen 2+ positiven Lachman-Test, bei Varus- und Valgusstress war keine Seitenbandinstabilität nachweisbar.

Die magnetresonanztomographische Untersuchung (MRT) bestätigte den Verdacht einer Läsion des VKB, welches eine proximale Ruptur aufwies. Darüber hinaus zeigten sich Knochenmarködeme mit intraspongiösen Impaktionen im Bereich des posterolateralen, posteromedialen und ventromedialen Tibiaplateaus sowie an beiden Femurkondylen. Als Begleitverletzung wurde neben einer Grad-I-Läsion des medialen Kollateralbands auch ein nahezu kompletter Abriss des M. soleus am Ursprungsbereich des Fibulakopfes mit geringer Retraktion des Muskelbauchs, im Sinne einer Grad-IV-Verletzung nach Müller-Wohlfahrt [3], diagnostiziert (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Präoperative MRT-Bilder des linken Kniegelenks. T2-Wichtung, a sagittal: Darstellung der proximalen VKB-Ruptur, b sagittal und c transversal: Ruptur des M. soleus am Fibulakopf

Therapie

Am Tag der Untersuchung wurde eine stabilisierende Knieorthese angelegt. Eine Akuttherapie nach dem PECH-Schema (Pause, Eis, Kompression, Hochlagern) wurde von der Patientin selbstständig durchgeführt. Orale Medikation mit Diclofenac-Natrium 75 mg 1‑0‑1 sowie Esomeprazol 20 mg 1‑0‑1 und subkutan Enoxaparin-Natrium 40 mg 1‑mal täglich wurde verordnet.

Am 5. Tag nach dem Unfall wurde in Larynxmaskennarkose und Rückenlage arthroskopisch die femoralnahe Ruptur des VKB mit gut erhaltenem Stumpf und Synovialschlauch verifiziert. Somit konnte mittels zweier Haltefäden und einem Knochenanker (PushLock®; Arthrex, Naples, FL, USA) das VKB in anatomischer Position refixiert werden. Additiv wurden Bohrlöcher vor, oberhalb und hinter dem Ursprung des VKB am Femur im Sinne eines „natural healing“ gesetzt.

Als Nebenbefund zeigte sich eine kleine oberflächliche Läsion am Hinterhorn des lateralen Meniskus (Länge ca. 0,8 cm). Da das Tasthäkchen nicht einhaken konnte und der Meniskus selbst völlig stabil war, wurde dieser nicht adressiert. Zudem zeigte sich eine ausgeprägte Plica mediopatellaris mit einem kleinen Knorpelschaden Grad I–II an der medialen Patellafacette, sodass eine Plicaresektion durchgeführt wurde.

Eine operative Versorgung des M. soleus wurde aufgrund der geringen Retraktion primär nicht durchgeführt.

Rehabilitation

Die Patientin verließ das Krankenhaus einen Tag nach der Operation. Für die nächsten 2 Wochen wurde unter Verwendung von Unterarmstützkrücken mit halbem Körpergewicht belastet, anschließend mit Vollbelastung. Das Bewegungsausmaß der Orthese wurde in standardisiertem Schema schrittweise freigegeben (2 Wochen 0‑0-30°, schrittweise bis 4 Wochen postoperativ 0‑0-60°, schrittweise bis 6 Wochen postoperativ 0‑0-90°). In dieser Zeit wurde die Schiene Tag und Nacht getragen, anschließend für weitere 2 Wochen ohne Bewegungseinschränkung bei Outdoor-Aktivitäten. Stützstrümpfe und medikamentöse Thromboseprophylaxe (Enoxaparin-Natrium 40 mg subkutan 1‑mal täglich) wurden für 4 Wochen angewendet.

Eine physiotherapeutische Behandlung wurde eine Woche nach der Operation begonnen, welche sich nur geringfügig von einer Therapie einer isolierten VKB-Ruptur ohne Muskelbeteiligung unterschied. Hierbei wurde 1,5 Wochen postoperativ mit anfänglich weiter entferntem und sanftem myofaszialem Release begonnen. Ein Monat nach der Operation wurde mit stehenden und sitzenden Calf-Raises begonnen. Mit Radfahren und Kraulschwimmen konnte 8 Wochen nach der Operation gestartet werden. Zur Verbesserung des Bewegungsausmaßes wurde additiv 2‑mal täglich Motorschienentraining im vorgegeben Bewegungsausmaß durchgeführt sowie aufgrund einer Quadrizepshypotrophie 3 Wochen nach der Operation ein Elektrotherapiegerät zur selbstständigen Anwendung verordnet.

Klinische Verlaufskontrollen

Es zeigte sich eine durchweg positive Entwicklung. Bei konstant negativem Lachman-Test wurde nach 8 Wochen eine Beweglichkeit in Extension/Flexion von 0‑0-110°, nach 14 Wochen 0‑0-130° erreicht. Lediglich eine Quadrizepshypotrophie im Seitenvergleich war auffällig. Am Unterschenkel traten keine Auffälligkeiten auf.

Bis zu einem Follow-up von 6 Monaten zeigte die Patientin keine Anzeichen einer subjektiven oder objektiven Instabilität des Kniegelenks. Im Seitenvergleich konnte sowohl von Seiten des Kniegelenks als auch des Sprunggelenks eine freie Beweglichkeit und ein seitengleicher Kraftgrad (z. B. einbeiniger Zehenspitzenstand) erreicht werden. Ein Kontroll-MRT 6 Monate nach der Operation zeigte ein korrekt reinseriertes und durchgehendes VKB mit kontinuierlicher Vaskularisierung. Der M. soleus stellte sich ohne Retraktion an seinem proximalen Ursprung verheilt dar, hier konnte eine nur geringgradige Narbenbildung beobachtet werden (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Postoperative MRT-Bilder (6 Monate) des linken Kniegelenks. T2-Wichtung, a sagittal: Darstellung des refixierten VKB, b sagittal und c transversal: ohne Retraktion verheilter M. soleus mit geringgradiger Narbenbildung

Die Rückkehr zum Sport ist für 9 Monate nach der Operation geplant.

Diskussion

Begleitverletzungen bei VKB-Rupturen

Begleitverletzungen bei akuten VKB-Rupturen sind keine Seltenheit und fanden spätestens mit der Beschreibung der „unhappy triad“ (VKB, MCL, MM) von O’Donoghue im Jahr 1950 [11] umfassenden Einzug in die Literatur. Auch wenn diese Beschreibung mittlerweile überholt ist, demonstriert sie die oftmals umfangreichen, gelenknahen Begleitpathologien bei akuten VKB-Rupturen.

Im klinischen Alltag können Knochenmarködeme des distalen Femurs und der proximalen Tibia einen Eindruck über den Verletzungsmechanismus und dessen Schwere geben. Sie treten mit einer Häufigkeit von 68 % im lateralen Femurkondyl, 73 % im lateralen Tibiaplateau, 24 % im medialen Femurkondyl und 26 % im medialen Tibiaplateau auf [12]. Ähnlich hohe Prävalenzen, besonders im lateralen Kompartiment, sind in weiteren Studien zu sehen [13]. Das Ausmaß der Knochenmarködeme steht dabei in direktem Zusammenhang mit der Verletzungsprävalenz der Menisken, des MCL und LCL [2, 12]. Bei akuten VKB-Rupturen wurde eine Verletzungsbeteiligung des lateralen Meniskus in 54 %, des medialen Meniskus in 51 % der Fälle beobachtet [12]. Schädigungen des MCL werden zwischen 22 % [12] und 49,4 %, des LCL in bis zu 39,3 % [2] der Fälle beschrieben. Eine Beteiligung des Gelenkknorpels wurde in 10,4 % [13] bis 46 % [14] der Fälle festgestellt.

Knochenmarködeme können einen Eindruck über den Verletzungsmechanismus geben

Des Weiteren konnte eine retrospektive Analyse von 193 Patienten mit akuter, nichtkontaktbedingter VKB-Ruptur bei 75 Patienten (38,9 %) eine Verletzung des „anterolateral ligament“ (ALL) nachweisen. Von diesen Patienten zeigten 59 Patienten (78,7 %) einen zweit- bis drittgradig positiven Pivot-shift-Test, was die Funktion des ALL für die Rotationsstabilität des Kniegelenks, insbesondere der Hemmung der tibialen Innenrotation, unterstreicht [13]. In diesem Zusammenhang ist auch die Segond-Fraktur zu erwähnen, die bei bis zu 12 % der akuten VKB-Rupturen zu beobachten ist. Hierbei wird vermutet, dass es sich um eine Avulsionsfraktur des ALL an der proximalen Tibia handelt [15].

Eine weitere, häufig verletzte Region bei VKB-Rupturen ist die posterolaterale Ecke (PLC). Eine retrospektive Auswertung von MRT-Bildern bei 162 Patienten mit akuter VKB-Ruptur zeigte bei 32 Patienten (19,7 %) eine Verletzung der PLC, bei 20 Patienten (12,34 %) betraf es die Popliteussehne. Seltener wurden auch Läsionen der Ansatzsehne des M. biceps femoris und des Tractus iliotibialis beobachtet [16].

Auch die posteromediale Ecke (PMC) kann betroffen sein. Sims und Jacobson konnten anhand von 93 Patienten die sehr häufig auftretende Kombinationsverletzung des VKB und der PMC, hierbei besonders das „posterior oblique ligament“ (POL) betreffend, feststellen [17].

Darüber hinaus wurden auch Kombinationsverletzungen des VKB und der Patellarsehne beschrieben. Auch wenn dieser Befund nur vereinzelt zu sehen ist, konnten Matthews et al. in einer systematischen Übersichtsarbeit 31 derartige Fälle identifizieren. Dabei kommt es zudem häufig zu einer Läsion des MCL (65,5 %) und der Menisken (69 %). Zu betonen ist hierbei, dass der Verletzungsmechanismus offenbar eine initiale Ruptur der Patellarsehne mit einer sekundären VKB-Ruptur ist [18]. Selbiges gilt auch für kombinierte Läsionen der Quadrizepssehne und des VKB. Fenelon et al. präsentierten hierzu einen Fallbericht über einen Unfall eines Powerlifters, der während der exzentrischen Phase einer Kniebeuge eine beidseitige Quadrizepssehnenruptur und begleitend eine Teilruptur des VKB erlitt [19].

Erklärungsversuch des Verletzungsmechanismus

Der von der Patientin beschriebene Unfallmechanismus spiegelt den in der Literatur am häufigsten beschrieben Mechanismus für eine kontaktlose VKB-Ruptur wider [1]. Die agonistische Funktion des M. soleus mit dem VKB kann dabei als mögliche Erklärung für die Muskelruptur dienen.

Da der M. soleus das Kniegelenk nicht überspannt, wurde ihm erst im Jahr 2003 von Elias et al. genauere Aufmerksamkeit hinsichtlich seines Einflusses auf die Stabilisierung des Kniegelenks zuteil. Die Autoren wiesen in einer Kadaverstudie nach, dass die Kontraktion des M. soleus eine geringe, jedoch signifikante, posteriore tibiale Translation bewirken kann. So konnte in VKB-intakten sowie nach Dissektion des VKB jeweils mit und ohne Belastung der Tibia nach anterior bei 50° Beugung eine signifikante posteriore tibiale Translation durch Kontraktion des M. soleus nachgewiesen werden. Dieses Phänomen erklärten sie sich durch die Erzeugung eines Drehmoments durch den M. soleus, das die Tibia in Relation zum Talus rotieren lässt, wodurch eine posteriore Translation der proximalen Tibia entsteht. Wichtig hierfür ist der Kontakt des Fußes mit dem Boden im Sinne einer geschlossenen kinetischen Kette [8].

Diese in-vitro erzielten Erkenntnisse konnten durch ein computerbasiertes Modell in-vivo bestätigt werden. Hier wurde nachgewiesen, dass neben der knieüberspannenden Muskulatur auch der M. soleus einen protektiven Einfluss auf das Risiko einer VKB-Ruptur bei einbeinigen Landungen aus 30 und 60 cm Höhe einnimmt. So konnte ein an der Tibia nach posterior gerichteter Kraftwert durch die Kontraktion des M. soleus berechnet werden, der 28–32 % des Kraftwerts der Hamstrings (als Agonist des VKB) betrug. Auffällig dabei war zudem, dass die Hamstrings eher in der Anfangsphase, der M. soleus eher in der späten Phase des Landezyklus ihre Kraftspitze erreichen. Daher sollen sie in unterschiedlichen Phasen der Landung für die Stabilisierung des Kniegelenks verantwortlich sein [9].

Therapie von Muskelverletzungen

Die konservative Therapie ist ein wichtiger Pfeiler in der Behandlung von Muskelverletzungen. Eine Initialtherapie nach dem PECH-Schema (Pause, Eis, Kompression, Hochlagern) ist laut einem Expertenmeeting der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) trotz mangelnder Evidenz empfohlen [20]. Die primären Ziele bestehen hierbei in der Limitierung der Hämatombildung und deren Folgen (verlängerte Heilungsdauer, verstärkte Fibrosierung mit Narbenbildung), die Vermeidung weiterer Retraktionen des Muskels sowie Entzündungs- und Schmerzreduktion.

Bei strukturellen Muskelverletzungen wird eine Immobilisation von 3 bis 5 Tagen empfohlen

Eine exakte Angabe über den Zeitraum der anschließenden Immobilisierung kann aufgrund fehlender klinischer Studien mit Einbezug der Verletzungsschwere nicht gegeben werden. Jedoch wird bei strukturellen Muskelverletzungen eine Immobilisation von 3 bis 5 Tagen empfohlen. Additiv zur anschließenden physiotherapeutischen Remobilisierung und zum Trainingsaufbau können ergänzende Maßnahmen wie physikalische Therapie (z. B. therapeutischer Ultraschall), Hämatompunktion und intramuskuläre Infiltrationen (z. B. „platelet-rich plasma“) in Erwägung gezogen werden. Die Indikation zur Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID) bei Muskelverletzungen soll laut Expertenkonsens aufgrund von erhöhter Fibroserate streng geprüft werden [20].

Eine operative Versorgung von Muskelverletzungen wird meist im Zuge einer durch die Muskelverletzung entstandene Komplikation notwendig. Als absolute Operationsindikation ist eine Einblutung mit drohendem Kompartmentsyndrom zu sehen. Aber auch Kombinationsverletzungen und Amputationsverletzungen sind hier zu nennen. Dagegen ist eine Typ-IV-Läsion nach Müller Wohlfahrt [3] als relative Operationsindikation anzusehen. Hierauf nimmt besonders die funktionelle Bedeutung der Muskulatur, die Größe der Ruptur und des Hämatoms sowie individuelle Patientenvoraussetzungen (Alter, Leistungsanspruch, Komorbiditäten, Medikamenteneinnahme) einen Einfluss. Weitere relative Indikationen sind eine relevante Hämatombildung, persistierende Beschwerden bei Narbenbildung, heterotope Ossifikation, funktionelles Kompartmentsyndrom sowie kosmetische Aspekte [20].

Im vorliegenden Fall wurde aufgrund der guten Funktionalität und der geringen Retraktion des Muskels auf eine operative Versorgung des M. soleus verzichtet. Die Einnahme von NSAID wurde hinsichtlich der Schmerzsymptomatik durch die VKB-Ruptur angeraten. Im Verlauf zeigte sich die Patientin in klinischen Kontrollen und funktioneller Physiotherapie von Seiten des M. soleus beschwerdearm, sodass im Rahmen der Kombinationsverletzung mit dem VKB 4 Wochen nach der Operation gezieltes Muskelaufbautraining möglich war. Bis zu einem postoperativem Follow-up von 6 Monaten zeigte die Patientin kein Instabilitätsgefühl, keine Bewegungseinschränkung oder Kraftgradminderung seitens des linken Knie- und Sprunggelenks.

Fazit für die Praxis

  • Häufig treten Begleitverletzungen im Rahmen einer akuten vorderen Kreuzbandläsion auf.

  • Begleitverletzungen können intra- und extraartikuläre Strukturen betreffen.

  • Die konservative Therapie ist ein wichtiger Pfeiler in der Behandlung von Muskelverletzungen.

  • Eine operative Versorgung von Muskelverletzungen wird meist nur bei einer durch die Muskelverletzung entstandene Komplikation notwendig.

  • Bei entsprechendem Verletzungsmechanismus sollte eine Verletzung des M. soleus im diagnostischen Algorithmus berücksichtigt werden.