Hüftnahe Sehnenläsionen umfassen eine Melange aus häufigen Verletzungen, wie z. B. den Apophysenausrissen von Spina iliaca anterior superior oder inferior des Adoleszenten bzw. den Hamstring-Läsionen, die auch den Erwachsenen betreffen können, und eher selten beobachteten Entitäten, wie den Avulsionsverletzungen der Adduktoren oder den proximalen Ausrissen des M. rectus femoris [1,2,3,4, 6]. Zahlreiche dieser Läsionen sind die Folge von Sportverletzungen und hier nicht selten im Leistungssportumfeld [1, 3, 4], manche hingegen sind in der Mehrzahl durchaus Folge degenerativer Veränderungen oder auch iatrogen induziert [5, 6]. Während Mitteilungen über zahlreiche dieser recht unterschiedlichen Läsionen und Topografien früher eher kursorischen Charakter hatten, mag dies z. T. an der variablen Diagnostik, zum Gutteil aber auch daran gelegen haben, dass die meisten dieser Verletzungen nichtoperativ behandelt wurden.

Heute wird der frühzeitige Einsatz der MRT-Diagnostik beim symptomatischen Patienten überaus liberal gehandhabt, und so können auch Partialläsionen erkannt werden, die sich anderweitig schwer feststellen lassen [2, 7]. Dennoch ist die großzügig gelebte MRT-Indikation kein Garant für die richtige Diagnose, denn bei der Gegenüberstellung der Schnittbildbefunde mit dem intraoperativen Befund wurde von einem „underreporting“ in bis zu 50 % berichtet [6]. Die korrekt eingesetzte MRT-Bildgebung ist jedoch von durchaus diagnostischer Relevanz [2, 7], da das Ausmaß der fettigen Muskeldegeneration – analog zur Situation bei der Rotatorenmanschette – klare Hinweise auf den Erfolg rekonstruktiver Maßnahmen erlaubt [6].

Binnen der letzten Jahre hat sich der Kenntnisstand über das langfristige Outcome derartiger Verletzungen deutlich verbessert, und so haben sich im Wissen, dass das rein konservative Vorgehen zu funktionellen Einschränkungen oder zumindest zu schwer vorhersagbaren Resultaten führen kann, differenzierte Diagnostik- und Behandlungsalgorithmen entwickelt. Somit gibt es heute eindeutigere Indikationskriterien für ein frühzeitiges operatives Vorgehen, insbesondere da der Anspruch eines zeitnahen „return to sports“ klarer formuliert wurde. Die aktuell wahrnehmbare vermehrte Beschäftigung mit der spezifischen Anatomie der hüftnahen Sehnen mag ein weiterer Indikator dafür sein, dass der chirurgischen Rekonstruktion der entsprechenden Sehnenansätze heute mehr Bedeutung eingeräumt wird [9]. Parallel hierzu haben wir heute mehr Informationen über biomechanisch reliable Sehnenfixationstechniken zur Verfügung [8].

So unterschiedlich die Genese bei der Avulsion der Sehnen der Mm. glutaeus medius und minimus sein mag, so deutlich zeigt das Spektrum der operativen Rekonstruktionsoptionen, das von arthroskopischen zu „Mini-open“- und offenen Verfahren reicht, dass so manche Verlegenheitsdiagnose einer chronischen Bursitis trochanterica auf klar beschreibbarer Pathologie einer Sehneninsuffizienz beruht [5]. Der hier sich abzeichnende Paradigmenwechsel in der Behandlungsstrategie zeigt nicht zufällig Analogien zu den Rekonstruktionsverfahren der Rotatorenmanschette.

Somit gibt all dies Anlass zu einer Bestandsaufnahme, wie diese ganz unterschiedlichen Sehnenläsionen an Hüfte und Oberschenkel situationsgerecht adressiert werden können. In 6 breit gefächerten Beiträgen, die von Experten auf diesem Gebiet verfasst wurden, wird der Stand der Technik referiert.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und hoffe, dass Sie die eine oder andere Technik in Ihre tägliche Praxis übernehmen können!

Prof. Dr. Thomas Mittlmeier