Als Transition wird der Übergang von chronisch kranken Jugendlichen von der Kinder- und Jugendmedizin in die Erwachsenenmedizin bezeichnet. Über 10 % der Jugendlichen haben einen besonderen Bedarf an Gesundheitsversorgung und -förderung, damit handelt es sich bei der Transition um mehr als den Umgang mit einer Randgruppe. Die sogenannte Transitionsphase, also der Zeitraum, in dem die Transition in die Erwachsenenmedizin erfolgt, ist in Deutschland nur unzureichend strukturell organisiert, das heißt, der Übergang in die Erwachsenenmedizin ist strukturell und inhaltlich nicht flächendeckend abgebildet, zudem sind bislang solche Strukturen im Gesundheitssystem nicht vorgesehen. In diesem Punkt unterscheidet sich Deutschland von einigen europäischen Nachbarländern, in denen sogenannte Transitionskliniken bereits fest etabliert sind.

Das Thema Transitionsmedizin ist sehr vielschichtig

Provokativ könnte man fragen, wo das Problem liegt – es muss ja nur ein guter Übergabebrief der Kinder- und Jugendmedizin vorliegen, dann ist die Übernahme für den Erwachsenenmediziner einfach. Dieser Schwerpunkt soll verdeutlichen, dass das Thema Transitionsmedizin sehr vielschichtig ist und dass es um deutlich mehr geht als „nur“ darum, die bisherige Krankengeschichte der Jugendlichen zu verstehen und sie in die eigene Sprechstunde zu integrieren.

Der vorliegende Schwerpunkt versucht exemplarisch die unterschiedlichen Facetten der Transitionsmedizin darzustellen. Der erste Beitrag von Müther, Oldhafer und Siegmund führt in das Thema und die Problematik ein. Es wird hervorgehoben, dass Transition den gesamten Prozess betrifft, inklusive der Vorbereitung, des Übergangs und der Sicherstellung, dass die Patienten in der Erwachsenenmedizin angekommen sind. Dieser Prozess, bei dem Patienten von den Kinder- und Jugendmedizinern zu den Erwachsenenmedizinern fachlich unkompliziert übergeben werden können, betrifft vorwiegend chronische Erkrankungen, die sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene betreffen. Beispiele hierfür sind Diabetes mellitus, Epilepsie, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, rheumatologische Erkrankungen und chronische Nierenerkrankungen. Eine zweite Gruppe bilden Patienten, bei denen die Expertise für die Erkrankungen zwar in der Kinder- und Jugendmedizin vorhanden ist, in der Erwachsenenmedizin aber fehlt oder nur durch besondere Strukturen verfügbar ist. Beispiele sind die zystische Fibrose oder Cholestasesyndrome des Kindesalters. Die Patienten der dritten Gruppe hatten im Kindesalter onkologische Erkrankungen, die als geheilt betrachtet werden. Nun werden sie erwachsen und benötigen eine besondere Nachsorge, die bislang auch inhaltlich nur partiell definiert ist. Eine vierte Gruppe bilden Patienten, die im Kindesalter einer Organtransplantation unterzogen werden, sei es eine Leber‑, Nieren‑, Herz‑, Lungen- oder Knochenmarktransplantation. Diese Kinder und Jugendlichen erreichen heute zunehmend das Erwachsenenalter und bedürfen allein schon wegen der Immunsuppression einer lebenslangen ärztlichen Betreuung.

Der erste Beitrag bietet nicht nur eine Einführung in die Thematik. Es wird auch ein strukturbildendes Programm, das Berliner TransitionsProgramm (BTP), vorgestellt, das für verschiedenste chronische Erkrankungen der ersten Gruppe mit der entsprechenden Expertise in der Erwachsenenmedizin die Elemente für die zweijährige Transitionsphase definiert. Dies beinhaltet neben einer strukturierten Epikrise für die einzelne Erkrankung Transitionsgespräche, die Einbeziehung von Fallmanagern sowie eine finanzielle Vergütung des Prozesses.

Beim Diabetes erfolgt die Transition häufig in instabiler Stoffwechsellage

Im zweiten Beitrag stellen Gallwitz und Neu exemplarisch den Diabetes mellitus als chronische Erkrankung der Gruppe 1 in der Phase der Transition dar. In der Arbeit wird hervorgehoben, dass neben der an sich schon schwierigen Transitionsphase noch eine häufig instabile Stoffwechsellage in dieser Altersgruppe hinzukommt. Damit ist diese Phase bei Patienten mit Diabetes mellitus sowohl medizinisch als auch strukturell für alle Beteiligten eine Herausforderung.

Im dritten Beitrag von Staab und Schwarz geht es um eine Erkrankung der Gruppe 2, in der die Expertise in der Erwachsenenmedizin primär nur unter besonderen Umständen vorhanden ist. Diese Besonderheit wird auch durch die Positionen der beiden Autoren reflektiert, Herr Schwarz ist Leiter der Sektion Zystische Fibrose (Erwachsene) und Facharzt für Innere Medizin mit den Zusatzbezeichnungen Pneumologie und Palliativmedizin. Frau Staab ist Leiterin der Sektion Zystische Fibrose (Kinder) und ist Pädiaterin mit den Zusatzbezeichnungen Pneumologie und Allergologie. Die beiden arbeiten zusammen im Christiane Herzog Zentrum für Zystische Fibrose an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und behandeln hier Patienten vom Kinder- bis hin ins Erwachsenenalter. In ihrem Beitrag gehen sie auf die besonderen Herausforderungen der Transition bei der zystischen Fibrose ein. Die Betroffenen werden zunehmend älter, womit auch die Interdisziplinarität von Pädiatrie und Erwachsenenmedizin gefragt ist.

Im vierten Beitrag gehen Junge et al. aus Hannover in gleicher Weise auf ein Krankheitsbild ein, das es in dieser Form in der Erwachsenenmedizin lange nicht gab, die Cholestasesyndrome des Kindesalters. Nur an wenigen Zentren besteht daher eine Expertise, die die Transition dieser Patienten in der engen Interaktion zwischen Kinder‑, Jugend- und Erwachsenenmedizin erlaubt. Beispielhaft sei hier die Gallengangsatresie erwähnt. Dieses Krankheitsbild beginnt im frühen Kindesalter; die Patienten werden dann oft zunächst mit einer sogenannten Kasai-Operation behandelt, bevor im etwas fortgeschrittenen Kindesalter eine Lebertransplantation erfolgt. Somit können die Patienten heute bei oft guter Lebensqualität das Erwachsenenalter erreichen.

Im letzten Beitrag wird eine Subgruppe onkologischer Patienten beschrieben, für die bislang in der Erwachsenenmedizin keine klaren Vorgaben existieren. Es handelt sich um junge Erwachsene, die in ihrer Kindheit aufgrund einer onkologischen Erkrankung behandelt wurden. Hier geht es meist nicht um Nachsorge des früheren Tumors, der in der Mehrzahl der Fälle als geheilt angesehen wird, sondern vielmehr um die Überwachung bezüglich des Auftretens von Sekundärneoplasien, Endokrinopathien oder auch kardialen Erkrankungen als Folge der vorausgegangenen Strahlen- und/oder Chemotherapie. Gebauer et al. fordern für diese Subgruppe die Nachsorge in spezialisierten, interdisziplinären Zentren.

Wir hoffen, mit diesem Schwerpunkt Ihr Interesse für das Thema Transitionsmedizin zu wecken. Gleichzeitig möchten wir verdeutlichen, dass die Erwachsenenmediziner im Schulterschluss mit den Kinder- und Jugendmedizinern sicherstellen müssen, dass chronisch kranke Jugendliche auch im Erwachsenenalter optimal versorgt werden. Wir haben mit dem Schwerpunkt auch dargestellt, dass hierfür mehr erforderlich ist als der reine Transfer von einem Arzt zum nächsten. Vielmehr benötigen wir dringlichst Rahmenstrukturen, die diesen Prozess langfristig strukturell und finanziell in unser Gesundheitssystem integrieren.

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B. Siegmund

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H. Lehnert

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M. Manns