Die systematische Entfernung von Lymphknoten ist unverzichtbarer Bestandteil onkologisch radikaler Resektionen bei nahezu allen soliden Tumoren. Im Bauchraum und im Retroperitoneum erfordern Lymphknotendissektionen entlang der großen Viszeralarterien bzw. auch paraaortal, parakaval sowie entlang der großen venösen und arteriellen Gefäße in der Beckenetage fundierte anatomische Kenntnisse und stellen intraoperativ durch die Präparation entlang lebenswichtiger Gefäße auch eine besondere technische Herausforderung dar.

Eine umfassende Bildgebung hilft, tumorbefallene Lymphknoten zu detektieren

Eine umfassende Bildgebung mittels Sonographie, Computertomographie (CT), ggf. auch Magnetresonanztomographie oder FDG-PET-CT([18F]Fluorodeoxyglucose Positronenemissionscomputertomografie) hilft, tumorbefallene Lymphknoten zu detektieren und auf dieser Grundlage eine präoperative Therapieplanung durchzuführen. Es gilt jedoch bei diesen Operationen eben nicht nur die makroskopisch betroffenen Lymphknoten zu entfernen, sondern im Sinne einer systematischen regionalen Lymphadenektomie das gesamte Lymph‑/Fettgewebe zu dissezieren, um auch Mikrometastasen pathohistologisch zu detektieren und derartige Befunde in ein adjuvantes Gesamtkonzept einfließen zu lassen. In diesem Zusammenhang gilt es, die Vor- und Nachteile, sprich den diagnostisch-onkologischen Gewinn gegen die mögliche postoperative Morbidität abzuwägen. Diesbezüglich hat sich die Technik der Detektion, Entfernung und gezielten pathologischen Untersuchung des Sentinel-Lymphknotens speziell bei körperoberflächennahen Tumoren, wie dem Mammakarzinom oder dem malignen Melanom, als außerordentlich hilfreich erwiesen. Diese gilt heute als unverzichtbarer Standard in der axillären und inguinalen Lymphknotendissektion, weil dadurch eine unter Umständen komplikationsträchtige operative Übertherapie vermieden werden kann.

Postoperativ begegnen einem bei intraabdominellen oder retroperitonealen Lymphknotendissektionen eher weniger Probleme, allenfalls in selten Fällen einmal ein Chylaskos oder eine Lymphozele im kleinen Becken, beides Befunde, die einer gezielten Therapie gut zugänglich sind und den Patienten nicht zwingen, überlang in der Klinik zu bleiben. Dies stellt sich bei den inguinalen und axillären Lymphknotendissektionen komplikationsträchtiger und in der Beherrschung postoperativer lokaler Probleme komplexer dar. Trotz sorgfältigster chirurgischer Technik und Drainage entwickelt mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten Wundprobleme am Zugangsweg und hier vor allem Lymphozelen und Weichteilinfektionen. Diese erfordern spezifische und unter Umständen zeitaufwendige Therapiemaßnahmen. Das Spektrum reicht von der simplen Punktion einer umschriebenen Lymphkollektion über das Einbringen einer interventionellen Drainage bis hin zur chirurgischen Wundrevision und wiederholten Anlage von Vakuumverbänden. In diesem Kontext werden alle Beteiligten, der Patient bzw. die Patientin, die Angehörigen und die behandelnden Ärztinnen und Ärzte einer belastenden Geduldsprobe unterzogen und gelegentlich verstreicht schließlich viel Zeit bis eine adjuvante oder additive konservative Therapiemaßnahme im Sinne einer Chemo- oder Immuntherapie eingeleitet werden kann. Trotz vielfacher Bemühungen ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, die lokalen Komplikationen der Lymphknotendissektion in der Achselhöhle und der Leiste signifikant zu reduzieren. Hier besteht unverändert Forschungsbedarf, um operative Techniken, Mittel und Wege zur Anwendung zu bringen, welche die lokal-regionalen Komplikationen wirksam zurückdrängen.

Ich bin den Autoren sehr dankbar, die zu diesem so wichtigen Thema die aktuellen Erkenntnisse in Diagnostik, Therapie und Komplikationsmanagement zusammengetragen haben. Das erlaubt der interessierten Chirurgin und dem Chirurgen, sich in dieser komprimierten Form auf den aktuellen Stand des Wissens zu bringen und Anregungen für das eigene operative Vorgehen zu gewinnen.

Prof. Dr. Matthias Anthuber