Dieses Jahr wurde von den Herausgebern der Zeitschrift Der Chirurg „Management in der Chirurgie“ erneut als Leitthema für die Ausgabe zum Deutschen Chirurgenkongress 2021 ausgewählt. Hieraus wird ersichtlich, wieviel Gewicht diesem Thema weiterhin in der heutigen Zeit zuteilwird. Ganz aktuell sind wir alle durch die COVID-19-Pandemie in einem besonderen Ausmaß zu neuen, fast täglich anzupassenden Managemententscheidungen gezwungen. Hierbei werden in schnellem Rhythmus Entscheidungen getroffen, die zum Teil tief in den normalen Klinikprozess eingreifen. Dies betrifft nicht nur den Behandlungsablauf und die Organisation von Patienten, sondern auch den Einsatz des Personals für teils neue, ungewohnte Aufgaben. Auch hier sind verschiedene Managementkompetenzen gefragt, um als chirurgische Abteilungen handlungsfähig zu sein und das Team zusammenzuhalten.

Der Einsatz begrenzter Ressourcen muss wie ein Räderwerk aufeinander abgestimmt sein

In dieser aktuellen Serie von Artikeln möchten wir Ihnen einen Überblick geben, was heute mit dem Begriff Management in der Chirurgie verbunden wird und welche vielfältigen Aufgaben einem Chirurgen in einer Führungsposition abverlangt werden, allerdings auch in welchen Bereichen Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sind.

Mit dem Begriff Management ist in diesem Zusammenhang nicht nur der ökonomische Aspekt gemeint, sondern er ist als Überbegriff für die Tätigkeiten eines leitenden Chirurgen in den Bereichen Planung, Organisation, Führung und Kontrolle zu verstehen. Diese Aspekte sind so breit und vielfältig, dass es für Manager aus der Wirtschaft nur schwer nachvollziehbar ist, wie diese Aufgaben neben dem operativen Tagesgeschäft im Operationssaal zu bewältigen sind. In der Chirurgie zeigt sich nämlich für die leitenden Chirurgen die besondere Herausforderung, dass sowohl Managementfähigkeiten gefragt sind, als auch die klinischen und operativen Fähigkeiten, die sonst nicht Teil des Berufes eines Managers sind. Ein leitender Chirurg ist nicht nur Manager, sondern produziert mit der Durchführung von Operationen gleichzeitig auch selbst das wichtigste Produkt einer chirurgischen Klinik. Die zusätzliche Herausforderung als Manager stellt nicht nur eine Bürde da, sondern ist gleichzeitig eine Chance, da sich eine gute Organisationsstruktur und ein optimales Klinikmanagement positiv auf die Behandlung unserer Patienten auswirken. Der optimale Einsatz der immer begrenzten Ressourcen, seien es finanzielle Mittel, Zeit, Räumlichkeiten, Personal oder OP-Kapazität, muss wie ein Räderwerk aufeinander abgestimmt werden. Knappe und begrenzte Ressourcen führen hierbei auch zu verkürzten Verweildauern, schnelleren Prozessen und zu einer Vermeidung von Verschwendung, was oft für unsere Patienten von großem Nutzen ist.

Während Chirurgen für ihre chirurgisch-medizinischen Fähigkeiten über Jahre basierend auf dem neuesten Stand der Forschung, zunehmend evidenzbasiert, ausgebildet werden, ist die Ausbildung für Managementaufgaben bisher nur zum Teil systematisch in unseren Kliniken verankert. Im Rahmen der Ausbildung wird zunehmend Verantwortung übernommen und man wächst in Führungsaufgaben hinein. Vielfach zeigt sich aber, dass diese Managementaufgaben und die Kompetenz, diese gut auszuführen, nicht angeboren sind oder auf einer besonderen Chirurgenpersönlichkeit beruhen, sondern dass auch hier eine systematische Ausbildung von Vorteil sein kann. Leitende Chirurgen sind hierbei gefordert, sich weiterzubilden, um nicht nur die ökonomischen Aspekte einer Klinik mit zu optimieren, sondern auch um insbesondere die Organisationsstrukturen zu verbessern. Eine strukturierte Ausbildung wie z. B. durch ein Master-of-Business-Administration(MBA)-Studium oder Ähnliches hilft, den Blickwinkel zu wechseln und das chirurgische Handeln und Organisieren nicht nur aus der eigenen chirurgisch geprägten Perspektive zu betrachten.

Leitende Chirurgen sind aufgefordert, sich im Bereich Management weiterzubilden

In den folgenden Artikeln werden verschiedene Aspekte des Managements in der heutigen Chirurgie besprochen. Der Beitrag von Schmidt und Büchler vermittelt einen Überblick über die verschiedenen Managementaufgaben, die beispielsweise die strategische Ausrichtung der Klinik, das Personalmanagement, das Patientenmanagement, das OP-Management, das Qualitätsmanagement und das Prozessmanagement umfassen. Zusätzlich werden die Qualifikationsmöglichkeiten erörtert.

In der Arbeit von Grade und Ghadimi wird detailliert auf das Personalmanagement und den Begriff Leadership in der Chirurgie eingegangen. Hier werden anschaulich die Herausforderungen und Lösungsansätze im Umgang mit einer neuen Generation chirurgischer Mitarbeiter und deren Integration dargestellt, die notwendig sind, um das Fach Chirurgie weiter attraktiv zu machen und einen reibungslosen Klinikablauf zu gewährleisten.

Ein weiterer wichtiger Bereich, der für eine hohe Qualität unabdingbar ist, wird in der Arbeit von Houben und Pascher diskutiert. In diesem Beitrag werden die Aspekte des Fehler- und Komplikationsmanagement beschrieben. Insbesondere wird die Wichtigkeit einer offenen Fehlerkultur herausgearbeitet, um individuelle und systematische Fehler zu minimieren und hierdurch die Behandlungsqualität unserer Patienten zu verbessern.

Des Weiteren beschreiben Kahlert und Kollegen in ihrem Artikel, was heute in der Chirurgie unter Prozessmanagement verstanden wird und wie dies zur Optimierung von Klinikabläufen angewendet werden kann. Anschaulich wird hier beschrieben, wie beispielsweise Prozesse im OP-Bereich optimiert werden können, um hierdurch die Leistung zu steigen und gleichzeitig die Kosten zu senken.

Aus allen Beiträgen wird ersichtlich, dass Management in der Chirurgie nicht nur strategische und ökonomische Aspekte hat, sondern dass Managementaufgaben vielschichtig sind und den Klinikalltag in vielen Bereichen beeinflussen. Der Chirurg sollte hierbei als Manager in der Lage sein, seine Entscheidungen bewusst zu treffen, um die eigene Abteilung zu stärken und die Behandlung von Patienten langfristig zu optimieren.

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Prof. Dr. Dr. med. Thomas Schmidt

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Prof. Dr. Markus W. Büchler