Zusammenfassung
Die ärztliche Leichenschau ist in den Bestattungsgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt. Sie stellt die durchführenden Ärztinnen und Ärzte ebenso wie die Polizei immer wieder vor eine Reihe von Herausforderungen. Verpflichtet zur Leichenschau sind überwiegend die niedergelassenen, teilweise auch alle approbierten Ärztinnen und Ärzte. Aus der oft großen Anzahl an potenziellen Leichenschauern ergibt sich das Problem, dass jeweils nur eine geringe Fallzahl zum Sammeln von Erfahrung zur Verfügung steht. In mehreren Arbeiten ist zudem belegt worden, dass bei der Leichenschau generell nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur korrekten Feststellung der Todesursache vorhanden sind. Auch die gesetzlichen Bestimmungen stellen eine gewisse Grundproblematik dar, aus welcher sich weitere Fallstricke ergeben können.
Um den Herausforderungen zu begegnen und die Qualität der Leichenschauen sicherzustellen bzw. zu steigern, wird in München vom Ärztlichen Kreis- und Bezirksverband in Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin ein „Forensischer Leichenschaudienst“ organisiert, an welchem derzeit 12 erfahrene leichenschauende Ärzte beteiligt sind. Es finden Aus- und Weiterbildungen sowie monatliche Fallkonferenzen statt. Die Grundlagen und Überlegungen zur Praxistauglichkeit eines solchen Systems sollen in der gegenständlichen Arbeit dargestellt werden. Probleme und Chancen werden aufgezeigt.
Abstract
The external examination of a corpse is regulated by federal law and presents physicians and police with a series of challenges. Mostly GPs, but practically every licensed physician, are obliged to complete death certificates, resulting in a very large number of potential physicians, which at the same time means only a small number of cases for each individual. Consequently, this sensitive topic often lacks the experience needed.
As already shown in several studies, only very limited possibilities for the correct determination of the cause of death are generally present at the inquest. The legal provisions also represent a certain basic problem, from which further pitfalls can arise.
In Munich, the medical association, in cooperation with the Institute of Legal Medicine, organizes a 24‑h service with at least one physician on standby, which ensures quality assurance and/or enhancement of this postmortem service through continuous education and further training as well as monthly meetings. The principles and considerations concerning the practicability of such a system will be discussed in this paper.
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Interessenkonflikt
O. Peschel, M. Graw und P. Hofer sind als Rechtsmediziner am Institut für Rechtsmedizin in München tätig; sie führen dort gerichtliche Obduktionen durch und halten Vorlesungen und Fortbildungsvorträge, insbesondere auch zum Thema Leichenschau. S. Gleich ist als Ärztin am Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt München tätig, sie hält Vorlesungen und Fortbildungen, u. a. mit dem Thema Leichenschau.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Peschel, O., Gleich, S., Graw, M. et al. Forensischer Leichenschaudienst: Herausforderungen und Chancen. Bundesgesundheitsbl 62, 1433–1437 (2019). https://doi.org/10.1007/s00103-019-03041-6
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