Hintergrund und Fragestellung

Patienten mit Malignomen kommen oftmals mit einer Tumoranämie zur Operation und müssen perioperativ eine Bluttransfusion erhalten. Beim kolorektalen Karzinom steigt das Risiko für ein Rezidiv („odds ratio“ [OR] 1,42, 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 1,20–1,67, [1]), die symptomfreie Zeit verkürzt sich („hazard ratio“ [HR] 1,41, 95 %-KI 1,20–1,66, [2]), und die Überlebensrate (HR 1,97, 95 %-KI 1,6–2,43 [2]) ist deutlich verringert, wenn Fremdblut transfundiert werden muss. Eine Auflistung der wichtigsten Studien zum Zusammenhang von Fremdbluttransfusion und Tumorrezidiv findet sich in Tab. 1 aus Fischer et al. [3].

Tab. 1 Gefundene Arbeiten zum Outcome, nach Studienart und Erstautor geordnet

Der Einsatz der maschinellen Autotransfusion (MAT) könnte die mit der Fremdbluttransfusion einhergehenden Risiken [59], auch für Tumorpatienten, verringern. Die MAT wird aber bei tumorchirurgischen Eingriffen in Deutschland nur in weniger als 17 % aller Zentren genutzt [60]. Der Grund liegt in der gegenwärtigen Einschätzung der Metastasierungsgefahr und der Tumorprogression durch die Retransfusion von aufbereitetem Wundblut während tumorchirurgischer Operationen. Gemäß Kap. 2.6.4 und Kap 10.1.1.3 der Hämotherapierichtlinie aus dem Jahr 2017 [61] der aktuellen Querschnittsleitlinien der Bundesärztekammer zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten [62] ist die Anwendung der Methode zur Fremdbluteinsparung bei tumorchirurgischen Eingriffen unter der Auflage der Wundblutbestrahlung erlaubt. Es „wird eine Bestrahlung des autologen gewaschenen Erythrozytenkonzentrats mit ionisierenden Strahlen in einer Dosis von 50 Gy“ empfohlen, um die Proliferation kontaminierender Tumorzellen zu vermeiden.

Begründet ist dieser Vorbehalt mit einer Untersuchung von Hansen et al. [63], die im experimentellen Setting nach dem Waschvorgang der MAT noch vitale Tumorzellen nachweisen konnten. Die Schlussfolgerung der Autoren, dass deshalb ausschließlich eine Bestrahlung mit 50 Gy sicher sei, entspricht jedoch nicht mehr dem aktuellen Stand der internationalen Literatur (z. B. Empfehlungen der ESA [64] oder in den UK [65]).

Da die Vitalität von Tumorzellen im MAT-Erythrozytenkonzentrat nicht zur Metastasenbildung ausreicht [66] und mit der Leukozytendepletion ein alternativer Sicherheitsschritt verfügbar ist, könnte die Bestrahlung als Methode entfallen. Die Bestrahlung der MAT-Konserve erfordert laut der Richtlinie Hämotherapie 2017 eine (aufwendige) Herstellungserlaubnis gemäß § 13 des Arzneimittelgesetzes (AMG, [67]), was vielerorts die Durchführung in der Praxis deutlich erschwert und für die seltene Durchführung der MAT in der Tumorchirurgie maßgeblich ist. Es konnte nachgewiesen werden, dass im Kreislauf von Tumorpatienten präoperativ sehr viel mehr Malignomzellen als in der MAT-Konserve zu finden sind [68]. Nur 0,01–0,000001 % der zirkulierenden Tumorzellen haben die Fähigkeit, Metastasen zu bilden [69]. Insofern ist die autologe Retransfusion von Tumorzellen in einen Blutkreislauf des Patienten von fraglichem Schaden für den Patienten, da die kanzerogene Aktivität von Zellen nach dem Waschvorgang der MAT bezweifelt werden kann [66]. Zusätzlich wird die Zahl der Tumorzellen durch die Verwendung eines Leukozytendepletionsfilters (LDF) erheblich und signifikant reduziert. Leukozytenreduktionsfilter und ältere Modelle von LDF waren nicht immer komplett erfolgreich [40, 70, 71]. Experimentelle Studien mit neueren Modellen demonstrieren jedoch die zufriedenstellende 99,9 %ige Beseitigung von Tumorzellen im Retransfundat mithilfe der LDF auf eine Konzentration von 0,1 Malignomzellen/µl [72]. Einige Studien konnten zudem zeigen, dass die Vitalität der Tumorzellen nach Zentrifugation während der MAT und Filtration durch den LDF sicher verloren geht [73]. Andere Studien fanden überhaupt keine vitalen Tumorzellen im gefilterten Retransfundat mehr ([33]; Übersicht über die Filtrationsstudien: Trudeau et al. [74]). Im Vergleich dazu beseitigt die Bestrahlung mit 35–50 Gy 99,97 % aller Tumorzellen [75].

Im internationalen Vergleich scheint die Leukozytendepletion etablierter zu sein als die nur in Deutschland und Österreich empfohlene Bestrahlung: Die European Society of Anaesthesiology (ESA) erachtet den Einsatz nicht für kontraindiziert, wenn ein Leukozytendepletionsfilter benutzt und die Absaugung von Blut aus dem Tumor vermieden wird [64]. Die spanischen medizinischen Fachgesellschaften für Anästhesiologie, Transfusionsmedizin und Zelltherapie, Hämatologie und Hämotherapie, Intensivmedizin, Thrombose und Homöostase sowie auch die Gesellschaft für Reanimation empfehlen interdisziplinär die gleichberechtigte Verwendung der Leukozytendepletion oder der Bestrahlung [76] beim MAT-Einsatz in der Chirurgie von Leberzellkarzinom und urologischen Tumoren (Empfehlungsgrad 2C). Die Società Italiana di Anestesia, Analgesia, Rianimazione e Terapia intensiva (SIAARTI) erwähnt nur den effektiven Einsatz der Leukozytendepletionsfilter für den Einsatz der MAT in Gynäkologie und Tumorchirurgie als Bestandteil aller blutsparenden Maßnahmen, nicht aber die Bestrahlung [77]. Die Gesundheitsbehörde in UK „National Institute for Health and Care Excellence“ ([78], NICE), die Association of Anaesthetists of Great Britain and Ireland [79], die Obstetric Anaesthetists’ Association, die American College of Obstetricians and Gynecologists und die britische „Confidential enquiry into maternal and child health“, the Association of Anaesthesists of Great Britain and Irland (AAGBI, [65]), das Royal College of Anaesthetists, das Royal College of Surgeons [65] u. a. empfehlen den Einsatz bei allen Tumoroperationen. Die Organisationen weisen jedoch darauf hin, dass der Patient dafür gesondert aufgeklärt werden sollte. In Kanada ist der Einsatz der MAT bei Tumoroperationen zur Vermeidung von Fremdblut eine akzeptierte Option und wird bei Zeugen Jehovahs als lebensrettend erachtet [74]. Die amerikanischen Leitlinien der Transfusionsmediziner und Hämatologen (Guidelines for Blood Recovery and Reinfusion in Surgery and Trauma der AABB) empfehlen den Einsatz auch in der Onkochirurgie, betonen aber die dafür notwendige interdisziplinäre Teamentscheidung zwischen Chirurg, Anästhesist, Blutbank und dem „Autotransfusionisten“ (dem dafür speziell ausgebildeten Assistenzpersonal) [80]. Im UK, in den USA und in Italien wird die Leitlinienempfehlung auch von den Chirurgen und Hämatoonkologen mitgetragen. Speziell die Herz- und Thoraxchirurgen, die einen erheblichen Teil der Tumorchirurgie mit höheren Blutverlusten und Transfusionsraten bedingen, unterstützen den MAT-Einsatz mit LDF in den USA mit einem Empfehlungsgrad von IIb für Hochrisikopatienten [81].

Da demnach auch andere Fachgesellschaften den gefilterten Einsatz der maschinellen Autotransfusion in der Tumorchirurgie als akzeptable Alternative zur Bestrahlung ansehen, hat sich die Interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft für Klinische Hämotherapie (IAKH) der Herausforderung gestellt, die Literatur im Hinblick auf die zugrunde liegende Evidenz für den Einsatz der MAT ohne Bestrahlung zu überprüfen und eine Empfehlung der IAKH „Bewertung der Metaanalyse zur MAT in der Tumorchirurgie“ (Zusatzmaterial: online) abzugeben.

Material und Methode

Die aktuelle Literatur (Mai 1988 bis Mai 2019) wurde von 2 unabhängigen Autoren systematisch vom Juli bis September 2019 gesichtet. Alle Publikationen in PubMed, Cochrane, Cochrane Reviews und Web of Science mit den primären Stichworten „autologous transfusion/autotransfusion/cell salvage“ (n = 2214/156/4673) und den Verknüpfungen „tumor, cancer, metastasis, outcome, oncology, leukodepletion“ ausgewählt. Die Daten wurden doppelt extrahiert und in eine gemeinsame Tabelle auf einem gesicherten Cloud-Server eingetragen und abgeglichen. Die Angaben über die Qualität der Evidenz sollte von beiden im Screeningprozess befindlichen Autoren nach einem modifizierten „Grades-of-recommendations“(GRADE)-System als „hoch“, „moderat“, „niedrig“, „sehr niedrig“ beurteilt werden. Das Risiko einer Verzerrung wurde nicht mitbeurteilt, da es sich bei den zu analysierenden Untersuchungen ausschließlich um Observationsstudien handelt und daher von einem hohen Verzerrungsrisiko ausgegangen werden muss.

In der Bewertung der gefundenen Arbeiten wurden in einer „Outcome-Recherche“ alle Studien mit Retransfusion des MAT-Bluts/der MAT-Erythrozyten mit oder ohne Leukozytenreduktion (LRF) bzw. Leukozytendepletion (LDF) bei tumorchirurgischen Eingriffen erfasst, bei der die Studienziele Überleben/Letalität, Rezidivrate, Transfusionsbedarf und Krankenhausverweildauer formuliert waren. Die Effektschätzer der Einzelstudien wurden mit einer Metaanalyse zusammengefasst. Bereits publizierte Metaanalysen und Fallberichte wurden lediglich zur qualitativen Synthese hinzugezogen, flossen aber nicht in die quantitative Synthese ein.

Wurde in der MAT-Gruppe zwischen Patienten unterschieden, die das Retransfundat erhielten, und solchen, die es nicht erhielten, wurde die Gruppeneinteilung im Sinne einer „Intention-to-treat“-Bewertung unabhängig von der tatsächlich erfolgten „Per-protocol-Behandlung“ in den statistischen Vergleich zur Kontrollgruppe einbezogen (z. B. Connor et al. [5]). Bei differenzierter Angabe von lokoregionären Metastasen und Fernmetastasierung wurden die Raten der aufgetretenen Fernmetastasen verwendet. Die Gesamtletalität wurde aus der Gesamtüberlebensrate errechnet, wenn nicht gesondert angegeben. Wurden sowohl gesamte bzw. allgemeine Daten zu Überleben oder Sterblichkeit als auch krankheitsspezifische Daten angegeben, wurden die allgemeinen übernommen. Bei den Fall-Kontroll-Studien wurden die gematchten Ergebnisse verwendet (z. B. Fujimoto et al. [6]). Zum Fremdblutbedarf fanden sich in einigen Publikationen Angaben bezüglich des Transfusionsvolumens, in anderen bezüglich der Rate der Fremdblutempfänger. Alle angegebenen Blutkomponenten wurden zusammengerechnet und einbezogen. Erythrozyten- sowie Thrombozytenkonserven und Frischplasma wurden näherungsweise mit 275 ml, Vollblut mit 450 ml veranschlagt, um eine Vergleichbarkeit des Gesamttransfusionsvolumens herzustellen. Wurde zwischen intra- und postoperativem Transfusionsbedarf unterschieden, wurden die intraoperativen Angaben, sonst die Gesamtsumme bis zur Entlassung oder bis zum Ende des Beobachtungszeitraums verwendet.

Für binäre Endpunkte (Rezidive, Letalität, Patienten mit Transfusionsbedarf) wurde das „odds ratio“ (OR) mit 95 %-Konfidenzintervallen (95 %-KI), für die stetigen Endpunkte transfundiertes Volumen und Krankenhausverweildauer die Mittelwertdifferenz (MD) mit 95 %-KI als Effektmaße verwendet. Das OR wurde mithilfe der Mantel-Haenszel-Methode [82] kombiniert. Ein Gesamtschätzer für die MD wurde mithilfe der Inverse‑Varianz Methode [82] berechnet. Allen Metaanalysen liegt ein „Random-effects“-Modell zugrunde. Die statistische Heterogenität zwischen den Studien wurde mithilfe des I2 [82] untersucht, wobei folgende sich überlappende Einteilung vorgenommen wurde: Ein I2-Wert von 0–30 % charakterisiert keine oder nur geringe Heterogenität, ein Wert von 30–60 % eine moderate, ein Wert von 50–90 % eine erhebliche sowie ein Wert über 75 % eine bedeutsame statistische Heterogenität.

Die vorliegenden klinischen Studien setzen nicht durchgängig eine Leukozytendepletion oder Leukozytenreduktion ein. In der Absicht, den Effekt der MAT ohne Bestrahlung darzustellen, wurde für die Outcome-Recherche zunächst auf diese Unterscheidung verzichtet. Fände sich in allen Studien ein Hinweis auf eine erhöhte Tumorrezidivrate und Letalität, sollten die Studien mit Leukozytenreduktion oder -depletion gesondert ausgewertet werden, um den Effekt dieser Technik auf das Outcome zu bewerten. Dann wäre jedoch anzunehmen, dass die Fallzahl der behandelten Patienten deutlich sinken und die Datengrundlage damit schwächer würde. Allerdings wurde die Bestrahlungstechnik auch lediglich nach theoretischen Überlegungen und experimentellen Arbeiten ohne klinische Outcome-Daten in die Richtlinie Hämotherapie [61] übernommen.

Um eine gleiche Argumentationsgrundlage zur Effektivität der alternativen Techniken Bestrahlung und Leukozytendepletion zu schaffen, sollte eine zusätzliche Recherche nach verfügbaren experimentellen Arbeiten zur Klärung der Bedeutung von vitalen Tumorzellen im Retransfundat angestrengt werden. Dabei sollte die Effektivität der Leukozytenreduktion aus allen klinischen und auch experimentellen In-vitro- oder Ex-vivo-Studien untersucht werden („Ex-vivo-Recherche“). Die Ergebnisse dieser Recherche sollten deskriptiv aufgeführt werden.

Ergebnis

Bei dem systematischen Review fanden sich 4 Fallberichte, 2 Fallserien, 3 Metaanalysen, 5 Literaturübersichten, keine randomisierten kontrollierten Studien sowie 27 pro- oder retrospektive Kohorten- oder Observationsstudien mit Vergleichsgruppen (Abb. 1). Die Details der Outcome-Recherche sind in Tab. 1, die der Ex-vivo-Recherche zu Filtration und Reduktion von Tumorzellen in der MAT-Konserve in Tab. 2 dargestellt. Die Metaanalysen und Fallberichte sind in Tab. 1 aufgeführt, ohne dass sie in die statistische Analyse eingeflossen sind. Alle aufgeführten Metaanalysen (insgesamt 8, sechs neuere seit 2012) mit sehr unterschiedlichen chirurgischen Kollektiven fanden keine erhöhte Rezidivrate oder Letalität bei der Verwendung von MAT. Im Vergleich zur Metaanalyse von Waters aus dem Jahr 2012 [41] fanden sich weitere 7 neuere Einzelstudien, die Tumorrezidiv und Letalität als Outcome untersuchten (in der Tab. 1 markiert mit „Nicht in der Metaanalyse von Jon Waters“). Nur 6 der 31 Einzelstudien benutzten Leukozytenfilter (behandelte Patienten n = 432 vs. 1822 ohne Leukozytenreduktion).

Tab. 2 Gefundene Ex-vivo-Arbeiten, nach Erstautor geordnet
Abb. 1
figure 1

Flussdiagramm der Recherche gemäß Preferred Reporting Items for Systematic reviews and Meta-Analyses for Protocols (PRISMA). LOS Krankenhausverweildauer (Moher et al. [86])

Datenqualität

Die Evidenz nach GRADE war bei allen in die Metaanalyse einfließenden Originalarbeiten bezüglich Konsistenz und Präzision minderwertig: niedrig bis sehr niedrig (Evidenzspalte in Tab. 1).

Tumorrezidiv

Ausgewertet wurden die Daten von insgesamt 1606 MAT-Behandlungen und 3277 Kontrollpatienten. Die Chance für ein Rezidiv in der Gruppe, die mit MAT behandelt wurde, war gegenüber der Vergleichsgruppe signifikant geringer (OR 0,71, 95 %-KI 0,58–0,86; Abb. 2). Es wurde keine statistische Heterogenität beobachtet (I2 = 0 %).

Abb. 2
figure 2

Rezidivrate aus den Studien (n = 17, Patientenanzahl MAT vs. Kontrolle 1606 vs. 3277), die Tumorrezidive untersuchten. Die Anzahl der erfassten Patienten wird in der Abbildung des „odds ratio“ mit der Größe des Quadrats angegeben, die horizontalen Linien sind die Konfidenzintervalle der Einzelstudien. Nicht in der Graphik angegeben ist die Länge der Nachbeobachtungsperiode (dafür siehe Tab. 1). KI Konfidenzintervall; LOS Krankenhausverweildauer, MAT maschinelle Autotransfusion; OR „odds ratio“

Letalität

Ausgewertet wurden die Daten von insgesamt 1210 MAT-Behandlungen und 2816 Kontrollpatienten aus 27 Observations- und Kohortenstudien. Es konnte kein Unterschied bezüglich der Letalität beobachtet werden (OR 0,97, 95 %-KI 0,70–1,36); Abb. 3; nicht in der Grafik angegeben ist die Länge der Nachbeobachtungsperiode (dafür: Tab. 1). Jedoch zeigte sich eine erhebliche statistische Heterogenität zwischen den Studien (I2 = 56 %). Der Beobachtungszeitraum hinsichtlich der Letalität war sehr unterschiedlich: Er reichte von 30 Tagen bis zu 10 Jahren.

Abb. 3
figure 3

Letalitätsrate aus den Studien (n = 15, Patientenanzahl MAT vs. Kontrolle 1210 vs. 2816), die die Sterblichkeit oder die Überlebensrate untersuchten. Die Anzahl der erfassten Patienten wird in der Abbildung des „odds ratio“ mit der Größe des Quadrats angegeben, die horizontalen Linien sind die Konfidenzintervalle der Einzelstudien. Nicht in der Graphik angegeben ist die Länge der Nachbeobachtungsperiode (dazu siehe Tab. 1). KI Konfidenzintervall; MAT maschinelle Autotransfusion; OR „odds ratio“

Fremdblutexpositon: Transfusionsrate und -bedarf

Die Transfusionsrate aus den Studien (n = 13 Studien, Patientenanzahl MAT vs. Kontrolle 1305 vs. 3288) sollte die Anzahl der allogen transfundierten Patienten erfassen. Ein OR konnte aufgrund der zu hohen Heterogenität (I2 = 92 %; Abb. 4) zwischen den Studienergebnissen nicht berechnet werden. Die statistische Aufarbeitung des Fremdblutbedarfs (das notwendige Transfusionsvolumen an homologen Konserven) aus den Studien (n = 7, MAT-Patientenzahl vs. Kontrollpersonen 590 vs. 742, Abb. 5), die das transfundierte Fremdblutvolumen erfasste, war nicht möglich, da die Studien nicht vergleichbar waren (erhebliche statistische Heterogenität I2 = 100 %) und einige Studien aufgrund der Patientenselektion erheblich voneinander abwichen (z. B. Ubee et al. [28]). Die Selektionskriterien in vielen relevanten Studien (z. B. [13, 16, 22, 24, 32] etc.) waren so beschaffen, dass die MAT-Gruppe sich über stärkere Blutungen, schwierige Resektionen und komplexere Fälle definierte. Oftmals waren die Blutverluste in den MAT-Gruppen höher, was aber wegen des Selektionsbias nicht näher untersucht werden konnte.

Abb. 4
figure 4

Transfusionsrate aus den Studien (n = 13, Patientenanzahl MAT vs. Kontrolle 1305 vs. 3288), die die Anzahl der allogen transfundierten Patienten erfasste. Eine „odds ratio“ kann hier aufgrund der zu hohen Heterogenität (I2=92%) der Ergebnisse nicht errechnet werden. KI Konfidenzintervall; MAT maschinelle Autotransfusion; OR „odds ratio“

Abb. 5
figure 5

Fremdblutbedarf (das notwendige Transfusionsvolumen an homologen Konserven) aus den Studien (n = 7, Patientenanzahl MAT vs. Kontrolle 590 vs. 742), die das transfundierte Fremdblutvolumen erfassten. Die statistische Aufarbeitung ist nicht möglich, da die Daten nicht vergleichbar (Heterogenität I2 = 100 %) sind und einige Studien aufgrund der Patientenselektion erheblich abweichen (z.B. [28]). KI Konfidenzintervall; MAT maschinelle Autotransfusion; MD Mittelwertdifferenz; MW Mittelwert; SD „standard deviation“ (Standardabweichung)

Krankenhausverweildauer

Ausgewertet wurden die Daten von insgesamt 327 MAT-Behandlungen und 326 Kontrollpatienten. In der Studie von Raval et al. wurde in der Kontrollgruppe eine Standardabweichung von 0 berechnet; daher wurde diese nicht in die Metaanalyse aufgenommen. Es konnte kein Unterschied bezüglich der Krankhausverweildauer beobachtet werden (MD −0,17 Tage, 95 %-KI −0,62–0,28; Abb. 6). Jedoch fand sich eine erhebliche statistische Heterogenität zwischen den Studien (I2 = 72 %).

Abb. 6
figure 6

Krankenhausverweildauer in Tagen aus den Studien (n = 5, Patientenanzahl MAT 227 vs. Kontrolle 326), die dieses Outcome untersuchten. Die Studie von Raval et al. [26] hat in der Kontrollgruppe eine Standardabweichung von 0 und wurde nicht in die Meta-Analyse mit aufgenommen. Die Heterogenität war beträchtlich (I2 = 72 %). KI Konfidenzintervall; MAT maschinelle Autotransfusion; MD „mean difference“ (Mittelwertdifferenz); MW Mittelwert; SD „standard deviation“ (Standardabweichung)

Wirksamkeit von Leukozytenreduktion/-depletion

Die Studien zur Effektivität der Depletionsfilter für die Retransfusion von prozessiertem Wundblut wurden zusammengetragen und in Tab. 2 dargestellt. Es fanden sich 14, meist experimentelle Studien (5 davon In-vitro-Studien), die Filter auf verschiedenen Entwicklungsstufen untersuchten. Aufgrund der unterschiedlichen Methodik, der oftmals fehlenden Kontrollgruppen und der verschiedenen Modelle der verwendeten Filter war eine Zusammenfassung aller Resultate nicht sinnvoll. Die neuesten Entwicklungen der Filtrationstechnik resultierten in allen Studien bei normalem Einsatz der Absaugung ins Autotransfusionsgerät im fehlenden Nachweis von Tumorzellen im filtrierten Retransfundat. Lediglich in der Studie von Liang et al. [3] ergab sich ein Hinweis auf die quantitative Erschöpfung der Filtrationskapazität bei rupturierten Tumoren und extrem hoher Anzahl von Tumorzellen im Reservoir. Der von Liang et al. verwendete chinesische Filter hat eine Kapazitätsgrenze von 1 × 106 Leukozyten/400 ml Blut; die von den Autoren des vorliegenden Beitrags üblicherweise verwendeten Filter eliminieren 107–108 Zellen/200 ml Blut. Hansen et al. [75] berichten von einer Tumorzellzahl bei verschiedenen chirurgischen Eingriffen von 1 × 101 bis zu 7 × 106. Eine einfache Filterpassage beseitigt bei normalem chirurgischem Verlauf diese Menge von enthaltenen Tumorzellen. In der Arbeit von Liang et al. wurde das Cell-saver-Blut nach der Ruptur eines hepatozellulären Tumors mit 2 Filtern behandelt und die Ergebnisse wurden mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) untersucht. In 2 von 15 Fällen mit hohem Tumorzellgehalt waren in der ersten Filterpassage nicht alle MAT-Konserven tumormaterialfrei, aber alle nach der 2. Filtration.

In 2 nachfolgenden Arbeiten mit kolorektalen Tumorzellen wurde die Effektivität des einmaligen Filtrationsprozesses untersucht: Die Filtrationseffektivität beim Retransfundats durch einen LDF betrug 99,6 % [70] bis 99,9 % [72].

Diskussion

Der Einsatz von MAT bei tumorchirurgischen Eingriffen ist mit einem verringerten Tumorrezidivrisiko für die behandelnden Patienten sowie einer mit den jeweiligen Kontrollgruppen vergleichbaren Letalität und Krankenhausverweildauer verbunden. Obwohl die Datenqualität der zur Verfügung stehenden Studien gering ist und keine randomisierten Studien existieren, ergeben sich keine Hinweise auf die klinische Relevanz evtl. im Retransfundat verbliebener Tumorzellen. Das ist hinsichtlich der großen Seltenheit der Tatsache, dass viele Studien bei der Untersuchung desselben Objekts zum gleichen Ergebnis kommen, bemerkenswert.

Outcome nach Retransfusion (Outcome-Recherche)

Aus den analysierten Outcome-Studien ergibt sich im Vergleich zu untransfundierten, eigenblut- oder fremdbluttransfundierten Patienten kein Hinweis auf ein nachteiliges Outcome der Patienten, die autologe MAT-Erythrozytenkonzentrate unbestrahlt zurücktransfundiert bekamen. Der Einsatz der MAT bewirkte in 11 von 18 Studien mit Kontrollgruppen eine Fremdbluteinsparung. In keiner Studie (beachte: auch nicht im Vergleich zu keiner Transfusion oder zum Eigenblut) war/waren eine verringerte Überlebens-, eine erhöhte Rezidivrate, Hinweise auf Tumorprogression oder ein verkürztes rezidivfreies Intervall nachzuweisen. Untersucht wurden fast alle gängigen operativ therapierbaren Tumorarten mit einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit im Median von 36 Monaten (1 + 3. Quartil 22 bis 48 Monate).

Es handelt sich bei den der Analyse zugrunde liegenden Publikationen allerdings bestenfalls um prospektive Kohorten- oder Observationsstudien mit relevanten Vergleichsgruppen (solche ohne Retransfusion des MAT-Bluts, Patienten, die mit Fremdblut oder vorher gespendetem Eigenblut transfundiert wurden, oder Patienten, die gar keine Transfusion benötigten). Eine prospektive randomisierte Studie in diesem Bereich existiert nicht. Die Evidenz der Outcome-Recherche entspricht daher weitestgehend einer Expertenmeinung (je nach verwendeter Systematik) und ist damit nicht zufriedenstellend. Allerdings wurden in den bisherigen Metaanalysen große Fallzahlen analysiert (Range 217–4883) und in den Kohorten- bzw. Observationsstudien insgesamt 2254 MAT-Patienten mit 4080 Kontrollpatienten verglichen. Von allen MAT-behandelten Patienten erhielten nur 397 ein leukozytenfiltriertes/depletiertes Retransfundat zurück.

Effektivität der Leukozytenfiltration (Ex-vivo-Recherche)

Die Effektivität der Filtration des Retransfundats durch einen Leukozytendepletionsfilter beträgt 99,6 % [70] bis 99,9 % [72]. Dieser Filtrationserfolg ist von mehreren Arbeitsgruppen überzeugend in vivo bestätigt worden (Tab. 2, z. B. [33, 40, 87]). Zum Vergleich mit der Effektivität der Bestrahlung des autologen MAT-Produkts zur Beseitigung der malignen Zellen geben Hansen et al. und einer Zellzahl von 107 malignen Zellen eine Effektivität der Bestrahlung mit 50 Gy von 99,86 % [75] an. Zum Outcome nach Retransfusion der bestrahlten MAT-Konserven existieren keine Daten. Somit stehen beim Einsatz der MAT zwei nahezu gleichwertige Methoden zur Elimination der Tumorzellen zur Verfügung.

Die vorliegende aktuelle Metaanalyse konnte in Übereinstimmung mit den früheren Metaanalysen darlegen, dass es entgegen den Empfehlungen der deutschen Querschnittsleitlinien aus dem Jahr 2014 und der Hämotherapierichtlinie 2017 keinen Nachweis gibt, dass MAT ohne Bestrahlung Tumoraussaat und -progression fördert. Im Gegenteil: Die Reduktion der Tumorzellen mithilfe des LDF ist ebenso wirksam oder sogar effektiver als die Bestrahlung. Das ist nicht nur für die gut belegte Sicherheit in der onkologischen Chirurgie der Prostata nachgewiesen, sondern bei einer Vielzahl von Tumoren und Metastasen. Eher können die Effekte der verminderten Fremdbluttransfusion, verkürzte Krankenhausverweildauer und wie in der vorliegenden Analyse sogar ein verringertes Rezidivrisiko angenommen werden (Abb. 2, Tab. 1). Allerdings muss auch eingeräumt werden, dass die zugrunde liegende Evidenz niedrig ist: Es gibt zu diesem Thema keine einzige prospektive randomisierte Studie. Die Studie „Trial of intraoperative cell salvage versus transfusion in ovarian cancer“ (TIC TOC) mit randomisiertem kontrolliertem Design zum MAT-Einsatz beim Ovarialkarzinom hat gerade die Patientenrekrutierung abgeschlossen [47].

Natürlich kann bei dieser Datengrundlage nicht absolut sicher ausgeschlossen werden, dass durch die mangelnde Randomisierung und Verblindung der Studien in der vorliegenden Analyse Effekte verdeckt werden. Ob die gegenwärtige Richtlinienempfehlung, die sich auf eine unbewiesene Sicherheitsüberlegung stützt, die Risiken der derzeitigen Alternativen (selten Bestrahlung, meist Fremdbluttransfusion) im Bereich der Onkochirurgie korrekt einschätzt, ist ebenso unbewiesen. Die Tatsache, dass die in der Onkochirurgie häufig präsente Anämie einen eigenen Einfluss auf die Tumorprogression und die Letalität hat [88, 89], stellt zumindest in den in der vorliegenden Metaanalyse betrachteten Studien keinen relevanten „confounder“ bei der Bewertung von transfusionsassoziierten Effekten dar, da relevante Vergleichsgruppen vorhanden waren.

Gegenüber der Metaanalyse von Waters [41] ergaben sich bei den vorliegenden Berechnungen des Risikoschätzers OR zum Endpunkt „Rezidivrate“ geringfügige Abweichungen. Die Diskrepanz konnte auch nach persönlicher Korrespondenz nicht geklärt werden. Die hier ermittelte OR errechnete sich aus den in den Originalarbeiten angegebenen Absolutzahlen. Die Abweichung ist extrem gering, wenn die in der vorliegenden Studie angewandte Methode mit der von Waters et al. [41] für dieselben 10 Studien verglichen wird: Ergebnis Waters: OR 0,65 (95 %-KI 0,43–0,98), Ergebnis der vorliegenden Arbeit: OR 0,62 (95 %-KI 0,44–0,87).

Fazit für die Praxis

  • Für ein schlechteres Outcome durch den Einsatz der maschinellen Autotransfusion (MAT) mit Leukozytendepletion in der Tumorchirurgie gibt es keinen ernstzunehmenden Hinweis.

  • Die Methode der Leukozytendepletion sollte allerdings angewandt werden und muss mindestens als gleichwertig zur Bestrahlung und trotz schlechter Datenqualität als besser erprobt angesehen werden.

  • In der vorliegenden Metaanalyse konnten keine Kriterien, wie erhöhte Rezidivrate, Letalität oder verlängerte Krankenhausverweildauer, die die Anwendung der MAT mit Leukozytendepletion als kontraindiziert erscheinen lassen, gefunden werden. Demnach kann die MAT mit Leukozytendepletion unter Berücksichtigung der entsprechenden Empfehlungen (s. Appendix) angewendet werden.