Klinische Anwendung der Protonenmagnetresonanzspektroskopie in der Diagnostik intrakranieller Raumforderungen

Zusammenfassung

Die bildgebende Diagnostik primärer und sekundärer Hirntumoren und anderer fokaler intrakranieller Raumforderungen ist nach wie vor ein schwieriges Unterfangen. Die Protonenmagnetresonanzspektroskopie (¹H-MRS) gibt vollkommen andere Informationen als die herkömmliche Bildgebung, die sich u. a. auf den Zellmembranmetabolismus, die Integrität und Funktion neuronaler Strukturen, den Energiestoffwechsel sowie die Ausbildung von Tumor- und Hirngewebsnekrosen beziehen. Mittlerweise kommt dieser Methode, wenn sie zusätzlich zur herkömmlichen bildgebenden Diagnostik mit Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT) durchgeführt wird, ein wichtiger Stellenwert in der Diagnostik neoplastischer und nichtneoplastischer Raumforderungen zu. In dieser Übersicht werden die wichtigsten metabolischen Veränderungen und typischen ¹H-MRS-Befunde der häufigsten fokalen intrakraniellen tumorösen und nichttumorösen Erkrankungen dargestellt: Nichtneoplastische Raumforderungen wie Hirninfarkte und Abszesse zeichnen sich im Allgemeinen durch eine Erniedrigung der mittels ¹H-MRS nachweisbaren Hauptmetaboliten Cholin (Cho), Kreatin (Cr) und N-Acetyl-Aspartat (NAA) aus, während Tumoren neben einer Reduktion von Cr und NAA ein erhöhtes Cho aufweisen. Hirngliome sind—neben mit zunehmender Malignität vermehrt auftretenden Lactat- und Lipidresonanzen—durch eine mit ihrer WHO-Graduierung korrelierenden Erhöhung von Cho gekennzeichnet. Zerebrale Metastasen weisen ähnlich hohe Cho-Signale wie anaplastische Astrozytome (WHO-Grad III) auf, können von diesen und den Grad-IV-Gliomen aber durch die deutlich höheren Lipidwerte unterschieden werden. Extraaxiale Tumoren wie Neurinome und Meningeome, aber auch durale Metastasen sind durch eine nahezu vollständige Reduktion des neuronalen Markers NAA charakterisiert. Aufgrund der relativ typischen spektralen Muster der häufigsten intrakraniellen tumorösen und nichttumorösen Läsionen lässt sich die Anzahl korrekter Diagnosen bei additivem Einsatz der ¹H-MRS erhöhen und zugleich die Rate falscher oder nicht eindeutiger Diagnosen deutlich reduzieren.

Abstract

Diagnosis of intracranial neoplastic and nonneoplastic mass lesions based on imaging procedures alone is still a challenging problem. Proton magnetic resonance tomography (¹H-MRS) gives a completely different information related to cell membrane proliferation, neuronal damage, energy metabolism, and necrotic transformation of brain or tumor tissue. Meanwhile, this method has gained in importance for the diagnostic work-up of focal brain disease. This paper gives an overview of typical spectroscopic findings in common intracranial tumorous and nontumorous mass lesions. Nonneoplastic lesions such as cerebral infarctions and brain abscesses are marked by decreases in choline (Cho), creatine (Cr) and N-acetyl-aspartate (NAA), while tumors, generally, show elevated Cho and decreased levels of Cr and NAA. Gliomas exhibit significantly increased Cho and lactate/lipid formation with higher WHO tumor grading. Metastases have elevated Cho similar to anaplastic astrocytomas, but can be differentiated from high-grade gliomas by their higher lipid levels. Extraaxial tumors, i. e., meningiomas and neurinomas, as well as dural metastases are characterized by nearly complete absence of the neuronal marker NAA. The additive information of ¹H-MRS leads to more correct diagnoses and to less incorrect or equivocal diagnoses than with structural imaging data alone.