Skip to main content
Log in

Fahlstimmig: Paul Celans ‚Einspruch ‘gegen Das Wort Stefan Georges und Martin Heideggers Ein Versuchau

  • Published:
Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Der späte Heidegger hat sein Sprachdenken im Ausgang von Georges Poem Das Wort entfaltet. In dieses Gespräch tritt Celans Gedicht Fablstimmig mit einem Einspruch ein, der dem Einwand, den Buber gegen Heidegger und George erhoben hat, eine ähnliche Wendung gibt wie das Alteritätsdenken von Levinas: Auschwitz gibt auf, nicht mehr griechisch von den Wörtern für Dinge, sondern jüdisch von Gottes und der Menschen Namen auszugehen.

Abstract

The late Heidegger developed his thinking on language in dialogue with George’s poem Das Wort. It is this dialogue which Celan’s poem Fahlstimmig joins with an objection. It develops the arguments raised by Buber against Heidegger and George in a way compa­rable to what Levinas did in his philosophy of alterity. Auschwitz requires that we no longer start out from words denoting objects (the Greek way) but from the names of God and men (the Jewish way).

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Literature

  1. Paul Celan, Gesammelte Werke, hrsg. Beda Allemann und Stefan Reichert unter Mitwirkung v. Rolf Bücher, 5 Bde., Frankfurt a.M. 1983.

  2. Siehe dazu: Eckhard Heftrich, Stefan George, Frankfurt a.M. 1968, 9ff.

    Google Scholar 

  3. Paul Valéry, Literarische Erinnerungen, Werke, hrsg. Jürgen Schmidt-Radefeldt, Frankfurter Ausgabe in 7 Bdn., III: Zur Literatur, Frankfurt a.M. 1989, 427–438, hier: 438.

  4. Peter Szondi, Celan-Studien, hrsg. Jean Bollack u.a., Bibliothek Suhrkamp 330, Frankfurt a.M. 1972, 45.

  5. Siehe dazu immer noch: Hugo Friedrich, Die Struktur der modernen Lyrik, 3. Auflage der erweiterten Neuausgabe, Reinbek bei Hamburg 1970, 95–139, bes. 109.

    Google Scholar 

  6. Gottfried Benn, Probleme der Lyrik, Gesammelte Werke in acht Bänden, hrsg. Dieter Weilershof, München 1974, III, 1058–1096, hier: 1059 („ein Gedicht wird gemacht“) und 1061.

  7. Hans Mayer, Erinnerung an Paul Celan, in: ders., Der Repräsentant und der Märtyrer. Konstellationen der Literatur, Edition Suhrkamp 463, Frankfurt a.M. 1971, 169–188, hier: 175.

    Google Scholar 

  8. Siehe dazu zuletzt: Stefan Breuer, Ästhetischer Fundamentalismus. Stefan George und der deutsche Antimodernismus, Darmstadt 1995, und Michael Petrow, Der Dichter als Führer. Zur Wirkung Stefan Georges im „Dritten Reich“, Marburg 1995.

    Google Scholar 

  9. Ein Problem, das auch den Begriff ‚Tradition ‘selbst erfaßt — siehe die von Otto Pöggeler, Spur des Worts. Zur Lyrik Paul Celans, Freiburg, München 1986, 407, Anm. 15, überlieferte Bemerkung des Dichters, sein Leben „habe ihm gezeigt, daß Traditionen nichts helfen“.

    Google Scholar 

  10. Renate Böschenstein, Erinnerungen an Paul Celan, in: Holger Heibig, Bettina Knauer, Gunnar Och (Hrsg.), Hermenautik — Hermeneutik. Literarische und geistes­ wissenschaftliche Beiträge zu Ehren von Peter Horst Neumann, Würzburg 1996, 267 f., hier: 267, zufolge hat Celan bei einer Begegnung im Herbst 1967 gesagt: „‚Wissen Sie, eines wird mir immer klarer, je älter ich werde: daß alle Dinge ambivalent sind.‘“ Allerdings kann sie nicht mit Sicherheit sagen, daß der Satz im ‚Heidegger-Zusammenhang ‘gefallen ist: Celan hatte von seinem erst kurz zurückliegenden ersten Zusammen­ treffen mit dem Philosophen berichtet und das Gedicht Todtnauberg vorgelesen.

  11. Clemens Podewils, „Namen. Ein Vermächtnis Paul Celans“, ensemble 2 (1971), 67ff, hier: 70.

    Google Scholar 

  12. Otto Pöggeler, Der Denkweg Martin Heideggers, 4. Auflage, Stuttgart 1994, 340; ders., Spur des Worts (Anm. 18), 153.

    Google Scholar 

  13. Rüdiger Safranski, Ein Meister aus Deutschland. Heidegger und seine Zeit, Mün­chen, Wien 1994, 485. „etwas verlegene & Begründung“ für das Zusammentreffen „in die Richtung“ gegangen, „er habe eine Art Rechenschaft erwartet“. Und sie fügt hinzu: „Von ihm vorgelesen, erscheinen die Verse [von Todtnauberg], um die später so viele Interpretationen kämpfen sollen, als völlig klar.“

    Google Scholar 

  14. Gerhart Baumann, Erinnerungen an Paul Celan, Suhrkamp Taschenbuch 1985, Frankfurt a.M. 1992, 78

    Google Scholar 

  15. sieht darin ein „sinnfälliges Zeugnis seiner [Paul Celans] schmerzlichen Enttäuschung, vielleicht aber auch eine unerbittliche Absage.“ Bis zur Verbitterung enttäuschend war, so ist belegt, vor allem der — jüngst veröffentlichte (Stephan Krass, „‚Wir haben Vieles einander zugeschwiegen‘. Ein unveröffentlichter Brief von Martin Heidegger an Paul Celan“, Neue Zürcher Zeitung, Samstag/Sonntag, 3./4. Januar 1998, Nr. 1, 61) — Brief, mit dem Heidegger ‚,[i]n freundschaftlichem Gedenken“ am 30.1. 1968 für den zwei Wochen zuvor eingegangenen Privatdruck von Todtnauberg gedankt hat. Vielleicht darf man diese Enttäuschung dahingehend auslegen, daß Heideggers Bemerkung, seit dem „ersten Grüssen & haben wir Vieles einander zugeschwiegen“, übergeht, was in seinem ersten Hauptwerk zu lesen ist: „Nur im echten Reden ist eigentliches Schweigen möglich“ (Martin Heidegger, Sein und Zeit, unveränd. Text m. Randbem. des Autors aus dem „Hüttenbuch“, hrsg. Friedrich-Wilhelm von Herrmann, Frankfurt a.M. 1977 [Gesamtausgabe, II], 219).

    Google Scholar 

  16. Zitiert nach: Stefan George, Werke. Ausgabe in zwei Bänden, 4. Auflage, Stuttgart 1984, I, 466 f.

    Google Scholar 

  17. So Gerhard Kaiser in seiner Interpretation des Gedichts (in: Gerhard Kaiser, Ge­ schichte der deutschen Lyrik von Goethe bis zur Gegenwart. Ein Grundriß in Inter­ pretationen, 3 Tie., Suhrkamp Taschenbuch 2107, Frankfurt a.M. 1991, I, 242–248, hier: 242; die zugehörigen Anmerkungen finden sich in II, 831–833).

    Google Scholar 

  18. Hans Blumenberg, »„Nachahmung der Natur‘. Zur Vorgeschichte des schöpferi­ schen Menschen“, in: ders., Wirklichkeiten in denen wir leben, Universal-Bibliothek 7715, Stuttgart 1981, 55–103, hier: 61.

    Google Scholar 

  19. Martin Heidegger, Nachwort zu: „Was ist Metaphysik? ‘in: Martin Heidegger, Wegmarken, hrsg. Friedrich-Wilhelm von Herrmann, Frankfurt a.M. 1976 (Gesamt­ ausgabe, IX), 303–312, 307.

  20. Vgl. Martin Heidegger, Der Satz vom Grund, 5. Auflage, Pfullingen 1978, 55 ff.

    Google Scholar 

  21. Martin Heidegger, Zur Erörterung der Gelassenheit. Aus einem Feldweggespräch über das Denken, in: ders., Aus der Erfahrung des Denkens, durchgesehener Text der Einzelveröffentlichungen, aufgrund von Verbesserungen des Autors in den Handexem­plaren gelegentlich geringfügig geändert, hrsg. Hermann Heidegger, Frankfurt a.M. 1983 (Gesamtausgabe, XIII), 37–74, hier: 53. — Dazu Otto Pöggeler, Neue Wege mit Hei­degger, Freiburg (Breisgau), München 1992, 281: „Heideggers Formulierungen müssen erschrecken, weil 1945 es in der Tat keiner gewesen sein wollte, der das zu verantworten hatte, was gesagt und getan worden war.“

    Google Scholar 

  22. Martin Heidegger, Nietzsche: Der europäische Nihilismus, hrsg. Petra Jaeger, Frankfurt a.M. 1986 (Gesamtausgabe, IIL), 205. Siehe auch 333: „Aus dem Gesichts­ kreis bürgerlicher Bildung und ‚ Geistigkeit ‘möchte man z.B. die vollständige, d.h. hier von Grund auf grundsätzliche ‚Motorisierung ‘der Wehrmacht für eine Erscheinung des nur schrankenlosen ‚Technizismus ‘und ‚Materialismus ‘ansehen. In Wahrheit ist dies ein metaphysischer Akt, der an Tiefgang sicherlich etwa die Abschaffung der ‚Philosophie ‘übertrifft. Das letztere wäre nur eine Maßnahme innerhalb des Betriebes der Schule und des Unterrichts.“

  23. Zitiert nicht nach der veröffentlichten, sondern nach der autorisierten Fassung, abgedruckt in: Günther Neske, Emil Kettering (Hrsg.), Antwort. Martin Heidegger im Gespräch, Pfullingen 1968, 81–114, hier: 93.

    Google Scholar 

  24. Martin Heidegger, Überwindung der Metaphysik, in: ders., Vorträge und Aufsätze, 4. Auflage, Pfullingen 1978, 67–95, hier: 87.

    Google Scholar 

  25. Martin Heidegger, 1. Nietzsches Metaphysik. 2. Einleitung in die Philosophie. Denken und Dichten, hrsg. Petra Jaeger, Frankfurt a.M. 1990 Gesamtausgabe, L), 38.

  26. Vgl. Martin Heidegger, Die Grundbegriffe der Metaphysik. Welt — Endlichkeit — Einsamkeit, hrsg. Friedrich-Wilhelm von Herrmann, Frankfurt a.M. 1983 (Gesamt­ ausgabe, XXIX/XXX), 14ff., 86 und 276f

  27. Martin Heidegger, Nietzsches Lehre vom Willen zur Macht als Erkenntnis, hrsg. Eberhard Hanser, Frankfurt a.M. 1989 (Gesamt­ ausgabe, XXXXVII), 2

  28. ders., Einführung in die Metaphysik (Anm. 56), 19 ff. Zwei­ deutig ist die Metaphysik nicht zuletzt deshalb, weil sie sich in zwei Hinsichten themati­ sieren läßt: Denn in dem gleichen Maße, in dem sie vom Sein mehr und mehr verlassen wird, so daß ihre ‚Not ‘beständig wächst, nähert sie sich auch jenem — sich im Heideggerschen Denken ankündigenden — anderen, dem ‚anfänglicheren ‘Anfang, in dem das in den Blick gerät, was mit dem ersten Anfang im Denken der Vorsokratiker zwar anfängt, zugleich aber auch verhüllt bleiben muß, weil es nach dem „Gesetz des Anfangs“ nur in dem vom Anfang „Aus- und in gewisser Weise schon Fortgegangenen“ enthüllt werden konnte: das von allem Seienden differierende Sein (Martin Heidegger, Parmenides, hrsg. Manfred Frings, Frankfurt a.M. 1982 [Gesamtausgabe, UV], 201 f).

  29. Vgl. auch: Wolfgang Müller-Lauter, „Das Willenswesen und der Übermensch. Ein Beitrag zu Heideggers Nietzsche-Interpretationen“, Nietzsche-Studien 10–11 (1981–82), 132–177, 175.

    Google Scholar 

  30. Victor Farias, Heidegger und der Nationalsozialismus, Frankfurt a.M. 1989, 295, faßt die Rechtfertigung, die Heidegger in seiner Einführung in die Metaphysik (Anm. 56), 41 f., der deutschen Aggressionspolitik zukommen läßt, wie folgt zusammen: „Als ‚Mitte ‘Europas, als metaphysisches und eben darum besonders bedrohtes Volk, als heraus­ gehobene Instanz sollte das deutsche Volk über das Schicksal aller Völker in gerade dem Maße entscheiden, in dem es sich zu sich selbst entschied.“

    Google Scholar 

  31. Martin Heidegger, Hölderlins Hymnen „Germanien“ und „Der Rhein“, hrsg. Susanne Ziegler, Frankfurt a.M. 1980 (Gesamtausgabe, XXXIX), 288.

  32. Meister Eckehart, Deutsche Predigten und Traktate, hrsg. u. übers. Josef Quint, 4. Auflage, München 1977, 193.

  33. Martin Heidegger, Aus der Erfahrung des Denkens, in: ders., Aus der Erfahrung des Denkens 1919–1976, hrsg. Hermann Heidegger, Frankfurt a.M. 1983 (Gesamtausgabe, XIII), 75–86, hier: 76.

    Google Scholar 

  34. Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, Von der Nächstenliebe, Werke. Kriti­ sche Gesamtausgabe, hrsg. Giorgio Colli, Mazzino Montinari, Berlin, New York 1967ff., VT/1, 73–75, hier: 73.

    Google Scholar 

  35. Siehe Hans-Georg Gadamer, Gedicht und Gespräch, Frankfurt a.M. 1990, 57, 180.

    Google Scholar 

  36. Hans-Georg Gadamer, Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Gesammelte Werke in 10 Bdn., 6. Auflage, Tübingen 1990, I, 254.

    Google Scholar 

  37. Pöggeler, Neue Wege mit Heidegger (Anm. 47), 98. Siehe auch: Emmanuel Levinas, Vom Sein zum Anderen — Paul Celan, in: ders., Eigennamen. Meditationen über Sprache und Literatur, München, Wien 1988, 56–66, hier: 58.

    Google Scholar 

  38. Martin Buber, Ich und Du, in: ders., Das dialogische Prinzip, 5. Auflage, Heidel­ berg 1984, 16 f.

    Google Scholar 

  39. Thomas Wiemer, Die Tassion des Sagens. Zur Deutung der Sprache bei Emmanuel Levinas und ihrer Realisierung im philosophischen Diskurs, Freiburg, München 1988, 462, Anm. 77.

    Google Scholar 

  40. Hugo Huppert, „‚Spirituell‘. Ein Gespräch mit Paul Celan“, in: Werner Hamacher, Winfried Menninghaus (Hrsg.), Paul Celan, Suhrkamp Taschenbuch 2083, Frankfurt a.M. 1988, 319–324, hier: 319f.

    Google Scholar 

  41. So auch bei Emmanuel Lévinas, Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht, übers. Thomas Wiemer, Freiburg, München 1992, 19 und 120.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Additional information

Niemand ist berechtigt, sich mir gegenüber so zu benehmen, als kennte er mich. (Robert Walser)

Der Aufsatz basiert auf einem Vortrag, den ich am 31.1. 1997 an der Universität Münster gehalten habe. Ich danke Achim Aurnhammer, Georg Gaiser, Walter Haug, Wolf gang Kaußen und Jochen Schmidt für Korrektur- und Präzisierungs vorschlage.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Böning, T. Fahlstimmig: Paul Celans ‚Einspruch ‘gegen Das Wort Stefan Georges und Martin Heideggers Ein Versuchau. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 73, 529–561 (1999). https://doi.org/10.1007/BF03375626

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/BF03375626

Navigation