Zusammenfassung
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1.
Die „weinroten Körperchen” in der Haut von Ankyroderma und Trochostoma, die nach den Analysen von Mörner und Sperry (a. a. O.) in der Hauptsache aus Eisenphosphat, Ferrihydroxyd und einer wechselnden, aber stets geringen Menge von Calciumcarbonat bestehen, erwiesen sich in Übereinstimmung mit den Angaben von Ludwig und Schmidt (a. a. O.) bei allen untersuchten Arten als optisch isotrop; dasselbe gilt für „weinrote Substanz”, die echten (d. h. aus einem Calcit-individuum bestehenden) Kalkkörpern aufgelagert wird. Wo Anlagerung von weinroter Substanz stattfindet, kann sich Resorption des Calcits bemerkbar machen, so bei Ankyroderma jeffreysii. Werden bei Trochostoma antarcticum die Kalkkörper von weinroter Substanz überzogen, so höhlt die Resorption ihre Zweigenden aus.
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2.
Die Kalkkörper (des Bindegewebes und der Muskulatur) von Caudina chilensis erhalten nach Hôzawa auf höheren Altersstufen der Tiere eine „Rinde” aus einer oder mehreren Schichten, die zuerst farblos ist, dann aber gelblich bis bräunlich werden kann. Mit dem Auftreten der Rinde verlieren die Kalkkörper die Fähigkeit, sich zu gabeln. Die Rinde gibt deutliche Eisen- und Phosphorreaktion, und sie enthält viel mehr organische Substanz als der umschlossene Kalkkörper. In den beiden ersten Punkten ähnelt die Rindenmasse der weinroten Substanz, jedoch ist ihr Gehalt an kohlensaurem Kalk bedeutend höher (s. unter 3.). Positive Eisenreaktion läßt sich schon auf der dritten Altersstufe erzielen, bevor im gewöhnlichen oder polarisierten Licht der Anfang einer Rinde sichtbar wird.
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3.
Die „Rinde” besteht zunächst aus mikrokristallinem Calcit, dessen optische Achse überall senkrecht zur Oberfläche steht. Mit zunehmender Braunfärbung (Eiseneinlagerung) nimmt die Doppelbrechung der Rinde ab, ja schwindet schließlich ganz. Dieser Vorgang kann auch den optisch einheitlichen Calcitkern (den umschlossenen Kalkkörper) erfassen. Es spielt sich also eine Pseudomorphose ab; unter Erhaltung der Form wird der Calcit der Rinde und schließlich auch des Kernes durch ein der weinroten Substanz ähnliches Material ersetzt. Diese Pseudomorphose kann in verschiedenen Teilen eines Kalkkörpers nacheinander vor sich gehen.
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4.
Bei den Kalkkörpern zahlreicher anderer Holothurien war kein Eisengehalt nachzuweisen; die Phosphorreaktion mit Ammoniummolybdat dagegen fiel fast stets positiv aus, so daß dem Calcit als dem Hauptbestandteil ein geringer Gehalt an phosphorsaurem Kalk beigegeben ist (nach Bütschli a. a. O. bei den Kalkkörpern einiger nicht näher bestimmter Holothurien 0,96%).
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5.
Bei Caudina chilensis wurden verschiedene Zwillingskalkkörper beobachtet. Zum Teil sind zwei gleich lange Primärstäbe geradlinig so aneinandergefügt, daß in der Grenzfläche der eine auf dem anderen “reitet” und die querverlaufenden optischen Achsen beider um 90° gegeneinander verwendet erscheinen. In anderen Fällen bilden die Paarlinge einen schwankenden Winkel miteinander, in dessen Ebene die optischen Achsen liegen, gleichfalls unter variablem und von der Knikkung unabhängigen Winkel. Auch bei Gitterplatten kommen Zwillingsbildungen verschiedener Art vor.
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6.
Starke Kalilauge wandelt bei längerem Kochen die Optik der echten Kalkkörper: unter Senkung der Doppelbrechung und Auftreten von Aggregatpolarisation geht der Calcit in ein schwaoh doppelbrechendes Material über, wobei die Gestalt der Kalkkörper vollkommen erhalten bleiben kann. Die Kenntnis dieses Vorganges ist wichtig, um Verwechslungen mit natürlichen Änderungen der Optik von Holothurienkalkkörpern zu vermeiden.
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Herrn Professor Dr. W. J. Schmidt zum 60. Geburtstag in Verehrung und Dankbarkeit gewidmet.
D 26.
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Blaess, H. Beiträge zur chemischen und optischen kenntnis der hartteile in der holothurienhaut. Z. Morph. u. Okol. Tiere 40, 248–275 (1943). https://doi.org/10.1007/BF00421683
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