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Das Nibelungenlied als ›moderner Roman‹? Die Wigand’sche Prachtausgabe (1840/41) und ihre Rezeption

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Zur Gutenbergfeier 1840 publizierten die Verlegerbrüder Wigand das Nibelungenlied in einer bebilderten Prachtedition, die eine ambivalente Reaktion fand. Vor der Folie dieser Reaktion und des zeitbedingten Entstehungskontexts der Ausgabe wird ihre Konzeption herausgearbeitet, durch die im Nibelungenlied Züge eines Kriem-hild-Romans erkennbar gemacht werden.

Abstract

On occasion of the Gutenberg celebrations in 1840 Georg and Otto Wigand published an illustrated edition of the Nibelungenlied: it met with ambivalent reactions. Against the background of these reactions and the edition’s contemporary context, this paper looks at its underlying concept, which highlights features of a Kriem-hild novel.

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Lieterature

  1. Das Nibelungenlied. Ueberfetzt von Gotthard Oswald Marbach. Mit Holz schnitten nach Originalzeichnungen von Eduard Bendemann und Julius Hübner, Leipzig. Verlegt durch die Bruder Otto und Georg Wigand, 1840 (PURL: http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:hbz:061:2–1885, URN: urn:nbn:de:hbz:061:2–1885). Die Prachtausgabe ist unpaginiert und weist keine Strophenzählung auf. Sofern nicht anders angegeben, richtet sich die Strophenzählung im Folgenden nach: Das Nibe lungenlied. Nach der Ausgabe von Karl Bartsch hrsg. Helmut de Boor, 22., rev. und von Roswitha Wisniewski erg. Aufl., Deutsche Klassiker des Mittelalters, Wiesbaden 1996. Die Benennungen der Aventiuren sind der Übersetzung Marbachs entnommen. — Wie aus der Ausgabe selbst hervorgeht, erschien das Werk in zwei Lieferungen, da Bendemann und Hübner 1840 nicht alle Zeichnungen hatten liefern können (vgl. die Erläuterungen in der Fußnote zum »Verzeichnis der Holzschnitte«, das auf den Nibe lungenlied-Text folgt; zu Bendemanns Augenleiden in der fraglichen Zeit vgl. Guido Krey, Gefühl und Geschichte. Eduard Bendemann [1811–1889]. Eine Studie zur Historienmalerei der Düsseldorfer Malerschule, Weimar 2003, 39f.).

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  2. Die zweite Lieferung konnte 1841 nur erscheinen, weil zwei weitere Künstler, Alfred Rethel und Hermann Anton Stilke, hinzugezogen worden waren. Bei den ›Holzschnitten‹ handelt es sich technisch gesehen um Holzstiche, da quer zur Maserung in Hartholz gearbeitet wurde, auch wenn einige der beteiligten Xylographen, z. B. Hugo Leopold Friedrich Heinrich Bürkner, noch ein Messer benutzten (zur Verwendung der Bezeichnungen im 19. Jahrhundert vgl. Eva-Maria Hanebutt-Benz, »Studien zum deutschen Holzstich im 19. Jahrhundert«, Archiv für Geschichte des Buchwesens 24 [1983], 581–1266, hier: 679–682; zu Bürkner vgl. ebd., 1019).

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  3. Vgl. Franz von Pocci, »1. Das Nibelungenlied, übersetzt von G. O. Marbach, mit Holzschnitten nach Originalzeichnungen von E. Bendemann und J. Hübner. Leipzig bei Wigand 1840. Denkmal zur vierten Secularfeier der Buchdruckerkunst«, Deut sche Blätter für Litteratur und Leben 1 (1840), 315f. In von Poccis Augen ist die Falkentraum-Illustration also nicht nur unpassend, was die Historizität des Stoffes angeht, sondern auch hinsichtlich der Gattung, da das Nibelungenlied im 19.

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  4. Jahr hundert eindeutig als Epos angesehen wurde (vgl. dazu Werner Hoffmann, »Das Nibelungenlied — Epos oder Roman? Positionen und Perspektiven der Forschung«, in: Fritz Peter Knapp [Hrsg.], Nibelungenlied und Klage. Sage und Geschichte, Struk tur und Gattung. Passauer Nibelungengespräche 1985, Heidelberg 1987, 124–151, hier: 124–129).

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  5. Vgl. dazu Ulrich Schulte-Wülwer, Das Nibelungenlied in der deutschen Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, Kunstwissenschaftliche Untersuchungen des Ulmer Ver eins, Verband für Kunstund Kulturwissenschaften 9, Gießen 1980, 99.

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  6. Dieser Ansatz folgt grundsätzlichen Überlegungen Jägers zu Transkriptionspro zessen (vgl. Ludwig Jäger, »Transkriptivität. Zur medialen Logik der kulturellen Semantik«, in: ders., Georg Stanitzek [Hrsg.], Transkribieren: Medien/Lektüre, München 2002, 19–41, hier: 32f., 35). In seiner Terminologie wären das Nibelun genlied in der Marbach’schen Übersetzung, die ihrerseits das Resultat von Transkrip tionsprozessen ist (s. dazu u. S. 429–431), als Skript und die Bilder als Transkript anzusehen. Nach Jäger sind Transkripte weder Abbilder noch Derivate von Skripten, weil sie letztere in gewisser Weise erst generieren, d. h. auf eine bestimmte Art lesbar machen. Insofern soll auch der umstrittene Terminus ›Illustration‹ im Folgenden allein implizieren, dass die Bilder auf der Grundlage eines Prätextes konzipiert wur den, und nicht dahingehend verstanden werden, dass sie für die Sinnerzeugung sekundär sind. In Jägers Modell rufen Transkripte letztlich auch Postskripte hervor, z.B. Korrekturen und Bestreitungen der »in der Transkription erhaltene[n] Behaup tung einer bestimmten Lektüre« (ebd., 33). Zwar wäre sein Postulat, dass das Skript so zu einer »autonomen Bewertungsinstanz für die Angemessenheit der Transkription« (ebd., 35, Hervorhebung L.J.) wird, zu überprüfen, doch lässt sich die ablehnende Reak tion von Poccis auf die Wigand’sche Ausgabe durchaus als Postskript fassen.

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  7. Hintergrund für diese Forderung sind Überlegungen in der semiotischen Kunst wissenschaft (vgl. dazu z.B. Meyer Schapiro, »On Some Problems in the Semiotics of Visual Art: Field and Vehicle in Image-Signs«, Semiotica 1 [1969], 223–242, hier: 237–242

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  8. Felix Thürlemann, Vom Bild zum Raum. Beiträge zu einer semiotischen Kunstwissenschaft, Köln 1990, 12). Zur Zeichendeutung werden im Folgenden auch Selbstaussagen der Produzenten der Wigand’schen Ausgabe herangezogen, da sie sich jeweils mit Beobachtungen am Objekt selbst in Verbindung bringen lassen.

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  9. In seinem Überblick zur Nibelungenlied-Rezeption in Deutschland beschreibt Ehrismann eine Phase, die charakterisiert sei durch »nationale Strömungen zur Revo lution von 1848 hin, zugleich historisch-ästhetische, da 1840 das vierhundertjährige Jubiläum der Buchdruckerkunst gefeiert wurde; darauf bezogen sich die Ausgaben gerne« (vgl. Otfrid Ehrismann, Studien zur Rezeption des Nibelungenlieds von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg, Münchener germanistische Beiträge 14, München 1975, 243f.).

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  10. Zum Terminus ›optische Rezeption‹ vgl. Günter Hess, »Bildersaal des Mittelal ters. Zur Typologie illustrierter Literaturgeschichte im 19. Jahrhundert«, in: Christoph Cormeau (Hrsg.), Deutsche Literatur im Mittelalter. Kontakte und Perspekti ven. Hugo Kuhn zum Gedenken, Stuttgart 1979, 501–546, Abb. 31–52, hier: 546.

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  11. Anton Ritter von Spaun, »Gedanken über Geschichte, Kunst und eine vaterländi sche historische Malerschule«, Oberösterreichisches Jahrbuch für Literatur und Lan deskunde. Mit Liedern und Dichtungen in der Mundart und einer artistischen Bei lage 2 (1845), 212–242, hier: 228f. Von Spaun stellt grundsätzlich fest: »Treues Fest halten an dem Text des Gedichtes, wozu Zeichnungen geliefert werden sollen, kann den Künstlern nicht dringend genug empfohlen werden.« (231) Zu seinem Projekt einer vaterländischen historischen Malerschule vgl. Schulte-Wülwer (Anm.5), 133-136.

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  12. Vgl. Max von Boehn, »Das Nibelungenlied in der Kunst«, in: Das Nibelungenlied. Übertragen von Karl Simrock. Mit einer Einleitung von Max von Boehn, Berlin: Askanischer Verlag Carl Albert Kindle, 1923, 1–138, hier: 59 [zitiert nach dem Nachdruck von 1933]. Dieser Essay bildete die Einleitung für die Nibelungenlied- Übersetzung von Karl Simrock, in der die Illustrationen der Künstler der Wigand’schen Ausgabe als Kapitelvignetten zur Gestaltung der Eingangsseiten für die einzelnen ›Abenteuer‹ genutzt wurden — eine spannungsreiche Kombination, die in die Richard-Wagner-Gedächtnisausgabe von 1933 (und 1940) übernommen wurde: Nibelungenlied. Übertragen von Karl Simrock. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. W. Golther und einer Einleitung von Max von Boebn. Richard-Wagner Gedächtnis-Ausgabe, Berlin: Askanischer Verlag Carl Albert Kindle, 1933 [Nachdruck 1940]. 1933 war in Zusammenarbeit mit dem Askanischen Verlag auch eine Sonderausgabe auf Japanbütten ›für die Freunde von A. Foersters Verlag‹ erschienen.

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  13. Vgl. Karl Koetschau, Alfred Rethels Kunst vor dem Hintergrund der Historien malerei seiner Zeit, Schriften des Städtischen Kunstmuseums zu Düsseldorf, Düsseldorf 1929, 153. — Es waren insbesondere die Bilder der die Ausgabe anfangs allein illustrierenden Künstler Hübner und Bendemann, die Anstoß erregten; zu den von Rethel entworfenen Bildern s.u. S. 423.

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  14. »Heroen und Heroinen verwandeln sich zu recht freundlichen Damen und Her ren, das Heldische ist zur Pose verkommen.« Zudem sei bei den Künstlern der Düs seldorfer Malerschule eine »charakteristische Neigung zu elegisch-sentimentalen Stimmungswerten, zu idyllischen Szenen« festzustellen (Otfrid Ehrismann, Nibelun genlied 1755–1920: Kegesten und Kommentare zu Vorsehung und Rezeption, Beiträge zur deutschen Philologie 62, Gießen 1986, 173

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  15. vgl. sehr ähnlich Schulte-Wülwer [Anm. 5], 140). Nach Kastner werden »[d]ie wilden, ungezügelten Blut-, Haßund Ehrtragödien der alten Vorlage [...] hier zu mildem Kammerton, zur beschau lich-graziösen Aktion herabgedämpft« (vgl. Jörg Kastner, Das Nibelungenlied in den Augen der Künstler vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Passau 1986 [Ausst.-Kat.], 103).

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  16. Hütt bemängelt, dass die Illustrationen (mit Ausnahme der von Rethel entwor fenen) »ungeistig und veräußerlicht in ihrem Stil« wirkten, »der mit der kraftvollen Sprache des Heldenliedes nichts gemein hat« (vgl. Wolfgang Hütt, Die Düsseldorfer Malerschule: 1819–1869, rev. Neuausg., Leipzig 1995, 153).

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  17. Schulte-Wülwer (Anm. 5), 142. Wie aus dem Zitat ersichtlich wird, sieht Schulte-Wülwer die Wigand’sche Prachtausgabe als typisch bürgerliches Erzeugnis an. Wie im Folgenden gezeigt wird, ist diese einsträngige Zuordnung aber weder vom Illustrationsprogramm noch vom ursprünglichen Publikum her haltbar. Schulte- Wülwer ist bislang der Einzige, der sich überhaupt mit den Hintergründen für das Illustrationsprogramm dieser Ausgabe auseinandergesetzt hat. Buchgeschichtlich ist sie auch von Hess (Anm. 9), 517f., eingeordnet worden (als Nationaldenkmal). 16 Vgl. Frank Büttner, »Nibelungen-Bilder der deutschen Romantik«, in: Joachim Heinzle, Klaus Klein, Ute Obhof (Hrsg.), Die Nibelungen. Sage — Epos — Mythos, Wiesbaden 2003, 561–582, hier: 580.

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  18. Vgl. ähnlich bereits Gerhard Rudolph, »Buch graphik in Düsseldorf«, in: Wend von Kainein (Hrsg.), Die Düsseldorfer Malerschule, Mainz 1979 (Ausst.-Kat.), 186–196, hier: 194.

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  19. »Cornelius [erzählt] nicht einfach eine traurige Liebesgeschichte, sondern er läßt im Handeln und Leiden des Paares [sc. Siegfried, Kriemhild] nationale Tugenden auf scheinen, die es in idealer Weise verkörpert: Innigkeit, Stärke, Treue. Mit dem mittel alterlichen Text hat das kaum noch etwas zu tun. Cornelius hat mit seinem Zyklus ein neues Nibelungenlied erfunden: ein Nationalgedicht im Sinne der Vaterlandsidee seiner Zeit.« (vgl. Joachim Heinzle, »Bilder für das Vaterland. Peter Cornelius erfin det das Nibelungenlied«, in: Steffen Bogen, Wolfgang Brassât, David Ganz [Hrsg.], BilderRäume — Betrachter. Festschrift für Wolfgang Kemp zum 60. Geburtstag, Berlin 2006, 212–229, hier: 223).

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  20. Da es für die Publikationsgeschichte aufschlussreich ist, sind im Folgenden (wie schon zuvor) bei Nibelungenlied-Editionen und -Übersetzungen jeweils die Verlage mit angegeben: Die Nibelungen. In Prosa übers., eingel. u. erl. von Johannes Scherr. Mit 45 Bildern gez. v. E. Bendemann, J. Hübner, A. Rethel, K. [sie] Stilke, geschn. v. Braun, Bürkner, Dessauer (u.a.), Leipzig: Wigand, 1860 (2. Aufl.: 1862); Das Nibelungenlied für das deutsche Haus nach den besten Quellen bearb. von Emil Engelmann. Mit 9 Facs. der hervorragendsten Hss. des Nibelungenliedes aus dem zwölften bis sechzehnten Jh. und der ältesten Druckfassung desselben, 56 Bildern nach Zeichn. von Schnorr v. Carolsfeld, Baur, Hübner, Bendemann, Rethel, Hoffmann, Neureuther u. a. sowie 6 Vollbildern in Lichtdr. nach den Schnorr’schen Fresken im Münchner Residenzschloß, Stuttgart: Neff, 1885 (weitere Auflagen, z.T. mit leicht variierender Bilderzahl: 1889, 1892, 1900, 1909), eine Prosafassung mit weniger Bildern (»Kriemhild und Siegfried oder die Märe von den Nibelungen«) wurde aufgenommen in: Germania’s Sagenborn — Mären und Sagen für das deutsche Haus, bearbeitet von Emil Engelmann, Stuttgart: Neff, 1887 — das Werk erschien in verschiedenen Auflagen und wurde 1936, 1951 und 2005 neu herausgegeben (vgl. dazu auch Bernhard R. Martin, Die Nibelungen im Spiegelkabinett des deutschen Nationalbewusstseins: Studie zur literarischen Rezeption des Nibelungenliedes in der Jugend-und Unterhaltungsliteratur von 1819–2002, München 2004, 62–67); Ausgaben im Askanischen Verlag Carl Albert Kindle 1923, 1933 und 1940 (s.o. Anm. 12); Das Nibelungenlied. In der Übertr. v. Karl Simrock. Mit e. Einf. v. Ferdinand Thürmer u. Zeichn. v. Bendemann, Hübner, Rethel, Stilke, Berlin: Simon, 1934; Das Nibelungenlied übers, von Gotthard Oswald Marbach. Mit Holzschnitten nach Originalzeichn. von Eduard Bendemann und Julius Hübner. Nachdr. d. Ausg. Leipzig: Wigand, 1840, Die bibliophilen Taschenbücher 35, Dortmund: Harenberg, 1978

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  21. Joachim Heinzle, »Das Nibelungenlied: Inhalt«, in: Helmut Hinkel (Hrsg.), Nibelungen-Schnipsel, Neues Jahrbuch für das Bistum Mainz 2004, Mainz: von Zabern, 2004, 10–24; Das Nibelungenlied. Aus dem Mittelhochdt. von Gotthard Oswald Marbach. Mit Holzschn. nach Orig.-Zeichn. von Eduard Bendemann und Julius Hübner, Kreuzungen, München: Diederichs/Hueendubel, 2006.

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  22. Hagen zeigt dort auf eine Glocke mit der Inschrift Memento mori. Grosse hält diese Glocke für »christliches Beiwerk, das der Sinngebung des Liedes völlig zuwider läuft« (vgl. Siegfried Grosse, »Die Rezeption des Nibelungenliedes im 19. Jahrhun dert«, in: Otto Pöggeler, Annemarie Gethmann-Siefert [Hrsg.], Kunsterfahrung und Kulturpolitik im Berlin Hegels, Hegel-Studien 22, Bonn 1983, 309–331, hier: 330). Die Inschrift auf der Glocke nimmt jedoch mehrere Motive des Textes auf, nicht nur den schon im Text gegebenen Kirchgang, sondern auch Hagens Mahnung, dass die Burgunden Waffen statt schöner Kleider anlegen sollten, weil sie sich noch an demsel ben Tag dem Kampf stellen müssten. Das sollten sie auch bedenken, wenn sie vor Gott träten (Str. 1852–1856). Auf den nahenden Tod weisen überdies die Meerjung frauen hin, die die Glocke läuten. Sie stellen eine Anspielung auf die 25. Aventiure dar, in der Hagen von Meerfrauen prophezeit worden war, dass er und seine Gefähr ten aus dem Burgundenland am Hunnenhof sterben würden.

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  23. Vgl. z.B. Robert Reinick, Lieder eines Malers mit Randzeichnungen seiner Freunde, Düsseldorf 1837 (PURL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:061:2-84; URN: urn:nbn:de:hbz:061:2–84). Vgl. dazu Rudolph (Anm. 16), 190f., der hinsichtlich der Textrahmung bei diesem Projekt der Düsseldorfer Malerschule stilistische Beziehungen zur Wigand’schen Prachtausgabe konstatiert (ebd., 194).

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  24. Vgl. Müller von Königswinter (Anm. 36), 95f. Vgl. mit einer ähnlich positiven Beurteilung Rethels: »Rethel, Alfred«, Allgemeine Deutsche Biographie, Leipzig 1875ff., XXVIII [1889], 255–273, hier: 265; Koetschau (Anm. 13), 153–156; Arthur Rümann, Das illustrierte Buch des XIX. Jahrhunderts in England, Frankreich und Deutschland 1790–1860, Leipzig 1930, 246, 249; von Boehn (Anm. 12), 59 (Rethel übertrifft nach ihm noch Cornelius und Schnorr); Hütt (Anm. 14), 153. Vgl. Klaus Lankheit, »Nibelungen-Illustrationen der Romantik. Zur Säkularisierung christlicher Bildformen im 19. Jahrhundert«, Zeitschrift für Kunstwissenschaft 7 (1953), 95–112; Norbert H. Ott, »Ikonen deutscher Ideologie. Der Nibelungenstoff in der Bildkunst vom Mittelalter bis zur Gegenwart«, ZBLG 63 (2000), 325–356, hier: 342–346. Zu den Bildern der Wigand’schen Ausgabe vgl. Lankheit, ebd., 102–105; Ott, ebd., 343.

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  25. Zur Verlagsgeschichte vgl. Inge Kießhauer, »Otto Friedrich Wigand (10. August 1795 bis 1. September 1870)«, Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 1 (1991), 155–188. Zur Biographie Marbachs vgl. »Marbach«, Allgemeine Deutsche Biographie, Leipzig 1875ff., LH [1906], 187–189; Hans-Dieter Mück, Volksbücher: Einleitung und Kommentar zur originalgetreuen Wiedergabe der 1838 bis 1848 bei Otto Wigand in Leipzig erschienenen Ausgabe, hrsg. G.(otthard) O.(swald) Marbach, O.(skar) L.(udwig) B.(ernhard) Wolff, Stuttgart 1985, 11–13.

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  26. Gotthard Oswald Marbach, »Das Nibelungenlied und die altgermanische Volkssage«, in: Das Nibelungenlied. Neuhochdeutsche Übersetzung von O. M. Nebst einführender Abhandlung: Das Nibelungenlied und die altgermanische Volkssage und mit ausführlicher Inhaltsangabe und Anmerkungen, Leipzig 1860, V–XLVI, hier: Vf. Da Marbach seine Übersetzung für den Abdruck von 1860 nicht überarbeitet hat, scheint es gerechtfertigt, seine Aussagen über das Werk und die bei der Übersetzung zugrunde gelegten Prinzipien auf die Prachtausgabe von 1840 zu übertragen.

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  27. Vgl. dazu Joachim Heinzle, »>... diese reinen kräftigen Töne‹. Zu Karl Simrocks Übersetzung des Nibelungenliedes«, in: ders., Anneliese Waldschmidt (Hrsg.), Die Nibelungen: ein deutscher Wahn, ein deutscher Alptraum. Studien und Dokumente zur Rezeption des Nibelungenstoffs im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 1991, 111–118, hier: 112. Ob der von Heinzle herausgestellte ›süßliche Stimmungswert‹ von nhd. ›Mägdelein‹ in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts schon voll aus geprägt war, ist allerdings fraglich (vgl. DWB, s.v.).

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  28. Wenn Handschriftensiglen angegeben sind, gilt im Folgenden die Strophenzäh-lung von Batts: Das Nibelungenlied. Paralleldruck der Handschriften A, B und C nebst Lesarten der übrigen Handschriften, hrsg. Michael S. Batts, Tübingen 1971. Zu den Haupthandschriften des Nibelungenliedes vgl. Joachim Heinzle, »Die Hand schriften des Nibelungenliedes und die Entwicklung des Textes«, in: Die Nibelungen. Sage — Epos — Mythos (Anm. 16), 192–212. Zum Verhältnis der Fassungen *AB und *C vgl. auch Jan-Dirk Müller, »Die ›Vulgatfassung‹ des Nibelungenliedes, die Bear beitung *C und das Problem der Kontamination«, in: John Greenfield (Hrsg.), Das Nibelungenlied. Actas do Simpôsio Internacional 27 de Outubro 2000, Porto 2001, 51–77.

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  29. Arnold Ruge, »Die Düsseldorfer Malerakademie«, Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst 1 (1838), 62–72, hier: 63.

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  30. Die Düsseldorfer Malerschule war auch in anderen Beiträgen in den Hallischen Jahrbüchern präsent (vgl. dazu Alfred Estermann, Inhaltsanalytische Bibliographien deutscher Kulturzeitschriften des 19. Jahrhunderts, Bd. 4, München u.a. 1996, 270). — Da Otto Wigand um 1840 mit Ruge befreundet war (vgl. Kießhauer [Anm. 48], 166), ist davon auszugehen, dass er dessen Ansichten schätzte, obwohl Wigand als liberaler Verleger es auch als seine Pflicht ansah, vielseitige Positionen zu veröffentlichen

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  31. (vgl. Otto Wigand, »Die europäische Pentarchie: Buch und Verleger«, Hallische Jahrbücher für deutsche Wissenschaft und Kunst 3 [1840], 620f.). — Die Hallischen Jahrbücher sind digital zugänglich unter URL: http://www.ub.uni-koeln.de/cdm4/results.php?CISOOPl=allôcCISOFIELDl=identiôcCISOOP2=exact&CISO-ROOTall&ts&CISOBOXl255572 [01.06.2010]).

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  32. Vgl. dazu Victor Millet, »Die Sage, der Text und der Leser: Überlegungen zur Rezeption Kriemhilts und zum Verhältnis der Fassungen *B und *C des ›Nibelungen- liedes‹«, in: Gisela Vollmann-Profe (Hrsg.), Impulse und Resonanzen: Tübinger mediävistische Beiträge zum 80. Geburtstag von Walter Haug, Tübingen 2007, 57–70, hier: 65–69 (Verhältnis Kriemhild — Hagen); 63 (Zitat).

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  33. Müller sieht generell in den Emotionen bzw. in der liebe-leit-Vormel dasjenige Element des Nibelungenliedes, das für nachmittelalterliche Rezipienten des Nibelun genliedes eine unmittelbare Relevanz besitzen könne. Die liebe-leit-V ormel sei jedoch ein »trivialer Truismus«, der im Nibelungenlied allerdings nicht als solcher erscheine, weil sie untrennbar mit dem Untergang einer ganzen Welt verknüpft sei (vgl. Jan-Dirk Müller, »Sage — Kultur — Gattung — Text. Zu einigen Voraussetzungen des Ver ständnisses mittelalterlicher Literatur am Beispiel des Nibelungenliedes«, in: Klaus Zatloukal [Hrsg.], 800 Jahre Nibelungenlied: Rückblick — Einblick — Ausblick. 6. Pöchlarner Heldenliedgespräch, Philologica Germanica 23, Wien 2001, 115–133, ohne Einleitung wieder abgedruckt in: Christoph Fasbender [Hrsg.], Nibelungenlied und Nibelungenklage. Neue Wege der Forschung, Darmstadt 2005, 122–140, hier: 127). Auch in der Wigand’schen Ausgabe ist die Trivialisierung vermieden, da die Untergangsszenarien weder im Text noch in den Bildern ausgespart sind.

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  34. Vgl. zur ›Nibelungentreue‹ Helmut Brackert, »Nibelungenlied und Nationalgedanke. Zur Geschichte einer deutschen Ideologie«, in: Ursula Hennig, Herbert Kolb (Hrsg.), Medicevalia litter aria. Fs. für Helmut de Boor, München 1971, 343–364, hier: 357f. Zu den verschiedenen Phasen der Nibelungenlied-Rezeption, die man den Figuren Kriemhild (vor 1870/71), Siegfried (Reichsgründungs- und frühwilhelminische Zeit) und Hagen (Vorabend des Ersten Weltkrieges) zuordnen kann, vgl. Klaus von See, »Das Nibelungenlied — ein Nationalepos?«, in: Die Nibelungen. Sage — Epos — Mythos (Anm. 16), 309–343, hier: 318.

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  35. Vgl. Paul Raabe, »B. Gutenbergfeiern 1840. Zu den Feiern in Leipzig und Braunschweig«, in: ders. (Hrsg.), Gutenberg. 550 Jahre Buchdruck in Europa, Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek 62, Weinheim 1990, 210–236, hier: 211–216, 223–226

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  36. Monika Estermann, »O werthe Druckerkunst / Du Mutter aller Kunst«. Gutenbergfeiern im Laufe der Jahrhunderte, Mainz 1999 (Ausst.-Kat.), 147–162. Der Ablauf der gesamten Festlichkeiten ist als wichtiges kulturelles Ereignis in mehreren detaillierten Beschreibungen festgehalten worden: Neben der offiziell autorisierten Beschreibung Kades (Anm. 3) erschienen weitere Beschreibungen in Prosa oder Versen (z. B. Beschreibung aller bei der vierten Säcularfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst am 24. 25. und 26. Juni 1840 stattgefundenen Feierlichkeiten. Ein Denkmal für die Mit- und Nachwelt. Mit einer illuminirten Ansicht des Festgebäudes, Leipzig 1840; Das Volksfest auf dem Marsfelde bei Leipzig am dritten Tage des 400 jährigen Jubelfestes der Erfindung der Buchdruckerkunst den 26. Juni 1840. Zur Erinnerung poetisch dargestellt, Leipzig 1840).

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  37. So wurden jedenfalls im 19. Jahrhundert Rethels Nibelungenlied-Illustrationen wahrgenommen (vgl. z.B. die in Anm. 36 zitierte Äußerung Müllers von Königswinter). Wie stark die heute als Renaissance bezeichnete Epoche von den Künstlern der Düsseldorfer Malerschule bereits als vom Mittelalter abgesetzt gesehen wurde, ist fraglich. Zu diesem Problemkomplex vgl. Silvio Vietta (Hrsg.), Romantik und Renaissance: die Rezeption der italienischen Renaissance in der deutschen Romantik, Stuttgart, Weimar 1994.

  38. Gottfried Keller, Sämtliche Werke. Historisch-Kritische Ausgabe, hrsg. Walter Morgenthaler, Nachgelassene Gedichte, hrsg. Peter Stocker, Basel, Zürich 2007, XVII. 1, 434f., Nr. 132*. Die Herausgeber beziehen die Überschrift »An die deut schen Künstler« von Nr. 131* (423f.) offensichtlich nur auf dieses Gedicht, Nr. 132* scheint aber an denselben Adressatenkreis gerichtet zu sein.

  39. Es ist außerdem zu bedenken, dass eine solche Parallelisierung nur im Rückblick herzustellen ist, da Hegels Äußerungen zum Roman erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine breitere Wirkung entfalteten (vgl). Hartmut Steinecke, Romantheorie und Romankritik in Deutschland. Die Entwicklung des Gattungsverständnisses von der Scott-Rezeption bis zum programmatischen Realismus, Bd. I, Stuttgart 1975, 56). Zu den um 1840 aktuellen Diskussionen zum Roman vgl. ebd., 130–200.

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  40. Tschirner hat für Fantasy-Bearbeitungen des Nibelungenliedes, bei denen oft auch das Handlungsgerüst massiv verändert wird, u. a. folgende Erzählstrategie identifiziert: »Die Charaktere werden psychologisiert, ihre Handlungsweise wird logisch begründet: Das alte Heldenlied wandelt sich erzähltechnisch zum realistischen Roman.« (vgl. Susanne Tschirner, »Artus- und Nibelungenstoff in der Fantasy«, in: Gerold Bonnen, Volker Galle [Hrsg.], Ein Lied von gestern? Zur Rezeptionsgeschichte des Nibelungenliedes, Schriftenreihe der Nibelungenlied-Gesellschaft Worms 0, Worms 22009, 203–220, hier: 220).

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Manuwald, H. Das Nibelungenlied als ›moderner Roman‹? Die Wigand’sche Prachtausgabe (1840/41) und ihre Rezeption. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 84, 409–447 (2010). https://doi.org/10.1007/BF03375817

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