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Schizophrene oder schizophrenieähnliche Psychosen bei Hirntraumatikern

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Zusammenfassung

Die Psychosen bei Hirntraumatikern erfordern besonders sorgfältige klinische Untersuchungen, wenn unter ihnen wenigstens eine gewisse ätiologische Klärung erreicht werden soll.

Bei eindeutig exogenen Psychosen ist der ursächliche Zusammenhang mit dem Trauma auch bei Spätkomplikationen in der Regel unzweifelhaft, sofern andere Körperursachen ausgeschlossen sind.

Bei den unter dem Bilde typischer endogener Psychosen verlaufenden Erkrankungen ist der ursächliche Zusammenhang nur in den seltenen Fällen anzunehmen, wo ein besonders schweres Hirntrauma vorlag und der zeitliche Zusammenhang (evtl. durch einwandfreie Brückensymptome) offenkundig ist. Als besonders schwer könnte man ein Trauma bezeichnen, bei dem grobe pathologische Befunde neurologischer oder serologischer Art, im Encephalogramm, im EEG, organische Anfälle bei Ausbruch der Psychose usw. vorliegen. Auch dann ist der ursächliche Zusammenhang mit dem Trauma in dieser Gruppe nie absolut beweisbar, sondern immer nur mehr oder weniger wahrscheinlich. Es wurde daher vorgeschlagen, in jedem einzelnen Falle sorgfältig abzuwägen, ob der Zusammenhang sehr wahrscheinlich oder nur möglich oder gar wenig wahrscheinlich ist. Es ist durchaus denkbar, daß in manchem dieser Fälle eine nur zufällige Kombination von Hirntrauma und Schizophrenie vorliegt, da ja die Schizophrenie eine häufige Krankheit ist. Bei Vorliegen der oben angeführten Voraussetzungen kann jedoch unseres Erachtens nicht aus Gründen der „Logik“ (weil die Schizophrenie eine „endogene“ Erkrankung sei) der Zusammenhang grundsätzlich abgelehnt werden.

Dabei handelt es sich hier um seltene Fälle. Im Schrifttum konnten wir nur 26 solcher Beobachtungen mit überwiegend wahrscheinlichem Zusammenhang und 16 mit möglichem Zusammenhang auffinden. Neu beschrieben wurden 5 Fälle mit chronisch schizophrener Symptomatik bei zum Teil sehr massiven Hirnverletzungen, und zwar bei 4 Stirnhirnverletzten und bei 1 Schläfenhirnverletzten.

In einer 3. Gruppe sind die Psychosen bei Hirntraumatikern als schizophrenieähnlich, aber doch bei sorgfältiger Prüfung von einer Schizophrenie abgrenzbar zu bezeichnen. Es handelt sich hier also im Grunde um symptomatische Psychosen. An klinischen Bildern wurden hier 2 Beobachtungen mit Halluzinosen bei sonst gut erhaltener Persönlichkeit beschrieben (Schädigungen einmal sicher, einmal fraglich im re. Scheitelhirn lokalisiert) sowie eine Halluzinose bei gleichzeitig bestehendem traumatischem Korsakow. Abschließend wurden noch 3 Beobachtungen von paranoiden Psychosen bei krampfkranken Hirnverletzten mitgeteilt, von denen nur der Fall 9 wenigstens zeitweise eine gewisse Bewußtseinstrübung zeigte.

Auch bei der Kombination von Krampfleiden mit chronischen paranoiden Psychosen ist es äußerst schwierig zu entscheiden, ob dieses Zusammentreffen zufällig ist, oder ob die Psychose Folge bezw. Symptom des Krampfleidens ist. Daß die 2. Möglichkeit sicher vorkommen kann, dafür ist unsere Beobachtung 9 von beispielhafter Bedeutung. Denn hier entsteht die Psychose unmittelbar nach einer erstmaligen Krampfserie und verschwindet nach der operativen Entfernung des Geschosses und einer Zyste aus dem rechten Temporalhirn.

Unseres Erachtens sind die Psychosen bei krampfkranken Hirnverletzten in der Mehrzahl wohl als symptomatisch (d. h. als Folge des Krampfleidens) zu bewerten. Aber auch dieser Schluß ist nicht absolut beweisbar, sondern nur je nach der Symptomatik mehr oder weniger wahrscheinlich.

Von allen mitgeteilten Beobachtungen sind nur in Fall 4 Schizophrenien in der Blutsverwandtschaft nachgewiesen worden. Eine gewisse Möglichkeit, daß die Psychose einen neuen Schub (also eine Wiederauslösung) einer schon früher durchgemachten Geisteskrankheit darstellt, besteht in der Beobachtung 2.

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Der Inhalt dieser Arbeit wurde zum Teil als Referat vorgetragen auf der 5. Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft für Hirntraumafragen (in der Gesellschaft Deutscher Neurologen und Psychiater) am 20. April 1952 in Mainz.

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Elsässer, G., Grünewald, H.W. Schizophrene oder schizophrenieähnliche Psychosen bei Hirntraumatikern. Archiv für Psychiatrie und Zeitschrift Neurologie 190, 134–149 (1953). https://doi.org/10.1007/BF00343905

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