Zusammenfassung
In „Wahrheit und Methode“ erörtert H.-G. Gadamer Para- doxien, die in Husserls Spätphilosophie liegen.1 Auch unsere Untersuchung will Sachverhalte der „Wissenschaft von der Lebenswelt“ behandeln, die paradox zu sein scheinen. Einerseits ist sie als Phänomenologie die Vollendungsgestalt menschlichen Seins, weil sie die von allen Abzweckungen (Hu VII, 203) befreite Vernunft, der logos ist; andererseits gilt dieser Wissenschaft allem Anschein nach gerade der Bereich der doxa2, die wesenhaft nicht vernünftige, zweckgebundene Lebenswelt als das Ursprüngliche, Echte und Vollkommene, in diesem Sinne Heile. Einerseits vollzieht sie sich in radikal methodischer Desintcres- siertheit am praktischen Leben und an der „Gemüts- und Willenssphäre“ (Hu VII, 294), andererseits hat sie anscheinend ein „Lebensinteresse“ daran, praktisch auf das europäische Menschentum einzuwirken, um es aus der jetzt waltenden Krisis zu erretten. Ist Husserl, der doch bis zuletzt3 für die universale Herrschaft der Vernunft gekämpft hat, dennoch — ihm selber vielleicht unbewußt — den Tendenzen seiner Zeit, die Vernunft in Frage zu stellen, gefolgt?
In dieser Arbeit wird Husserl nach der Ausgabe der Gesammelten Werke (Hus- scrliana, cd. II. L. van Breda, Den Haag 1930 ff.) zitiert (Hn I ff.) - mit Ausnahme der beiden getrennt erschienenen Werke: Formale und Transzendentale Logik (Hallo 1929) und Erfahrung und Urteil (Hamburg 1948).
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References
Vgl. den im Wiener Kulturbund im Frühjahr 1935 gehaltenen Vortrag „Die Philosophie in der Krisis der europäischen Menschheit, Hu VI, S. 314 - 3148.
Vgl. Zum Folgenden L. Landgrebe, Husserls Abschied vom cartesianismus, in: Philosophische Rundschau, 9. Jg. 1961, S. 132 ff
Vgl. G. Funke, Phanomenologie-Metaphysik oder methode? Bonn 1966, insbes S. 152
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© 1970 Martinus Nijhoff, The Hague, Netherlands
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Marx, W. (1970). Vernunft und Lebenswelt. In: Vernunft und Welt. Phaenomenologica, vol 36. Springer, Dordrecht. https://doi.org/10.1007/978-94-010-3243-8_3
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