Zusammenfassung
Mit den 60er Jahren geht die „naive“ Phase in der Diskursgeschichte der Nuklearindustrie zuende, in der es die übliche Taktik gewesen war, „Kernkraft-Projekte möglichst unauffällig zu realisieren und nicht einmal durch positive Propaganda auf sie aufmerksam zu machen“. Immer mehr und immer größere Anlagen wurden nun geplant. Liefen bis 1972 erst neun, meist kleinere Versuchs- und Forschungsreaktoren, so waren zu diesem Zeitpunkt neun Großkraftwerke im Bau, vierzehn fest geplant und weitere im Gespräch. Die Zahl der konkret betroffenen Menschen wuchs damit erheblich. Mit der allgemeinen Änderung des politischen Klimas in den 60er Jahren meldete sich nahezu unvermittelt ein immer stärkerer Widerstand aus der Bevölkerung. Zwischen 1970 bis 1975 nahm die Anzahl der Einsprüche gegen die verschiedenen Projekte kontinuierlich zu.1 Zentral im folgenden Kapitel ist die Verfachlichung der öffentlichen Debatte, die als sprachliche Emanzipation im Rahmen eines allgemeinen Demokratisierungsprozesses gedeutet wird.
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Literatur
Bieber 1977, S. 85f. u. S. 82.
Röglin 1977, S. 21. Vgl. dazu Radkau 1983, S. 416.
Strohm 1973, S. 82, Dreyer/Vinke 1977, S. 24, Umweltjournal 1973.
Vgl. FR 29.9.74, Beilage (darin insgesamt 28mal Kernkraftwerk, Ausnahme: die Bildunterschrift); Spiegel 47/1976, S. 52; Schmitt 1985, S. 185.
Vgl. Wüstenhagen 1975, Gladitz 1976, Nössler/de Witt 1976.
Zit. nach Schuster 1970, S. 30; dazu Jäckel 1968, S. 261ff., Welt 9.9.1955, Bicber 1977, S. 37.
Manstein 1961, S. 84, Stern 1957 zit. nach Gleitsmann 1987, S. 39; Atommuffel wird von Köpper 1982 auf 1965ff. datiert.
Demoll 1957, S. 133. Vgl. oben Kap. 2.2 und Kap. 3.1 bzw. Jung 1989, S. 79fT.
Demoll 1957, S. 21; Zeit 21.1.72, S. 37; vgl. auch Jäckel 1968, der ein kommunistisches,Atomkomplott` aufdeckt und radioaktive Emissionen für Trockenperioden veranwortlich macht.
Typisches Beispiel: Graeub 1972. Zu Strohm vgl. Radkau 1983, S. 450f. und 566, Fn. 675; zum Sprachgebrauch der neuen Opposition vgl. auch Innenausschuß 1974 und Wüstenhagen 1975.
Hier Schwab 1968, S. I l 1, bzw. Graeub 1972. Das schließt den korrekten Gebrauch von Fachwörtern — schon bei Demoll 1957 etwa Toleranzdosis, Reaktor, radioaktiv, Mutation, ionisierende Strahlen, Halbwertzeit — durch die alte Opposition natürlich keineswegs aus. Beispiele für Fehler Strohms: Gau als größter „angenommener“ statt anzunehmender Unfall (1973, S. 156), Brennkreislauf statt Brennstoffkreislauf ( 1974, S. 482 ).
Strohm 1973, S. 91f. (l lervorhebung MJ).
Faz 17.7.71; Der Sprachdienst 1973, S. 4, Typisch für die konservative Kritik an der Werbesprache ist Mackensen 1973.
Battelle-Institut 1975: grüne Seite I; Bieber 1977, S. 87; Reimer 1971, S. 102f.; ATw 1969, S. 337f.; Radkau 1983, S. 458.
Bieber 1977, S. 93f. sowie Fn. 498 u. 504 (bzw. Welt 14.4.73); Radkau 1983, S. 458.
Innenausschuß 1974, S. 164–173 u. S. 187–191 (insgesamt 33 Belege).
Gladitz 1976, S. 96 bzw. 45; Nössler/de Witt 1976; Ökologiegruppe 1977, S. 7; KB 1977, S. 16.
Schuster (Ministerialdirektor) 1970, S. 34 bzw. S. 32; Müller 1977, S. 19.
Hallerbach 1978, S. 7; Rucht 1988, S. 294f.; Gladitz 1976, S. 27ff.; Mayer-Tasch 1985, S. 123; Munch 1979, S. 448.
Renn 1984, S. 200, bzw. Müller 1977, S. 19.
Müller 1977, S. 18; zit. nach Okologiegruppe 1977, S. 163. Zur „Terminologiespirale“: Jung 1989a. Sigurd Wichter (1991 und 1994) beschreibt Popularisierungsvorgange allgemein im Rahmen einer „vertikalen Sprachgeschichte” und unterstreicht dabei den qualitativen Aspekt des Wissenszuwachses (hier 1991, S. 127f). Vgl. zur Presseberichterstattung in den 70er Jahren: Röthlein 1979, S. 45ff.
Müller 1977, S. 18; Umfrageergebnisse in Renn 1984, S. 204f.
RP 15.1.77, S. 1, bzw. 17.1.77, S. 2; vgl auch „Kernkraftwerk Brunsbüttel nach,Störfall` abgeschaltet“ (SZ 21.6. 78, S. 1 ).
Der Spracfdienst 1979, S. 19; zit. nach Butz/Pollmann 1979, Anhang, S. 3.
Zum Beispiel Zeit 14.4.72, S. 73, FR 29.9.74 (Beilage), RP 5.8.74, S. 7, und 20.8. 74, S. 4.
RP 20.8.74, S. 4.
Dahl 1977a, S. 19; RP 5.8.74, S. 7; Leserbrief einer Lokalzeitung vom 5.5.1976 zit. nach Dreyer/ Vinke 1977, S. 105; Gründler 1977, S. 79; vgl. außerdem Haß 1989, S. 472f.
Dreyer/Vinke 1977, S. 105; Jungk 1977, S. 200; Gracub 1972, S. 119; Strohm 1973, S. 152ff.; fehlerhaftes Verständnis zum Beispiel bei Wüstenhagen 1975, S. 41 u. 49; ähnlich Röthlein 1979, S. 151. Im Universalwörterbuch 1983 heißt es zum Beispiel sachlich falsch: „schwerster Störungsfall, der in einem Kraftwerk auftreten kann (und tür den beim Bau einer Anlage entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen sind)“. Vgl. auch Röthlein 1979, S. 76.
Atw 6/1979, S. A178 bzw. Beilage Kernenergie Und Umwelt, S. Iii; Mannhardt 1980, S. 102.
Smidt 1979, S. 139; weitere Re-Terminologisierungsversuche: SZ 25.4.79, S. 37; RP 20.8.74, S. 4.
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Jung, M. (1994). Neuer Protest und neue Sprache. In: Öffentlichkeit und Sprachwandel. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10933-4_6
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