Zusammenfassung
Otto v. Gierke(1) hat unter Bezugnahme auf Leibniz die Person mit personalistischer und theistischer Strenge unterschieden in die persona naturalis(substantia rationalis) und die persona civilis(collegium) . Für unsere Darstellung ist nur die natürliche Person, der Einzelmensch, soweit er rechtsfähig ist, Gegenstand der Untersuchung, dieser aber in seinem Verhältnis zu einer bestimmten Gemeinschaft, in der er von Natur aus steht, nämlich jener des Volkes. Was hiebei unter Volk zu verstehen ist, kann hier, da es sich um keine Abhandlung der Volkslehre handelt, nur angedeutet werden, und zwar verstehen wir unter „Volk“ das, was Max Hildebert Boehm(2), als das „eigenständige Volk“ bezeichnet, also nicht der demos oder das „werktätige Volk“ oder Volk als Masse(3) oder das Staatsvolk(die im Staat zu einer Rechts- und Schicksalsgemeinschaft zusammengeschlossenen Staatsangehörigen)(4), sondern das ethnos, die durch natürliche Gegebenheiten(Sprache, Heimatverbundenheit und Vätererbe, als Realität empfundene Geschichte, überkommenes Brauchtum und Kulturerbe) von anderen Völkern abgegrenzte oberste natürliche Gemeinschaft(5), die sich zwar im Staat ausgliedern(6) will, aber nicht Staat ist und begrifflich auch nie sein kann.
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Anmerkungen
Genossensdhaftsrecht IV, S. 446 f.
Max Hildebert Boehm, Das eigenständige Volk, Göttingen 1932.(Eine Neuauflage dieses grundlegenden Werkes ist in Vorbereitung)
So vor allem in der sowjetischen Doktrin, vgl. J. A. Kurganow, Nacij SSSR i Russkij Wopross, Frankfurt/M.(Verlag Possev) 1960.
„Nationalität“(nationalité, nazionalità, nationality) als Staatsangehörigkeit(z. B. auch im internationalen Paßrecht).
wie dies z. B. bei Theodor Veiter, Nationale Autonomie, Wien 1938 näher ausgeführt wurde.
Othmar Spann, Vom Wesen des Volkstums. Was ist deutsch?, Berlin 1929
etwa beim irischen Volk oder bei den Bretonen, teilweise auch bei den in Frankreich beheimateten Basken.
Rudolf Wierer, Der Föderalismus im Donauraum, Graz-Köln 1960.
Ernest Renan, Qu’est-ce qu’une nation?, weist dabei auch auf die subjektive Komponente hin, Volk zu bleiben(„un plébiscite de tous les j ours” und sagt u. a.(S. 70) „Une nation est donc une grande solidarité, constituée par le sentiment des sacrifices qu’on a fait et de ceux qu’on est disposé à faire encore“. Auf die Staatsnation wird dies praktisch nie zutreffen, außer der Staat wird auch von den nationalen Minderheiten(ethnischen Gruppen) als ihr Staat empfunden, was leider nur selten der Fall ist.
Im heutigen Italien wie auch schon im faschistischen Staat sind nach offizieller These „Italiener“ alle italienischen Staatsangehörigen, auch jene, die einem anderen Sprachvolk angehören. Wenn sie sich dieser Auffassung nicht unterwerfen, sollten sie durch ein neues Sondergesetz dann, wenn es sich um sog. Reoptanten handelt, der italienischen Staatsbürgerschaft unter Umständen verlustig erklärt werden. Vgl. Anm. 22)
z, B. besteht zwischen den bundesdeutschen und den österreichischen Hochschulen eine enge, bewußt erlebte und geförderte Gemeinsamkeit mit gegenseitiger Berufung der Hochschullehrer, eine Erscheinung, die bis zum Zweiten Weltkrieg auch die Hochschulen der deutschen Schweiz mit einbezog, was jetzt im Abklingen begriffen ist, aber noch andauert.
Interessant ist, daß sich im Bereich des französischen Sprachvolkes der Ausdruck „Ethnie française“ durchzusetzen beginnt, um das auszudrücken, was wir z. B. unter „deutsches Volk“ im ethnischen Sinn verstehen. Sehr früh kommt er in „Les minorités nationales“ vgl. Anm. 43), also einem amtlichen Werk, vor. Vgl. hierzu: Guy Héraud, L’Europe des ethnies, Paris 1963, ein hervorragendes Werk.
Wierer, a.a.O.
Ruthenen in der Bukowina vor 1880, Deutsche in den oberitalienischen Sprachinseln
Mehrsprachiges Demographisches Wörterbuch, deutschsprachige Fassung. Union Internationale pour l’Etude Scientifique de la Population. Herausgegeben von Wilhelm Winkler, Hamburg 1960
Einführung in die Rechtsphilosophie, Frankfurt/M.—Wien 1955, S. 227
Die Perversion von Rechtsordnungen, Tübingen 1955
Lenin, Uber das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung, Ausgew. Werke, I, 1955, S. 676; besonders kraß wird dies ersichtlich aus dem von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Rechtsinstitut, herausgegebenen „Völkerrecht“, Deutsche Ubersetzung von Schultz und Menzel, Hamburg 1960, S. 138–141.
gedruckt: Karl Jaspers, Wahrheit, Freiheit und Friede, München 1958
Zum Begriff der Minderheit vgl. „Définition et classification des Minorités“, Mémorandum présenté par le Secrétaire général, Nations Unies, New York 1950; ferner Theodor Veiter, Nationale Autonomie, Wien 1938;
K. E. Turegg, Minderheitenrecht, Köln 1950.
Leo Weisgerber, Sprachenrecht und europäische Einheit, Köln und Opladen 1959, S. 8
Nr. 411 und Nr. 991—A bis der Protokolle der III. Legislaturperiode des italienischen Senats, 375. Sitzung v. 27. 4. 1961; vgl. Deutscher Sonderdienst der Nachrichtenagentur „Italia“ 4. Jahrg., Nr. 30 v. 26. 7. 1961.
vgl. Josef Tischler, Die Sprachenfrage in Kärnten vor 100 Jahren und Heute; Valentin Inzko, Zur Lage der slowenischen Minderheit in Kärnten, 1 Europa Ethnica 1961, Heft 4(in Vorbereitung),
Th. Veiter, Die Slowenen in Kärnten, Wien 1936;
Joh. Wilh. Mannhardt und Mitherausgeber, Verpflichtendes Erbe. Volkstum im Ringen um seinen Bestand und seine Anerkennung, Kiel 1954.
vgl. Cyril Hegnauer, Das Sprachenrecht in der Schweiz, Zürich 1947, insbes. S. 33–38,
ferner Ludwig E. Bernauer, Sprachfragen im Kanton Freiburg, 2 Europa Ethnica 1962, Heft 4.
Ludwig von Gogolák, „Umsiedlung unerwünschter Volksgruppen“, in „Handbuch des internationalen Flüchtlingsrechts“(herausgegeben von W. Schätzel und Th. Veiter), Wien und Stuttgart 1960, S. 63 ff.
vgl. hierzu das überragende Buch von Kurt Rabe, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, München 1963.
vgl. Karl Aun, Der völkerrechtliche Schutz nationaler Minderheiten in Estland von 1917 bis 1940, Hamburg 1951.
Näheres in dem hervorragenden Dokumentationswerk „Les transferts de populations“, herausgegeben vom Ministère de l’Economie Nationale, Paris 1946.
vgl. Diego de Castro, Il problema di Trieste, Bologna 1953; ders., La regione Venezia Giulia-Friuli, Bologna 1955. — Abkommen zwischen Polen und der UdSSR vom 15. 2. 1951, abgedruckt in: WGO 1959, Heft 6.
Denkschriften und Berichte der Forschungsstelle für Nationalitäten- und Sprachenfragen, Nr. 9/1961, „Einige Gedanken über die Struktur und den Inhalt des Selbstbestimmungsrechts“(vorläufige Fassung, Kiel, Juni 1961).
Alfred Cobban, National Self-Determination, London 1944;
Edward Hallet Carr, Nationalism and after, London 1945;
Walter Sulzbach, Imperialismus und Nationalbewußtsein, Frankfurt/M. 1959;
Rupert Emerson, From Empire to Nation, Cambridge, Mass., 1960;
Herbert Miehsler, Südtirol als Völkerrechtsproblem, Graz 1962.
Dag Hammarskjöld in „25 Economic Essays“, Festschr. f. Erik Lindahl, Stockholm 1956; vgl. die UN-Beschlüsse in der Kongokrise, zu Angola usw.
der Fall Südtirol dürfte hierzu gehören. Island und die Färöer waren solche Ausnahmefälle, die aber mittlerweile durch Volksabstimmung bzw. autonome Beschlußfassung autonomer Organe der betreffenden Volksgruppen gelöst sind.
Das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, Göttingen 1955.
man denke an Bücher wie Czikann, Turmoil on South Tyrol, New York 1960, Walter Kolarz, Myths and realities in Eastern Europe, London 1946, an die neueste Literatur zur slowenischen Minderheitenfrage in Kärnten und Italien von Cermelj oder von Barker und weiteren Mitarbeitern, ja auch an Schriften wie jene von Franz Thedieck, Self-Determination and Free Choice of Homeland, Bonn 1960.
Typisch dafür ist z. B. das Literaturverzeichnis in der bereits erwähnten Schrift „Définition et classification des minorités“ des UNO-Generalsekretariats, oder: Janowsky, Nationalities and national minorities, New York 1945, oder Pordéa, Fédéralisme et Minorités nationales en Europe orientale, Paris 1952, um nur einige zu nennen.
das wird gelegentlich auch zugegeben, z. B. von einem Sprecher des italienischen Innenministeriums gegenüber Yann Moger in der bretonischen Autonomistenzeitschrift „L’Avenir de la Bretagne“, Nr. 41/1961, worin es heißt, daß Italien die Europäische Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten nie ratifiziert hätte und ihr nie beigetreten wäre, wenn darin Bestimmungen zum Schutz ethnischer Gruppen oder gar einer Autonomie enthalten wären.(Yann Moger läßt durchblicken, daß Frankreich die Konvention aus ähnlichen Motiven bisher überhaupt nicht ratifiziert habe) .
Das Recht auf die Heimat, insbes. Band IV, München 1960(Tagungsergebnisse „Heimat und Heimatrecht“ in Königstein/Taunus).
Doc. A 3824, 1958.
Charles D. Ammoun, A study on discrimination in education, New York 1955.
z. B. im altösterreichischen Nationalitätenrecht: Karl G. Hugelmann, Das Nationalitätenrecht des alten Osterreich, Wien-Leipzig 1934, insbesondere in den Abschnitten über den Artikel XIX des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger und über das Reichsvolkssdhulgesetz.
Doc. A/Res/1541(XV) v. 21. 12. 1960; Doc. A/2630, suppl. 17(1953); Doc. E/CN. 4/52 v. 6. 12. 1947, E/CN. 4/351 v. 29. 6. 1949, E/CN. 4/358 v. 30. 1. 1950; Doc. E/1371 and E/350 v. 23. 6. 1949.
Der Begriff der Zuwanderungsminderheit stammt aus dem österreichischen Nationalitätenrecht und wurde erstmals auf die Wiener Tschechen angewendet(vgl. Les minorités nationales en Europe Centrale et Balkanique, Paris 1946, mit näheren Begriffshinweisen).
Inis L. Claude, Swords into Plowshares, New York 1956.
vgl. hierzu das Sonderheft der Zeitschrift für Flüchtlingsforschung „Integration“ Nr. 2/1957, insbes. den Beitrag von Elémer Homonay.
Das Problem zweigeteilter Staaten spielt hier eine besonders wichtige Rolle(vgl. Gerd Hammerbacher’s Münchener Dissertation über den Fall Vietnam; diese Dissertation ist auch als Broschüre im Verlag Hofmann-Druck in Augsburg 1960 erschienen).
vgl. Handbuch des internationalen Flüchtlingsrechts, insbes. den Beitrag von Paul Weis und Eberhard Jahn.
Karl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Göttingen 1960, S. 364 ff.
Th. Veiter, Nationale Autonomie, Wien 1938, mit Abdruck der Materialien.
Th. Veiter, Die Färöer und ihre Autonomie, 1 Europa Ethnica 1961, S. 55–76.
Thediech, a.a.O.: „literally the right to a homeland, but more generally the right to live in and where one grew up and where one has roots“.
Rudolf Laun, Die Mensdhenrechte, 1948 (dazu auch H. U. Scupin, Festschrift für R. Laun, 1953);
Heinrich Rogge, Vertreibung und Eingliederung im Spiegel des Rechts, in: Leznberg Edding, Die Vertriebenen in Westdeutschland, Kiel 1959.
In den einleitenden Ausführungen zu den „Studien und Gesprächen“ in „Das Recht auf die Heimat“, ferner im „Handbuch des internationalen Flüchtlingsrechts“, S. 189 ff; desg. in „Vertreibung, Zuflucht, Heimat“, Band III der „Abhandlungen zu Flüchtlingsfragen“, Wien 1962(mit den sog. Athener Feststellungen des Rechtskommitees der AER/AWR).
Hermann Raschhofer, Massenaustreibungen, in: Das östliche Deutschland, Würzburg 1959.
In unserer Zeit ist dieser Gedanke wohl am klarsten und nachdrücklichsten von Anton Böhm ausgedrückt worden(u. a. in „Der christliche Volksstaat“, Jahrbuch der KDHÖ, Salzburg 1932, und in „Die Epoche des Teufels“, 1954).
vgl. Festschrift für Othmar Spann, Wien 1950.
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Veiter, T. (1963). Der Einzelmensch und das Selbstbestimmungsrecht der Völker. In: Specht, K.G., Rasch, H.G., Hofbauer, H. (eds) Studium Sociale. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-04232-7_60
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