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„Weiter bin ich nicht gekommen“. Zu Monika Rincks Danksagungen für Literaturpreise

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Monika Rinck

Part of the book series: Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ((KSDG,volume 10))

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Zusammenfassung

Monika Rinck hat zahlreiche Literaturpreise erhalten und in diesem Zusammenhang fast ebenso viele Dankesreden gehalten. Diese wurden von der Forschung bis dato kaum beachtet – zu Unrecht, stellen sie doch ein bedeutendes Mittel zur öffentlichkeitswirksamen Positionierung im literarischen Feld dar. An den Regeln und Anforderungen des Verleihungsrituals ausgerichtet, sind sie Teil einer Tauschhandlung, in der ökonomisches wie symbolisches Kapital transferiert wird. Zugleich reichen Dankesreden als auktoriale Epitexte über das Ritual hinaus und eröffnen eine Reihe von Spannungsfeldern: zwischen auktorialer An- und Abwesenheit etwa, zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit (bzw. unterschiedlichen medialen Verfasstheiten), zwischen Text und Epitext. Nicht zuletzt erweisen sie sich als wichtiges Instrument auktorialer Werkpolitik, mit dem die Rolle der Produzent_innen innerhalb der Vermittlungs- und Rezeptionsprozesse von Literatur im Rahmen einer Kultur des Sekundären, des Redens über Texte, gestärkt wird. Dass und wie sehr sich speziell Monika Rinck dieser Umstände bewusst ist, zeigt der vorliegende Beitrag, indem er ihre Dankesreden zum Arno-Reinfrank-Literaturpreis, Roswitha-Preis und Kleist-Preis vor allem mit Blick auf auktoriale Positionierungs- und Inszenierungspraktiken und deren Reflexion durch die Autorin selbst untersucht.

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Notes

  1. 1.

    „Je größer die Autonomie und je günstiger das symbolische Kräfteverhältnis den von der Nachfrage unabhängigsten Produzenten ist, desto deutlicher der Schnitt zwischen den beiden Polen des Feldes, nämlich dem Subfeld der eingeschränkten Produktion, deren Produzenten nur andere Produzenten, und damit ihre unmittelbaren Konkurrenten, beliefern, und dem Subfeld der Massenproduktion, das sich symbolisch ausgeschlossen und diskreditiert findet.“ Pierre Bourdieu: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes [frz. 1992], Frankfurt a. M. 2001, 344.

  2. 2.

    DFG-Forschungsprojekt: Literaturpreise im deutschsprachigen Raum seit 1990: Funktionen und Wirkungen. https://www.uni-due.de/germanistik/pontzen/dfgprojekt_literaturpreise.php (2.2.2021).

  3. 3.

    Matthias Schaffrick: In der Gesellschaft des Autors. Religiöse und politische Inszenierungen von Autorschaft. Heidelberg 2014, 77.

  4. 4.

    Vgl. Judith S. Ulmer: Geschichte des Georg-Büchner-Preises. Soziologie eines Rituals. Berlin u. a. 2006, 21.

  5. 5.

    Vgl. Gérard Genette: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches [frz. 1987]. Frankfurt a. M. 62016, 10–11.

  6. 6.

    Ebd., 328.

  7. 7.

    Vgl. Schaffrick: In der Gesellschaft des Autors (wie Anm. 3), 72–73.

  8. 8.

    Hubert Spiegel: Herrin und Hund: Elfriede Jelinek und ihre Sprache. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (8.10.2004), online: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/literaturnobelpreis-herrin-und-hund-elfriede-jelinek-und-ihre-sprache-1194540.html.

  9. 9.

    Vgl. Christian Metz: Poetisch denken. Die Lyrik der Gegenwart. Frankfurt a. M. 2018, 73–76.

  10. 10.

    Monika Rinck: „Weltangelegenheiten und eine Herde Schafe. Dankesrede zur Verleihung des Arno-Reinfrank-Literaturpreises“. In: Sigfrid Gauch/Friederike Harig/Alexander Wasner (Hg.): Im Rampenlicht verborgen. Jahrbuch für Literatur 16. Frankfurt a. M. 2010, 157–165, hier 157.

  11. 11.

    Ebd., 157.

  12. 12.

    Der Arno-Reinfrank-Literaturpreis ist mit 5000,- EUR dotiert. Vgl. https://www.arno-reinfrank.de/Literaturpreis (18.11.2020).

  13. 13.

    Vgl. Thomas Wegmann: „Epitexte als ritualisiertes Ereignis. Überlegungen zu Dankesreden im Rahmen von Literaturpreisverleihungen“. In: Christoph Jürgensen/Antonius Weixler (Hg.): Literaturpreise. Geschichte und Kontexte. Stuttgart, 2021, 105–116, hier 105, 109–110.

  14. 14.

    Rinck: Weltangelegenheiten (wie Anm. 10), 157.

  15. 15.

    Vgl. ebd., 157–158.

  16. 16.

    Ebd., 159.

  17. 17.

    Elisabeth K. Paefgen: „Was macht das Ich in lyrischen Texten der Gegenwart? Gedichte von Monika Rinck und Barbara Köhler“. In: Literatur in Wissenschaft und Unterricht. 49/4 (2016), 287–301, hier 292.

  18. 18.

    Dieselbe Erwartung richtet sich auch an Dankesreden für andere Preise, die im Namen von Schriftstellern gestiftet werden. Als Beispiel sei hier auf die Büchner-Preis-Rede verwiesen, bei der von den Preisträger_innen erwartet wird, sich und das eigene Werk zu Büchner in Bezug zu setzen. (Vgl. Wegmann: Epitexte als ritualisiertes Ereignis [wie Anm. 13], 108).

  19. 19.

    Vgl. Ulmer: Geschichte des Georg-Büchner-Preises (wie Anm. 4), 33.

  20. 20.

    Nicht zuletzt in diesem Automatismus lässt sich übrigens „die Synthese von Altruismus und Eigennutz“ (Ulmer: Geschichte des Georg-Büchner-Preises (wie Anm. 4), 15) nachweisen, die Gabenhandlungen im Allgemeinen zugrunde liegt (vgl. dazu auch Marcel Mauss: Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften [frz. 1950]. Frankfurt a. M. 31996, 18) und hier im Speziellen dem Literaturpreis bzw. der verleihenden Institution zugutekommt.

  21. 21.

    Im Übrigen wagt die Autorin auch einen Schritt über dieses Feld hinaus, um ausgehend von ihrem Gedicht Das kapitale Schaf und wiederum mit Bezug auf Arno Reinfrank die „internationale[n] Finanzströme“ (Rinck: Weltangelegenheiten [wie Anm. 10], 164) zu kritisieren, welche zu jener Finanzkrise geführt haben, in der sich die Welt zum Zeitpunkt der Preisverleihung noch befindet. Damit beansprucht sie Autorität (in Form von Deutungshoheit) auch abseits des Feldes, in dem ihr diese mitunter durch Preise zugestanden wurde, und überträgt darüber hinaus den eingangs in ihrer Rede veräußerten poetologischen Anspruch des Weltbezugs vom Text auf den Epitext.

  22. 22.

    Hrosvitha von Gandersheim (ca. 935– 975) war adlige Kanonisse im Reichsstift Gandersheim und gilt als erste deutsche Dichterin. Vgl. Kirstin Arndt/Friedrich Wilhelm Bautz: „Hroswitha von Gandersheim“. In: Friedrich Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Herzberg 1990, Sp. 1095–1097, hier 1095.

  23. 23.

    Vgl. https://www.bad-gandersheim.de/portal/seiten/roswitha-literaturpreis-900000189-23910.html (18.11.2020).

  24. 24.

    Die Dankesrede wurde als PDF-Datei von der Stadt Bad-Gandersheim zur Verfügung gestellt. Sämtliche Zitate aus der Rede wurden diesem Dokument entnommen.

  25. 25.

    Ulmer: Geschichte des Georg-Büchner-Preises (wie Anm 4), 15.

  26. 26.

    Vgl. http://www.kulturpreise.de/web/preise_info.php?preisd_id=471 (18.11.2020).

  27. 27.

    Besonders gilt das auch für dezidierte Literaturförderpreise und -stipendien, wobei angemerkt werden muss, dass die zweitweise Befähigung zur Berufsausübung je nach Preis- bzw. Stipendiensumme auch sehr kurz bemessen sein kann.

  28. 28.

    So der Bericht des Deutschlandfunks v. 3.3.2016. https://www.deutschlandfunkkultur.de/verleihung-des-kleistpreis-2015-an-monika-rinck.974.de.html?dram:article_id=341603 (1.2.2021).

  29. 29.

    Günter Blamberger: „Wie aus einem I-A ein Ja wird. Rede zur Verleihung des Kleist-Preises an Monika Rinck am 22. November 2015“. In: Kleist-Jahrbuch 2016, 3–6, hier 4.

  30. 30.

    Ebd., 5.

  31. 31.

    Heinrich Detering: „Die Honigprotokollanten. Rede zum Kleist-Preis für Monika Rinck“. In: Kleist-Jahrbuch 2016, 7–10, hier 8.

  32. 32.

    Ebd., 7.

  33. 33.

    Heinrich von Kleist: Erzählungen, Anekdoten, Gedichte, Schriften. In: Sämtliche Werke und Briefe. Hg. von Ilse-Marie Barth/Klaus Müller-Salget/Stefan Ormanns u. a. 4 Bde. Frankfurt a. M. 1987–1997, Bd. 3, 412. Kleist schrieb diesen „Komödienzettel“ 1808 anlässlich des Abdrucks der Penthesilea im Phöbus.

  34. 34.

    Monika Rinck: „‚Helden und Köter und Fraun‘. Rede zur Verleihung des Kleist-Preises 2015“. In: Kleist-Jahrbuch 2016, 11–18, hier 11.

  35. 35.

    Ebd., 17.

  36. 36.

    Ebd., 18.

  37. 37.

    Entsprechende Gedichtanalysen mit Fokus auf (lyrisches) Ich und Autorschaft finden sich für mein denken bei Metz: Poetisch denken (wie Anm. 8), 77–89, für mein lyrisches ich bei Paefgen: Was macht das Ich (wie Anm. 17), 287–292.

  38. 38.

    Rinck, Monika: „Nach der Poesie. Warten auf die Ablösung“. In: Text + Kritik. Zeitschrift für Literatur. Sonderband. Nach der Literatur. 5 (2013), 132–140.

  39. 39.

    Vgl. Schaffrick: In der Gesellschaft des Autors (wie Anm. 3), 72–78.

  40. 40.

    Vgl. dazu auch die Überlegungen zu Anwesenheit/Beobachtbarkeit und Abwesenheit/Unbeobachtbarkeit bezogen auf Autorschaft im Rahmen von Text und Ritual bei Schaffrick: In der Gesellschaft des Autors (wie Anm. 3), 74–77.

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Mayr, M., Wegmann, T. (2023). „Weiter bin ich nicht gekommen“. Zu Monika Rincks Danksagungen für Literaturpreise. In: Taylor, N., von Passavant, N. (eds) Monika Rinck. Kontemporär. Schriften zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, vol 10. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64898-8_6

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg

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