Zusammenfassung
Die Euler-Bernoulli-Balkentheorie basiert auf der grundlegenden Hypothese vom Ebenbleiben der Querschnitte und der Normalenhypothese, d. h. es wird von einem schubsteifen Balken ausgegangen, bei dem explizit jegliche Schubverzerrungen des Querschnitts ausgeschlossen werden. Liefert diese Theorie für viele praktische Zwecke hinreichend zuverlässige Ergebnisse, so existieren aber auch vielerlei Anwendungsfälle, bei denen diese Annahmen nicht mehr akzeptabel sind und zu falschen Ergebnissen führen. Ein qualitatives Beispiel zeigt die Abb. 16.1. Handelt es sich um eine Balkenstruktur, die aus einem recht schubweichen Material besteht, oder liegt ein Balken vor, dessen Länge \(l\) nicht mehr deutlich größer als beispielsweise seine Querschnittshöhe \(h\) ist, dann können die neben der Biegeverformung (Abb. 16.1, rechts oben) auftretenden Schubverformungen (Abb. 16.1, rechts Mitte) nicht mehr vernachlässigt werden, und es kommt zu einem Gesamtverformungsbild, so wie es qualitativ in Abb. 16.1, rechts unten, dargestellt ist. In solchen Fällen stößt die Euler-Bernoulli-Balkentheorie (s. Kap. 5) mit ihren strikten Vorgaben in Form der Hypothese vom Ebenbleiben der Querschnitte und der Normalenhypothese an ihre Grenzen, und es müssen verbesserte Theorien gefunden werden. Wir wollen daher in diesem Kapitel auf eine Balkentheorie eingehen, die die doch recht strengen Einschränkungen der Euler-Bernoulli-Balkentheorie ein wenig lockert und gerade bei Strukturen, bei denen Schubverzerrungen eine Rolle spielen, für eine Verbesserung der Rechenergebnisse sorgen kann. Es handelt sich dabei um die Balkentheorie nach Timoshenko, und man spricht in diesem Zusammenhang auch vom sog. Timoshenko-Balken oder schlicht von einem schubweichen Balken.
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Notes
- 1.
zurückgehend auf Stephen Timoshenko, 1878–1972, ukrainischer Wissenschaftler mit bedeutenden Beiträgen zur modernen Strukturmechanik.
Literatur
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Mittelstedt, C. (2021). Der schubweiche Balken. In: Rechenmethoden des Leichtbaus. Springer Vieweg, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62720-4_16
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