1 Einleitung

Die Ausbauziele der Bundesregierung sehen vor, dass bis zum Jahr 2050 80 % des Bruttostromverbrauchs über erneuerbare Energien gedeckt werden (Bundesregierung 2011). Um die Ziele der internationalen Klimaschutzvereinbarung (COP 21) einzuhalten, die für Deutschland eine Minderung des Klimagasausstoßes von 80–95 % bis 2050 vorsieht, wäre voraussichtlich sogar eine komplette Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien vonnöten (Walter et al. 2018). Im Jahr 2017 betrug der Anteil der erneuerbaren Energien bereits 35 %, insgesamt 14,6 % wurden über die Windkraft an Land abgedeckt (BMWi 2018). Auch für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien spielt die Windkraft an Land eine bedeutende Rolle. Ursprünglich wurden Windenergieanlagen (WEA) in Deutschland ausschließlich an Offenlandstandorten errichtet. In den letzten Jahren gewann der Wald als Windkraftstandort zunehmend an Bedeutung, da die technischen Weiterentwicklungen, z. B. eine zunehmende Anlagenhöhe, auch eine Nutzung von Schwachwindstandorten ermöglichten und die politische Entscheidung für eine Öffnung des Waldes getroffen wurde, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen. Vor allem in den südlichen Bundesländern mit hohem Waldanteil wurden in der Folge zahlreiche Windparks an Waldstandorten in den windhöffigen Kuppenlagen errichtet. Während im Jahr 2010 noch 5 % des jährlichen Zuwachses an WEA im Wald errichtet wurden, betrug dieser Anteil im Jahr 2016 25 % und im Jahr 2017 19 % (Fraunhofer IEE 2018). Ende des Jahres 2017 waren knapp 2000 WEA an Waldstandorten in Betrieb (Fachagentur Wind 2018). Da gerade in den waldreichen Bundesländern die Ausbauziele längst nicht erreicht sind, ist in den nächsten Jahren mit dem weiteren Ausbau der Windenergie im Wald zu rechnen, wobei durch die stetige Weiterentwicklung der Technik zunehmend auch tiefer gelegene Standorte erschlossen werden könnten (Abb. 2.1).

Abb. 2.1 Fig. 2.1
figure 1

(© Horst Schauer-Weisshahn)

(© Horst Schauer-Weisshahn)

WEA werden in Deutschland zunehmend an Waldstandorten errichtet.

In Germany wind turbines are increasingly installed at forest sites.

Fledermäuse können durch den Bau und Betrieb von WEA erheblich beeinträchtigt werden. Zum einen ist bereits seit Beginn des Ausbaus der Windkraft in Deutschland klar, dass Fledermäuse regelmäßig mit den sich drehenden Rotorblättern kollidieren oder durch den erzeugten Unterdruck im Abstrich des Rotorflügels schwere Verletzungen erleiden (Vierhaus 2000; Trapp et al. 2002; Dürr und Bach 2004; Hötker et al. 2005). Zum anderen können durch die Errichtung der WEA Fledermaushabitate zerstört werden. Dadurch können nach §44 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) Verstöße gegen das Tötungsverbot (Abs. 1 Nr. 1) und gegen das Verbot der Zerstörung von Lebensstätten (Abs. 1 Nr. 3) eintreten, die durch geeignete Maßnahmen vermieden werden müssen. Weiterhin sind durch Bau und Betrieb der Anlagen Störwirkungen denkbar, die einen Verstoß gegen das Störungsverbot (Abs. 1 Nr. 2) darstellen. Vor allem Wälder haben eine große Bedeutung als Lebensraum für fast alle Fledermausarten (Meschede und Heller 2000), sodass aus Sicht des Fledermausschutzes die Errichtung von WEA an Waldstandorten als besonders kritisch eingeschätzt wird. Daher empfiehlt das von Deutschland ratifizierte Abkommen zum Schutz der europäischen Fledermauspopulationen EUROBATS, aufgrund der Bedeutung von Wald für Fledermäuse, WEA ausschließlich in einem Abstand von mindestens 200 m von Wäldern zu errichten (Rodrigues et al. 2015). Dennoch haben in Deutschland zahlreiche Bundesländer den Wald für Windkraftplanungen geöffnet. Da es aber zugleich ein erklärtes Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung ist, den Klimaschutz nicht zu Lasten der Biodiversität voranzubringen (BMU 2007), ist es nun entscheidend, durch spezifische Erfassungsmethoden und passende Maßnahmenkonzepte, die an den aktuellen Wissensstand angepasst sind, für einen bestmöglichen Schutz der Fledermäuse und anderer windkraftsensibler Tierarten bei Bau und Betrieb von WEA an Waldstandorten zu sorgen.

In diesem Artikel wird der aktuelle Kenntnisstand bezüglich des Kollisionsrisikos sowie des Lebensstättenverlusts von Fledermäusen an Waldstandorten zusammengetragen. Darauf aufbauend werden geeignete Erfassungsmethoden sowie effektive Maßnahmen speziell für Waldstandorte diskutiert.

2 Kollisionsrisiko an Waldstandorten

2.1 Stand der Forschung

Das Kollisionsrisiko im Offenland wurde in Deutschland bereits frühzeitig intensiv untersucht. Im deutschlandweiten Forschungsvorhaben RENEBAT wurden an insgesamt 30 WEA Schlagopfersuchen durchgeführt und an 70 WEA akustische Erfassungsgeräte in Gondelhöhe installiert (Behr et al. 2011a; Niermann et al. 2011). Dabei zeigte sich, dass fast ausschließlich Arten, deren morphologische und bioakustische Merkmale an die Jagd im freien Luftraum angepasst sind, akustisch in Gondelhöhe nachgewiesen werden und als Schlagopfer auftreten. In erster Linie sind dies der Abendsegler (Nyctalus noctula), die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii), die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus); seltener werden der Kleinabendsegler (Nyctalus leisleri), die Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus), die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) und die Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) als Schlagopfer gefunden (Niermann et al. 2011; Dürr 2019). Waldgebundene Arten wie z. B. das Braune Langohr (Plecotus auritus) und die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) sowie die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) treten nur in Einzelfällen als Schlagopfer unter WEA auf (Dürr 2019). Die Fledermausaktivität in Gondelhöhe zeigt außerdem einen deutlichen Zusammenhang mit der Windgeschwindigkeit und Temperatur sowie Jahres- und Nachtzeit (Arnett et al. 2008; Behr et al. 2011a). Diese Zusammenhänge wurden genutzt, um anlagenspezifische Abschaltalgorithmen zu entwickeln, bei denen die Anlagen bei bestimmten Witterungsbedingungen abgeschaltet werden (Behr et al. 2011b). Die Maßnahme erwies sich im Offenland als sehr effizient zur Vermeidung von Schlagopfern (Behr et al. 2016) und wird inzwischen in vielen Bundesländern zur Vermeidung eines erhöhten Kollisionsrisikos an WEA angewendet (Reinhard und Brinkmann 2018). Diese Methode entspricht dem Stand der Technik, da sie lange erprobt wurde, auf den Einzelfall anpassbar ist und derzeit die einzige nachweislich wirksame Vermeidungsmaßnahme eines erhöhten Kollisionsrisikos ist.

Wie gut sich diese Erkenntnisse auf Waldstandorte übertragen lassen, war aber vor allem zu Beginn des Ausbaus der Windkraft im Wald unklar. Aufgrund der Bedeutung des Walds als Lebensraum für Fledermäuse wurde häufig davon ausgegangen, dass dort das Kollisionsrisiko im Vergleich zum Offenland erhöht ist (Rodrigues et al. 2015) und möglicherweise auch weitere Arten betroffen sein könnten. Insbesondere ein Kollisionsrisiko der Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) wurde aus Vorsorgegesichtspunkten angenommen und resultierte in der Ausweisung einer strikten Tabuzone von 5 km um Quartiere dieser Art in mehreren Bundesländern (HMUELV und HMWVL 2012; Richarz et al. 2012, 2013). Hinzu kommt, dass Wälder für einige kollisionsgefährdete Arten, die Baumquartiere bewohnen, z. B. den Abendsegler und den Kleinabendsegler, bedeutende Quartierstandorte darstellen. Aufgrund der Abstandsregelungen zu Gebäuden sind im Offenland die Quartiere kollisionsgefährdeter Arten meist deutlich von den WEA-Standorten entfernt. Im Wald allerdings können sich Baumquartiere in unmittelbarer Nähe der geplanten Standorte befinden, wodurch sich das Kollisionsrisiko für diese Arten beträchtlich erhöhen könnte. In Thüringen werden aus diesem Grund Mindestabstände für den Bau von WEA zu Quartiergebieten von kollisionsgefährdeten Arten wie z. B. dem Kleinabendsegler vorgesehen (ITN 2015). In den letzten Jahren wurden aufgrund der vielen offenen Fragen mehrere Forschungsprojekte durchgeführt, die den Kenntnisstand zur Fledermausaktivität über dem Wald erheblich erweiterten.

In einer Metaanalyse wurden akustische Aktivitätsdaten von Gondelmonitorings an WEA im Offenland (106 WEA) und im Wald (87 WEA) miteinander verglichen (Reichenbach et al. 2015; Reers et al. 2017). Dabei wurde sowohl für die Gesamtaktivität als auch für die Arten Zwergfledermaus, Rauhautfledermaus und die Nyctaloid-Gruppe (ähnlich rufende Arten der Gattungen Nyctalus, Eptesicus und Vespertilio) insgesamt keine signifikanten Unterschiede zwischen Wald- und Offenlandstandorten gefunden. Im Gegenteil, einzelne Anlagen mit den höchsten gemessenen Aktivitäten befanden sich sogar im Offenland. Darüber hinaus wurden sowohl im Offenland als auch an Waldstandorten die Gattungen Plecotus und Myotis, zu denen zahlreiche waldgebundene Arten gehören, nur in Ausnahmefällen in Gondelhöhe nachgewiesen. In dieser Studie wurden allerdings im großen Maßstab Wald und Offenlandstandorte verglichen. Es ist denkbar, dass regional auf kleinem Raum Unterschiede zwischen Wald- und Offenlandstandorten auftreten. In einer Studie von Hurst et al. (2016a) konnte dieses Ergebnis an sechs Windmessmasten bestätigt werden. Hier wurden akustische Erfassungen in Höhen von 5 m, 50 m und 100 m Höhe durchgeführt. Die Myotis und Plecotus-Gruppe traten auch hier fast ausschließlich in Bodennähe auf. Die kollisionsgefährdeten Arten wurden dagegen alle bis in 100 m Höhe nachgewiesen. Dabei waren die Rauhautfledermaus und die Nyctaloid-Gruppe in allen drei Höhen ähnlich häufig aktiv, wohingegen die Zwergfledermaus deutlich häufiger in Bodennähe auftrat. Auch in geringem Abstand von der Waldoberkante ist die Aktivität der Gattung Myotis bereits gering, wie akustische Aktivitätsmessungen an hohen Bäumen im Bayerischen Wald zeigen (Müller et al. 2013). Die Mopsfledermaus als seltene Art wurde in einigen Studien gezielt in ihren Wochenstubengebieten untersucht. Dabei zeigten akustische Messungen an Messmasten, dass diese Art auch nahe ihrer Wochenstubenquartiere in Höhen ab 50 m nur noch in Ausnahmefällen nachgewiesen werden kann (Hurst et al. 2016b; Budenz et al. 2017). Gerichtete Flüge am Messmast nach oben konnten zwar beobachtet werden, endeten aber jeweils am Mikrofon knapp über den Baumkronen in 35 m Höhe (Budenz et al. 2017). Auch bei einer Studie in einem Windpark in Schweden wurde in akustischen Messungen sowie Schlagopfersuchen kein erhöhtes Kollisionsrisiko der Mopsfledermaus festgestellt (Apoznański et al. 2018). Die Aktivität der kollisionsgefährdeten Arten ist an Waldstandorten wie auch im Offenland stark von den Einflussfaktoren Windgeschwindigkeit und Temperatur sowie Tages- und Jahreszeit abhängig (Hurst et al. 2016a). Die bisherigen Forschungsergebnisse deuten somit darauf hin, dass das Kollisionsrisiko über Waldstandorten nicht generell höher ist als im Offenland und auch keine zusätzlichen Arten regelmäßig schlaggefährdet sind.

Bisher sind nach unserer Kenntnis noch keine Studien veröffentlicht, die das Kollisionsrisiko im Umfeld um die Quartiere schlaggefährdeter Waldfledermausarten systematisch untersuchten. Eine Fallstudie in einem Paarungsgebiet des Kleinabendseglers (Nyctalus leisleri) in Süddeutschland weist darauf hin, dass in der Nähe von Paarungsquartieren ungewöhnliche Aktivitätsmuster mit hohen Aktivitätsspitzen auftreten können (Brinkmann et al. 2016). Für diese Studie wurde die akustische Aktivität an drei Standorten über den Baumkronen erfasst und mit der Aktivität in Bodennähe an den bekannten Kastenquartieren verglichen. Der Großteil der Aktivität über den Baumkronen wurde im August in der zweiten Nachthälfte parallel zur Balzaktivität am Boden gemessen. Die Aktivitätsverteilung im Nachtverlauf unterschied sich damit deutlich vom üblichen Bild an WEA-Gondeln. In einer weiteren Studie wurde die Aktivität über den Baumkronen in ca. 30 m Höhe zwischen einem Schwärmquartier der Zwergfledermaus und Referenzstandorten in der Umgebung verglichen (Hurst et al. 2016c). Hierbei konnte keine erhöhte Aktivität am Schwarmquartier im Vergleich zu den Referenzstandorten festgestellt werden. Aus diesen beiden Studien können keine allgemeinen Schlüsse gezogen werden, inwieweit die Nähe zu Quartieren die Höhenaktivität und damit das Kollisionsrisiko an Waldstandorten beeinflusst. Die vorliegenden Ergebnisse aus der Studie zum Kleinabendsegler legen aber nahe, dass Nachweise von Quartieren kollisionsgefährdeter Arten in der Nähe der Standorte bei der Maßnahmenplanung vorsorglich berücksichtigt werden sollten und möglicherweise intensivere Erfassungen und Monitoringmaßnahmen angezeigt sein könnten.

2.2 Erfassungsmethoden

Nach dem derzeitigen Stand der Forschung ist es nicht möglich, das Kollisionsrisiko vor Errichtung der WEA exakt abzuschätzen. Habitatveränderungen im Bereich der Standorte (Segers und Broders 2014) sowie Attraktionseffekte durch die WEA selbst (Cryan und Barclay 2009; Cryan et al. 2014) können dazu führen, dass sich Aktivität und Phänologie am WEA-Standort verändern. Zudem ist es im Normalfall nicht möglich, die Messungen in Höhe der zukünftigen Gondel und damit im eigentlichen Gefährdungsbereich durchzuführen. Messungen vor Errichtung der WEA dienen daher in erster Linie dazu, kollisionsgefährdete Arten am Standort nachzuweisen, Maßnahmen für das erste Betriebsjahr zu rechtfertigen und diese so weit wie möglich anzupassen. Sehr hohe Aktivitäten können neben Netzfängen Hinweise auf Quartiere in der nahen Umgebung geben und zudem hohe Abschaltzeiten in Aussicht stellen, sodass der Projektierer die Wirtschaftlichkeit der Anlage überprüfen kann (Hurst et al. 2015). Generell ist aber immer davon auszugehen, dass an allen Standorten in Deutschland kollisionsgefährdete Arten sowohl stationär mit Quartieren im Umfeld als auch auf dem saisonalen Zug nachgewiesen werden und Abschaltungen daher immer notwendig sind (Kohnen et al. 2016; Meschede et al. 2017). In einigen Fällen geben daher Länderleitfäden zumindest an ausgewählten Standorten die Möglichkeit auf Voruntersuchungen zur Erfassung des Kollisionsrisikos unter der Auflage pauschaler Abschaltungen und eines Gondelmonitorings zu verzichten (LUBW 2014).

In Expertenkreisen ist mittlerweile die akustische Dauererfassung als geeignetste Methode zur Ermittlung des Artenspektrums und der Phänologie kollisionsgefährdeter Arten anerkannt. Diese stellt sicher, dass punktuelle Ereignisse wie ein Durchzug der Rauhautfledermaus nicht verpasst werden. Da sich die Aktivität zwischen Messungen in Bodennähe und in der Höhe deutlich unterscheiden (Bach et al. 2012; Müller et al. 2013; Hurst et al. 2016a), ist es gerade an Waldstandorten sinnvoll, die Detektoren für die Dauererfassung über den Baumkronen zu platzieren, z. B. an einem Windmessmast oder an in den Baumkronen befestigten Stangen (Abb. 2.2). Wenn dies nicht möglich sein sollte, muss darauf geachtet werden, dass das Mikrofon zumindest freien Zugang zum freien Luftraum hat und nicht unter einem dichten Kronendach gemessen wird, da hier über dem Wald fliegende Individuen nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit aufgezeichnet werden (Bach et al. 2012; Hurst et al. 2016a). Wichtig für eine Bewertung des zukünftigen Kollisionsrisikos sind außerdem Kenntnisse über die Quartiere kollisionsgefährdeter Arten in der Umgebung der Standorte. Diese werden an Waldstandorten obligatorisch durch Netzfänge, Telemetrie und Begehungen zur Ermittlung von Balzquartieren ermittelt.

Abb. 2.2 Fig. 2.2
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(Links: © Robert Brinkmann, rechts: © Horst Schauer-Weisshahn)

(left: © Robert Brinkmann, right: © Horst Schauer-Weisshahn)

Akustische Erfassungen an Waldstandorten vor (links) und nach (rechts) Errichtung der WEA. Vor Errichtung der WEA sollte die Fledermausaktivität idealerweise oberhalb der Baumkronen aufgezeichnet werden. Nach Errichtung der WEA wird zusätzlich zum Gondelmonitoring teils ein weiteres Erfassungsgerät am Mast im Bereich der unteren Rotorspitze installiert.

Acoustic surveys at forest sites in pre- (left) and post-construction situation (right). The bat activity should ideally be surveyed above the canopy before the erection of turbines. After turbine construction an additional acoustic detector can be attached at the lower operation height of the blade tip.

Nach Errichtung der Anlagen ist auch an Waldstandorten zwingend eine Erfassung der akustischen Aktivität in Gondelhöhe nach den aktuellen Vorgaben des Forschungsvorhabens RENEBAT durchzuführen (Weber et al. 2018). Nur diese Erfassungen ermöglichen nach dem derzeitigen Wissensstand eine quantitative Bewertung des Kollisionsrisikos und die Ermittlung anlagenspezifischer Abschaltzeiten mittels des Berechnungstools ProBat (Behr 2018). An Waldstandorten werden zusätzlich teilweise noch akustische Messungen am Mast im Bereich der unteren Rotorspitze gefordert (Richarz et al. 2013; Hurst et al. 2016d; Lindemann et al. 2018). Diese Messungen können dazu dienen zu überprüfen, ob weitere Arten in den Gefährdungsbereich der Rotoren geraten, die bei den Maßnahmen besonders berücksichtigt werden müssen. Eine Berücksichtigung der Daten dieser Messungen bei der Berechnung der Abschaltalgorithmen mittels ProBat ist derzeit aber noch nicht möglich. Vor dem Hintergrund, dass der Durchmesser der Rotoren immer mehr zunimmt und der von Detektoren in der Gondel erfasste prozentuale Gefährdungsbereich dadurch immer kleiner wird, wäre es wichtig, auch den Zusammenhang zwischen der akustischen Aktivität im unteren Rotorbereich und dem Kollisionsrisiko zu untersuchen und bei Bedarf in ProBat zu implementieren.

2.3 Maßnahmen

Da die Fledermausaktivität einen deutlichen Zusammenhang mit der Jahreszeit, der Windgeschwindigkeit und der Temperatur aufweist (Arnett et al. 2008; Behr et al. 2011a; Hurst et al. 2016a), sind Abschaltungen der Anlagen zu bestimmten Jahreszeiten und bei bestimmten Witterungsbedingungen eine gut geeignete Maßnahme zur Minimierung des Kollisionsrisikos (Behr und Helversen 2006; Arnett et al. 2009, 2010). Im Forschungshaben RENEBAT wurde eine Methode entwickelt, auf Basis der akustischen Messungen in Gondelhöhe die Zahl der Schlagopfer vorherzusagen und anlagenspezifische Abschaltungen zu berechnen, die einen hohen Fledermausschutz bei möglichst geringen Ertragseinbußen für den Betreiber gewährleisten (Behr et al. 2011b; Korner-Nievergelt et al. 2011). Diese Methode wurde in den Folgevorhaben validiert und weiterentwickelt (Behr et al. 2016; Korner-Nievergelt et al. 2018a). Nach derzeitigem Forschungsstand kann diese Methode auch an Waldstandorten eingesetzt werden, da sich die Fledermausaktivität über dem Wald nicht systematisch vom Offenland unterscheidet. Das ProBat-Tool zur Berechnung dieser Abschaltungen kann daher auch für Daten von Waldstandorten verwendet werden. Bisher wurde die Funktion der Abschaltalgorithmen an Waldstandorten nicht systematisch getestet. Gerade an kritischen Standorten, z. B. mit Quartieren kollisionsgefährdeter Arten, wäre es daher ratsam, die Wirksamkeit anhand von systematischen Schlagopfersuchen mit Ermittlung der Korrekturfaktoren absuchbare Fläche, Abtragrate und individuelle Sucheffizienz (Niermann et al. 2011) zu überprüfen. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, sollten wenigstens 60 % eines 50-m-Radius um den Mastfuß absuchbar sein (Niermann et al. 2011), was aber aufgrund der Größe der Rodungsflächen auch an Waldstandorten häufig der Fall ist. Insbesondere im ersten Jahr nach Inbetriebnahme ist der Aufwuchs auf den temporär genutzten Flächen noch so gering, dass eine Schlagopfersuche und -berechnung erfolgversprechend sind. Unverzichtbar sind außerdem pauschale Abschaltungen im ersten bzw. in den ersten beiden Betriebsjahren, solange noch keine Daten zur Berechnung der anlagenspezifischen Abschaltungen vorliegen bzw. diese noch nicht sicher errechnet werden können. In den Länderleitfäden werden dafür in der Regel Schwellenwerte von bis zu 6 oder 7 m/s und ab 10 °C während der Aktivitätsphase der Fledermäuse vorgegeben (Richarz et al. 2013; LUBW 2014). Diese Abschaltungen übersteigen normalerweise im Mittel die von ProBat errechneten, spezifischen Werte und sollten somit ebenfalls ausreichend Wirksamkeit entfalten. Aus Vorsorgegesichtspunkten muss immer überprüft werden, ob die tatsächlich in der Höhe gemessene Aktivität bei Windgeschwindigkeiten und Temperaturen außerhalb dieser Schwellenwerte ein Maß überschreitet, das es notwendig macht, eine Verschärfung/Anpassung dieser Werte vorzunehmen. Dies kann z. B. in der Nähe von Quartieren kollisionsgefährdeter Arten der Fall sein. An hoch gelegenen Standorten und bei Vorkommen kältetoleranter Arten wie der Nordfledermaus ist es außerdem sinnvoll, vor allem in den Randmonaten im Frühjahr und Herbst eine niedrigere Temperaturschwelle z. B. ab 6 °C anzusetzen. Um diese festzulegen, können die Daten der akustischen Erfassungen vor Errichtung der WEA oder auch Daten von benachbarten Windparks verwendet werden.

In Bezug auf das Kollisionsrisiko gibt es aus derzeitiger Sicht auch in Wäldern keine Standorte, die grundsätzlich komplett von WEA frei bleiben müssen, da Abschaltungen immer eine geeignete Maßnahme zur Vermeidung eines signifikant erhöhten Kollisionsrisikos darstellen. Ausschlussgebiete in bestimmten Wäldern zur Vermeidung von zu großen Lebensraumbeeinträchtigungen sind aber empfehlenswert (Abschn. 4.2). Bei sehr hohen Aktivitäten vor Errichtung der Anlagen kann zudem auch eine Abschätzung der daraus resultierenden Abschaltzeiten dazu führen, dass die Wirtschaftlichkeit des Standorts infrage gestellt werden muss. Aus Vorsorgegesichtspunkten werden außerdem beispielsweise in Thüringen Abstandsregelungen z. B. für Wochenstubenvorkommen von kollisionsgefährdeten Fledermausarten vorgesehen (ITN 2015).

Die Ergebnisse von Aktivitätsmessungen in verschiedenen Höhen (Müller et al. 2013; Hurst et al. 2016a, c; Budenz et al. 2017) weisen außerdem darauf hin, dass Anlagen so geplant werden sollten, dass zwischen dem Kronendach und der unteren Rotorspitze ein ausreichend großer Abstand von mindestens 50 m eingehalten wird. Je geringer der Abstand zum Kronendach ist, desto wahrscheinlicher muss damit gerechnet werden, dass weitere Arten in den Gefährdungsbereich geraten und die Aktivität an der unteren Rotorspitze die Aktivität in Gondelhöhe so beträchtlich übersteigt, dass die Abschaltalgorithmen eine nicht ausreichende Wirksamkeit entfalten.

Ein entscheidender Faktor für einen effizienten Fledermausschutz ist der Schwellenwert für die Zahl noch zulässiger Schlagopfer, an dem die Berechnungen mit ProBat ausgerichtet werden. Momentan wird in vielen Bundesländern sowohl für den Wald als auch für das Offenland eine Zahl von weniger als zwei Schlagopfern pro Jahr und Anlage noch für vertretbar gehalten (Richarz et al. 2012; LUBW 2014). Im Saarland wird eine Unterscheidung vorgenommen, welche Arten nachgewiesen wurden, und ggf. ein geringerer Schwellenwert von einem Tier gefordert (Richarz et al. 2013). Ein aktueller Leitfaden aus Thüringen sieht dagegen für alle neu gebauten WEA einen Schwellenwert von einer toten Fledermaus pro Jahr und Anlage vor (ITN 2015). Lindemann et al. (2018) gehen davon aus, dass für seltenere Arten wie den Kleinabendsegler der Schwellenwert sogar deutlich geringer sein müsste, um auf Dauer eine negative Populationsentwicklung zu vermeiden. Tatsächlich ist eine Herabsetzung dieses Schwellenwerts ein einfaches Mittel, um die Zahl der Schlagopfer erheblich zu mindern und den negativen Folgen von Summationseffekten entgegenzuwirken und damit der aktuellen RechtsprechungFootnote 1 Folge zu leisten. Aus Sicht des Artenschutzes ist es daher notwendig, einen deutlich geringeren Schwellenwert als bisher möglichst deutschlandweit sowohl für Wald- als auch für Offenlandstandorte anzustreben. Darüber hinaus sollte in Zukunft aufgrund des flächendeckend vorhandenen Kollisionsrisikos sichergestellt werden, dass keine Anlagen mehr ohne Abschaltungen ab dem ersten Betriebsjahr genehmigt werden. Aktuell sind insbesondere Abschaltzeiten nach dem RENEBAT-Verfahren (ProBat) als Stand der Technik anzusehen. Auch die Möglichkeit einer rückwirkenden Implementierung für die zahlreichen Altanlagen, die derzeit ohne Abschaltungen betrieben werden, muss in diesem Zusammenhang erfolgen. Hierbei steht den zuständigen Naturschutzbehörden die Möglichkeit offen, über §3 (2) BNatSchG eine verhältnismäßige Anpassung der Betriebsart zu verlangen, ohne dass die Genehmigung im Kern verändert oder gar zurückgenommen werden müsste, also ohne Regressansprüche zu befürchten.

3 Lebensstättenverluste an Waldstandorten

3.1 Bedeutung von Wald als Lebensstätte

Wälder stellen ein sehr bedeutendes Habitat für die Mehrzahl der in Deutschland vorkommenden Fledermausarten dar. Zum einen werden von vielen Arten nahezu ausschließlich oder gelegentlich Baumquartiere genutzt. Bäume dienen sowohl als Quartiere für Wochenstuben als auch für Paarungsgruppen, für Überwinterungsgesellschaften und auch für Einzeltiere (Meschede und Heller 2000). Besonders Wochenstuben sind auf einen größeren Quartierverbund angewiesen. In der Regel werden die Quartiere nach wenigen Tagen gewechselt und die Kolonien spalten sich in mehrere Gruppen auf, sodass mehrere Quartiere gleichzeitig genutzt werden (Fission-Fusion-Verhalten). Im Verlauf eines Jahres kann so beispielsweise eine Kolonie der Bechsteinfledermaus mehr als 50 Quartierbäume nutzen (Kerth und König 1999). Diese befinden sich meist innerhalb eines Radius von 500 m zueinander, aber auch 1000 m sind belegt (Dietz und Pir 2009; Dietz et al. 2013). Da die Art Spechthöhlen bevorzugt (Steck und Brinkmann 2015), findet sie ausreichend natürliche Quartiermöglichkeiten vor allem in älteren, wirtschaftlich wenig genutzten Laub- und Mischwäldern vor (Abb. 2.3, Abb. 4.1), auch wenn Nadelwälder teilweise zur Jagd genutzt werden (Albrecht et al. 2002). Andere Arten wie die Mopsfledermaus bevorzugen als Quartiere abplatzende Borke, die häufig nur über einen kurzen Zeitraum zur Verfügung steht (Russo et al. 2005) (Abb. 2.3). Auch diese Art erschließt sich, um einem Quartiermangel vorzubeugen, ein großes Netz an geeigneten Quartieren und ist auf einen hohen Anteil an stehendem Alt- und Totholz angewiesen (Peerenboom 2009; Kortmann et al. 2017). Selbst vermeintlich intensiv genutzte Wirtschaftswälder mit geringem Habitatpotenzial können Fledermauswochenstuben beherbergen; so bezogen beispielsweise Braune Langohren im Nordschwarzwald bevorzugt Fäulnishöhlen in gezwieselten Fichten, die auf den ersten Blick nicht als Quartierbäume erkennbar gewesen wären (Hurst et al. 2019) (Abb. 2.3). In monotonen Nadelforsten in Südthüringen wurden zudem bereits Wochenstuben des Kleinabendseglers in durch Rothirschverbiss entstandenen Fäulnishöhlen in Fichten nachgewiesen (Beck und Schorcht 2005).

Paarungsquartiere in Bäumen werden z. B. von Abendseglern und Kleinabendseglern bezogen, um durch Balzrufe Weibchen im Umfeld dieser Quartiere anzulocken. Auch diese Quartiere werden regelmäßig gewechselt (Brinkmann et al. 2016). Auch als Winterquartiere werden Baumhöhlen genutzt, z. B. durch Überwinterungsgesellschaften des Abendseglers (Meschede und Heller 2000). Die Überwinterungsgruppen können große Individuenzahlen von bis zu mehreren Hundert Tieren erreichen (Dietz 1997). Außerdem dienen Wälder für fast alle Fledermausarten als Jagdgebiete, wobei von den unterschiedlichen Arten verschiedene Strukturen wie beispielsweise der Waldboden, Einzelbäume, Randstrukturen oder der freie Luftraum zwischen den Bäumen genutzt werden. Vor allem vegetationsgebunden jagende Arten wie die Bechsteinfledermaus suchen häufig kleinflächige, individuelle Jagdhabitate im nahen Umfeld um die Quartiere auf, die vermutlich wie Reviere verteidigt werden (Kerth et al. 2001; Dawo et al. 2013; Steck und Brinkmann 2015).

Abb. 2.3 Fig. 2.3
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Waldfledermäuse nutzen viele verschiedene Quartiertypen. Bechsteinfledermäuse bevorzugen Spechthöhlen in alten Laubbäumen (links). Mopsfledermäuse nutzen Rindenschuppen an absterbenden Bäumen (Mitte). Braune Langohren sind auch in quartierarmen Fichtenwäldern in Zwieselhöhlen anzutreffen (rechts) (Links: Horst Schauer-Weisshahn, Mitte und rechts: Johanna Hurst)

Forest bats use different roost types. Bechstein’s bats prefer woodpecker cavities in old broadleaved trees. Barbastelles use roosts beneath loose bark at dying trees. Brown long-eared bats even find roosts in monocultural coniferous forests

Die Errichtung von WEA an Waldstandorten benötigt nach dem derzeitigen Stand der Technik eine Rodungsfläche von ca. 1 ha/WEA. Hinzu kommen die Anpassung und Neuschaffung von Zuwegungen, die je nach Erschließung des Standortes weitere Rodungen notwendig macht. Durch die Rodungsarbeiten können Quartiere von Fledermäusen zerstört werden. Jagdhabitate von vegetationsgebunden jagenden Arten können durch die Rodungen zerstört werden, für andere Arten können aber auch neue Jagdhabitate, z. B. im Bereich der neu geschaffenen Waldränder, entstehen (Segers und Broders 2014). Darüber hinaus werden durch die Rodungsarbeiten geschlossene Waldflächen zerschnitten, und es entstehen neue Waldinnenränder, an denen Randeffekte ins Waldesinnere wirken. So kann z. B. eine stärkere Auskühlung in der Nacht oder mehr Sonneneinstrahlung am Tage eine Veränderung des Unterwuchses bedingen und damit die Habitateigenschaften verändern. Verlärmungen durch Bau und Betrieb der WEA könnten Störungen erzeugen, die auch Quartiere und Jagdhabitate in bestehenden Waldflächen beeinträchtigen. Inwieweit solche Störungen dazu führen, dass sich Aktionsräume von Waldfledermauskolonien verschieben oder Flächen nahe von WEA-Standorten weniger intensiv genutzt werden, ist Gegenstand aktueller Forschungen. Bei einer Vorher-nachher-Untersuchung an einer Kolonie der Mopsfledermaus mit Wochenstubenquartieren in ca. 800 m Entfernung von den WEA-Standorten konnten keine Verschiebungen der Quartiere und Aktionsräume festgestellt werden; ähnliche Studien an Kolonien des Braunen Langohrs laufen derzeit noch (Hurst et al. 2019). Bei einer Studie in Frankreich wurde an verschiedenen Heckenstandorten im Umfeld um bestehende WEA, allerdings im Offenland, die akustische Fledermausaktivität gemessen (Barré et al. 2018). Hier nahm die akustisch gemessene Aktivität einiger Fledermausarten mit zunehmender Entfernung von den WEA zu. Inwieweit Störungen durch den WEA-Betrieb tatsächlich einen Effekt haben, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden.

3.2 Erfassungsmethoden

Zur Beurteilung der eintretenden Beeinträchtigungen ist es wichtig, die Funktion von geplanten Waldstandorten vor der Errichtung der WEA intensiv zu untersuchen. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass alle Waldstandorte Fledermäusen ein Habitat bieten können und daher in Wäldern nicht auf Erfassungen zur Ermittlung der Bedeutung als Lebensstätte verzichtet werden kann. Auch vermeintlich wenig geeignete monotone Fichtenforste können Quartier- und Jagdgebiete für verschiedene Fledermausarten darstellen (Albrecht et al. 2002; Beck und Schorcht 2005; Hurst et al. 2019).

Um das Artenspektrum, Quartiere und Jagdhabitate erfassen zu können, müssen zwingend Netzfänge durchgeführt werden. Diese ermöglichen es, auch akustisch schwer zu unterscheidende Arten zu bestimmen, Geschlecht und Reproduktionsstatus zu erfassen und Tiere zu besendern. Die Netzfänge sollten in ausreichender Anzahl bei guten Witterungsbedingungen (Temperaturen über 10 °C und wenig Wind) durchgeführt werden. Ein guter Standard sind zwei Netzfänge pro geplanter WEA (ITN 2015). Dabei müssen die Netze an geeignete Strukturen gestellt werden, und die Fangorte sollten sich nach Möglichkeit auf den beeinträchtigten Flächen befinden und einen Abstand von 1 km zu diesen nicht überschreiten.

Zur Besenderung geeignet sind vor allem reproduktive Weibchen, da diese in der Regel gemeinsam mit der Wochenstubenkolonie Quartier beziehen und die gefundenen Quartiere dementsprechend besonders planungsrelevant sind. Vor allem in der Laktationsphase ist die Wahrscheinlichkeit bei eher kleinräumig jagenden Arten groß, dass sich die genutzten Quartiere nahe der Fangstelle und damit auch nahe der geplanten WEA befinden (z. B. Siemers et al. 1999; Steinhauser et al. 2002; Steck und Brinkmann 2015). Vor Kurzem flügge gewordene Jungtiere gehören im Normalfall noch nahe gelegenen Wochenstubenkolonien an und sind daher gegebenenfalls für die Quartiertelemetrie geeignet, wenn keine geeigneten adulten Tiere gefangen werden. Quartiere und Aktionsräume von Männchen außerhalb der Paarungszeit sind dagegen meistens für die Planung wenig relevant, da in der Regel Einzelquartiere besetzt werden, die leichter ersetzt werden können. Allerdings gibt es auch einige Arten, bei denen sich gemischte Gruppen oder auch reine Männchengruppen in Baumquartieren aufhalten, beispielsweise die Wasserfledermaus (Encarnação et al. 2005, 2012). Aus den regelmäßigen Quartierwechseln und dem Fission-Fusion-Verhalten der baumbewohnenden Arten (Kerth und König 1999; Russo et al. 2005) folgt außerdem, dass die Quartiernutzung mehrerer Weibchen einer Kolonie über jeweils mehrere Tage hinweg untersucht werden sollte. Dies ermöglicht es, mehrere von der Kolonie genutzte Quartiere zu ermitteln und auf dieser Basis Quartierzentren abzugrenzen. Planungsrelevant sind außerdem die Jagdhabitate kleinräumig jagender Arten wie der Bechsteinfledermaus oder des Braunen Langohrs, da sie eine essenzielle Bedeutung für die Kolonie haben und ihre Beeinträchtigung dazu führen kann, dass auch Quartiere in ihrer Eignung gemindert werden (LANA 2010). Zur Ermittlung der Jagdgebiete muss eine Raumnutzungstelemetrie durchgeführt werden, indem die Habitatnutzung einer repräsentativen Anzahl von Weibchen einer Kolonie (in der Regel wenigstens fünf Tiere) über mehrere Nächte hinweg durch Kreuzpeilungen erfasst wird. Da durch die Raumnutzungstelemetrie in der Regel nicht der Aktionsraum der gesamten Kolonie ermittelt wird, muss anhand der Ergebnisse beurteilt werden, ob die Eingriffsgebiete geeignete Jagdhabitate darstellen. Dazu werden im Regelfall 95 %-Kernel (statistisch ermittelte Aufenthaltsbereiche, die in 95 % der Zeit genutzt werden) berechnet und auf dieser Basis die vermutlich in ähnlicher Weise genutzten Waldbereiche mit vergleichbarer Habitatausstattung ermittelt. Alternativ können zur Flächenbewertung auch Habitatmodelle erstellt werden (Steck und Brinkmann 2013).

Auch Balzquartiere in Bäumen sollten ermittelt werden, da sie häufig mehreren Tieren Quartier bieten und aufgrund der Territorialität der Männchen auch durchaus eine begrenzte Ressource darstellen, die bei der Planung zu beachten ist. Balzquartiere in Bäumen können durch Begehungen mit dem Detektor im Spätsommer und Herbst identifiziert werden, da deutliche Balzlaute geäußert werden (Helversen und Helversen 1994; Ohlendorf und Ohlendorf 1998). Daher ist es notwendig, hierfür wie auch für alle anderen Untersuchungen entsprechend geschultes Personal einzusetzen, das Balzrufe der relevanten Arten sicher identifizieren kann. Auch hier sind mehrere Durchgänge notwendig, um die Nachweiswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Zudem sollten die Begehungen erst nach dem ersten Nachtviertel beginnen, da die Männchen zumindest beim Kleinabendsegler häufig zunächst Jagdflüge unternehmen (Brinkmann et al. 2016). Beim Nachweis balzender Tiere in unmittelbarer Umgebung der Rodungsflächen ist es unter Umständen notwendig, die Tiere zu fangen und zu besendern, um das tatsächliche Quartier zu finden.

Die Ermittlung bedeutender Winterquartiere ist schwierig, da die Tiere im Winter größtenteils inaktiv sind. In jüngeren Wäldern, in denen keine Bäume mit ausreichender Stammdicke vorhanden sind, sowie in Wäldern in den Hochlagen der Mittelgebirge sind große Winterquartiere von vornherein nicht zu erwarten. Können diese nicht ausgeschlossen werden, ist ein Nachweis möglicherweise über das sogenannte Frostschwärmen möglich. So wird von Zwergfledermäusen berichtet, dass diese an Gebäuden in den ersten Nächten nach Beginn einer Frostperiode in der ersten Nachthälfte ab ca. 1 h nach Sonnenuntergang Schwärmverhalten zeigen (Korsten et al. 2016). Es müsste überprüft werden, ob diese Nachweismethode auch für Überwinterungsquartiere in Wäldern geeignet ist. Bei gut erreichbaren potenziellen Winterquartieren könnten außerdem auch Baumhöhlenkameras eingesetzt werden, um einen Besatz nachzuweisen (ITN 2006, 2012). Neben Baumhöhlen mit großer Wandstärke sind außerdem Strukturen wie Höhlen, Stollen, Dolinen, Blockschutthalden und Felswände im nahen Umfeld bis zu 1 km um die geplanten Standorte im Spätherbst auf eine mögliche (Winter-)Quartiernutzung zu untersuchen.

Im Anschluss an die Fledermauserfassungen sollten die Rodungsflächen inklusive eines Puffers von 50 m genau kartiert werden, um die Eignung als Quartier- und Jagdgebiet festzustellen und darauf basierend angepasste Maßnahmen zu entwickeln. Die Kartierung erst nach den telemetrischen Untersuchungen durchzuführen, ist sinnvoll, da die von den Kolonien bevorzugten Quartiertypen und Jagdgebiete dann bekannt sind und bei der Kartierung besonders auf diese Strukturen geachtet werden kann. Dies ermöglicht eine bessere Bewertung der zu erwartenden Beeinträchtigungen.

3.3 Maßnahmen

Im Gegensatz zur Vermeidung eines erhöhten Kollisionsrisikos ist zur Vermeidung von Lebensstättenverlusten die Definition von Ausschlussgebieten eine wichtige Maßnahme, um von vornherein die bedeutendsten Fledermauslebensräume von Windkraftanlagen freizuhalten. Alte Laubwälder und Laubmischwälder ab einem Bestandsalter von 100 Jahren, naturnahe Nadelwälder und Wälder in Natura2000-Gebieten, in denen Erhaltungsziele von Fledermäusen beeinträchtigt werden könnten, sollten daher von der Windkraftnutzung ausgeschlossen werden (ITN 2015; Hurst et al. 2016d). Darüber hinaus müssen bei der konkreten Standortplanung die Ergebnisse der Fledermauserfassungen berücksichtigt und ggf. Standorte verschoben oder gestrichen werden, wenn sie sich innerhalb bedeutender Fledermaushabitate befinden. Dabei sollten nicht nur die gefundenen Quartiere selbst verschont werden, sondern es ist aus Vorsorgegründen sinnvoll, um die Quartierzentren einen Pufferzone von mindestens 200 m zu legen (ITN 2015; Hurst et al. 2016d). Aufgrund der nachgewiesenen Entfernungen zwischen Wochenstubenquartieren von bis zu 1 km (z. B. Steinhauser et al. 2002; Dietz und Pir 2009; Dietz et al. 2013) sollten zur Abgrenzung der Quartierbereiche alle innerhalb dieser Distanz gefundenen Quartiere anhand eines Polygons zusammengefasst werden, das dann zuzüglich der Pufferzone von WEA frei bleiben sollte. Durch diese Maßnahme wird zum einen berücksichtigt, dass durch die Erfassungen nie alle Quartiere gefunden werden und sich im näheren Umfeld weitere Quartiere befinden können, die dadurch geschützt werden, zum anderen werden Randeffekte von den Quartieren ferngehalten. Mehrere zweijährige Erfassungen in Wochenstubengebieten der Mopsfledermaus und des Braunen Langohrs zeigten, dass durch dieses Vorgehen in der Tat zahlreiche weitere Quartiere geschützt werden, da sich die genutzten Quartiere häufig auf eine kleine Fläche konzentrieren (Hurst et al. 2019). Hinzu kommt, dass bei kleinräumig jagenden Arten die quartiernahen Flächen in der Regel auch intensiv als Jagdhabitate genutzt werden, die dadurch eine essenzielle Bedeutung für die Kolonie haben können und durch diese Maßnahme ebenfalls geschützt sind. Über die 200-m-Pufferzone hinaus sollte aber auch geprüft werden, ob die Eingriffsflächen inklusive eines Puffers von 50 m besonders geeignete Quartiere und Habitatstrukturen aufweisen, wie sie von der Fledermauskolonie bevorzugt genutzt werden; in diesem Falle sollte ebenfalls eine Standortverschiebung angestrebt werden. Befinden sich dennoch potenzielle Quartiere auf den Rodungsflächen, müssen diese vor Beginn der Baumfällungen mittels Endoskopie und ggf. Hubsteigern oder Baumkletterern auf Besatz überprüft werden, um Tötungen zu vermeiden.

Es wird an Waldstandorten in der Regel nicht möglich sein, die Standorte so zu wählen, dass überhaupt keine potenziellen Quartiere sowie Jagdhabitate verloren gehen oder beeinträchtigt werden. Daher müssen Maßnahmen zum vorgezogenen Ausgleich von Habitatverlusten (CEF-Maßnahmen) durchgeführt werden. Als Maßnahme mit einem hohen Wirkungsgrad empfiehlt es sich, Waldflächen dauerhaft aus der Nutzung zu nehmen. Es ist zu erwarten, dass durch den Nutzungsverzicht die Zahl potenzieller Quartiere und die Eignung als Jagdhabitat aufgrund der verbesserten Strukturvielfalt zunehmen. So werden in Wirtschaftswäldern in der Regel nur Höhlendichten bis maximal 5 Höhlenbäume/ha erreicht (Dietz 2007; Brünner et al. 2017), wohingegen in wenig wirtschaftlich genutzten Wochenstubengebieten z. B. der Bechsteinfledermaus häufig sogar 20 Höhlenbäume/ha vorhanden sind (Dietz und Krannich 2019). Es bietet sich an, geeignete Flächen im Bereich der nachgewiesenen Quartierzentren und daran angrenzend zu suchen, da hier davon ausgegangen werden kann, dass die Maßnahme in jedem Fall der nachgewiesenen Kolonie zugutekommt. Dabei muss darauf geachtet werden, dass auf den Flächen ein Aufwertungspotenzial besteht, damit die Maßnahme als Ausgleichsmaßnahme gewertet werden kann und nicht nur dem Bestandsschutz der bereits genutzten Quartiere dient. Um die Wirksamkeit zu erhöhen, wird in der Regel ein Vielfaches der Rodungsfläche aus der Nutzung genommen. Je nach Potenzial der verloren gehenden Fläche kann eine bis um das Fünffache größere Fläche für den Ausgleich notwendig werden (Hurst et al. 2016d). Ist ein Nutzungsverzicht nicht möglich, können auch Habitatbaumgruppen ausgewiesen werden. Diese müssen ebenfalls dauerhaft aus der Nutzung genommen werden und sollten auch Bäume im nahen Umfeld mit einschließen, sodass die Quartiereigenschaften auf Dauer erhalten bleiben (Dietz und Krannich 2019). Bei dieser Maßnahme ist aber allein aufgrund der geringeren Anzahl an Bäumen von einer schwächeren Wirkung auszugehen. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass es üblich ist, den Nutzungsverzicht nur für die Laufzeit der WEA über einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahren festzulegen. Dies entspricht keinem adäquaten Ausgleich, da die Habitate auf den Rodungsflächen dauerhaft zerstört wurden. Daher muss bei der Ausweisung der Maßnahmen angestrebt werden, dass die stillgelegten Flächen bzw. Baumgruppen auch über diesen Zeitraum hinaus gesichert werden und als qualitativ hochwertige Fledermaushabitate erhalten bleiben.

Da die genannten Maßnahmen jeweils erst nach längerer Zeit ihre volle Wirkung entfalten, müssen außerdem zum Erhalt der ökologischen Funktion Fledermauskästen ausgebracht werden. Diese Maßnahme funktioniert allerdings unterschiedlich gut, abhängig von der zu ersetzenden Quartierfunktion, den Fledermausarten und dem Gebiet. Zahn und Hammer (2016) konnten zeigen, dass die Kästen vor allem dann gut angenommen werden, wenn die Kästen entweder mehrere Jahre vor dem Eingriff ausgebracht werden oder bereits Kästen im Gebiet hängen, sodass die Tiere bereits ein Suchbild für diesen Quartiertyp besitzen. Außerdem werden die Kästen von verschiedenen Arten unterschiedlich angenommen. Dennoch ist in der Regel davon auszugehen, dass sich bei einer ausreichenden Kastenzahl das Quartierangebot in jedem Fall verbessert. Um die Funktion der Maßnahmen zu gewährleisten, sollte ein Monitoring beauflagt werden (Zahn und Hammer 2016). Dabei müssen die Belegung der Kästen überprüft und der Zustand der Ausgleichsflächen dokumentiert werden. Außerdem müssen die Kästen regelmäßig gesäubert und ggf. bei Beschädigungen ersetzt werden. Sollte sich bei diesem Monitoring zeigen, dass die Maßnahmen nicht die gewünschte Wirkung entfalten, kann beispielsweise die Zahl der Kästen erhöht werden oder der Absterbeprozess einzelner Bäume durch Ringelung vorangetrieben werden.

4 Forschungsbedarf und Ausblick

Selbst wenn in den letzten Jahren aufgrund einiger Forschungsprojekte sowie praktischer Erfahrungen durch WEA-Planungen an Waldstandorten ein deutlicher Wissenszuwachs stattfand, besteht nach wie vor Forschungsbedarf zu Windkraft und Fledermäusen an Waldstandorten. Dies betrifft vor allem das Kollisionsrisiko, da dies im Gegensatz zum Lebensstättenverlust eine windkraftspezifische Problematik ist. Nach wie vor ist es weitestgehend ungeklärt, welche Standortfaktoren ein hohes Kollisionsrisiko begünstigen. An Waldstandorten ist vor allem die Frage offen, ob die Nähe von Quartieren kollisionsgefährdeter Arten wie dem Abendsegler die Aktivität im Rotorbereich und damit das Kollisionsrisiko erhöht. Dazu müssten systematische Untersuchungen an Standorten mit und ohne Quartiere durchgeführt werden. Auf Grundlage der Ergebnisse könnte geklärt werden, inwieweit Abstandsregelungen von solchen Quartieren, wie sie in Thüringen vorgesehen sind (ITN 2015), beibehalten und bundesweit empfohlen werden sollten. Weiterhin sollte untersucht werden, wie sich veränderte Standortfaktoren durch Bau und Betrieb der WEA, beispielsweise ein Attraktionseffekt durch die WEA selbst oder die Anlockung von Insekten durch Wärmestrahlungen, auf die Fledermausaktivität auswirken.

Da die Anlagen immer größer werden und die untere Rotorspitze teilweise weniger als 20 m von der Geländeoberfläche entfernt ist, stellt sich außerdem zunehmend die Frage, ob Messungen im Bereich der unteren Rotorspitze generell notwendig sind, um das Kollisionsrisiko besser zu beurteilen und die Abschaltzeiten daran anzupassen. Optimalerweise müssten dazu nach dem Vorbild des Projekts RENEBAT I (Brinkmann et al. 2011) umfassende Aktivitätsmessungen mit Detektoren oder Kameras in Gondelhöhe und in Höhe der unteren Rotorspitze sowie Schlagopfersuchen an Waldstandorten stattfinden. Sollte sich zeigen, dass das Kollisionsrisiko durch die Aktivität im Bereich der unteren Rotorspitze maßgeblich beeinflusst wird, müsste zudem auch die Möglichkeit zur Verwendung dieser Daten in ProBat implementiert werden. Zur Beantwortung vieler offener Fragen dieser Art wäre es sinnvoll, die Betreiber zu verpflichten, alle im Rahmen von Windkraftprojekten erhobenen Daten freizugeben, sodass diese in einer Datenbank gesammelt und für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden können.

Immer drängender wird aufgrund des zunehmenden Ausbaus der Windkraft zudem die Frage nach den Summationswirkungen sowie den langfristigen Auswirkungen auf Fledermauspopulationen. Aufgrund fehlender Daten zu Schlüsselparametern, die die Populationsentwicklung bestimmen, ist es fast unmöglich, Vorhersagen zur Populationsentwicklung auf Grundlage statistischer Modelle zu treffen (Dietz et al. 2016; Korner-Nievergelt et al. 2018b). Um aussagekräftige Daten zu gewinnen, müssten daher Fledermauskolonien schlaggefährdeter Arten in der Nähe von WEA langjährig untersucht werden.

Auch bezüglich des Lebensstättenverlusts sind nicht alle Fragen geklärt. Insbesondere die Frage, wie an die Rodungsflächen angrenzende Habitate beeinträchtigt werden, ist relevant für die Beurteilung der zu erwartenden Habitatverluste und für das Ausmaß der notwendigen Maßnahmen. Zu dieser Fragestellung werden derzeit Kolonien von Waldfledermausarten in einem Forschungsprojekt untersucht. Um den Nachweis von Winterquartieren zu ermöglichen, wäre es außerdem interessant zu überprüfen, inwieweit das sogenannte Frostschwärmen (Korsten et al. 2016) auch bei weiteren Arten wie dem Abendsegler und an bedeutenden Winterquartieren in Bäumen auftritt.

Aufgrund der zahlreichen offenen Fragen insbesondere zu Summationswirkungen und der Populationsentwicklung ist es dringend notwendig, bei Windkraftprojekten an Waldstandorten, aber auch im Offenland, nach dem Vorsorgeprinzip zu handeln und Maßnahmen streng anzusetzen. Insbesondere restriktivere Vorgaben des Schwellenwerts für die Anzahl noch zulässiger Schlagopfer und die generelle Einführung von Abschaltzeiten als Stand der Technik sind wie bereits beschrieben notwendig, um einen mit den Zielen des Fledermausschutzes zu vereinbarenden Ausbau der Windkraft im Wald aber auch im Offenland zu gewährleisten.