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Über internationale Kongresse in der Religionspsychologie (1900–1960)

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Religionspsychologie

Zusammenfassung

Obgleich die Neukonstituierung der IAPR aus dem Jahre 1960 erstaunlich viel Ähnlichkeit sowohl mit der Gründung 1914 als auch mit dem zweiten Anfang 1928/29 aufweist, dürfte es nützlich sein, auf wenigstens einen Unterschied zu diesen früheren Initiativen hinzuweisen. Was im Vergleich zu den Anfängen 1914 und 1928 am meisten auffällt, ist der völlig andere Kontext in der Religionspsychologie selbst. War bezüglich der Ereignisse in den Jahren 1914 und 1928/29 die Feststellung zu machen, dass die Bemühungen um die IAPR nicht gerade das Einzige war, das es bezüglich der damaligen Religionspsychologie zu berichten gab, muss zum Jahr 1960 gerade festgestellt werden, dass es bedeutend weniger zu verzeichnen gilt und vor allen Dingen, dass sich eine andere Art Schrifttum im Grenzbereich zwischen, grob gesagt, Psychologie und Theologie entwickelte. Da eine Abwesenheit eines Sachverhalts manchmal noch schwieriger nachzuweisen ist als dessen Vorhandensein, sollten wir in der Zeit etwas zurückgehen, um – ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit – aufzuzeigen, wie Entwicklungen an anderen Stellen ebenso zum Erliegen gekommen waren wie im Falle der IAPR. Es verschafft zudem Gelegenheit, etwas Näheres über die von Gruehn so verpönte Wiener Gesellschaft für Religionspsychologie zu erfahren und den Streit um den sogenannten ersten internationalen Kongress für Religionspsychologie auf vielleicht unerwartete Weise etwas zu relativieren.

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Notes

  1. 1.

    Siehe unter anderem die Ankündigungen in den Heften der Zeitschrift für Religionspsychologie jener Jahre und das vorläufige Programm, das Beth als Anlage seinem Schreiben vom 23. Januar 1931 an das Unterrichtsministerium beifügte (OSA, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Geschäftszahl 1931/4958).

  2. 2.

    Siehe das Programm wie erhalten im Wiener AEKÖ (Kirchenamt A.B.), Faszikel 481.

  3. 3.

    Körber (1931, S. 310) spricht von 36 angekündigten und 28 tatsächlich gehaltenen Vorträgen, er nennt aber 21 Namen; Kunert (1931) berichtet von 19 Vorträgen. K. Beths (1931) eigener, detailreicher Bericht erwähnt 27 Vortragende; als Organisator dürfte er es am besten gewusst haben.

  4. 4.

    Das Wetter war mit Temperaturen über 30 Grad derart herrlich, dass auf Anordnung des Polizeivizepräsidenten (und Vizepräsidenten der Internationalen Gesellschaft für Religionspsychologie) Brandl die Sittenkommission auf Streife ging, um Razzien nach mangelhaft bekleideten Ausflüglern durchzuführen (Wiener Mittags-Zeitung, 23.05.1931, S. 1, 2, 22).

  5. 5.

    Und zur Interkonfessionalität meinte Körber: „[D]ie Absicht, die Anhänger möglichst vieler verschiedener religiöser Bekenntnisse zur Mitarbeit heranzuziehen, wurde nicht erreicht“ (Körber 1931, S. 311).

  6. 6.

    Der Text des Elften Preisausschreibens dürfte an etlichen Stellen erhalten sein. Zitiert wird hier aus dem Exemplar im Archiv der Kant-Gesellschaft e. V. am Philosophischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, S. 2 (Punkt 3).

  7. 7.

    Laut Punkt „m“ der „Bestimmungen“ des Preisausschreibens sei „die Leitung der Kant-Studien berechtigt, aber nicht verpflichtet, preisgekrönte Arbeiten in ihrer Zeitschrift oder in den ‚Ergänzungsheften‘ abzudrucken“ (ebd., S. 2).

  8. 8.

    Es wird im Aufsatz zwar auf „Glauben“, religiös oder nicht, Bezug genommen, aber er wird der dritten unterschiedenen Modalität des Psychischen zugeordnet. Marianne Beth (1932a) spricht von Denken, Reagieren und Erfahren; sie unterscheidet 1. eine Modalität des intellektuellen, verstandesmäßigen Denkens, 2. eine Modalität der „Seele“ (auch im Original in Anführungszeichen): des eingebetteten, unabgehobenen, verstehenden, anschauenden Denkens, 3. die Modalität des „Wesens“, der Sinn- und Strukturerfassung, gerichtet „auf das Wesentliche, auf das Letzte“ (M. Beth 1932a, S. 256).

  9. 9.

    Auf das unterschiedliche Verständnis dessen, was als „empirisch“ zu gelten hatte, ist bereits hingewiesen worden. Dennoch kann M. Beths „Die dreifache Modalität des Psychischen“ (M. Beth 1932a) kaum als empirisch orientiert gelten, es ist eher eine theoretisch-psychologische Arbeit; als empirische Evidenz bringt sie nur einmal beiläufig ein Beispiel („Ich selbst kannte einen hochgebildeten Mann“ …, S. 265).

  10. 10.

    Die Verzögerung der Veröffentlichung dürfte mit finanziellen Problemen zu tun gehabt haben. Es war zunächst eine Veröffentlichung aller Vorträge und Diskussionsbeiträge geplant. 1933 veröffentlichte Karl Beth einen „dritten Teil“ der Verhandlungen. Die Teile 1 und 2 sind aber nie veröffentlicht worden. Es ist anzunehmen, dass nur für den der „Jugendpsychologie“ gewidmeten Teil ein Verleger gefunden werden konnte. 1935 wurden mehrere bisher noch nicht im Druck erschienene, auf dem Kongress gehaltene Vorträge in der Zeitschrift für Religionspsychologie veröffentlicht. Indikativ für die finanziellen Probleme dürfte in diesem Zusammenhang auch sein, dass nach 1933 nicht mehr der Verlag Ungelenk, sondern der Verlag der Internationalen Gesellschaft für Religionspsychologie selbst als Verleger auftrat.

  11. 11.

    Um einmal einen Blick auf die damals ziemliche Mobilität unter manchen europäischen Gelehrten zu werfen: Der gebürtige Pole und österreichischer Staatsbürger Ochorowicz studierte Psychologie bei Wundt in Leipzig, wurde Privatdozent an der polnischsprachigen Universität in Lemberg (polnisch: Lwów; ukrainisch: Lwiw) in der Ukraine, das damals zur Doppelmonarchie gehörte. Sehr engagiert in Parapsychologie, sollte er Anfang des 20. Jahrhunderts Direktor des 1904 gegründeten Institut Général Psychologique in Paris werden.

  12. 12.

    Vereinzelt gab es schon mal einen Vortrag, in dem Religiöses angerissen wurde, z. B. von Sanai über „An experimental study of political, religious and social attitudes“ auf dem ICP 13 in Stockholm 1951 (Sanai 1952). Ein Vortrag wie „Magico-religious patterns of behaviour as observed among the natives of Madagascar“ auf demselben Kongress (Leib 1952) enthielt eigentlich nur Ethnographisches.

  13. 13.

    Einen Nachlass Heymans im eigentlichen Sinne gibt es nicht. (Niederländische Universitäten verwahren im Allgemeinen keine Nachlässe verstorbener Lehrstuhlinhaber.) Einiges aus seinen Papieren befindet sich in der Universitätsbibliothek der Universität von Amsterdam, einiges im Stadtarchiv Groningen; an ersterer Stelle finden sich seine Notizbücher über frühere von ihm besuchte ICPs (UBA: Archief Heymans), an letzterer Stelle Teile seiner Unterlagen zum ICP 8 (GA: Psychologisch Instituut Rijksuniversiteit Groningen, 1.15: „psychologencongres 1926“).

  14. 14.

    In seinem Kongressbericht nannte der Theologe und Psychologe (Heymans-Schüler) Hannes T. de Graaf (1875–1930), der erste, der Religionspsychologie an einer niederländischer Universität lehrte (de Graaf 1905, 1928), Leuba einen liebenswürdigen Freidenker „der aggressiven Sorte“ (de Graaf 1926, S. 294–295).

    Alle Übersetzungen aus dem Niederländischen in diesem Kapitel sind vom Verfasser (JAvB).

  15. 15.

    Selbstverständlich kann man fragen, ob der Reporter der Nieuwe Rotterdamsche Courant (NRC) in der Morgenausgabe des 9. September 1926 die Diskussion ganz richtig wiedergegeben hat. Auf jeden Fall ist die Wiedergabe des Leuba’schen Standpunktes im Bericht Valentiners sehr wahrscheinlich nicht richtig. Laut Valentiner soll Leuba gesagt haben: „Die Wissenschaft kann nicht das Transzendente von ihrer Betrachtung ausschließen und sich nur auf Betrachtung einer Seite der religiösen Erfahrungen wie etwa die Analyse und Darstellung der religiösen Gefühle beschränken“ (Valentiner 1927, S. 175–176), was aber nicht übereinstimmt mit dem, was man bei Leuba selbst liest. Die spärlichen Quellen zur Diskussion widersprechen sich noch an weiteren Stellen: So meint de Graaf (1926), dass Janet den „Eindruck eines gewissen Agnostizismus“ machte, während Valentiner (1926) schreibt, dass dieser die Religion für „eine Fiktion“ hielt, was etwas anderes wäre als Agnostizismus (und von jemandem wie de Graaf sicherlich bemerkt worden wäre). Immerhin zeigen die unterschiedlichen Berichte, dass es eine ziemliche Diskussion über das „Prinzip“ des Ausschlusses der Transzendenz aus der wissenschaftlichen Erklärung gegeben haben muss.

  16. 16.

    Der bekannte Religionswissenschaftler van der Leeuw formulierte eine ähnliche Kritik: Das religionspsychologische Symposium auf ICP 1926 sei „eine Enttäuschung“ gewesen. Obgleich er selbst in jenen Jahren der Psychoanalyse noch sehr skeptisch gegenüberstand, habe seiner Meinung nach der Psychoanalytiker Jones noch „den am wenigsten antiquierten Eindruck“ gemacht. Die anderen Beiträge, teils von Rednern „mit großen Namen als experimentelle Forscher“, seien nicht über Hume oder Multatuli hinausgekommen. Seiner phänomenologischen Orientierung getreu setzte van der Leeuw für ein Verständnis der Religion größere Hoffnungen auf die damals „neueren psychologischen Richtungen, verbunden mit den Namen von Dilthey, Jaspers, Spranger u. a.“ (van der Leeuw 1926a). Van der Leeuw war in jenen Jahren stark an Religionspsychologie interessiert (Religionsgeschichte ohne Religionspsychologie sei „ein unmögliches Unternehmen“, van der Leeuw 1928a, S. 297, s. a. seine Referate wie van der Leeuw 1926b, 1928b, 1932, 1934), er war es wahrscheinlich, der zum ersten original niederländischen Beitrag zur Religionspsychologie (Rümke 1939) den Ansporn gegeben hat (Belzen 1991).

  17. 17.

    NRC, 14.09.1926, Morgenausgabe. Diese Ausgabe erwähnt auch Jones als zugegen in Utrecht, doch das scheint ein Irrtum zu sein. Weder in der vorläufigen Konvokation noch in der eigentlichen Einladung zur Utrechter Tagung wird Jones genannt. Ein Referat von ihm oder ein Beitrag zu einer Diskussion wird auch nirgends verzeichnet. Wahrscheinlich hat man seinen Namen einfach übernommen, da er auch in Groningen auf dem Symposium über Religionspsychologie vorgetragen hatte.

  18. 18.

    Vom Titel seines Vortrages liegen unterschiedliche Fassungen vor: „Die Auswirkung der Religion auf das Seelenleben“ (NRC, 13.09.1926, Abendausgabe), „Die Funktionen der religiösen Weltanschauung“ (NRC, 14.09.1926, Morgenausgabe), „The function of the religious attitude“ (Einladung zur Tagung der GPSV, erhalten im Nachlass Geelkerken: HDC, Archiv 133, Nr. 45). Obgleich der Journalist des betreffenden Artikels im NRC vielleicht nicht alles richtig wiedergegeben hat, wird im vorliegenden Text doch seinem Bericht (und also nicht den mit der Einladung vorab zugesandten Zusammenfassungen der Vorträge), als post factum, gefolgt, da dieser wenigstens etwas von den anschließenden Diskussionen widergibt.

  19. 19.

    An dieser Stelle sollte zweierlei bedacht werden: (1) Promotion zum doctor war in den Niederlanden die Ausnahme, nicht der eigentliche Abschluss der akademischen Ausbildung wie in deutschsprachigen Gebieten; ein niederländisches Doktorat wurde der ausländischen Habilitation gleichgesetzt (und berechtigte also, an einer Universität zu lehren). (2) Eine tatsächliche Anstellung als Privatdozent war eine große Ausnahme, die Funktion wurde in den Niederlanden vor Jahrzehnten aufgehoben.

  20. 20.

    Nota bene: Obgleich Gruehn manchmal buchstäblich aus dieser Korrespondenz zu zitieren scheint (er verwendet Anführungszeichen), konnte nichts von allem wiedergefunden werden, weder im BAB (wo sich das Archiv des Innenministerium der BRD befindet), noch im LAV NRW oder NLA. Er muss zu diesem Ministerium aber Kontakt gehabt haben, wie aus etwas späterer Korrespondenz Keilbachs mit dem Bundesministerium des Innern hervorgeht (s. Kap. 8).

  21. 21.

    Von Bolley konnte kein Nachlass gefunden werden, weder an den Schulen, an denen er gearbeitet hat, noch bei seinen Hinterbliebenen. Im UAB findet sich eine Personalakte, die aber nur wenige Eintragungen enthält (PA 767).

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v. Belzen, J.A. (2015). Über internationale Kongresse in der Religionspsychologie (1900–1960). In: Religionspsychologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-46575-2_7

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