Zusammenfassung
Die menschliche Psyche ist in allen ihren Funktionen so sehr abhängig von der Rinde des Großhirns und nur von dieser, daß der Ausdruck gebraucht wird, sie habe daselbst ihren Sitz1). Es gehören aber nicht alle Funktionen der Großhirnrinde dem Komplex an, den wir als psychisch zu bezeichnen gewohnt sind2). Was man z. B. psychische Schwankungen des Gefäßtonus oder der Sekretionen nennt, sind corticale Funktionen, die zwar irgendwie von der Psyche abhängig, aber selber nicht psychisch sind.
Bei vielen Vertebraten sind offenbar nicht alle psychischen Funktionen in die Hirnrinde hinaufgewandert, bei den niederen wohl die wenigsten.
Die Grenze zwischen Psyche und nichtpsychischen Rindenfunktionen ist im Gegensatz zu dem, was man gewöhnlich voraussetzt, eine ganz flüssige. Sicher wird nur ein kleiner Teil der Rindenfunktionen bewußt. Vergl. Abschnitt „Unbewußtes“
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Aufzeichnungen
Ziehen, Zum gegenwärtigen Stand d. Erkenntnistheorie. Wiesbaden, Bergmann, 1914.
Psychanalytiker unterscheiden auch eine „psychische Realität“. Der Ausdruck ist miß verständlich: es handelt sich da um Vorstellungen, die, aus inneren Bedürfnissen geschaffen, angenommen und verwendet werden, wie wenn sie dem, was wir sonst Wirklichkeit nennen, entsprechen würden (Weiterleben des gestorbenen Kindes, das Feuer der Liebe, das wirklich brennt, der mittelalterliche persönliche Gott).
Ich rede nicht von „psychopetalen“ Funktionen, weil zwar eine „Richtung“ gegeben ist, aber doch sowohl die einwie die ausgehenden Funktionen, so weit sie in der Psychologie in Betracht kommen, innerhalb der Psyche verlaufen. Man tut indessen gut, sich hier unter „Zentrum“ und „Richtung“ nur Symbole. aber möglichst wenig eigentlich Räumliches vorzustellen, während allerdings die Wege zwischen Sinnesorgan und Gehirn und zwischen Gehirn und Muskel räumlich vorgestellt werden müssen.
„Psychokym“ bezeichnet psychische Vorgänge in physiologischer Auffassung, d. h. die supponierte Energie, die vom Nervensystem produziert wird und die Grundlage der psychischen Vorgänge bildet.
Nomenklatur nach SEMON. Die Mntme als erhaltendes Prinzip im Wechsel des organischen Geschehens. Engelmann, Leip: g, 1904.
Ahnliches oder Analoges hat gemeinsame Teilpsychismen. Ferner ist die Empfindlichkeit der Psyche (eventuell des Zentralnervensystems) für Unterschiede eine beschränkte. Was sich durch unterhalb der Unterschiedsschwelle liegende Differenzen unterscheidet, erscheint und wirkt als Gleichheit.
In Wirklichkeit hat kein Geschehen nur eine Ursache. Die Hauptschwierigkeit kausaler Forschung liegt gerade in der Komplikation der mannigfaltigen Voraussetzungen jedes einzelnen Geschehens. Es ist aber für die psychologische Überlegung nicht nötig, den Ursachenbegriff in die Gesamtheit der Bedingungen aufzulösen, so nützlich es sonst in der Medizin wäre, ihn in größerer Klarheit als gewöhnlich anzuwenden.
Daß sogar die Früchte der Erziehung und Schulbildung, die gedächtnismäßige Aneignung von Lern-und Bildungsstoff, mit intellektuellen Leistungen verwechselt werden, ist leider noch häufig.
Recht oft habe ich sogar erfahren müssen, daß sie als die Fähigkeit, etwas zn merken, statt sich etwas zu merken, gefaßt worden ist.
Ranschburg, Über Wechselbeziehungen gleichzeitiger Reize usw. Zeitschr. f. Psychol. 67, 1913.
Stern, Beiträge zur Psychol. der Aussage. Barth, Leipzig, 1903ff.
Z. B. nach überstandenem Alkoholdelir bleibt bisweilen die Orientierung in Zeit und Ort einige Tage gestört, während die anderen Funktionen schon ziemlich normal erscheinen.
Die Wernicke sche Einteilung der Orientierung in auto-, somato-und allo psychische s. bei den Störungen der Orientierung (S. 85).
Siehe folgende Seite.
Vgl. die klassische Selbstschilderung von Staudenmaibr, Die Magie als experimentelle Naturwissenschaft. Leipzig, Akadeni. Verlagsgesellschaft m. b. H., 1912.
Forel, Der Hypnotismus. 6. Aufl. Stuttgart, Enke, 1911. —Moll, Der Hypnotismus. 4. Aufl. Berlin, Fischer, 1907.
Es kann aber auch der Affekt bloß bei dem Suggerierten vorhanden sein, indem eine an sich gleichgültige Bemerkung einen affektbetonten Komplex trifft: ein unheilbar Kranker hört von einer Wunderkur in gleichgültigem oder sogar abschätzigem Tone reden fund begeistert sich sofort dafür, sie selbst zu versuchen.
Der Ausdruck „Selbstbewußtsein“ bedeutet in der vulgären Psychologie einen andern, wichtigen Begriff: Einschätzung seiner selbst.
„Abulie“ infolge von Entschlußunfähigkeit s. S. 107/8.
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Bleuler, E. (1918). Psychologische Wegleitung. In: Lehrbuch der Psychiatrie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-42402-5_1
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