Zusammenfassung
Der Begriff der „Colluvies gentium“ ist von dem deutschen Naturforscher C. F. P. v. Martius (1794 bis 1868) geprägt worden, dessen in den Jahren 1823 bis 1832 in Brasilien ausgeführte Reisen unsere Kenntnisse der Ethnographie Südamerikas beträchtlich vermehrt haben1. Martius hatte beobachtet, daß in den von ihm durchforschten Gebieten manche Indianergruppen mit einheitlichem Stammesnamen keineswegs einheitlicher Herkunft waren, sondern in Wirklichkeit aus zusammengewürfelten Banden von Leuten der verschiedensten ethnischen Herkunft und — ursprünglich — auch verschiedener Sprache bestanden. Einige spätere Reisende (z. B. Paul Ehrenreich) haben wohl die Berichte Martius’ angezweifelt und sie als auf Irrtümern beruhend bezeichnet. Inzwischen aber haben sich unsere ethnographischen Kenntnisse gewaltig vermehrt, und es läßt sich zeigen, daß der soziologische Tatbestand der „colluvies gentium“ in der Tat besteht und nicht einmal ganz selten anzutreffen ist. In einigen Fällen können wir die Entstehung derartiger „ethnischer“ Gebilde an Hand historischer Nachrichten in den Einzelheiten verfolgen; in anderen Fällen haben wir nur Indizien. Im ganzen läßt sich schon heute zeigen, daß das Zustandekommen der „colluvies gentium“ aus bestimmten historischen Situationen entspringt und gewissen soziologischen Regeln folgt.
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Anmerkungen
C. F. P. v. Martius: Zur Ethnographie Amerikas, zumal Brasiliens. Leipzig 1867.
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Mühlmann, W.E. (1950). Colluvies Gentium. In: Bauer, K.H., et al. Studium Generale. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-38240-0_55
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