Die amyotrophische Lateralsklerose

Zusammenfassung

Die amyotrophische Lateralsklerose ist eine Erkrankung des Nervensystems, bei der zwei Systeme von verschiedener physiologischer Wertigkeit ergriffen werden. Es handelt sich bei der amyotrophischen Lateralsklerose um eine Affektion der kortikospinalen motorischen Bahnen mit gleichzeitiger Schädigung der die Muskeltrophik beherrschenden, in den Vorderhörnern des Rückenmarks gelegenen Ganglienkomplexe. Indem der Degenerationsprozeß der Vorderhornzellen sich bis in das Kerngebiet der Hirnnerven fortsetzen kann, wird die amyotrophische Lateralsklerose zu einer ausgedehnten Systemerkrankung, welche die Charaktere dreier verschiedener Affektionen in sich vereinigt, nämlich der spastischen Spinalparalyse, der Poliomyelitis anterior und progressiven Bulbärparalyse. In reinen Fällen beschränkt sich die Degeneration ausschließlich auf die genannten Systeme, doch werden weniger umfangreiche Veränderungen in den Pyramidenvordersträngen, nicht selten auch in den Vorderseitensträngen angetroffen, stets jedoch bleiben die sensiblen Bahnen verschont. Die Degeneration der Pyramidenbahn läßt sich bis in die Hirnschenkel, mitunter auch darüber hinaus bis zum motorischen Rindenfeld der vorderen Zentralwindung verfolgen. Der Kernschwund der Vorderhörner betrifft vorwiegend das Zervikalmark, doch finden sich in vorgerückteren Fällen fast immer Veränderungen in den Kernen der Hirnnerven, die als Homologa der spinalen Vorderhornzellen aufzufassen sind.