Zusammenfassung
Das alte philosophische Thema der Lebenskunst, verstanden als Sorge um sich selbst, gewinnt seit einiger Zeit wieder an Bedeutung und führt in der Gerontologie zur Frage nach einer bewussten Lebensführung im Alter, die das Leben auch in seinen späten Phasen auf kreative Weise zur Entfaltung kommen lässt. Der Aufsatz weist auf mögliche inhaltliche Aspekte einer solchen Lebenskunst des Alter(n)s hin und unterstreicht deren Bedeutung für alte Menschen selbst und für deren Beitrag zur Gesellschaft.
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Notes
- 1.
Der vorliegende Beitrag ist eine modifizierte Fassung eines Aufsatzes, der unter dem Titel Ars senescendi: Gelingendes Altern als Lebenskunst in der Zeitschrift Wege zum Menschen Jg. 73, 2021, S. 256–264 erschienen ist.
- 2.
Es ist üblich geworden, mit Peter Laslett (1995) zwischen einer Dritten Lebensphase des jungen Alters (grob zwischen 65 und 80) und einer Vierten Lebensphase des alten oder hohen Alters (ab 80) zu unterscheiden, wobei Erstere eher durch Gesundheit und Aktivität als durch das chronologische Alter bestimmt ist, während von Letzterer vor allem dann die Rede ist, wenn wachsende Fragilität und Unterstützungsbedarf sich abzeichnen. Diese grobe Unterscheidung ist inzwischen noch weiter differenziert worden. So unterteilt François Höpflinger (2014) das Alter in vier verschiedene Phasen: 1. Ende des Erwerbslebens (50–65), 2. Gesundes Rentenalter (65–80), 3. Verstärkte Fragilität (80+ ), 4. Pflegebedürftigkeit gegen Ende des Lebens, sieht aber vor allem im Blick auf das Dritte (Phase 2) und Vierte (Phase 3 + 4) Lebensalter „zwei unterschiedliche Alterskulturen mit jeweils anderen sozialen Schwerpunkten und teilweise gegensätzlichen sozial-ethischen Herausforderungen“ (Höpflinger, 2014, S. 171) sich entwickeln.
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Rüegger, H. (2024). Ars senescendi: Altern im Zeichen von Lebenskunst. In: Pfaller, L., Schweda, M. (eds) “Successful Aging”?. Altern & Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-41465-8_8
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